Leitsatz (amtlich)
1. Gliedert der herrschende Unternehmer-Gesellschafter im Rahmen eines Beherrschungsvertrags mit einer Kommanditgesellschaft das Unternehmen der abhängigen Gesellschaft in das eigene Unternehmen ein, so trifft ihn die Beweislast nicht nur für fehlendes Verschulden, sondern im allgemeinen auch dafür, daß die behaupteten pflichtwidrigen Handlungen nicht vorliegen.
2. In einem solchen Fall ist das herrschende Unternehmen auch verpflichtet, den während der Beherrschung und Eingliederung bei der abhängigen Kommanditgesellschaft entstandenen Verlust auszugleichen.
Tatbestand
Die Beklagte stand in Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin, der damaligen W. M. oHG. Bis Mitte 1965 war zu ihren Gunsten ein Guthaben von rund 600.000 DM entstanden. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt insgesamt gesehen überschuldet. Ihre Bilanz zum 31. Dezember 1964 wies bei einer Bilanzsumme von 1.153,6 TDM und Rückstellungen von 35,9 TDM ein „Minuskapital” von 133,3 TDM auf. Zur Sanierung des Betriebes und zur Konsolidierung der Verbindlichkeiten (gegenüber der Beklagten) schloß diese mit den beiden Gesellschaftern der M. oHG, den Eheleuten W. M. sen und C. M., am 16. Juli 1965 den „Ahrensburger Vertrag”, in dem sich die Beklagte unter anderem zu organisatorischen und technischen Hilfeleistungen und dazu verpflichtete, die bisher kreditierten Beträge auf mindestens vier, höchstens sechs Jahre als Darlehen zu belassen; sie erklärte außerdem ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Eintritt in die Gesellschaft der Vertragspartner. Die Eheleute M. unterwarfen sich demgegenüber einer allgemeinen Betriebsüberwachung und Beschränkungen in finanzieller und organisatorischer Hinsicht.
Am 20. September 1965 errichteten die Beklagte und die Eheleute M. eine GmbH unter der Firma „Gesellschaft für Industriegeschäftsführung mit beschränkter Haftung”. Der Beklagten wurde das Recht eingeräumt, zwei Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis zu bestellen. Die Gruppe M. erhielt das Recht, gemeinschaftlich einen gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer zu bestellen. Zu ersten Geschäftsführern wurden Dr H. (Vorstandsmitglied der Beklagten) und Dipl-Kaufmann St. (Prokurist der Beklagten) einerseits und W. M. sen andererseits bestellt.
Durch Vertrag vom 12. November 1965 wurde die M. oHG in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt; die Gesellschaft für Industriegeschäftsführung mbH wurde als persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen, die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter sowie die Beklagte und W. M. jun wurden Kommanditisten. Zweck der Gesellschaft sollte insbesondere die Fortführung des Kochkäsereibetriebs der bisherigen W. M. oHG sein.
Am 26. September 1966 wurde in einer Versammlung, an der die Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH teilnahmen, unter anderem beschlossen, den Betrieb der Kommanditgesellschaft organisatorisch in den Bereich der Beklagten so einzugliedern, „als ob es sich im Innenverhältnis um ein G.-Werk handeln würde”. Die Beklagte stellte danach einen Mitarbeiter ab, der die Leitung des Gesamtbetriebes übernahm. Er sollte „funktionell ausschließlich” der Beklagten verantwortlich sein. Der Mitgeschäftsführer W. M. sen sollte seine Kraft im Außendienst einsetzen.
Durch Schreiben vom 26. Juni 1967 kündigte die Beklagte ihre Kommanditbeteiligung gemäß § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages zum 31. Dezember 1967. Am 8. Januar 1968 zog sie die von ihr nach dem GmbH-Vertrag berufenen Geschäftsführer „per 10. Januar 1968” aus der Geschäftsführung der Klägerin zurück. Die Darlehen und sonstigen Kredite, die die Beklagte der Klägerin eingeräumt hatte, die nach ihrem Vortrag Mitte 1967 1.010.000 DM betragen haben, kündigte sie am 17. Juli 1967. Bereits am 6. Juli 1967 hat Dipl-Kaufmann St. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH für die Klägerin in notarieller Urkunde anerkannt, der Beklagten 1.010.000 DM in der Weise zu schulden, „daß dieses Schuldanerkenntnis die Verpflichtung zur Leistung begründen soll (§ 781 BGB)”; die Klägerin unterwarf sich hierbei gleichzeitig der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen. Am 8. Januar 1968 schloß St. im Namen der Klägerin mit der Beklagten einen „Vertrag zur Regelung verschiedener Abwicklungsfragen”, der vor allem darauf gerichtet war, der Beklagten Rechte an bisher von der Klägerin benutzten Gegenständen zu verschaffen. Diese ließ einen Teil dieser Gegenstände bis zum 11. Januar 1968 mit der Folge abmontieren und abtransportieren, daß die Produktion bei der Klägerin (vorübergehend) eingestellt werden mußte.
Die Klägerin hat – mit Rücksicht auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die die Beklagte aus der Urkunde vom 6. Juli 1967 eingeleitet hatte – zunächst Klage mit dem Antrag erhoben, die Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde für unzulässig zu erklären. In der Folgezeit hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde zu unterlassen und die Urkunde an sie, die Klägerin, herauszugeben.
Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 593.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Das Landgericht hat Teilurteil erlassen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 593.000 DM verurteilt; die Entscheidung über die Klage sowie über den Zinsanspruch der Widerklage hat es sich vorbehalten. Es sei bewiesen, daß die Klägerin der Beklagten als Darlehen bzw Vereinbarungsdarlehen 593.000 DM schulde. Dagegen habe die Klägerin den Beweis für die erhobenen Gegenansprüche nicht geführt.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte auf die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde vom 6. Juli 1967 verzichtet und diese Urkunde an die Klägerin herausgegeben. Die Parteien haben darauf die Hauptsache hinsichtlich der Klage übereinstimmend für erledigt erklärt. Gegenüber der Widerklage hat die Klägerin ihre Einzelforderungen, insbesondere die behaupteten Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Geschäftsführerverpflichtungen der von der Beklagten eingesetzten Geschäftsführer weiter begründet. Sie beziffert ihre Gegenansprüche auf über 3,5 Mio DM. Wegen eines Teilbetrages des durch die Aufrechnung nicht verbrauchten Schadensersatzanspruchs hat sie Widerwiderklage erhoben und beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 250.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Das Oberlandesgericht hat den Anspruch der Beklagten im wesentlichen für berechtigt angesehen, die Ansprüche der Klägerin jedoch nur in Höhe von 177.894,44 DM für bewiesen erachtet und demgemäß die Widerwiderklage der Klägerin abgewiesen sowie auf die Widerklage – nachdem die Beklagte sie um 1.727,20 DM ermäßigt hat und beide Parteien sie in Höhe von 1.456 DM und 640,46 DM für erledigt erklärt haben – die Klägerin zur Zahlung von 411.281,90 DM verurteilt.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre abgewiesenen Anträge weiter, die Widerklage in vollem Umfange abzuweisen und die Beklagte auf die Widerwiderklage zur Zahlung von 250.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
A.
I. Ihr kann allerdings nicht gefolgt werden, soweit sie meint, der Beklagten fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die Widerklage, weil sie bereits einen Vollstreckungstitel habe. Sie übersieht, daß die Beklagte die vollstreckbare Urkunde vom 6. Juli 1967 unter Verzicht auf eine Zwangsvollstreckung an die Klägerin herausgegeben hat.
II. Das angefochtene Urteil kann jedoch, soweit es der Widerklage stattgegeben hat, aus sachlichen Gründen keinen Bestand haben.
1. Nach den nicht zu beanstandenden und von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwar davon auszugehen, daß die Beklagte der Klägerin bis zum 31. Dezember 1965 als Darlehen mindestens 593.000 DM zur Verfügung gestellt und dieses in gleicher Weise wie die Kommanditbeteiligung zum 31. Dezember 1967 wirksam gekündigt hat. Die Kündigung der Kommanditbeteiligung ist in Übereinstimmung mit § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages erfolgt. Sie setzt damit keinen wichtigen Grund voraus. In der fristgemäßen Kündigung ist auch kein Verstoß gegen die Treuepflicht zu sehen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Kündigung zur Unzeit. Angesichts der bisher von der Beklagten erbrachten finanziellen Leistungen und der Tatsache, daß Mitte 1967 das Scheitern des Sanierungsversuches feststand und eine weitere Fortführung des Unternehmens der Klägerin mit den damit verbundenen Verpflichtungen (vgl die Ausführungen zu B) nicht mehr zumutbar war, konnte von ihr billigerweise nicht verlangt werden, die Ausübung ihres Kündigungsrechts weiter zurückzustellen. Bei dieser Sachlage stand auch der Kündigung des Darlehens nichts entgegen, da § 7 Nr 1 Abs 3 des Ahrensburger Vertrages vom 16. Juli 1965 dieses Recht für den Fall der Gefährdung der Darlehensforderung ausdrücklich festlegt.
Daraus ergibt sich jedoch nicht, wie das Berufungsgericht meint, daß die Beklagte diesen Anspruch im gegenwärtigen Zeitpunkt selbständig geltend machen kann.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Gesellschafter Darlehensansprüche gegen die Gesellschaft grundsätzlich nicht mehr selbständig geltend machen, wenn die Gesellschaft aufgelöst ist. Im Abwicklungsstadium sind sie unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung (vgl Urt v 24.5.71 – II ZR 184/68, WM 1971, 931). Solange nicht durch eine abgeschlossene Auseinandersetzungsrechnung feststeht, ob und in welcher Höhe einem Gesellschafter im Ergebnis etwas zusteht, soll er im Vorgriff weder von der Gesellschaft noch von einem Mitgesellschafter etwas verlangen können, was er möglicherweise später wieder zurückzahlen muß. Diese Grundsätze sind jedenfalls auch dann auf den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters auszudehnen, wenn das Darlehen, wie hier, der Sanierung der Gesellschaft dienen sollte und damit Teil der gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des Gesellschafters geworden ist. Daß die Gesellschafter der Klägerin dies auch als sachgerecht angesehen und gewollt haben, folgt aus der Bestimmung des § 14 des Gesellschaftsvertrages, der Umfang und Inhalt des „Auseinandersetzungsguthabens” des ausscheidenden Gesellschafters festlegt. Danach kann dieser neben dem „Festkapital”, dem „zeitanteiligen Gewinn des laufenden Geschäftsjahres”, dem seinem Kapitalanteil entsprechenden Anteil an den stillen Reserven am Anlagevermögen und neben einer „Abgeltung des Geschäftswertes” ein „etwaiges Guthaben aus laufenden Konten (ggfs nach Ausgleich laufender Schulden bei der Gesellschaft, sowie Verlusten)” beanspruchen.
2. Der Senat sieht allerdings die Geltendmachung eines Anspruchs vor Beendigung der Auseinandersetzung und vor Aufstellung der Abschichtungsbilanz dann als zulässig an, wenn feststeht, daß der klagende Gesellschafter jedenfalls einen bestimmten Betrag verlangen kann. Eine solche Feststellung ist beim gegenwärtigen Sachstand und Streitstand jedoch nicht möglich.
Das Berufungsgericht hat zwar eine Reihe von Ansprüchen der Klägerin, die in die Abschichtungsbilanz gehörten, geprüft – und zum Teil anerkannt – und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte jedenfalls noch 411.281,90 DM zu beanspruchen hat. Aus seinen Ausführungen ergibt sich jedoch weiter, daß damit die Rechnungsposten, die in die Abschichtungsbilanz zu Lasten der Beklagten einzusetzen sind, in keiner Weise erschöpft sind. Es hat den restlichen Darlehensanspruch nur deshalb als begründet erachtet, weil dieser – wie es meint – selbständig und ohne Rücksicht auf das Auseinandersetzungsergebnis geltend gemacht werden könne. Schließlich können weitere Ansprüche der Klägerin bei Zugrundelegung der nachstehenden Ausführungen (zu B) begründet sein.
Es stellt sich damit die Frage, ob die Beklagte deshalb nicht auf das Abfindungsguthaben verwiesen werden kann, weil sie es nicht zu verantworten hat, daß die Abschichtungsbilanz bisher nicht erstellt worden ist. Das ist jedoch nicht anzunehmen; sie war und ist nicht nur in ihrer Eigenschaft als ausgeschiedener Gesellschafter berechtigt und verpflichtet, an der Aufstellung der Abschichtungsbilanz mitzuwirken, sondern vor allem auch deshalb, weil die von ihr eingesetzten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäfte der Klägerin noch nach ihrer Kündigung und kurze Zeit nach ihrem Ausscheiden als Kommanditistin geführt haben und sie (die Beklagte) – wie mangels abweichenden Vortrags angenommen werden muß – nach wie vor in der Lage ist, über die Komplementär-GmbH in der Klägerin tätig zu werden.
3. Das angefochtene Urteil ist deshalb, soweit das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben hat, aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bei der anderweitigen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht – ohne Rücksicht darauf, ob eine Abschichtungsbilanz aufgestellt ist oder die Beklagte in sonstiger Weise den Nachweis führt, daß ihr im Endergebnis die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung zusteht – folgendes zu berücksichtigen haben:
Die Beklagte haftet zwar als Kommanditistin gegenüber den Gläubigern der Kommanditgesellschaft nur mit ihrer Hafteinlage (18.000 DM) und hat nach den bisherigen Feststellungen auch im Verhältnis zu ihren Mitgesellschaftern eine Pflichteinlage nur in dieser Höhe zu leisten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist jedoch davon auszugehen, daß die Beklagte ihre Forderung gegenüber der Klägerin (der M. oHG) in Höhe von rund 600.000 DM – wie auch die weiteren Beträge von über 300.000 DM, die sie der Klägerin nach deren Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft zur Verfügung gestellt hat – zum Zwecke der Sanierung als Darlehen belassen hat. Daraus und aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten und den von ihr vorgelegten Bilanzen für die Jahre 1964 bis 1967 folgt, daß die Klägerin bei der im Zusammenhang mit der Gesellschaftsbeteiligung getroffenen Vereinbarung, die zur Verfügung gestellten Beträge als Darlehen der Klägerin zu belassen, überschuldet war und dieser Zustand bis zum Ausscheiden der Beklagten als Kommanditistin fortgedauert hat.
Bei dieser hier zugrundelegenden Sachlage könnte dem Widerklageanspruch der Beklagten ganz oder teilweise § 30 GmbHG entgegenstehen.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Vorschriften der §§ 30 Abs 1, 31 Abs 1 GmbHG, wonach an einen GmbH-Gesellschafter keine Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden dürfen und gleichwohl gewährte Leistungen an die Gesellschaft zurückzuzahlen sind, auch auf die GmbH & Co KG anzuwenden. Demgemäß dürfen an einen Kommanditisten einer GmbH & Co KG jedenfalls dann, wenn er gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist, keine Leistungen aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft erbracht werden, wenn und soweit dadurch mittelbar das Vermögen der GmbH unter den Nennwert des Stammkapitals absinken würde. Das gilt auch dann, wenn beide Gesellschaften überschuldet sind und dem Gesellschafter etwas aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft zugewandt werden soll (BGHZ 60, 324, 328ff). Einer unerlaubten Auszahlung steht es hierbei gleich, wenn einem Kommanditisten Darlehensbeträge, die er in einem Zeitpunkt gewährt hat, in dem die GmbH & Co KG überschuldet (und infolgedessen auch ihre Komplementär-GmbH konkursreif) war, zurückgezahlt werden, bevor der Zweck der Darlehenshingabe nachhaltig erreicht ist, also auch unabhängig von der Darlehensvaluta die Gesellschaften zahlungsfähig bleiben und ein Aktivvermögen in Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals vorhanden ist (BGHZ 67, 171, 174ff).
Die Beklagte könnte dem hierauf gestützten Einwand der Klägerin nicht entgegensetzen, sie habe die (gleichwertigen) Leistungen, die Grundlage des Darlehens sind, zu einem Zeitpunkt erbracht, zu dem die Klägerin als GmbH & Co KG noch nicht bestanden habe, sondern offene Handelsgesellschaft (die M. oHG) gewesen sei. Es ist zwar richtig, daß die Beklagte bis zur Gründung der GmbH & Co KG berechtigt war, jederzeit die Rückzahlung der zur Verfügung gestellten Beträge zu verlangen. Sie hat sich dieses Rechts aber dadurch begeben, daß sie nach der Gründung der GmbH & Co KG der überschuldeten Klägerin das Darlehen gerade deshalb belassen hat, um die Sanierungsvoraussetzungen zu schaffen. Von diesem Zeitpunkt an unterliegt das Darlehen dem Grundsatz der Kapitalerhaltung nach § 30 Abs 1 GmbHG und muß dementsprechend als haftendes Kapital behandelt werden.
B.
Die Revision führt auch zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit sie die Anträge der Widerwiderklage verfolgt.
I. Die zur Aufrechnung gestellten und der Widerwiderklage zugrundeliegenden Ansprüche der Klägerin von rund 3,5 Mio DM haben im wesentlichen zum Gegenstand
- Leistungen der Klägerin für die Beklagte, die noch nicht abschließend verrechnet sind, und
- Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte, die infolge einer behaupteten Mißwirtschaft durch von der Beklagten eingesetzte Organe der Komplementär-GmbH der Klägerin entstanden sein sollen. Die Klägerin behauptet insbesondere, durch die Verarbeitung verdorbener Rücklaufbutter und die hierdurch bedingte Qualitätsminderung sei eine Beeinträchtigung ihres good will und ein Umsatzschwund eingetreten, durch den ihr in den Jahren 1966/67 ein Gewinnverlust von 227.319,63 DM erwachsen sei. Sie macht außerdem als entgangenen Gewinn einen Folgeschaden (für jeweils 20 Jahre) in Höhe von jährlich 62.500 DM sowie von jährlich weiteren 80.800 DM „nicht erwirtschaftete Abschreibungen” (bei denen es sich ebenfalls um entgangenen Gewinn handelt, um sogenannten „nicht steuerpflichtigen Gewinn”) geltend. Diesen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.866.400 DM stützt sie, soweit er in der Zeit nach dem 10. Januar 1968 entstanden ist oder noch entsteht, auch auf den Abwicklungsvertrag vom 8. Januar 1968 und seine Durchführung.
Das Berufungsgericht hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, der Ahrensburger Vertrag und die Gesellschaftsverträge hätten eine so enge Bindung der Beklagten mit der Klägerin geschaffen, daß deren Pflichten über die allgemeine Treuepflicht von Gesellschaftern einer GmbH und einer Kommanditgesellschaft hinausgegangen seien. Sie sei verpflichtet gewesen, alles Zumutbare zu tun, um die Klägerin zu sanieren, und alles Vermeidbare zu unterlassen, was dem entgegenstehen könnte. Hierbei habe sie auch für die Maßnahmen einzustehen, die von den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH getroffen worden seien, die sie berufen habe. Eine Haftung setze allerdings voraus, daß die Beklagte solche für die Klägerin nachteilige Geschäfte habe vornehmen lassen, die unter Beachtung der üblichen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht gerechtfertigt gewesen wären.
Auf dieser Grundlage stellt das Berufungsgericht im einzelnen eine Reihe von Pflichtverletzungen fest, die es vor allem darin sieht, daß die Beklagte ihre eigene Sicherung „rücksichtslos” durchgesetzt habe. Es hat ferner alle Rechtsgeschäfte, welche die „Delegierten” der Beklagten zu deren Sicherung vorgenommen haben, als nichtig angesehen, insbesondere auch die Forderungsabtretungen des „Abwicklungsvertrages” vom 8. Januar 1968 und das Schuldanerkenntnis über 1.010.000 DM vom 6. Juli 1967. Insgesamt hat es Ansprüche der Klägerin in Höhe von 177.894,44 DM als gegeben erachtet und angenommen, daß insoweit die Widerklageforderung durch Aufrechnung erloschen sei. Die darüber hinaus zur Aufrechnung gestellten und mit der Widerwiderklage geltend gemachten Forderungen hält es dagegen für unbegründet:
Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe absichtlich die ungünstige Wirtschaftslage und den Ruin herbeigeführt, sei nicht bewiesen.
Mitte 1967 habe sich allerdings gezeigt, daß die Liquidation der Klägerin unumgänglich geworden sei. Die unternehmerischen Fehlentscheidungen, die in diesem Zusammenhang der Beklagten und den von ihr berufenen Geschäftsführern vorzuwerfen seien, stellten jedoch keine Verletzung kaufmännischer Sorgfaltspflichten dar. Es sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin an der Grenze des Konkurses gestanden habe. Zur vorgesehenen Sanierung hätten deshalb nicht nur solche Maßnahmen ergriffen werden können, die sich zuvor als unbrauchbar erwiesen hätten und die Ursache der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Klägerin gewesen seien. Für den Umsatzrückgang seien vor allem die damals allgemein ungünstige Wirtschaftslage und die erhebliche Konkurrenz verantwortlich gewesen, die der Klägerin gegenübergestanden habe. Dafür, daß die Beklagte ihn zu vertreten habe, lägen keine eindeutigen Beweisanzeichen vor. Dem Vorwurf der Klägerin, eine wesentliche Pflichtverletzung, die ihren wirtschaftlichen Untergang herbeigeführt habe, sei in der Verwendung verdorbener Butter zu suchen, hält das Berufungsgericht insbesondere entgegen, die Klägerin habe keine bestimmten Vorfälle unter Beweis gestellt. Es stehe insbesondere nicht fest, daß die Geschäftsführer und der Vertriebsleiter etwa vorsätzlich oder grob fahrlässig verdorbene Butter angekauft und verwendet hätten. Jedenfalls könne nicht angenommen werden, daß der Beklagten eine unternehmerische Fehlentscheidung bei der Kochkäseproduktion zur Last falle. Das gelte auch dann, wenn der Betriebsleiter oder andere Mitarbeiter der Beklagten bei der Käseherstellung der Klägerin nicht sorgfältig gehandelt hätten.
Der von der Klägerin geltend gemachte Folgeschaden (entgangener Gewinn) könne schließlich auch nicht auf die Entfernung der im Abwicklungsvertrag vom 8. Januar 1968 aufgeführten Gegenstände – und der damit verbundenen Einstellung der Produktion – gestützt werden. Dadurch sei die schon bestehende aussichtslose Lage der Klägerin nicht mehr verschlechtert worden. Angesichts der erheblichen Schulden gegenüber der Beklagten und des Umstandes, daß die Klägerin kein Eigenkapital mehr gehabt habe und deshalb nicht mehr kreditfähig gewesen sei, sei der Senat überzeugt, daß die Klägerin seit Mitte 1967 nicht mehr in der Lage gewesen sei, Gewinne zu erzielen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das angefochtene Urteil allerdings nicht zu beanstanden, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, es sei nicht bewiesen, daß die Beklagte die ungünstige Wirtschaftslage und den Ruin der Klägerin absichtlich herbeigeführt habe. Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, das Sanierungsvorhaben der Beklagten sei von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen und die in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen seien wegen eines planmäßig gegen die Klägerin gerichteten Vorgehens sittenwidrig und nichtig.
2. Durch den Abschluß des Ahrensburger Vertrages vom 16. Juli 1965 und seine Durchführung hat sich die Klägerin in Bezug auf die Leitung ihres Unternehmens der Beklagten unterstellt. Sie unterwarf sich einer allgemeinen Betriebsüberwachung (§ 1) und übernahm „Beschränkungen in finanzieller und organisatorischer Hinsicht” (§ 3) sowie „Beschränkungen auf dem Gebiete des Personalwesens” (§ 5). Die Mitglieder der Familie M. als bisherige Träger des Unternehmens erklärten sich ferner bereit, an allen Handlungen mitzuwirken, die auf einen vergleichsweisen Forderungserlaß aller Gläubiger gerichtet sind (außergerichtlicher Vergleich), und räumten dabei der Beklagten das Recht ein, Ziel und Umfang des Verfahrens ausschließlich zu bestimmen (§ 11). Der auf der Grundlage dieser Vereinbarung geschlossene GmbH-Vertrag vom 20. September 1965 und der Kommanditgesellschaftsvertrag vom 12. November 1965 bestätigen diese Regelung. Es genügt hier auf die Verteilung der Geschäftsführungsbefugnisse zu verweisen: Die Beklagte hatte das Recht, zwei alleinvertretungsberechtigte – vom Verbot des § 181 BGB befreite – Geschäftsführer zu bestellen und diese ohne Angabe von Gründen abzuberufen. Demgegenüber hatten die Mitgesellschafter nur die Befugnis zur Bestellung eines gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführers.
Die Beklagte hat sich nicht allein mit der dadurch begründeten Beherrschung der Klägerin begnügt, sondern deren Unternehmen in der Folgezeit auch organisatorisch eingegliedert. Das zeigt das Schreiben der Komplementär-GmbH der Klägerin vom 23. August 1966 an W. M., wo es heißt:
„Nachdem die M. KG (Klägerin) in den Unternehmensbereich der G. AG (Beklagte) eingegliedert ist, muß die Tätigkeit im Rahmen des vorgenannten Programms naturgemäß in Abstimmung mit den Abteilungen der Hauptverwaltung der G. AG erfolgen. So ist beispielsweise die Frage, wie ein neuer Kunde mit Ware versorgt wird, dh ob direkt oder über die G. AG, mit der Handelsabteilung der G. AG abzustimmen, die unter der Leitung von Herrn Dipl Kaufmann St. steht. Die Preisgestaltung beim Verkauf der Erzeugnisse ist ebenfalls von der Handelsabteilung zu erfragen. Für Fragen der Verbraucherwerbung ist die Werbeabteilung unter der Leitung von Herrn K. zuständig. Bei allgemein verkaufsfördernden Themen wenden Sie sich bitte an Herrn C., der die entsprechende Abteilung bei der G. AG leitet. Zu Vertriebsfragen allgemein, das ist also beispielsweise die Frage des Transports, ist im übrigen der Leiter der Vertriebsabteilung, Herr Dipl Kaufmann A., weisungsberechtigt. Auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, wonach die Herren Dr H. und St. für die M. KG allein entscheidungsberechtigt sind, braucht an dieser Stelle nicht hingewiesen zu werden”.
Der mit Zustimmung sämtlicher Beteiligten ergangene Beschluß vom 26. September 1966 legt dies noch förmlich fest; dort heißt es:
- „Der Betrieb O. der M. KG wird organisatorisch in den Bereich der G. AG so eingegliedert, als ob es sich im Innenverhältnis um ein G. Werk handeln würde.
- Entsprechend Ziffer 1) stellt die Geschäftsleitung der G. AG einen technischen und kaufmännisch qualifizierten Mitarbeiter ab, der die Leitung des Gesamtbetriebes Ovenstädt übernimmt. Dieser Mitarbeiter der G. AG bleibt deren Angehöriger. Er ist funktionell ausschließlich der G. AG gegenüber verantwortlich. Disziplinarisch untersteht er dem Vorstand der G. AG.
- Die Weisungsbefugnis der G. AG gegenüber dem von ihr zu benennenden Leiter des Werkes O. entspricht einer Delegation der Mitgeschäftsführer der GIG, der Herren St. und Dr H., was von der Gesellschafterversammlung der GIG zur Kenntnis genommen und gebilligt wird”.
Bei dieser Sachlage kann der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden, daß Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nur entstanden seien, soweit die Beklagte und die von ihr bei der Klägerin eingesetzten Geschäftsführer, Betriebsleiter und sonstigen Erfüllungsgehilfen schuldhaft pflichtwidrige Handlungen begangen hätten (nachstehende Ausführungen zu 3.). Es hat insoweit ferner zu Unrecht die Darlegungslast und Beweislast der Klägerin auferlegt (nachstehende Ausführungen zu a), b) und c).
a) Eine Gesamtschau der von den Parteien getroffenen Vereinbarungen zeigt, daß zwischen ihnen ein Beherrschungsvertrag zustandegekommen ist. Bei der Durchführung dieses Vertrages kam es im Laufe des Jahres 1966 (wie insbesondere das vorstehend zitierte Schreiben vom 23. August 1966 und der Beschluß vom 26. September 1966 zeigen) zur Eingliederung des Unternehmens der Klägerin in die Unternehmensorganisation der Beklagten; es verlor seine Eigenständigkeit und hatte im Innenverhältnis nur die Stellung einer unselbständigen Betriebsabteilung der herrschenden Beklagten.
In der handelsrechtlichen Personengesellschaft wird zwar im allgemeinen ein sachgerechter Ausgleich der einander entgegenstehenden Interessen der einzelnen Gesellschafter schon aufgrund der aus dem Gesellschaftsverhältnis erwachsenden Rechte und Pflichten herbeigeführt werden können, insbesondere durch die Heranziehung der den Gesellschafter treffenden allgemeinen Treuepflicht. Die Besonderheiten, die mit dem Abschluß eines Beherrschungsvertrages und Eingliederungsvertrages verbunden sind, zeigen jedoch, daß die hier entstehenden Konflikte nicht mit denselben Mitteln zu lösen sind, die Rechtsprechung und Rechtslehre für solche Gesellschaften entwickelt haben, die dem gesetzlichen Leitbild entsprechen.
Die Gefahren, die von der Mehrheitsherrschaft in einer Personengesellschaft ganz allgemein ausgehen und die sowohl die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter als auch die Gläubiger treffen können, verstärken sich regelmäßig schon dann, wenn der herrschende Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft unternehmerisch tätig ist. Eine solche Tätigkeit begründet die Besorgnis, daß die Gesellschaft fremden Unternehmensinteressen dienstbar gemacht wird. Die Gefahr, daß der herrschende Unternehmer-Gesellschafter seine Einflußmöglichkeiten und Befugnisse zum Nachteil der Gesellschaft geltend macht, vergrößert sich weiter, wenn er nicht nur an mehreren Unternehmen mit der Folge maßgeblich beteiligt ist, daß er die eine oder andere Beteiligungsgesellschaft für fremde oder übergeordnete Unternehmensziele einspannen kann, sondern, wie im vorliegenden Falle, selbst ein Unternehmen betreibt, das sich auf dem gleichen Markt oder auf einem Produktionsbereich und Vertriebsbereich betätigt, der diesem Markte nahekommt. Noch mehr gilt dies, wenn das Unternehmen der abhängigen Gesellschaft in das herrschende Unternehmen in der Weise eingegliedert wird, daß es als unselbständige Betriebsabteilung erscheint. Die daraus folgende Interessenverknüpfung führt im Regelfalle dazu, daß einerseits der Unternehmer-Gesellschafter dem eigenen Interesse den Vorrang vor dem Interesse der Gesellschaft einräumt und andererseits für den Mitgesellschafter die gesellschaftlichen Verhältnisse undurchsichtig und unkontrollierbar werden.
Den damit verbundenen Gefahren ist nicht schon dadurch wirksam zu begegnen, daß die Auskunftsrechte und Einsichtsrechte, insbesondere die Rechte aus den §§ 118, 166 HGB ausgedehnt werden und damit den Mitgesellschaftern und der Gesellschaft weitere Möglichkeiten gegeben werden, um die Voraussetzungen für einen etwa gegebenen Ersatzanspruch festzustellen. In Fällen dieser Art wird es der abhängigen Gesellschaft und den Mitgesellschaftern wegen fehlender Kenntnis der Verhältnisse bei dem herrschenden Unternehmen häufig schon nicht möglich sein, die Voraussetzungen zur Geltendmachung des besonderen Auskunftsrechts und Einsichtsrechts darzutun (vgl hierzu Schneider, Die Personengesellschaft als verbundenes Unternehmen, ZGR 1975, 253, 289ff). Umsoweniger wird er in der Lage sein, den Beweis dafür zu führen, daß und welche schädigenden Handlungen vorgenommen worden sind, und daß diese das herrschende Unternehmen zu vertreten hat.
Der vorliegende Fall fordert keine abschließende Entscheidung der damit zusammenhängenden Fragen. Nachdem das Berufungsgericht einen Teil der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zuerkannt ist, geht es nur noch um die Frage, ob die Beklagte ohne ausdrückliche Vereinbarung die während des Bestehens des Beherrschungsverhältnisses entstandenen Verluste der Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, wie sie entstanden sind, auszugleichen hat, und ob die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten durch bestimmte, von der Klägerin im einzelnen vorgetragene Handlungen verletzt hat; hierbei geht es wiederum wesentlich um die Frage, ob die Beklagte nicht einwandfreie Butter bei der Kochkäseproduktion der Klägerin verwendet hat und hierfür einstehen muß.
b) Für die zuletzt angeführten Fälle folgt aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, daß die Beklagte schon dann haftet, wenn sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen hat (§ 276 BGB). Die Haftung ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ihr und ihren Organen nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen ist. Sie kann sich auch nicht damit entschuldigen, daß sie bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen die Sorgfalt beobachtet hat, die sie in ihren eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 708 BGB). Die strengeren Haftungsvorschriften greifen schon deshalb ein, weil die Beklagte mit der Beherrschungsvereinbarung und der Eingliederung der Klägerin besondere, über das Gesellschaftsverhältnis hinausgehende Verpflichtungen übernommen hat.
Aus diesem Rechtsverhältnis folgt weiterhin, daß sie nach § 278 BGB auch für das fehlerhafte Verhalten ihres in die Klägerin entsandten Organs (Vorstandsmitglied Dr H.) und der weiteren Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Beherrschungsvertrag und Eingliederungsvertrag bedient hat, ohne die Möglichkeit einer Entlastung einstehen muß.
Daß die Beklagte hierbei die Beweislast dafür trifft, daß sie und ihre Erfüllungsgehilfen kein Verschulden trifft, folgt ebenfalls aus allgemeinen Grundsätzen (vgl BGHZ 48, 310, 312).
c) Das Berufungsgericht hält Ansprüche aus Pflichtverletzungen der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfen (insbesondere wegen der Verwendung nicht einwandfreier Butter) offenbar auch deshalb für nicht gegeben, weil die Klägerin nicht hinreichend substantiiert habe, daß die Beklagte objektiv ihre Pflichten verletzt hat. Insoweit erhebt sich die weitere Frage, ob in einem Falle der vorliegenden Art die schuldrechtlichen Grundsätze Anwendung finden können, wonach dem geschädigten Partner grundsätzlich der Beweis dafür obliegt, daß dem anderen objektiv ein Pflichtenverstoß zur Last fällt.
Sie ist nach der Interessenlage zu beantworten: Im Gegensatz zu den sonst bei Vertragsverletzungen gegebenen Verhältnissen ist hier das abhängige und eingegliederte Unternehmen regelmäßig nicht in der Lage, festzustellen, ob und welche pflichtwidrigen Handlungen vorgenommen worden sind und zu einer Schädigung geführt haben. Bei Beherrschungsverträgen und Eingliederungsverträgen besteht nicht nur die Gefahr einer Interessenkollision. Wie dargelegt, können Bindungen dieser Art vielfach zu unklaren, undurchsichtigen und letztlich unkontrollierbaren Verhältnissen führen, die schon von daher die Gefahr einer Begünstigung der herrschenden Gesellschaft zum Nachteil der abhängigen begründen. Weisungen zu erteilen, hat das herrschende Unternehmen im Falle der Eingliederung nicht nötig, so daß auch in dieser Hinsicht und auf diesem Wege schädliche Handlungen nicht festgestellt und überprüft werden können.
Demgemäß würde eine Verpflichtung des abhängigen Unternehmens, grundsätzlich den Nachweis für nachteilige Handlungen der herrschenden Gesellschaft zu führen, unvertretbare Anforderungen an dieses stellen und ihr die Ausübung ihrer Rechte im Regelfalle unmöglich machen. Die dargelegten Gegebenheiten und der Umstand, daß das abhängige Unternehmen die Verhältnisse bei der herrschenden Gesellschaft nicht überschauen kann, müssen zu einer Umkehrung der Beweislast in diesem Punkte führen: Dem herrschenden Unternehmen obliegt die Aufgabe, im Einzelfalle darzutun und zu beweisen, daß die vom abhängigen Unternehmen behauptete schädigende Handlung entweder nicht vorgenommen worden oder jedenfalls nicht pflichtwidrig ist (vgl auch Schneider aaO S 292).
d) Damit würde mit der Begründung des Berufungsgerichts die Haftung der Beklagten für die von der Klägerin behaupteten pflichtwidrigen Handlungen, insbesondere für die im Vordergrund stehende Verwendung nicht einwandfreier Butter, nicht ausgeschlossen werden können. Die Beklagte hätte danach für die Verwendung mangelhafter Butter und die dadurch entstandenen Schäden einzustehen, ohne Rücksicht darauf, ob sie die Butter selbst an die Klägerin geliefert hat, sofern sie nicht dartut und beweist, daß keine verdorbene Butter verwendet worden ist und ihr in die Klägerin entsandtes Vorstandsmitglied, der Betriebsleiter und sonstige Personen, deren Verhalten ihr zuzurechnen ist, nicht pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt haben.
3. Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung könnte schließlich eine Begründung darin finden, daß die Beklagte die Verpflichtung trifft, während der Dauer der Beherrschung und Eingliederung die Verluste der Klägerin zu übernehmen.
Aus der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung der Beklagten, die Interessen der Klägerin wahrzunehmen und alles zu unterlassen, was diese Interessen schädigt, können Ansprüche zwar nur bei schuldhaftem Handeln entstehen. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn, wie hier, ein herrschender Unternehmer-Gesellschafter durch Eingliederungsmaßnahmen nicht nur die Gefahr vielfältiger Interessenkonflikte begründet, die im einzelnen kaum überschaubar sind, sondern auch die Voraussetzungen dafür schafft, daß unkontrollierbar in die Vermögenssubstanz des abhängigen Unternehmens eingegriffen werden kann. Denn das führt im Ergebnis zu einer Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft, was wiederum im Widerspruch zu Sinn und Zweck des Beherrschungsvertrages steht. Dieser geht vom Fortbestand der abhängigen Gesellschaft aus und verpflichtet den herrschenden Unternehmergesellschafter, deren Existenz für die Gegenwart zu erhalten und für die Zukunft zu sichern, insbesondere also den Eintritt von Substanzverlusten zu vermeiden. Wie dargelegt, besteht gegenüber der herrschenden Gesellschaft zwar ein – möglicherweise über die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen hinausgehendes – Auskunftsrecht und Einsichtsrecht; außerdem können Ersatzansprüche gegenüber dem herrschenden Unternehmer-Gesellschafter unter erleichterten Voraussetzungen durchgesetzt werden. Das reicht aber nach aller Erfahrung nicht aus, nachteilige Maßnahmen im Regelfalle aufzudecken und ihre Wirkungen zu beseitigen. Aus der letztlich unkontrollierbaren Möglichkeit des herrschenden Unternehmens, insbesondere die Produktionspolitik, Absatzpolitik und Investitionspolitik des abhängigen Unternehmens zu bestimmen und dieses voll den eigenen Belangen anzupassen – und damit diesen unterzuordnen –, folgt deshalb notwendig die Verpflichtung, während der Dauer der Beherrschung und Eingliederung entstehende Verluste der abhängigen Gesellschaft zu übernehmen. In gleicher Weise wie bei Ergebnisübernahmeverträgen aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Verlustübernahme folgt, begründet die mit den dargelegten Möglichkeiten (für das herrschende Unternehmen) und Gefahren (für das abhängige Unternehmen) verbundene Beherrschung und Eingliederung die Pflicht zur Verlustübernahme.
Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verpflichtung zur Verlustübernahme auch deshalb zu bejahen ist (analog § 302 Aktiengesetz), weil es sich bei der Klägerin um eine GmbH & Co KG handelt, bei der der erkennende Senat es in gleicher Weise wie bei der GmbH grundsätzlich für geboten hält, entsprechend dem Zweck der Schutzvorschriften über die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals der Komplementär-GmbH die Kapitalgrundlage der Gesellschaft zu erhalten (vgl insbesondere BGHZ 60, 324; 67, 171; 69, 274).
4. Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß bei einem Unternehmen, das „an der Grenze des Konkurses” steht, die Frage, ob Sanierungsmaßnahmen als unternehmerische Fehlentscheidung zu werten sind, mit besonderer Vorsicht zu entscheiden ist. Das kann jedoch nicht dazu führen, die Pflichten, die ihr aus einem Beherrschungsvertrag und Eingliederungsvertrag erwachsen, deshalb einzuschränken, weil die Unternehmensverbindung im Rahmen eines Sanierungsvorhabens vorgenommen wird.
III. Damit kann das angefochtene Urteil auch nicht bestehen bleiben, soweit das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin daraus verneint, daß diese wegen des Abschlusses des Abwicklungsvertrages vom 8. Januar 1968 und der Entfernung der hier genannten Gegenstände zur Einstellung der Produktion gezwungen worden sei. Das Berufungsgericht hat insoweit Ansprüche der Klägerin allein mit der Begründung abgelehnt, es fehle der Kausalzusammenhang zwischen dem Fehlverhalten der Beklagten (und ihrer Erfüllungsgehilfen) und dem behaupteten Schaden: Seit Mitte 1967 habe das Scheitern des Sanierungsversuches festgestanden; eine weitere Fortführung des nicht lebensfähigen Unternehmens sei nicht mehr zu vertreten gewesen, bei erheblichen Schulden und fehlendem Eigenkapital seien ständig steigende Verluste zwangsläufig gewesen.
Dieser Würdigung würde die Grundlage fehlen, wenn die Beklagte als verpflichtet anzusehen wäre, entsprechend den vorstehenden Ausführungen Schadensersatz zu leisten oder aufgrund der Pflicht zur Verlustübernahme weitere Beträge (die während der Vertragsdauer entstandenen Jahresfehlbeträge) an die Klägerin zu entrichten.
IV. Das angefochtene Urteil ist deshalb auch aufzuheben, soweit es die Widerwiderklage abgewiesen hat.
Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht auch hinsichtlich der mit der Widerwiderklage geltend gemachten Ansprüche zu berücksichtigen haben, daß sie grundsätzlich nicht selbständig geltend gemacht werden können, sondern lediglich unselbständige Rechnungsposten sind, die in die Abschichtungsbilanz aufzunehmen sind. Vor der Aufstellung der Bilanz könnte ein unmittelbarer Anspruch der Klägerin nur bestehen, wenn abschließend festzustellen wäre, daß sie im Ergebnis noch etwas zu beanspruchen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 648065 |
NJW 1980, 231 |
JZ 1979, 609 |