Leitsatz (amtlich)
›a) Wird ein Schaden, der sich aus mehreren Positionen zusammensetzt, in Teilschritten abgewickelt, so kommt eine Befugnis des Schuldners, den Gläubiger in Geld zu entschädigen, nicht in Betracht, solange die Summe der dem Gläubiger zuerkannten Teilbeträge die Grenze der Unverhältnismäßigkeit, bezogen auf den Gesamtschaden, noch nicht überschreitet.
b) Der Umstand, daß ein beschädigtes Haus unter Denkmalschutz gestellt ist, kann nicht zu einem Ausschluß der Ersetzungsbefugnis des Schädigers nach § 251 Abs. 2 BGB führen.‹
Verfahrensgang
LG Darmstadt |
OLG Frankfurt am Main |
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks O./M.-R., Sch. -gasse 6 - 8, Ecke U. -gasse, das mit einem aus dem 18. Jahrhundert stammenden, seit September 1986 unter Denkmalschutz stehenden Fachwerkhaus bebaut ist. Miteigentümerin dieses Anwesens war die Ehefrau des Klägers, die frühere Klägerin zu 2, die jedoch im Laufe des Rechtsstreits verstorben ist. Die Eheleute betrieben in dem Haus die Gaststätte "Zum Sch.".
Die Beklagte zu 1 (Stadt O.) ließ in den Jahren 1976 bis 1978 auf ihrem an der anderen Seite der Sch. -gasse, gegenüber dem Fachwerkhaus, gelegenen Grundstück ein Abwasserhebewerk mit einer Abwasserpumpstation errichten. Die dabei anfallenden Erd-, Stahlbeton- und Sicherungsarbeiten wurden von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2, einem auf solche Bauvorhaben spezialisierten Unternehmen, ausgeführt. Die Baugrube des Pumpwerks erreichte eine Tiefe von etwa 10 m unter dem Niveau des Kellerfußbodens der Gaststätte. Sie wurde zur Sch. -gasse und dem Grundstück des Klägers hin durch eine Bohrpfahlwand abgestützt, d.h. eine Art Palisade aus senkrechten Stahlbetonpfählen. Diese Pfähle wurden ihrerseits durch nahezu waagerecht in das angrenzende Erdreich getriebene Anker, je einen für zwei Pfähle, gesichert. Die Anker wurden unter der Sch. -gasse hindurch bis in den Boden des Grundstücks des Klägers unter die Mitte des Gaststättengebäudes in einer Tiefe von etwa 5 m unter dessen Fundamenten vorgetrieben. Eine Zustimmung des Klägers und seiner Ehefrau wurde von den Beklagten nicht eingeholt.
Durch die Verpressung der Anker entstanden im Boden unter dem Haus des Klägers Verformungen, die zu Setz- und Rißschäden an dem Gebäude führten. Im Vorprozeß 3 O 145/79 LG D./12 U 16/83 OLG F. nahmen der Kläger und seine Ehefrau die Beklagte zu 1 und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe eines bezifferten Teilbetrags von 100.000 DM in Anspruch und begehrten ferner die Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihnen den gesamten durch den Bau der Pumpstation entstandenen Schaden zu ersetzen. Das Berufungsgericht gab durch rechtskräftiges Urteil vom 12. Juli 1984 dem Zahlungsantrag statt und traf weiter die Feststellung, daß die Beklagte zu 1 den Klägern aus enteignungsgleichem Eingriff unter Berücksichtigung des zuerkannten Betrages zu einer angemessenen Entschädigung und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 zu vollem Ersatz allen weiter noch entstehenden Schadens verpflichtet sei, der auf die unsachgemäße Beanspruchung des Grundstücks der Kläger im Zusammenhang mit der Baugrubensicherung zurückzuführen sei. Der Kläger und seine Ehefrau haben nunmehr ihren Schaden auf vorläufig 800.000 DM beziffert, nämlich 250.000 DM für Baugrund- und Kellersanierung, 400.000 DM für die Wiederherstellung des Baukörpers und rund 150.000 DM für Umzugs- und Lagerkosten sowie Erwerbsschaden. Unter Anrechnung der bereits gezahlten Verurteilungssumme von 100.000 DM aus dem Vorprozeß haben sie die Beklagten auf Zahlung weiterer 700.000 DM in Anspruch genommen. Die Beklagten haben insbesondere eingewandt, das Gebäude habe zum Zeitpunkt des Schadensereignisses nur einen Wert von etwa 200.000 bis 250.000 DM gehabt; die Herstellungskosten seien daher unverhältnismäßig hoch. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Baugrund- und Kellersanierungskosten in der beanspruchten Höhe von 250.000 DM für berechtigt angesehen und den Klägern unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 100.000 DM weitere 150.000 DM zuerkannt. Die Berufungen der Beklagten sind erfolglos geblieben. Mit ihren Revisionen verfolgen sie ihre Klagabweisungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind nicht begründet.
I.1. Die Beklagte zu 2 schuldet den von den Vorinstanzen ausgeurteilten Betrag als Schadensersatz aus unerlaubter Handlung (im folgenden II.), die Beklagte zu 1 als Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs (III.).
2. Gegen die Zulässigkeit eines Teilurteils über die Aufwendungen für die Sanierung des Baugrundes und Kellergewölbes bestehen keine Bedenken.
a) Es handelt sich, soweit die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 in Rede steht, um eine von mehreren Schadenspositionen, über die unabhängig vom rechtlichen Schicksal des Restanspruchs entschieden werden kann. Zwar darf ein. Teilurteil nur erlassen werden, wenn es von der Entscheidung über den Rest des Anspruchs unabhängig ist, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (BGH Urteil vom 26. April 1989 IVb ZR 48/88 = BGHR ZPO § 301 - Zugewinnausgleich 1 = NJW 1989, 2821, 2822 m.w.Nachw.). Diese Gefahr hat der Bundesgerichtshof (aaO.) beispielsweise für gegeben erachtet, wenn einzelne, in eine Ausgleichsbilanz einzustellende Positionen vorab durch Teilurteil beschieden worden waren, obwohl nicht ausgeschlossen werden konnte, daß sich im weiteren Verfahrensverlauf abweichende, das Gesamtergebnis beeinflussende Werte hinsichtlich dieser Positionen ergaben. Mit einer solchen Fallgestaltung ist der vorliegende Sachverhalt indes nicht vergleichbar. Hier geht es um eine Schadensberechnung, die aus einer bloßen Addition einzelner, voneinander unabhängiger Positionen besteht. Der Kläger hätte in zulässiger Weise jede dieser Positionen zum Gegenstand einer selbständigen (Teil-)klage machen können. Dann aber muß es ebenso möglich sein, daß das Gericht die entscheidungsreifen, keiner Aufklärung mehr bedürftigen Positionen vorab durch Teilurteil erledigt. Dies gilt jedenfalls, solange die zugesprochenen Teilbeträge in ihrer Gesamtheit eindeutig unterhalb der Schwelle des § 251 Abs. 2 BGB liegen, was hier, wie im folgenden darzulegen sein wird (II. 3.), der Fall ist. Die durch die Rechtskraft des Teilurteils bewirkte Verselbständigung des ausgeurteilten Anspruchsteils hat dementsprechend zur Folge, daß der Beklagten zu 2 für das noch anhängige Verfahren der Einwand abgeschnitten wird, die Baugrund und Kellersanierungskosten seien tatsächlich niedriger als die dem Kläger zuerkannten Beträge. Hingegen besteht keine präjudizielle Wirkung für die weitere Frage, ob und gegebenenfalls von welcher, die zugesprochenen Teilbeträge in ihrer Gesamtheit übersteigenden Höhe an die Herstellungskosten unverhältnismäßig sind und dem Schuldner deshalb die Entschädigungsbefugnis nach § 251 Abs. 2 BGB eingeräumt werden muß.
b) Aber auch soweit es um die Entschädigungspflicht der Beklagten zu 1 geht, ist die Zuerkennung eines Teilbetrages nicht ausgeschlossen. Zwar ist der Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs ein einheitlicher Anspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Juli 1978 - III ZR 85/74 = WM 1978, 1103, 1104). Diese Einheitlichkeit darf jedoch nicht mit einer Unteilbarkeit gleichgesetzt werden. Deshalb gilt für den Entschädigungsanspruch - jedenfalls soweit Entschädigung für die Substanzeinbuße verlangt wird - der allgemeine Grundsatz (vgl. BGB-RGRK/Kreft, 12. Aufl., vor § 839 Rn. 131), daß ein Teilurteil ergehen darf, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig vom Streit über den Rest ist, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Gegen diesen Grundsatz haben die Vorinstanzen nicht verstoßen. Dem Kläger sind für die Sanierung des Baugrundes und des Kellergewölbes weitere 150.000 DM (mit den bereits im Vorprozeß zuerkannten 100.000 DM zusammen also 250.000 DM) zugesprochen worden.
Ein Widerspruch zu der noch ausstehenden Entscheidung ist aus den gleichen Gründen wie bei dem Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2 nicht zu befürchten; die weitere Entscheidung betrifft nur den 250.000 DM übersteigenden Betrag.
II. Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 für die durch die unsachgemäße Baugrubensicherung auf dem Grundstück des Klägers verursachten Boden- und Gebäudeschäden ist im Vorprozeß dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt worden. Dementsprechend ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium lediglich darüber zu befinden, ob die Schadensposition, über die sich das Teilurteil verhält, von dieser Ersatzpflicht umfaßt wird. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß dies der Fall ist.
1. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) hat der Schadensersatzpflichtige den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder, wie hier, wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Satz 2 BGB); dem geschädigten Gläubiger wird also insoweit eine Ersetzungsbefugnis gewährt (BGHZ 63, 182, 184, 185). Einen solchen Anspruch macht der Kläger geltend. Auch der Anspruch auf Geldentschädigung ist eine Ausprägung des Prinzips der Naturalrestitution; er ist ein Anspruch auf Herstellung, nur nicht in Form einer unmittelbaren Leistung des Schuldners, sondern in Form einer dem Gläubiger durch Geldzahlung vermittelten Möglichkeit, den Schaden selbst zu beheben (BGH 30, 29, 30). Durch diese Zielrichtung auf Restiuatution unterscheidet sich der Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB von demjenigen aus § 251 Abs. 1 BGB, der ebenso wie die Ersetzungsbefugnis des Schuldners aus § 251 Abs. 2 BGB auf Kompensation gerichtet ist (vgl. BGH Urteil vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82 = NJW 1985, 793).
2. Das Berufungsgericht ist dem im Beweissicherungsverfahren 31 H 128/85 AG O. erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. vom 18. März 1986 gefolgt, der allein für die Sanierung des Baugrundes und des Kellergewölbes Kosten von 250.000 bis 350.000 DM veranschlagt hat, und hat ausgeführt, daß die im Vorprozeß und durch das hier in Rede stehende Teilurteil zuerkannten Beträge von zusammen 250.000 DM den Mindestaufwand für Boden- und Kellergewölbesanierung darstellten. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von den Revisionen beider Beklagten nicht mit Erfolg angegriffen. Die erstmals in der Schlußverhandlung vor dem Berufungsgericht aufgestellte, im Tatbestand des Berufungsurteils protokollierte Behauptung der Beklagten zu 2, "die Bodensanierung komme wesentlich billiger als vom Sachverständigen F. veranschlagt, wenn das Haus zunächst abgerissen und dann wieder aufgebaut werde", ist unsubstantiiert; daher kommt es auf die Frage, ob dieses Vorbringen verspätet war, nicht an.
3. Die von der Revision der Beklagten zu 2 in den Vordergrund gestellte Frage, ob die vom Kläger beanspruchten Sanierungskosten unverhältnismäßig hoch sind und deshalb der ersatzpflichtigen Beklagten die Befugnis eingeräumt werden muß, den Kläger mit Geld zu entschädigen (§ 251 Abs. 2 BGB), braucht jedenfalls für den hier in Rede stehenden Teilbetrag nicht abschließend beantwortet zu werden.
a) Die dem Schuldner durch § 251 Abs. 2 BGB eingeräumte Ersetzungsbefugnis, statt der Restitution den Gläubiger mit einer (bloßen) Kompensation der erlittenen Vermögenseinbuße abzufinden (siehe oben 1.), ist Ausdruck eines auch im Rahmen von § 249 Abs. 2 BGB geltenden allgemeinen Grundsatzes des Schadensersatzrechts, der die Höhe der Ersatzpflicht nach oben begrenzt. Danach haftet der Ersatzpflichtige, auch wenn Naturalrestitution auf billigere Weise nicht möglich ist, nicht für einen unverhältnismäßigen Herstellungsaufwand. Vielmehr hat nach Treu und Glauben in solchen Fällen das Interesse des Geschädigten an einer "Restitution" hinter dem Schutz des Ersatzpflichtigen vor unzumutbaren Belastungen zurückzutreten; er muß sich mit einer "Kompensation" durch einen Wertausgleich seines Schadens zufriedengeben (BGHZ 63, 295, 297 m. zahlreichen w.Nachw.).
b) Da andererseits das durch den Anspruch auf Restitution geschützte Integritätsinteresse des Geschädigten grundsätzlich Vorrang vor dem Kompensationsinteresse hat, kann letzteres nur und erst dann rechnerischer Maßstab für den zu leistenden Schadensersatz werden, wenn das Verlangen nach der Naturalrestitution an der Schwelle des § 251 Abs. 2 BGB scheitert (BGH NJW 1985, 793 aaO.). Es ist daher stets zu fragen, ob sich das Verlangen des Geschädigten auf Restitution des ohne das schädigende Ereignis bestehenden Zustandes innerhalb der Grenzen des § 251 Abs. 2 BGB hält; soweit dies der Fall ist, kann er vom Schädiger gemäß § 249 Satz 2 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen (BGH NJW 1985, 793, 794). Bei einer Schadensabwicklung, die sich in mehreren Stufen vollzieht, sei es, weil der Geschädigte in zulässiger Weise Teilbeträge beansprucht, sei es, weil das Gericht - wie hier - den gesamten Streitgegenstand in Teilschritten erledigt, muß die Schwelle des § 251 Abs. 2 BGB auf den Gesamtschaden bezogen werden. Daher kann sich der Schädiger nicht auf Unverhältnismäßigkeit berufen, solange der dem Geschädigten zuerkannte Teilbetrag unterhalb dieser Schwelle liegt. Diese Einwendung kann vielmehr erst dann erheblich werden, wenn der beanspruchte Teil - gegebenenfalls zusammen mit zuvor bereits erbrachten früheren Teilleistungen - diese Grenze überschreitet. Ist dies nicht der Fall, so ist für eine Ersetzungsbefugnis des Schädigers kein Raum; diese Frage wird vielmehr in die Erledigung des nach Abzug des Teilbetrages noch streitigen Restschadens verlagert.
c) Dementsprechend ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium lediglich zu prüfen, ob die bislang ausgeurteilten Beträge in Höhe von 250.000 DM die Verhältnismäßigkeitsgrenze, bezogen auf den Wert des beschädigten Gesamtobjekts, überschreiten.
aa) Der Kläger und seine Ehefrau hatten das gesamte Anwesen Anfang 1975 für 455.000 DM gekauft. Von diesem Wert hat das Berufungsgericht, dem Vorbringen beider Beklagten folgend, jeweils etwa die Hälfte für den reinen Grundstückswert und für den reinen Gebäudewert angesetzt. Das Berufungsgericht hat auf eine genauere Ermittlung des Substanzwerts des Grundstücks verzichtet und sich mit dem Hinweis begnügt, daß die Grundstückspreise seit Abschluß des Kaufvertrages im Ballungsgebiet Rhein-Main ständig gestiegen seien. Daraus hat das Berufungsgericht die Folgerung gezogen, es lasse sich nicht feststellen, daß der bisher ausgeurteilte Betrag von 250.000 DM, der zur Rückverwandlung des jetzt nahezu wertlosen Grundstücks in ein vollwertiges Baugrundstück wenigstens erforderlich sei, in einem Mißverhältnis zum Substanzwert des Grundstücks stehe.
bb) Die Revisionen beider Beklagten greifen die weitere Feststellung des Berufungsgerichts nicht an, daß die bislang zuerkannte Entschädigung nicht den Wert erreiche, den das unbeschädigte Grundstück vor dem Schadenseintritt als Baugrundstück gehabt habe. Die Revision der Beklagten zu 2 macht lediglich geltend, das Berufungsgericht sei von einem unrichtigen Ansatzpunkt ausgegangen, indem es den Verkehrswert des Grundstücks ohne aufstehendes Gebäude zugrunde gelegt habe. Das bebaute Grundstück sei rechtlich und tatsächlich eine einheitliche Sache. Daher gebe es keinen besonderen Verkehrswert von Gebäuden, die von dem Grundstück nicht getrennt werden könnten. Lage und Beschaffenheit des Grundstücks sowie die Qualität des auf dem Grundstück befindlichen Bauwerks bestimmten zwar maßgeblich die Höhe des Verkehrswerts, ohne daß jedoch dem einen oder dem anderen Faktor ein bestimmter prozentualer Anteil zukäme. Diese Erwägungen vermögen jedoch den Bestand des Berufungsurteils nicht in Frage zu stellen. Gerade wenn nämlich bei der Ermittlung des Wertverlustes nicht isoliert auf den Baugrund abgestellt werden darf, sondern das Gesamtobjekt berücksichtigt werden muß (siehe dazu auch oben 3. b), folgt aus den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Wertminderung des Gesamtobjekts mindestens den hier in Rede stehenden Betrag von 250.000 DM ausmacht. Dies gilt vor allem auch deswegen, weil das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung eine von dem hier in Rede stehenden Schadensereignis unabhängige Entwertung des Anwesens infolge des Umstandes, daß es unter Denkmalschutz gestellt worden ist, ebensowenig hat feststellen können wie umgekehrt eine Wertsteigerung durch die Wiederherstellung der Tragfähigkeit des Baugrundes. Deshalb können die Einwände der Beklagten zu 2 allenfalls hinsichtlich des noch nicht ausgeurteilten Restanspruchs erheblich werden, während für den jetzigen Streitgegenstand eine Unverhältnismäßigkeit nicht festgestellt werden kann und somit für eine Ersetzungsbefugnis gemäß § 251 Abs. 2 BGB kein Raum ist. Allerdings ist in diesem Zusammenhang der Hinweis veranlaßt, daß die Tatsache, daß das Gebäude unter Denkmalschutz steht, nicht zu einem Ausschluß der Ersetzungsbefugnis des Schuldners nach § 251 Abs. 2 BGB führen kann. Der Denkmalschutz dient nämlich ausschließlich dem öffentlichen Interesse (vgl. die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes zum Schutze der Kulturdenkmäler -Denkmalschutzgesetz- in der Fassung vom 5. September 1986 GVBl. S. 27O). Er vermag daher die rein privatrechtlichen Schadensersatzansprüche des Eigentümers nicht zu erweitern und den Schutz des Ersatzpflichtigen vor unzumutbaren Belastungen (s.o. II. 3. a) nicht einzuschränken.
III. Aus diesen Erwägungen folgt zugleich weiter, daß auch die von der Beklagten zu 1 zu leistende Entschädigung mindestens den Betrag von 250.000 DM erreicht.
1. Zwar weist die Revision der Beklagten zu 1 zutreffend darauf hin, daß der Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht gleichbedeutend mit einem Schadensersatzanspruch ist. Die Entschädigung soll dem von einer Enteignung oder einem enteignungsgleichen Eingriff Betroffenen einen angemessenen Ausgleich für das von ihm geforderte Opfer, für das ihm Abverlangte, gewähren, während es Sinn und Zweck des Schadensersatzes ist, das schädigende Ereignis wirtschaftlich ungeschehen zu machen. Während mithin der Schadensersatz an einer fiktiven Vermögenslage (nämlich der, die ohne das schädigende Ereignis bestehen würde) ausgerichtet ist, orientiert sich die Enteignungsentschädigung allein an dem Wert des dem Betroffenen mit der enteignenden Maßnahme Abverlangten, an dem Wert des ihm "Genommenen" (BGB-RGRK/Kreft aaO. vor § 839 Rn. 85).
2. Das dem Kläger abverlangte Opfer verkörpert sich im vorliegenden Fall in der Substanzeinbuße, die das Hausgrundstück durch die Beschädigung erlitten hat. Die Einheitlichkeit des Entschädigungsanspruchs (s. dazu oben I. 2. b) schließt es dabei nicht aus, die einzelnen Bewertungsfaktoren, aus denen er sich zusammensetzt, gesondert zu ermitteln und zu berechnen. Die Sanierung des Baugrundes ist bereits für sich alleingenommen, wie oben dargelegt, jedenfalls nicht mit einem geringeren Betrag als mit 250.000 DM zu bewerten; auch die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine niedrigere Bewertung rechtfertigen könnten. Damit ist zugleich klargestellt, daß die dem Kläger zustehende Gesamtentschädigung nicht niedriger sein kann als die bislang zugesprochenen Teilbeträge.
Fundstellen
Haufe-Index 2993664 |
BGHR BGB § 251 Abs. 2 Ersetzungsbefugnis 1 |
BGHR BGB § 251 Abs. 2 Unverhältnismäßigkeit 2 |
BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Enteignungsgleicher Eingriff 1 |
BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Schadensersatz 1 |
DRsp I(123)336d-f |
WM 1990, 1752 |
VersR 1990, 982 |
BRS 1993, 301 |
BRS 53 Nr. 113 |
UPR 1990, 434 |