Leitsatz (amtlich)
a) Zur Anwendbarkeit der zu § 1 Abs. 1 ErwZulG entwickelten Grundsätze auf Arbeitsunfälle von Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes.
b) Erleidet ein Arbeiter der Bundeswehrverwaltung durch Schuld eines Soldaten der Bundeswehr, der sich mit einem Panzerfahrzeug auf einer dienstlichen Fahrt befindet, einen Arbeitsunfall, so werden seine Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik nicht durch § 636 RVO ausgeschlossen.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839; RVO § 636; Ges. über die erweiterte Zulassung von Schadenersatzansprüchen bei Dienst- u. Arbeitsunfällen vom 7. Dezember 1943 – BGBl. I 674 –(ErwZulG) § 1
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 23.01.1973) |
LG Passau |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Bayerischen Oberlandesgerichts München vom 23. Januar 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Standortverwaltung Passau der Bundeswehr, Außenstelle F., als Arbeiter beschäftigt. Auf Weisung seiner Dienststelle fuhr er am 11. März 1970 einen Lastkraftwagen von F. auf der Bundesstraße … in Richtung Passau, um Büromöbel und einen Papierwolf zur Standortverwaltung Passau zu bringen. Unterwegs stieß das Fahrzeug mit einem Schützenpanzer der Bundeswehr zusammen, den ein Soldat des in F. stationierten Panzergrenadierbataillons 243 auf einer sogenannten Weiterbildungsfahrt steuerte. Der Kläger erlitt Verletzungen. Er verlangt von der beklagten Bundesrepublik Zahlung eines Schmerzensgeldes nebst Prozeßzinsen.
Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme zur Zahlung von 3.000 DM nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen und sie auf die Anschlußberufung des Klägers zur Zahlung von 6.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Juli 1971 verurteilt.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat die Grundlage für den Schmerzensgeldanspruch des Klägers in Art. 34 GG, § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 847 BGB erblickt und angenommen, der Fahrer des Schützenpanzers habe den Unfall fahrlässig herbeigeführt.
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der Fahrer des Schützenpanzers den Kläger in Ausübung eines öffentlichen Amtes verletzt habe, steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang (Senatsurteile in BGHZ 42, 176, 180; 49, 267, 274 f). Die Feststellung der Tatsachen, aus denen das Berufungsgericht zutreffend gefolgert hat, der Fahrer habe fahrlässig gehandelt, wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und bindet daher das Revisionsgericht (§ 561 Abs. 2 ZPO).
II.
Da der Unfall vom 11. März 1970 für den Kläger ein Arbeitsunfall war, stellt sich die Frage, ob sein Schmerzensgeldanspruch durch § 636 RVO ausgeschlossen ist. Nach Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift ist ein Unternehmer den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten zum Ersatz des durch einen Arbeitsunfall verursachten Personenschadens „nach anderen gesetzlichen Vorschriften” (hier Art. 34 GG, §§ 839, 847 BGB) nur dann verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder dieser „bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr” eingetreten ist. Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, § 636 RVO stehe dem Klageanspruch nicht entgegen, da der – nicht vorsätzlich herbeigeführte – Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten sei. Diese Auffassung hält den Angriffen der Revision stand.
1. Als Teil der Bundeswehrverwaltung (Art. 87 b GG) gehört die Standortverwaltung, bei der der Kläger beschäftigt ist, zur Verwaltung der beklagten Bundesrepublik. Diese ist daher für den Kläger „Unternehmer” im Sinne des § 636 RVO. Andererseits ist die Bundesrepublik als Trägerin der Streitkräfte (Art. 87 a GG) auch für den Unfall des Klägers verantwortlich (Art. 34 GG).
Da die Bundesrepublik als Träger der Unfallversicherung gemäß § 653 RVO als einheitlicher Unternehmer im Sinne des § 636 RVO anzusehen ist (Wussow, Unfallhaftpflichtrecht 12. Aufl. Tz. 1544; s. auch BGHZ 63, 313; RGZ 166, 257, 262), liegt also der in § 636 RVO geregelte Fall vor, daß der Unternehmer des bei einem Arbeitsunfall verletzten Versicherten zugleich für den Unfall verantwortlich ist. Mithin kann der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche einschließlich des Anspruchs auf Schmerzensgeld (Senatsurteil in BGHZ 3, 298, 302 f; s. auch BVerfG NJW 1973, 502) nicht erheben, wenn nicht eine der in § 636 RVO bestimmten Ausnahmen vorliegt. Als solche Ausnahme kommt hier in Betracht, daß der Unfall sich bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr zugetragen hat.
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Unfallfahrt des Klägers sei im Verhältnis zur Standortverwaltung nicht Teilnahme am allgemeinen Verkehr, sondern ein innerbetrieblicher Vorgang gewesen. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteile in BGHZ 17, 65, 66; 33, 339, 349; VI. Zivilsenat in BGHZ 8, 330, 337; 19, 114, 119) und wird auch von der Revision nicht angezweifelt.
Maßgebend sei aber – so hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt – das Verhältnis zu den Streitkräften; ihnen gegenüber habe der Kläger bei der Unfallfahrt am allgemeinen Verkehr teilgenommen. Damit ist das Berufungsgericht von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, der zufolge der Begriff der Teilnahme am allgemeinen Verkehr relativ zu verstehen ist: Eine Fahrt etwa, die im Verhältnis zur eigenen Dienststelle des Verletzten ein innerbetrieblicher Vorgang ist, kann gegenüber einem anderen Teilnahme am allgemeinen Verkehr sein. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein bestimmter Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist, ist dabei – wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat – das Verhältnis zu dem in Anspruch genommenen Schädiger (Senatsurteile in BGHZ 17 und 33 a.a.O.; BGH LM Dienst- u. ArbeitsunfallG Nr. 10 und 20; BGH VersR 1959, 52, 53).
a) Diese Grundsätze haben Bedeutung zunächst für Dienstunfälle von Beamten. Während § 636 RVO die Schadensersatzansprüche von sozialversicherten Arbeitern und Angestellten nur gegen ihren Unternehmer ausschließt, kann der durch einen Dienstunfall verletzte Beamte nach den beamtenrechtlichen Vorschriften (vgl. § 151 BBG) neben den Leistungen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge weder gegen den eigenen, noch gegen einen anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn weitergehende Ansprüche erheben. Auch insoweit werden Ansprüche aber ausnahmsweise zugelassen, wenn der Dienstunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die erweiterte Zulassung von Schadenersatzansprüchen bei Dienst- u. Arbeitsunfällen vom 7. Dezember 1943 BGBl. I 674 – ErwZulG). Die Einsicht, daß der Begriff der Teilnahme am allgemeinen Verkehr relativer Natur ist, eröffnet dem verletzten Beamten daher Schadenersatzansprüche gegen den für den Unfall verantwortlichen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn auch in den zahlreichen Fällen, in denen sich der Dienstunfall nur im Verhältnis zu diesem, nicht aber zum eigenen Dienstherrn des Beamten bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr ereignet hat.
Die Bedeutung der genannten Grundsätze beschränkt sich jedoch nicht auf die Fällen in denen der öffentlich-rechtliche Dienstherr, der für den Dienstunfall verantwortlich ist, von dem eigenen Dienstherrn des verletzten Beamten verschieden ist. § 1 Abs. 1 ErwZulG gebraucht nämlich nicht den Begriff des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn, sondern den der öffentlichen Verwaltung, Beide Begriffe decken sich nicht, vielmehr kann dieselbe juristische Person des öffentlichen Rechts Dienstherr für mehrere öffentliche Verwaltungen im Sinne des § 1 Abs. 1 ErwZulG sein (Senatsurteil in BGHZ 17, 65, 67 f; Amtliche Begründung zu § 1 ErwZulG in DJ 1944, 21; Wussow a.a.O. Tz. 1631; s. auch Senatsurteil in BGHZ 33, 339, 351). Der erkennende Senat hat daher in dem in BGHZ 17, 65 entschiedenen Fall, in dem ein Gendarmeriebeamter des Landes auf einer Dienstfahrt durch einen Lastkraftwagen der staatlichen Fahrbereitschaft verletzt worden war, Polizei und Verkehrsverwaltung als verschiedene öffentliche Verwaltungen im Sinne von § 1 Abs. 1 ErwZulG angesehen.
b) Ob die vorerörterten Grundsätze auch auf Arbeitsunfälle von sozialversicherten Arbeitern und Angestellten anzuwenden sind, hat der Bundesgerichtshof bisher nicht abschließend entschieden. In der in BGHZ 33, 339 abgedruckten Entscheidung hat der erkennende Senat die Anwendbarkeit dieser Grundsätze unterstellt (a.a.O. S. 350 f), ohne letztlich zu der Frage Stellung nehmen zu müssen. Gegen die Anwendbarkeit bestehen jedoch keine Bedenken. Die Regelung, daß die durch §§ 898, 899 (jetzt §§ 636, 637) RVO „gesperrten” Ansprüche ausnahmsweise zugelassen werden, wenn der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist, fand sich zunächst in § 1 Abs. 2 ErwZulG. Schon aus diesem Grunde lag es nahe, die Frage, unter welchen Voraussetzungen Teilnahme am allgemeinen Verkehr vorliegt, für Arbeitsunfälle nicht anders zu beurteilen als für die in Abs. 1 derselben Vorschrift geregelten Dienstunfälle. Auch die Amtliche Begründung des Gesetzes (DJ 1944 a.a.O.) will hier ersichtlich gleiche Grundsätze angewendet wissen. Zwar ist § 1 Abs. 2 ErwZulG inzwischen durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241) – UVNG – aufgehoben und inhaltlich in § 636 RVO eingearbeitet worden; eine sachliche Änderung der Rechtslage war damit aber nicht beabsichtigt (BGHZ 63, 313; BGH LM § 637 RVO Nr. 1 a = BB 1967, 1482, 1483; Geigel Haftpflichtprozeß 15. Aufl. 31. Kap. Rdn. 90 S. 1152).
Vor allem aber treffen die Gründe, die Veranlassung gegeben haben, den Begriff der Teilnahme am allgemeinen Verkehr relativ zu verstehen, für Dienst- und Arbeitsunfälle in gleicher Weise zu. Wie der erkennende Senat in der Entscheidung BGHZ 17, 65, 67 ausgeführt hat, ist der Haftungsausschluß deswegen auf Unfälle beschränkt, die nicht bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten sind, weil „der Beamte in seinem Amt kraft der Art seiner Tätigkeit in einem gewissen Gefahrenkreis lebt und … diese Gefahren und die sich innerhalb dieses Gefahrenkreises ereignenden Schäden in gewissem Umfang mit in Kauf nehmen muß, ohne in jedem Fall einen vollen Ersatz für etwa erlittene Schädigungen beanspruchen zu können. Gerät der Beamte aber in einen anderen Gefahrenkreis und sind für den Unfall – allein oder auch – solche Stellen verantwortlich, die außerhalb des besonderen Gefahrenkreises stehen, in den der Beamte selbst kraft seines Amtes hineingestellt ist, dann fällt der innere Grund für die Beschränkung seiner Schadensersatzansprüche weg”. Auch der Arbeiter und Angestellte begibt sich durch die Aufnahme seiner Tätigkeit in einen bestimmten Gefahrenkreis, so daß es gerechtfertigt ist, seinen Anspruch auf Ersatz der aus diesem Gefahrenkreis erwachsenen Schäden auf die Leistungen der Sozialversicherung zu beschränken. Soweit Schäden aber außerhalb dieses Gefahrenkreises ihre Ursache haben, nämlich aus dem Bereich stammen, den der Gesetzgeber mit „Teilnahme am allgemeinen Verkehr” umschrieben hat, besteht für eine Beschränkung von Schadensersatzansprüchen kein überzeugender Grund.
Daraus ergibt sich: handelt es sich bei dem „Unternehmer” um (etwa) eine Gebietskörperschaft mit verschiedenen Verwaltungen und ist für den Unfall eine dieser Verwaltungen verantwortlich, bei der der Verletzte nicht beschäftigt ist, so kann die Relativität des Begriffes der Teilnahme am allgemeinen Verkehr dazu führen, daß ein bei einer dienstlichen Verrichtung, also an sich einem innerbetrieblichen Vorgang entstandener Unfall im Verhältnis zu der schädigenden Verwaltung und damit zum „Unternehmer” als bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten gilt, Schadensersatzansprüche des Verletzten also nicht nach § 636 RVO ausgeschlossen sind.
3. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher von der Frage ab, ob die Standortverwaltung, bei der der Kläger beschäftigt ist, und die für seinen Unfall verantwortlichen Streitkräfte „verschiedene Verwaltungen” in dem vorerörterten Sinne sind. Diese Frage ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen.
Das Berufungsgericht hat seine Ansicht zunächst damit begründet, daß die Bundeswehrverwaltung nach § 87 b GG keinen Teil oder Annex der Streitkräfte bilde, sondern als eigener ziviler Verwaltungszweig durchorganisiert sei. Sie stehe selbständig neben den Streitkräften, deren Kommandostellen keine Weisungsrechte gegenüber der Wehrverwaltung hätten. Erst in der Spitze, beim Bundesminister der Verteidigung, träfen die Befehlsgewalt über die Streitkräfte und die Leitung der Bundeswehrverwaltung zusammen.
Diese Ausführungen entsprechen der Rechtslage, wie sie sich aus Art. 87 b GG ergibt (vgl. Maunz/Dürig GG Art. 87 b Rdn. 13; Jess in Bonner Kommentar Art. 87 b Erläuterung 2 a; Witte, Die rechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung 1963, S. 45, 62 ff). Inwieweit und unter welchem Gesichtswinkel die Ansicht der Revision, der gesamte Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung stelle eine „untrennbare Einheit” dar, ihre Berechtigung hat, kann auf sich beruhen. Jedenfalls ist die Bundeswehrverwaltung nach Art. 87 b GG als eine gegenüber den Streitkräften (Art. 87 a GG) eigenständige Verwaltung aufgebaut. An dieser Bedeutung des Art. 87 b GG ändert es nichts, daß die Bestimmung – wie die Revision hervorhebt – zugleich den Bereich der Bundesverwaltung von dem der Verwaltung der Länder abgrenzt. Die Revision weist ferner darauf hin, daß es innerhalb der Bundeswehrverwaltung zwei voneinander unabhängige Zweige (territoriale Wehrverwaltung und Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung mit nachgeordneten Dienststellen) gebe und daß andererseits die drei Teilstreitkräfte der Bundeswehr gemeinsam erst dem Bundesministerium der Verteidigung unterständen. Das ändert indessen nichts an der durch Art. 87 b GG vorgeschriebenen organisatorischen Trennung von Streitkräften und Bundeswehrverwaltung, sondern könnte allenfalls zu der Frage führen, ob innerhalb der Streitkräfte einerseits, der Bundeswehrverwaltung andererseits verschiedene „Verwaltungen” im Sinne von § 1 Abs. 1 ErwZulG zu unterscheiden sind. Auch die personellen Überschneidungen sowie die für beide Bereiche – Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung – gleichermaßen geltenden Vorschriften auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugwesens, auf die die Revision hinweist, stellen die organisatorische Trennung beider Bereiche nicht in Frage.
Die organisatorische Trennung der Bundeswehrverwaltung von den Streitkräften, von der hiernach auszugehen ist, spricht nach der Regel, die der erkennende Senat in der in BGHZ 17, 65, 68 abgedruckten Entscheidung aufgestellt hat, dafür, daß es sich um „verschiedene Verwaltungen” handelt. Allerdings beansprucht diese Regel keine absolute Geltung, sondern kann im Einzelfall der Korrektur durch weitere Gesichtspunkte, insbesondere den Rückgriff auf Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bedürfen. Diese hat der erkennende Senat – wie schon ausgeführt – darin erblickt, daß der Ausschluß der Unternehmerhaftung auf solche Schäden beschränkt wird, die sich innerhalb des jeweiligen Gefahrenkreises ereignen (BGHZ 17, 65, 67; 33, 339, 352). Auch dieser Gesichtspunkt führt indessen nicht zu einer anderen Beurteilung.
Das Berufungsgericht hat bereits berücksichtigt, daß die Bundeswehrverwaltung nach Art. 87 b GG den Zweck hat, den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte zu dienen. Diese Aufgabenzuweisung bewirkt indessen noch nicht, daß die von den Streitkräften ausgehenden Gefahren zum Gefahrenkreis der Bundeswehrverwaltung zu rechnen sind. In der Entscheidung in BGHZ 33, 339, in der der erkennende Senat die Stationierungsstreitkräfte und ihre zivilen Dienstgruppen als einheitliche Verwaltung angesehen hat, ist vielmehr besonderer Wert auf den Umstand gelegt worden, daß die Dienstgruppen durch ihre Aufgabenstellung notwendig in häufige Berührung mit anderen Teilen der Streitkräfte kommen, etwa bei der Abholung von Material durch die Truppe aus (von Angehörigen der Dienstgruppen) bewachten Lagern, beim Transport von Gütern zur Truppe und bei der Bewachung der Truppenunterkünfte (a.a.O. S. 352). Wesentlich ist also die sich aus der Aufgabenstellung ergebende tatsächliche Berührung, weil erst sie die Gefahren hervorruft, die den Gefahrenkreis ausmachen. Da der Gefahrenkreis, um einen brauchbaren Abgrenzungsmaßstab zu liefern, durch generelle Umstände von einiger Dauer bestimmt werden muß, kann hierbei nur gelegentlichen Kontakten keine ausschlaggebende Rolle zukommen. Schon aus diesem Grunde ist die – neu aufgestellte – Behauptung der Revision, Fahrzeuge der Truppe müßten für die Bundeswehrverwaltung Fahrten ausführen und umgekehrt, für die Entscheidung nicht erheblich. Es kommt auch nicht darauf an, wie die beruflichen Aufgaben gerade des Verletzten beschaffen sind. Die von den Streitkräften ausgehenden Gefahren fielen daher nicht schon deswegen aus dem Gefahrenkreis des Klägers heraus, weil seine Tätigkeit als Kraftfahrer sich – wie er behauptet hat – in der Erledigung von Aufgaben für die zivile Verwaltung erschöpfte. Entscheidend ist vielmehr, ob die Angehörigen der Bundeswehrverwaltung bei der Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben allgemein und regelmäßig in so enge tatsächliche Berührung mit den Streitkräften kommen, daß die von diesen ausgehenden Gefahren zu ihrem Gefahrenkreis gerechnet werden können. Feststellungen, die diesen Schluß zuließen, enthält das angefochtene Urteil jedoch nicht. Aus der Natur der Aufgaben, die der Bundeswehrverwaltung obliegen, ergibt sich eine enge tatsächliche Berührung mit den Streitkräften ebenfalls nicht. Anders als die Dienstgruppen der Stationierungsstreitkräfte, die der Truppe bei deren Aufgaben Hilfestellung leisten, führt die Bundeswehrverwaltung eigene Aufgaben aus, mögen diese ihren Sinn und Zweck auch in der Erhaltung des Bestandes und der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte finden. Die von den Streitkräften ausgehenden Gefahren rechnen daher nicht zum Gefahrenkreis der Bundeswehrverwaltung, so daß die Streitkräfte als eine von dieser verschiedene „Verwaltung” anzusehen sind.
III.
Gegen die Höhe des dem Kläger zuerkannten Schmerzensgeldes erhebt die Revision keine Einwendungen. Aus der angefochtenen Entscheidung selbst sind insoweit rechtliche Bedenken nicht herzuleiten.
Unterschriften
Kreft, Gähtgens, Dr. Tidow, Peetz, Lohmann
Fundstellen
Haufe-Index 1745791 |
BGHZ |
BGHZ, 201 |
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