Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundschuld. Haftungsquoten von Sicherungsgebern. Unbelasteter Erwerb durch Dritte
Leitsatz (amtlich)
Sind für eine Forderung mehrere Sicherheiten bestellt worden und besteht zwischen den Sicherungsgebern ein Gesamtschuldverhältnis oder eine vertragliche Vereinbarung über ihre Haftungsquoten, so entstehen daraus Rechte und Pflichten nur im Verhältnis zwischen den beteiligten Sicherungsgebern. Gehört zu den Sicherheiten eine Grundschuld, so erstrecken die genannten Rechte und Pflichten sich nicht auf einen Dritten, der das belastete Grundstück erwirbt.
Normenkette
BGB § 426
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. Februar 2001 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 9. Dezember 1999 zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Stadt nimmt aus abgetretenem Recht den Beklagten aus einer Bürgschaft in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte als Gesellschafter der G.-GmbH, (im folgenden: G.), übernahm im Jahre 1993 eine Höchstbetragsbürgschaft von 100.000 DM für alle Ansprüche der R.bank Gr. aus einem Kontokorrent-Kreditvertrag mit der G. Neben dem Beklagten verbürgten sich weitere Gesellschafter der G. für diesen Kredit. Die G. war als Betreibergesellschaft der Fachklinik B. vorgesehen, eines Investitionsvorhabens, das auf einem Grundstück in B. verwirklicht werden sollte.
Die R.bank Gr. kündigte den Kredit im Jahre 1995, verlängerte die Rückzahlungsfrist dann jedoch mehrmals. Nachdem die Bank die Inanspruchnahme der Bürgen angedroht hatte, bestellte ihr die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Fachklinik B. GmbH als damalige Eigentümerin des genannten Grundstücks im Jahre 1996 zur zusätzlichen Absicherung eine Grundschuld über 200.000 DM.
Im Jahre 1998 drohte die nunmehr als R.-V.bank Gr. firmierende R.bank Gr. die Vollstreckung aus der Grundschuld an. Daraufhin schloß die Klägerin als neue Eigentümerin des belasteten Grundstücks am 18. Dezember 1998 mit der Bank eine Vereinbarung, in der diese die Forderung von 174.209,22 DM aus dem gekündigten Kontokorrentkredit der G. an die Klägerin verkaufte, die Forderung nebst allen dafür bestellten Sicherheiten an die Klägerin abtrat und eine Löschungsbewilligung für die Grundschuld erteilte.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung von 100.000 DM nebst Zinsen. Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin könne ihn aus seiner Bürgschaft nicht in Anspruch nehmen, weil ihr Ausgleichsansprüche gegen die anderen Sicherungsgeber nicht zustünden; allenfalls könne er mit einer geringeren Haftungsquote in Anspruch genommen werden, da er mit den weiteren Bürgen und der Klägerin eine Haftungsgemeinschaft gebildet habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin Ansprüche aus der Bürgschaft des Beklagten im Ergebnis abgesprochen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Da mit der Abtretung der Hauptforderung der R.bank gegen die G. auch die Sicherungsrechte auf die Klägerin übergegangen seien, stünde der Klägerin grundsätzlich ein Bürgschaftsanspruch gegen den Beklagten zu. Diesem Anspruch könne der Beklagte jedoch einen Ausgleichsanspruch analog § 426 BGB entgegensetzen.
Ein solcher Ausgleichsanspruch sei gegeben, weil die Bürgschaft des Beklagten und die Grundschuld auf dem Grundstück in B. jedenfalls im Umfang von 100.000 DM dieselbe Hauptforderung der R.bank gegen die G. gesichert hätten. Bürgschaft und Grundschuld seien gleichstufige Sicherungsmittel mit der Folge, daß die jeweiligen Sicherungsgeber einander grundsätzlich wie Gesamtschuldner ausgleichspflichtig seien.
Im vorliegenden Fall sei von einer stillschweigend zustande gekommenen Vereinbarung im Sinne von § 426 Abs. 1 BGB dahin auszugehen, daß die Grundschuld vorrangig vor den anderen Sicherheiten haften und eine Haftungsquote nach Kopfteilen oder Anteilen ausgeschlossen sein solle. Diese Vereinbarung habe zum Inhalt gehabt, daß letztlich der jeweilige Grundstückseigentümer, in dessen Grundstück investiert worden sei, allein für die zu Investitionszwecken aufgenommenen Kredite haften solle. Das ergebe sich zum einen daraus, daß die Klägerin ursprünglich gegenüber der Treuhandanstalt die Verpflichtung übernommen habe, in das Grundstück zu investieren, diese Verpflichtung dann an die Fachklinik B. GmbH weitergegeben habe und daß die von der G. aufgenommenen Kredite dazu gedient hätten, der Investitionspflicht nachzukommen. Zum anderen spreche für die Vereinbarung einer vorrangigen Haftung des Grundschuldbestellers auch die Tatsache, daß die Grundschuld bestellt worden sei, um eine bereits drohende Inanspruchnahme der Bürgen abzuwenden. Der Umstand, daß das Grundstück erst nach der Grundschuldbestellung auf die Klägerin übergegangen sei, ändere daran nichts.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Klägerin durch die Vereinbarung vom 18. Dezember 1998 zugleich mit der Hauptforderung gegen die G. auch die Bürgschaftsforderung gegen den Beklagten erworben hat. Dazu bedurfte es nicht einmal einer besonderen auf den Übergang dieser Forderung gerichteten Abrede, weil Bürgschaftsforderungen bereits kraft Gesetzes (§ 401 Abs. 1 BGB) auf den neuen Gläubiger der Hauptforderung übergehen.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, der Beklagte könne der Bürgschaftsforderung der Klägerin Einwendungen aus einem Gesamtschuldverhältnis der Sicherungsgeber für die Kreditforderung gegen die G. sowie aus einer Vereinbarung der Sicherungsgeber über die vorrangige Haftung der Grundschuld bzw. des jeweiligen Grundstückseigentümers entgegenhalten.
a) Aus einem etwaigen Gesamtschuldverhältnis der Sicherungsgeber und ebenso aus einer zwischen ihnen etwa zustande gekommenen Vereinbarung konnten nur für die beteiligten Sicherungsgeber in ihrem Verhältnis zueinander Rechte und Pflichten erwachsen. Die Klägerin gehörte nicht zu diesem Personenkreis und unterlag schon deshalb keiner derartigen Bindung. Ihre Stellung als Gesellschafterin der Fachklinik B. GmbH, die ihrerseits zum Kreis der Sicherungsgeber gehörte, änderte daran nichts.
b) Die Klägerin wurde auch nicht dadurch zur Sicherungsgeberin für die Kreditforderung gegen die G., daß sie von der Fachklinik B. GmbH das mit der Grundschuld belastete Grundstück erwarb. Zwischen den Sicherungsgebern möglicherweise bestehende rechtliche Bindungen wurden dadurch nicht auf die Klägerin erstreckt. Daß die Klägerin diese bei Erwerb des Grundstücks oder später vertraglich übernommen hätte und der Beklagte sowie die anderen Bürgen dem – wie erforderlich – zugestimmt hätten, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Soweit das Berufungsgericht der von ihm angenommenen stillschweigend zustande gekommenen Vereinbarung der Sicherungsgeber den Inhalt beizulegen versucht, daß letztlich der jeweilige Grundstückseigentümer allein für die Kredite haften sollte, scheitert dies im Verhältnis zur Klägerin schon daran, daß ihre Zustimmung zu einer solchen Vereinbarung vom Berufungsgericht nicht festgestellt wurde und im übrigen auch nicht ersichtlich ist. Schuldrechtliche Vereinbarungen zu Lasten eines Dritten können ohne dessen Zustimmung keine Wirkungen entfalten.
An diesem Ergebnis würde es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts ändern, wenn die gesicherten Kredite zu werterhöhenden Investitionen in das jetzt der Klägerin gehörende Grundstück verwandt worden wären. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Annahme des Berufungsgerichts, daß dies der Fall gewesen sei, den Angriffen der Revision stand hält.
c) Da etwaige rechtliche Bindungen zwischen den Sicherungsgebern für die Kreditforderung gegen die G. die Klägerin nicht an der Geltendmachung ihrer Bürgschaftsforderung gegen den Beklagten zu hindern vermögen, kommt es nicht darauf an, ob solche Bindungen überhaupt zustande gekommen sind. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Ansicht der Revision, die vom Berufungsgericht angenommene Ausgleichspflicht der Sicherungsgeber untereinander nach den Regeln des Gesamtschuldverhältnisses scheitere im vorliegenden Fall an den besonderen Umständen der erst längere Zeit nach der Bürgschaftsübernahme erfolgten Grundschuldbestellung. Ebenso kann offenbleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Sicherungsgebern sei eine stillschweigende Vereinbarung über die vorrangige Haftung der Grundschuld für die gesicherte Hauptforderung zustande gekommen, den Angriffen der Revision stand hält.
III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 a.F. ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 a.F. ZPO).
Unterschriften
Nobbe, Siol, Bungeroth, Müller, Wassermann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.03.2002 durch Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 713533 |
DB 2002, 1931 |
NJW 2002, 1491 |
BGHR 2002, 505 |
DNotI-Report 2002, 60 |
EWiR 2002, 427 |
KTS 2002, 539 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 744 |
WuB 2002, 653 |
ZIP 2002, 656 |
ZfIR 2002, 444 |
DNotZ 2002, 851 |
MDR 2002, 709 |
BKR 2002, 363 |
ZBB 2002, 220 |
ZNotP 2002, 275 |