Verfahrensgang
LG Hof (Urteil vom 28.08.2017) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 28. August 2017 aufgehoben, soweit gegenüber ihm die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten und nicht revidierende Mitangeklagte jeweils wegen (gemeinschaftlicher) unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Gegen den Angeklagten hat es hierfür unter Einbeziehung der Einzelgeldstrafen aus einem Strafbefehl eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat.
Rz. 2
Der Angeklagte beanstandet seine Verurteilung mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat lediglich hinsichtlich der Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 3
1. Der Schuldspruch wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen.
Rz. 4
2. Der Strafausspruch, der nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt (zu den Maßstäben vgl. BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320 und vom 24. Oktober 2017 – 1 StR 226/17 Rn. 9 mwN), hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand. Insbesondere weist auch die Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 54 StGB keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Rz. 5
Die Gesamtstrafenbildung ist im Urteil gesondert zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271). Bei der Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil müssen dabei aber nicht notwendigerweise der Lebenssachverhalt, welche der damals abgeurteilten Tat zugrunde lag, und die Strafzumessungserwägungen des einbezogenen Urteils im neuen Urteil wiedergegeben werden. Erforderlich ist es jedoch, die in dem früheren Urteil abgeurteilte Tat und die verhängte Strafe konkret zu bezeichnen und sie mit den neuen Taten und den bei der Bildung der neuen Einzelstrafen erörterten Gesichtspunkten zusammen in einer kurzgefassten Darstellung abzuwägen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 1986 – 3 StR 530/86, BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Gesamtstrafe 1 und vom 5. August 2014 – 3 StR 138/14 Rn. 4). Auch insoweit bedarf es nur der Darlegung der bestimmenden Zumessungsgründe, wobei sich dies in einfach gelagerten Fällen auf wenige Hinweise beschränken kann (BGH, Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271).
Rz. 6
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil. Das Landgericht hat berücksichtigt, dass sich der Tatzeitraum der einzubeziehenden Taten über fünfzehn Monate erstreckte und die drei Vergehen, jeweils Leistungserschleichungen, untereinander in einem engen inneren Zusammenhang standen (UA S. 19). Dass das Landgericht den geringen Gesamtschaden dieser Taten, den es in den Urteilsgründen ausdrücklich festgestellt hat (UA S. 6), aus dem Blick verloren haben könnte, ist auszuschließen, zumal die für alle Taten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren die für die Betäubungsmittelstraftat verhängte Einsatzstrafe von einem Jahr und elf Monaten lediglich um einen Monat übersteigt.
Rz. 7
3. Die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) hält demgegenüber rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 8
Zwar kommt dem Tatrichter bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung ein weiter Beurteilungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung hinzunehmen hat (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2012 – 2 StR 547/11 Rn. 20 [insoweit nicht abgedruckt in StV 2013, 73] und vom 13. Februar 2001 – 1 StR 519/00, NStZ 2001, 366, 367; Mosbacher/Claus in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 56 Rn. 51 mwN). Die Prognoseentscheidung des Landgerichts, aufgrund deren es für den Angeklagten keine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB festzustellen vermochte, erweist sich jedoch nicht in jeder Hinsicht als frei von Rechtsfehlern.
Rz. 9
Im Ansatz ist das Landgericht bei seiner Prognoseentscheidung zwar von zutreffenden Maßstäben ausgegangen. Es hat darauf abgestellt, dass sich der Angeklagte durch die bisher gegen ihn ergriffenen strafrechtlichen Maßnahmen nicht von der Begehung neuer Straftaten abhalten ließ. Auch habe er durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, Sanktionen hinzunehmen und Auflagen oder Weisungen nachzukommen (UA S. 19). Dabei hat das Landgericht nicht nur der Frage, welche Wirkung für den Angeklagten von einer etwaigen Strafaussetzung ausginge und ob er sich von dem Druck eines gegebenenfalls zu gewärtigenden Widerrufs der Strafaussetzung in seinem Verhalten beeinflussen ließe (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Februar 2001 – 1 StR 519/00, NStZ 2001, 366, 367), Rechnung getragen. Vielmehr hat es bei der Prognose, ob sich der Angeklagte schon die erneute Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde, auch die sonstigen Lebensumstände des Angeklagten (vgl. zu diesem Aspekt Fischer, StGB, 65. Aufl., § 56 Rn. 10) berücksichtigt.
Rz. 10
Bei diesen der Sozialprognose zugrunde gelegten, prognoserelevanten Lebensumständen zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung ist allerdings zu besorgen, dass das Landgericht der festgestellten fehlenden Motivation, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen oder zumindest Sozialleistungen als legale Einkunftsquelle zu beantragen, ein zu starkes prognostisches Gewicht beigemessen und die Anforderungen nach § 56 Abs. 1 StGB überspannt hat. Auch wenn sich derartige Umstände grundsätzlich als prognostisch ungünstig erweisen können, hätte das Landgericht unter gebotener Berücksichtigung der sonstigen Lebensverhältnisse deutlicher in den Blick nehmen müssen, dass dem Angeklagten finanzielle Unterstützung durch seine Familie, insbesondere seinen Vater, zuteil wurde. Dies hätte innerhalb der rechtlich geforderten Gesamtwürdigung hinsichtlich des Gewichts der vom Landgericht als prognostisch ungünstig bewerteten Verhältnisse eingestellt und gewichtet werden müssen, zumal der noch junge Angeklagte bereits eine Bewährung durchgestanden hatte. Daran fehlt es hier.
Rz. 11
4. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung nicht. Das Landgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen, insbesondere zum Verhalten des Angeklagten und der Entwicklung seiner Lebensumstände seit der letzten tatrichterlichen Hauptverhandlung.
Unterschriften
Raum, Graf, Jäger, Radtke, Hohoff
Fundstellen
Haufe-Index 11767121 |
NStZ-RR 2019, 242 |
RPsych 2018, 425 |