Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung zur Jagdausübung
Leitsatz (amtlich)
Benennen nach dem Tode des Jagdpächters dessen Erben der Jagdbehörde eine Person, die in dem gepachteten Jagdbezirk die Jagd ausüben soll, so endet deren Jagdausübungsrecht mit dem Ausscheiden der Erben aus dem Jagdpachtvertrag. Das gilt auch dann, wenn nach niedersächsischem Landesrecht der Vertrag am Ende des ersten nach dem Tode des Pächters beginnenden Jagdjahres deswegen erlischt, weil die Erben in diesem Zeitpunkt einen Jahresjagdschein nicht beantragt haben oder sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllen.
Normenkette
LJagdG Art. 19 Abs. 2, 1 S. 1; BJagdG § 11; BGB §§ 2174, 581, 705
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. Oktober 1985 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung des Klägers, über den 31. März 1985 hinaus gemeinsam mit den Beklagten im Jagdbezirk H. bei B. die Jagd auszuüben.
Der Beklagte zu 2 pachtete zusammen mit Claus und Hinrich M. mit Vertrag vom 13. April 1973 von der Jagdgenossenschaft He. das Jagdausübungsrecht im Jagdbezirk He. mit Wirkung vom 1. April 1974 auf die Dauer von 24 Jahren. An die Stelle von Hinrich M. trat durch Ergänzungsvertrag vom 21. April 1984 der Beklagte zu 1.
Claus M. schloß am 28. April 1977 mit dem Kläger einen Erbvertrag, in dem er dem Kläger seine sich aus dem Jagdpachtvertrag ergebenden Rechte "vermachte". Der Erblasser verstarb am 13. Februar 1984. Er wurde von seiner Ehefrau und seinen vier Kindern beerbt.
Die - nicht jagdpachtfähigen - Erben benannten mit Schreiben vom 23. Juni/11. Juli 1984 gegenüber der unteren Jagdbehörde, dem Landkreis R., den Kläger als denjenigen, der die Jagd in dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk ausüben sollte. Dem Wunsch des Klägers, ihn als Mitpächter des Jagdausübungsrechts zu respektieren, traten die Beklagten, die Jagdgenossenschaft und der Landkreis entgegen.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger beantragt,
für die Zeit ab 1. April 1985
- festzustellen, daß er gemeinsam mit den Beklagten Pächter des gemeinschaftlichen Jagdbezirks He. bei B. nach dem Jagdpachtvertrag vom 13. April 1973 - geschlossen zwischen der Jagdgenossenschaft He. als Verpächter in und den Beklagten sowie Herrn Claus M., zuletzt wohnhaft in He., als Pächter - ist,
hilfsweise,
festzustellen, daß er gemeinsam mit den Beklagten Jagdausübungsberechtigter oder sonst Berechtigter im gemeinsamen Jagdbezirk He. bei B. nach dem Jagdpachtvertrag vom 13. April 1973 ... ist,
weiter hilfsweise,
festzustellen, daß der Widerspruch der Beklagten gegen seine, des Klägers, Benennung als Rechtsnachfolger in der Pacht- sowie der Jagdausübung nach dem am 13. Februar 1984 verstorbenen Claus M. durch dessen Erben unwirksam und er durch die Benennung Mitglied der zwischen den Parteien bestehenden Liquidationsgesellschaft geworden ist, und zwar längstens bis zum 31. März 1998, ...
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das Berufungsgericht führt aus: Der Kläger sei für die Zeit ab 1. April 1985 weder in die Rechtsstellung des verstorbenen Mitpächters Claus M. eingerückt noch habe er unter einem sonstigen Gesichtspunkt ein Jagdausübungsrecht im Pachtbezirk erworben. An einer Liquidationsgesellschaft der Pächter sei er ebenfalls nicht beteiligt. Die Rechte und Pflichten des Erblassers aus dem Jagdpachtvertrag seien auf dessen Erben übergegangen. Diese hätten dem Kläger die Stellung als Mitpächter nicht verschaffen, sondern ihn nur gemäß Art. 19 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesjagdgesetzes (LJagdG) als jagdausübungsberechtigte Person benennen können. Die damit verbundene Berechtigung hänge jedoch vom Fortbestand der Pächterstellung der Erben ab. Das Pachtverhältnis sei in Bezug auf die Erben gemäß Art. 19 Abs. 2 LJagdG, gegen dessen Gültigkeit unter dem Gesichtspunkt der Kompetenz des Landesgesetzgebers keine Bedenken bestünden, mit dem 31. März 1985 erloschen. Damit habe auch das Recht des Klägers, die Jagd für die Erben auszuüben, geendet.
Das hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
I.
Der Kläger ist nicht Mitpächter des Jagdausübungsrechts im Jagdbezirk He. geworden. Weder der Erbvertrag noch die von den Erben des früheren Mitpächters Claus M. ausgesprochene Benennung des Klägers als jagdausübungsberechtigte Person hat seinen Eintritt in das durch Vertrag vom 13. April 1973 begründete Jagdpachtverhältnis bewirkt.
1.
Ohne Rechtsirrtum beurteilt das Berufungsgericht die vom Erblasser im Erbvertrag abgegebene Erklärung als Vermächtnis zugunsten des Klägers. Das wird von der Revision auch nicht beanstandet. Gegenstand des Vermächtnisses sollen die "sich aus dem mit der Jagdgenossenschaft ... abgeschlossenen Jagdpachtvertrag ... ergebenden Rechte" des Erblassers sein. Nach der - naheliegenden - Auffassung des Klägers war damit beabsichtigt, ihn anstelle des Erblassers als Mitpächter in den Pachtvertrag nachrücken zu lassen. Diese Absicht war indes im Vermächtniswege nicht unmittelbar zu verwirklichen. Das Vermächtnis hat keine dingliche Wirkung; es begründet nur ein Forderungsrecht des Bedachten gegen den Beschwerten (§ 2174 BGB). Im Streitfall waren die Erben des Claus M. aus Rechtsgründen an der Erfüllung des Vermächtnisses gehindert. Sie konnten nämlich die Aufnahme des Klägers in den Pachtvertrag nur einverständlich mit den Mitpächtern und der Verpächter in herbeiführen (BGH Urteil vom 7. November 1962 - V ZR 120/60 - WM 1963, 217, 218; OLG Oldenburg in Prützel Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 55; Mitzschke/Schäfer BJG 4. Aufl. § 11 Rn. 138; vgl. auch BGHZ 72, 394, 396 m.w.Nachw.). Daran fehlt es hier; sowohl die Beklagten als auch die Jagdgenossenschaft He. sind dem Wunsch des Klägers, Mitpächter zu werden, entgegengetreten.
2.
Der Kläger konnte auch nicht aufgrund Bestimmung der Erben Mitpächter des Jagdausübungsrechts werden. Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 LJagdG haben, wenn der Pächter vor Ablauf der Pachtzeit stirbt, seine Erben der Jagdlbehörde die Personen zu benennen, die in dem gepachteten Jagdbezirk die Jagd ausüben sollen. Durch die Benennung sollen die jagdlichen Belange im Revier auch nach dem Tode des Pächters gewahrt bleiben. Sie obliegt den Erben aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung und schafft keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Benannten und dem Verpächter (OLG Frankfurt in Prützel Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 32; Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 136; Degener Niedersächsischer Jäger 1981, 31).
II.
Der Kläger ist seit dem 1. April 1985 auch nicht mehr Jagdausübungsberechtigter aufgrund der von den Erben ausgesprochenen Benennung.
Benennen nach dem Tode des Jagdpächters dessen Erben der Jagdbehörde eine Person, die in dem gepachteten Jagdbezirk die Jagd ausüben soll, so endet deren Jagdausübungsrecht mit dem Ausscheiden der Erben aus dem Jagdpachtvertrag. Das gilt auch dann, wenn nach niedersächsischem Landesrecht der Vertrag am Ende des ersten nach dem Tode des Pächters beginnenden Jagdjahres deswegen erlischt, weil die Erben in diesem Zeitpunkt einen Jahresjagdschein nicht beantragt haben oder sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllen.
1.
a)
Der Jagdpachtvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, auf den die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Pachtverhältnis (§§ 581 ff) anzuwenden sind, soweit nicht spezielle jagdrechtliche Bestimmungen oder jagdliche Besonderheiten entgegenstehen (Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 2 m.w.Nachw.). Daraus folgt, daß beim Tode des Jagdpächters, wenn im Pachtvertrag nichts anderes vereinbart ist, dessen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes auf die Erben übergehen (vgl. §§ 581 Abs. 2, 569 Abs. 1, 596 Abs. 2 BGB; allgemeine Meinung: OLG Düsseldorf EJS Bd. IV S. 10 Nr. 3; OLG Hamm RdL 1977, 286, 288; OLG Frankfurt aaO; OLG Oldenburg aaO; Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 134 und § 13 a Rn. 7; Linnenkohl Bundesjagdgesetz § 13 Anm. 2; Lorz Bundesjagdgesetz § 13 Anm. 1; Heinichen Das Jagdrecht in Niedersachsen S. 86, 92; Belgard Westfälischer Jägerbote 1973, 75). Diese sind dann im öffentlichen Interesse zur Wahrung der jagdlichen Belange verpflichtet, der Jagdbehörde eine Person zu benennen, die in dem Pachtbezirk die Jagd ausüben soll (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 LJagdG).
b)
Die Übertragung des Jagdausübungsrechts auf den Benannten erfolgt nicht der Substanz, sondern nur der Ausübung nach.
Er ist zwar aufgrund der Benennung nach außen hin zur Jagdausübung legitimiert, nimmt aber die damit verbundenen Rechte und Pflichten lediglich für die Erben wahr (Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 136). Seine von diesen abgeleitete Berechtigung ist deshalb an die Pächter Stellung der Erben gebunden. Mit deren Beendigung erlischt auch das Jagdausübungsrecht des Benannten (OLG Oldenburg aaO).
c)
Nach Art. 19 Abs. 2 LJagdG erlischt der Jagdpachtvertrag am Ende des ersten nach dem Tode des Pächters beginnenden Jagdjahres (1. April bis 31. März) gegenüber denjenigen Erben, die in diesem Zeitpunkt einen Jahresjagdschein nicht beantragt haben und sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllen. Liegt dieser besondere jagdrechtliche Beendigungsgrund in der Person sämtlicher Erben vor, so endet damit auch das Jagdausübungsrecht des gemäß Art. 19 Abs. 1 LJagdG Benannten. Die in den beiden Absätzen des § 19 LJagdG enthaltenen Regelungen sind Bestandteile einer einheitlichen gesetzgeberischen Konzeption, die dem öffentlichen Interesse an der ordnungsgemäßen Jagdausübung über den Tod des Pächters hinaus Rechnung tragen will. Das Gesetz gibt den Erben, soweit sie nicht jagdpachtfähig sind, Gelegenheit, innerhalb einer bestimmten Frist selbst die Jagdpachtfähigkeit zu erlangen und damit das vorzeitige Erlöschen des Pachtverhältnisses zu verhindern. Damit in der Zwischenzeit die Jagdausübung nicht ruht, berechtigt und verpflichtet das Gesetz die Erben zur Benennung eines Ausübungsberechtigten. Diese hat hiernach lediglich die Bedeutung einer Übergangsregelung. Deshalb erlischt das Jagdausübungsrecht des Benannten, wenn die Erben die ihnen in Art. 19 Abs. 2 LJagdG eingeräumte Frist ungenutzt verstreichen lassen (OLG Oldenburg aaO; Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 139). Die Auffassung der Revision, die genannte Vorschrift betreffe lediglich den Sonderfall, daß es weder unter den Erben noch sonst einen Jagdberechtigten mit entsprechender Legitimation gebe, findet demgegenüber im Gesetz keine Stütze.
d)
Zu Recht bejaht das Berufungsgericht für die in Art. 19 Abs. 2 LJagdG getroffene Regelung die Kompetenz des Landesgesetzgebers.
Der Bund hat seine Kompetenz, Rahmenvorschriften über das Jagdwesen zu erlassen (Art. 75 Nr. 3 GG), mit dem Erlaß des Bundesjagdgesetzes ausgeübt. Der niedersächsische Gesetzgeber war danach befugt, den ihm vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Rahmen auszufüllen. Er hat hiervon Gebrauch gemacht, indem er in Art. 19 Abs. 2 LJagdG für das Jagdpachtverhältnis einen spezifisch jagdrechtlichen Erlöschensgrund eingeführt hat. Daran war er nicht deswegen gehindert, weil das Pachtrecht Bestandteil des bürgerlichen Rechts ist, auf das sich die vom Bund mit der Regelung des zivilen Pachtrechts (§§ 581 ff BGB) ausgeübte konkurrierende Gesetzgebung erstreckt (Art. 74 Nr. 1 GG). Der Begriff des Jagdwesens, von dem Art. 75 Nr. 3 GG ausgeht, ist durch eine lange jagdrechtliche Tradition geprägt; er umfaßt seit jeher auch Regelungen des zivilen Jagdpachtrechts (v. Mangoldt/Klein Das Bonner Grundgesetz 2. Aufl. Art. 75 Anm. VII 3; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog GG Art. 75 Rn. 120; v. Münch in v. Münch GG Art. 75 Rn. 25; Weber Bayer. Verwaltungsblätter 1960, 14; ablehnend Mitzschke/Schäfer Rn. 1 vor § 11). Das entspricht, wie sich aus den §§ 11, 13 und 13 a BJagdG ergibt, auch der Auffassung des Bundesgesetzgebers. Der niedersächsische Landesgesetzgeber war deshalb berechtigt, in Ausfüllung des ihm durch das Bundesjagdgesetz gezogenen Rahmens zur Wahrung öffentlicher Belange eine besondere (zivilrechtliche) Regelung über das Erlöschen des Jagdpachtverhältnisses zu treffen. Das wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen.
2.
Hiernach ist das Recht des Klägers, aufgrund der von den Erben des Claus M. ausgesprochenen Benennung die Jagd im Jagdbezirk auszuüben, mit Ablauf des 31. März 1985 erloschen; denn zu diesem Zeitpunkt sind die Erben aus dem Jagdpachtvertrag ausgeschieden.
Das im Erbvertrag zugunsten des Klägers angeordnete Vermächtnis steht dem nicht entgegen. Dieses verpflichtete die Erben, den Kläger gemäß Art. 19 Abs. 1 LJagdG als jagdausübungsberechtigte Person zu benennen (vgl. Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 138). Diese Verpflichtung konnten sie nur in den vom Gesetz gezogenen sachlichen und zeitlichen Grenzen erfüllen. Ein die Pächterstellung der Erben überdauerndes Jagdausübungsrecht kann der Kläger auch aufgrund des Vermächtnisses nicht beanspruchen.
III.
Ebensowenig ist der Kläger berechtigt, im Rahmen einer zwischen den Erben des Claus M. und den Beklagten bestehenden Liquidationsgesellschaft die Jagd als Vertreter der Erben auszuüben.
Zwar geht die Revision zutreffend davon aus, daß zwischen mehreren als Mitpächter an einem Pachtvertrag beteiligten Personen eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff BGB besteht. Diese wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist (§ 727 Abs. 1 BGB); sie verwandelt sich dann im Innenverhältnis in eine Liquidationsgesellschaft der überlebenden Mitpächter mit den Erben des verstorbenen Mitpächters (OLG Frankfurt aaO; OLG Karlsruhe in Prützel Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 46; Mitzschke/Schäfer § 11 Rn. 97 und § 13 a Rn. 8; Heinichen a.a.O. S. 93).
Die Beteiligung der Erben an der Liquidationsgesellschaft endet jedoch mit ihrem Ausscheiden aus dem Jagdpachtvertrag; denn sie sind nur kraft ihrer (Mit-)Pächterstellung Mitglieder der Gesellschaft. Da im Streitfall der Jagdpachtvertrag im Verhältnis zu den Erben mit dem 31. März 1985 erloschen ist, kann der Kläger schon aus diesem Grunde ein Recht zur Jagdausübung nicht aus gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten herleiten.
Unterschriften
Krohn,
Kröner,
Engelhardt,
Werp,
Rinne
Fundstellen
Haufe-Index 1456077 |
NJW 1987, 2089 |