Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnatur der Widerspruchsklage gegen Teilungsversteigerung
Leitsatz (amtlich)
a) Die Widerspruchsklage, mit der eine Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG) verhindert werden soll, ist Familiensache, wenn das der Versteigerung entgegengehaltene Recht im ehelichen Güterrecht wurzelt (hier: Übernahmerecht nach § 1477 Abs. 2 BGB).
b) Die bei der Auseinandersetzung des Gesamtgutes zunächst gebotene Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten kann auch in der Weise erfolgen, daß der sein Übernahmerecht ausübende Ehegatte sie als Alleinschuldner übernimmt und der Gläubiger den anderen Ehegatten aus der Haftung entläßt.
Normenkette
BGB § 1475 Abs. 1, § 1477 Abs. 2; GVG § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 8, § 771; ZVG §§ 180 ff.; BGB § 1475 Abs. 1 (vom 18.06.1957), Abs. 3 (vom 18.06.1957), § 1477 Abs. 2 S. 2 (vom 18.06.1957); ZVG § 180 Abs. 1 (vom 28.07.1961); ZPO § 771 Abs. 1, § 621 Abs. 1 Nr. 8 Fassung: 1976-06-14; GVG § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9 (vom 14.06.1976)
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat, des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 8. Mai 1984 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der am 13. Juli 1947 geborene Beklagte und die am 7. März 1950 geborene Klägerin schlossen am 5. August 1970 die Ehe. Durch notariellen Vertrag vom 24. Juli 1970 hatten sie zuvor für die Dauer ihrer künftigen Ehe Gütergemeinschaft vereinbart und den Beklagten zum alleinigen Verwalter des Gesamtgutes bestellt. Die Klägerin brachte in die Gütergemeinschaft einen Bauernhof ein, den ihr Vater ebenfalls durch notariellen Vertrag vom 24. Juli 1970 ihr gegen Übernahme von Belastungen und die Gewährung eines im Grundbuch als Leibgeding einzutragenden Altenteils übergeben hatte. Im Herbst 1979 verließ die Klägerin aufgrund von Spannungen zwischen den Parteien den Hof. Seit dem 20. Juni 1981 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Durch Anwaltsschreiben vom 10. Juli 1981 forderte die Klägerin den Beklagten unter Geltendmachung ihres gesetzlichen Übernahmerechtes zur Rückgabe des Hofes auf. Der Beklagte räumte erst, nachdem er durch Urteil des Amtsgerichts Landsberg am Lech vom 21. Oktober 1981 (F 162/81) zur Herausgabe des Hofes verurteilt worden war. Die vom Beklagten dagegen eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht München durch Urteil vom 30. März 1982 mit der Begründung zurück, die Klägerin könne den Herausgabeanspruch zwar solange nicht auf § 1477 Abs. 2 BGB stützen, als noch nicht feststehe, ob der Hof zur Tilgung von Gesamtgutsverbindlichkeiten veräußert werden müsse; die Übertragung des Alleinbesitzes auf sie sei jedoch als Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes – die seit der Scheidung den Parteien gemeinschaftlich obliege (§ 1472 Abs. 1 BGB) – gemäß §§ 1472 Abs. 3, 745 Abs. 2 BGB dringend geboten, um konkreten Schaden für das Gesamtgut und eine Verschlechterung des – bindend ausgeübten – Übernahmerechts der Klägerin abzuwenden; der Beklagte habe nämlich der Klägerin trotz gerichtlicher Verurteilung seit April 1980 keine Auskunft über den Stand der Verwaltung des Gesamtgutes gegeben, ferner ohne vorherige Unterrichtung der Klägerin das Milchvieh veräußert und Land verpachtet, schließlich seit Erlaß des amtsgerichtlichen Urteils vom 21. Oktober 1981 auch die Tiere nicht mehr versorgt und die Felder nicht mehr bewirtschaftet, sondern eine Fabrikarbeit aufgenommen.
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines beim Amtsgericht – Familiengericht – Landsberg am Lech noch anhängigen Auseinandersetzungsverfahrens (F 22/82) vom Beklagten, der Übertragung des Hofes zu ihrem Alleineigentum zuzustimmen. Auf Antrag des Beklagten ordnete das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Augsburg mit Beschluß vom 27. September 1982 die Zwangsversteigerung des Hofes zum Zwecke der Aufhebung der Gütergemeinschaft an (K 193/82); eine dagegen erhobene Erinnerung der Klägerin wies es zurück, ihren Einstellungsantrag nach § 180 Abs. 2 ZVG lehnte es ab.
Mit der vorliegenden Klage beantragt die Klägerin, die Zwangsversteigerung für unzulässig zu erklären. Das Landgericht Augsburg hat durch Urteil dahin entschieden, daß die Zwangsversteigerung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Amtsgericht – Familiengericht – Landsberg am Lech anhängigen Rechtsstreites F 22/82 eingestellt werde, weil bei Abwägung der beiderseitigen Interessen dem der Klägerin an der Erhaltung des seit vielen Jahren in Familienbesitz befindlichen Hofes bis zur Entscheidung über ihren Übernahmeanspruch der Vorzug vor dem Interesse des Beklagten an einer alsbaldigen Versteigerung gebühre. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Zwangsversteigerung für unzulässig erklärt werde.
Mit seiner – zugelassenen – Revision verfolgt der Beklagte weiterhin das Ziel, die Klage abzuweisen; in erster Linie beantragt er jedoch, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache an das Amtsgericht – Familiengericht – Landsberg am Lech zu verweisen.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Der Familiensenat des Oberlandesgerichts hat die Widerspruchsklage gemäß § 771 ZPO mit Recht für den zulässigen Rechtsbehelf angesehen und sich zur Entscheidung für zuständig erachtet, weil es sich um eine Familiensache handelt.
1. Mit der Scheidung ist die zwischen den Parteien vereinbarte Gütergemeinschaft aufgelöst; an ihrer Stelle besteht bis zur Erledigung der Auseinandersetzung eine sogenannte Liquidationsgemeinschaft am bisherigen Gesamtgut (vgl. BGB-RGRK/Finke, 12. Aufl., Vorbem. vor § 1471). Die Auseinandersetzung erfolgt gemäß § 1474 BGB nach den §§ 1475 bis 1481 BGB. Da über sie nicht im Verbund mit der Scheidung entschieden worden ist, bedarf es mangels Einigung der Parteien einer gerichtlichen Entscheidung über die Auseinandersetzung. Diese ist Gegenstand des zwischen den Parteien beim Amtsgericht – Familiengericht – Landsberg am Lech geführten Rechtsstreits.
Von diesem Verfahren grundsätzlich unberührt bleibt indessen das Recht eines jeden der geschiedenen Ehegatten, zur Vorbereitung der Auseinandersetzung die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an einem zum Gesamtgut gehörenden Gegenstand gemäß § 180 Abs. 1 ZVG zu beantragen. Wird auf einen solchen Antrag wie im vorliegenden Fall die Zwangsversteigerung durch das dafür zuständige Vollstreckungsgericht angeordnet, muß ein aus dem Grundbuch nicht ersichtliches, der Versteigerung entgegenstehendes materielles Recht des anderen an der Liquidationsgemeinschaft beteiligten geschiedenen Ehegatten – der im Versteigerungsverfahren Antragsgegner wird – im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO geltend gemacht werden. Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß diese Klage der zulässige Rechtsbehelf ist, obwohl die Teilungsversteigerung keine Vollstreckung und der klagende Antragsgegner nicht „Dritter” ist (BGH, Urteile vom 22. März 1972 – IV ZR 25/71 – FamRZ 1972, 363, und vom 23. Februar 1984 – IX ZR 3/83 – FamRZ 1984, 563, 564; Zeller/Stöber, ZVG, 11. Aufl., § 180 Rdn. 3 Anm. 8 a und b m.w.N.). Zu den Rechten, die auf diese Weise geltend zu machen sind, gehört das von der Klägerin behauptete Übernahmerecht gemäß § 1477 Abs. 2 BGB (vgl. BayObLGZ 1971, 293; OLG Bamberg FamRZ 1983, 72; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 403).
2. Für die Rechtsnatur eines Verfahrens als Familiensache kommt es auf die Begründung des geltend gemachten Anspruchs an (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 1980 – IVb ARZ 527/80 – FamRZ 1980, 988, und vom 10. November 1982 – IVb ARZ 44/82 – FamRZ 1983, 155, 156). Zwar handelt es sich bei der Drittwiderspruchsklage aus § 771 ZPO um eine prozessuale Gestaltungsklage, bei der Streitgegenstand nicht das „die Veräußerung hindernde” Recht selbst ist. Für die Einordnung als Familiensache kommt es jedoch darauf an, ob das der Durchführung einer Teilungsversteigerung entgegengehaltene Recht materiell-rechtlich im ehelichen Güterrecht wurzelt. Wenn das der Fall ist, gehört die Streitigkeit zu den Familiensachen, „die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen”, § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO (ebenso BayObLG FamRZ 1981, 376, OLG Frankfurt a.a.O.; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 1982, 401). Das steht nicht in Widerspruch zu dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember 1978 (IV ARZ 85/78 – FamRZ 1979, 219), in dem eine Widerspruchsklage gemäß § 774 ZPO, mit der ein Ehegatte die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung eines Gläubigers in das eheliche Gesamtgut geltend machte, nicht als Familiensache eingeordnet worden ist. Denn in jenem Verfahren leitete die Klägerin ihre Einwendungen gegen die Vollstreckung aus § 741 ZPO her, also aus vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten.
Der Revision ist danach darin zu folgen, daß das Landgericht Augsburg in erster Instanz für die Sachentscheidung nicht zuständig war. Daraus ergibt sich indessen nicht, daß das Verfahren des Oberlandesgerichts an einem prozessualen Mangel leidet, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das zuständige Prozeßgericht erster Instanz nötigt. Die unter Verstoß gegen die Zuständigkeitsbestimmungen der §§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG, 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO ergangene Entscheidung hat der Beklagte durch Einlegung der Berufung zum Oberlandesgericht wirksam angefochten; bei diesem hat der zuständige Senat für Familiensachen über das Rechtsmittel entschieden. Diese Verfahrensweise entspricht dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten Grundsatz der sogenannten materiellen Anknüpfung (vgl. BGHZ 72, 182). Der für die Sachentscheidung zuständige Familiensenat des Oberlandesgerichts (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG) wäre zwar nicht gehindert gewesen, die erstinstanzliche Entscheidung gemäß § 539 ZPO wegen des Verstoßes gegen § 621 ZPO aufzuheben und die Sache an das zuständige Familiengericht zurückzuverweisen. Er durfte indessen hiervon absehen (§ 540 ZPO) und unter Abwägung der Parteiinteressen; mit dem Grundsatz der Prozeßökonomie zu dem Ergebnis daß eine sofortige Sachentscheidung dem Rechtsschutzinteresse der Parteien eher gerecht werde als die Zeit und Kosten erfordernde Zurückverweisung des Rechtsstreits an das zuständige erstinstanzliche Gericht (vgl. BGHZ a.a.O. S. 195). Daß das Berufungsgericht sich seiner Ermessensfreiheit bewußt war und von einer Zurückverweisung abgesehen hat, weil es das für sachdienlich hielt, hat es zwar nicht ausdrücklich begründet. Es liegt aber nahe, daß es die Möglichkeit einer Zurückverweisung gesehen hat. Im übrigen hat die Revision insoweit aber keine zulässige Verfahrensrüge erhoben, sondern in der Revisionsbegründung nur beanstandet, daß in erster Instanz das Landgericht entschieden hat.
II.
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, der Beklagte könne nicht mehr auf einer Versteigerung der zum Hof gehörenden Grundstücke bestehen, damit begründet, seit der mündlichen Verhandlung vor dem Familiensenat vom 10. April 1984 sei gesichert, daß für die Berichtigung der bestehenden Gesamtgutsverbindlichkeiten der Beklagte nicht mehr persönlich in Anspruch genommen werden könne. Durch die mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10. Juli 1981 von der Klägerin erklärte Übernahme des Hofes (§ 1477 Abs. 2 BGB) sei zwar das Recht des Beklagten unberührt geblieben, zunächst die Tilgung der Gesamtgutsverbindlichkeiten zu verlangen und die dafür erforderlichen Mittel durch Betreiben der Zwangsversteigerung von Grundstücken zu beschaffen. Durch den Vorrang der Schuldentilgung vor der Verteilung eines Überschusses solle jedoch nur im Interesse jedes Ehegatten verhindert werden, daß er persönlich für eine solche Verbindlichkeit noch haften müsse, wenn das Gesamtgut bereits verteilt worden sei. Diese Gefahr bestehe hier aber nicht mehr: sowohl Rechtsanwalt Huber, der eine Forderung gegen das Gesamtgut in Höhe von 115.141,97 DM nebst Zinsen innehabe, als auch der Ehemann der Klägerin, der einen Anspruch von 173.452,90 DM nebst Zinsen gegen das Gesamtgut besitze, hätten verbindlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiensenat zur Niederschrift erklärt, sie entließen den Beklagten aus seiner Haftung für die Gesamtgutsverbindlichkeiten ab dem Zeitpunkt, ab dem die Klägerin als Alleineigentümerin der zum Hof gehörenden Grundstücke im Grundbuch eingetragen sei. Als weitere Gesamtgutsverbindlichkeiten beständen nur noch das Altenteilsrecht des Vaters der Klägerin und ein Wohnrecht ihrer Schwester Viktoria L… aus dem Übergabevertrag vom 24. Juli 1970. Auch insoweit sei eine Zwangsversteigerung aber nicht erforderlich, denn der Wert dieser gegenwärtig nicht ausgeübten Rechte übersteige nicht den Betrag von zusammen 150.000 DM; die Klägerin habe eine Bürgschaftserklärung einer zahlungsfähigen Bank vorgelegt, nach der diese unter Freistellung des Beklagten von jeder Inanspruchnahme durch diese Gläubiger für deren Forderungen bis zum Höchstbetrag von 150.000 DM die selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage übernommen habe.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.
1. Durch die Ausübung eines Übernahmerechts gemäß § 1477 Abs. 2 BGB wird (erst) die Art und Weise der Teilung des Überschusses beeinflußt, die allein Gegenstand der Regelung des § 1477 ist. Deshalb trifft die Auffassung des Berufungsgerichtes zu, daß der Beklagte seit der Erklärung der Klägerin, den in die eheliche Gütergemeinschaft eingebrachten Hof wieder zu übernehmen, nicht mehr die Zwangsversteigerung von Grundstücken, die zum Hof gehören, betreiben darf, wenn und soweit damit das Ziel verfolgt werden soll, die Teilung des Überschusses nach § 1477 Abs. 1 i.V. mit § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzubereiten.
2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß das Übernahmerecht eines Ehegatten aus § 1477 Abs. 2 BGB die Versteigerung dann nicht hindert, wenn aus besonderen Gründen der in die Gütergemeinschaft eingebrachte Gegenstand im Liquidationsstadium anderweitig benötigt wird und der ihn beanspruchende Ehegatte mit seinem Übernahmerecht daher zurückstehen muß. Das ist etwa der Fall, wenn ein Gesamtgutsgläubiger einen Anspruch auf Herausgabe dieses Gegenstandes hat, aber auch, wenn der Gegenstand in Geld umgesetzt werden muß, damit Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden können.
a) Wie sich aus dem Aufbau des Gesetzes und dem Wortlaut des § 1475 Abs. 1 BGB („zunächst”) ergibt, setzt die Verteilung des Überschusses und damit auch die Übernahme eingebrachter Gegenstände (§ 1477 Abs. 2 BGB) in der Regel die vorherige Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten voraus. Das bedeutet aber nicht, daß das Gesamtgut insgesamt zu versilbern ist, wenn Gesamtgutsverbindlichkeiten bestehen. Ebensowenig besteht der Grundsatz, daß erst geteilt werden darf, wenn sämtliche Verbindlichkeiten des Gesamtgutes tatsächlich getilgt worden sind. § 1475 Abs. 3 BGB bestimmt, daß das Gesamtgut in Geld umzusetzen ist, „soweit dies erforderlich ist, um die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen”. Das erklärte Übernahmerecht braucht daher nicht zurückzustehen, sondern kann dem Versteigerungsverlangen des anderen Teils entgegengesetzt werden, wenn der verbleibende Teil des Gesamtguts ausreicht, um die Verbindlichkeiten des Gesamtguts zu berichtigen (vgl. RGZ 85, 1, 10). Ebenso kann dem Versteigerungsbegehren widersprochen werden, wenn Gesamtgutsverbindlichkeiten bis zur Teilung zwar nicht berichtigt werden, der die Versteigerung betreibende Ehegatte aber keine Gefahr läuft, dafür noch persönlich zu haften. Durch die in den §§ 1475 ff. BGB geregelte Reihenfolge von Schuldenberichtigung und Überschußteilung soll verhindert werden, daß einer der (geschiedenen) Ehegatten einem Gesamtgutsgläubiger nach Maßgabe der §§ 1480, 1481 BGB persönlich haften muß, wenn das Gesamtgut ohne Rücksicht auf bestehende Gesamtgutsverbindlichkeiten verteilt worden ist, sei es durch Rückgabe eingebrachter Gegenstände, sei es durch Teilung in Natur oder durch Versilberung und Aufteilung des erzielten Erlöses (vgl. BGB-RGRK/Finke a.a.O. § 1480 Rdn. 2; Staudinger/Thiele/Thiele BGB, 12. Aufl. § 1475 Rdn. 7). Wird das Risiko einer fortdauernden persönlichen Haftung des anderen Ehegatten in ausreichender Weise behoben, fehlt seinem auf § 1475 Abs. 3 BGB gestützten Versteigerungsverlangen die rechtfertigende Grundlage mit der Folge, daß der zur Übernahme nach § 1477 Abs. 2 BGB berechtigte Ehegatte dem Versteigerungsbegehren widersprechen kann.
Ob die persönliche Inanspruchnahme durch einen Gesamtgutsgläubiger unterbleibt, weil im Gesamtgut ausreichende Mittel zur Befriedigung einer bis zur Übernahme des Gesamtgutsgegenstandes nicht berichtigten Verbindlichkeit verbleiben, oder ob die persönliche Haftung eines Ehegatten nach Beendigung der Auseinandersetzung des Gesamtgutes auf andere Weise wirksam ausgeschlossen wird, begründet für die Zulässigkeit des Versteigerungsbegehrens keinen wesentlichen Unterschied. In beiden Fällen ist die Versilberung des von der Übernahmeerklärung betroffenen Gegenstandes aus dem Gesamtgut nicht (mehr) erforderlich, um eine drohende persönliche Inanspruchnahme des die Versteigerung betreibenden Ehegatten für die bestehen gebliebenen Gesamtgutsverbindlichkeiten auszuschließen. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht einer in der Rechtsprechung bereits wiederholt vertretenen Auffassung (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 286 und OLG Frankfurt FamRZ 1984, 170) gefolgt ist, nach der die gemäß § 1475 Abs. 1 BGB gebotene Berichtigung einer Gesamtgutsverbindlichkeit auch in der Weise erfolgen kann, daß der sein Übernahmerecht ausübende Ehegatte sie als Alleinschuldner übernimmt und der Gläubiger den anderen Ehegatten aus der Haftung entläßt. Sie hat auch in der Literatur – soweit ersichtlich – keinen Widerspruch gefunden (vgl. Bölling Anm. zu OLG Karlsruhe S. 290; Staudinger/Thiele/Thiele a.a.O. § 1475 Rdn. 4; Palandt/Diederichsen BGB 44. Aufl., § 1475 Anm. 1; Jauernig/Schlechtriem BGB 3. Aufl. §§ 1474 bis 1477 Anm. 3 a).
b) Die Revision macht geltend, es fehle die Zustimmung des Beklagten zu der in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. April 1984 protokollierten Erklärung der beiden Hauptgläubiger, sie entließen den Beklagten aus seiner Haftung für die Gesamtgutsverbindlichkeiten von dem Zeitpunkt an, in dem die Klägerin als Alleineigentümerin der zum Hof gehörenden Grundstücke im Grundbuch eingetragen sei. Der Beklagte habe erklärt, daß ihm diese Erklärungen nicht ausreichten. Außerdem habe er mit der Teilungsversteigerung nur erreichen wollen, daß die Klägerin mit einem Nachbarn verhandele, der allein für einen zum Hof gehörenden Acker mit 2,4 Millionen DM einen wesentlich höheren Betrag zahlen wolle, als dem vom Sachverständigen zu niedrig geschätzten Verkehrswert des Hofes entspreche. Dieser Vortrag verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
Den protokollierten Äußerungen des Beklagten kann nicht entnommen werden, daß er einer Entlassung aus seiner persönlichen Haftung für die im Zeitpunkt der Übernahme des Hofes durch die Klägerin noch nicht berichtigten Gesamtgutsverbindlichkeiten widersprochen hat. Seine Äußerung, daß ihm die Erklärungen der beiden Gläubiger nicht ausreichten, bedeutete nicht, daß er sie zurückweise, sie läßt lediglich Zweifel des Beklagten an der rechtlichen Tragweite des vereinbarten Schulderlasses erkennen. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob es dem Beklagten gemäß § 242 BGB verwehrt wäre, sich auf Fehlen seiner Zustimmung zum Abschluß des Erlaßvertrages zu berufen, wenn er damit allein verhindern wollte, daß ein der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten gemäß § 1475 Abs. 1 BGB gleichzusetzender Tatbestand eintrat und die Klägerin deswegen seinem Versteigerungsbegehren ihr gesetzliches Übernahmerecht entgegensetzen konnte.
c) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe seine Entscheidung nicht auf die vertretene Auffassung über die Bedeutung der von den Gläubigern im Termin abgegebenen Erklärungen stützen dürfen, ohne dem Beklagten – der diesen rechtlichen Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten habe – Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern (§ 278 Abs. 3 ZPO). Diese Rüge geht schon deshalb fehl, weil dem anwaltlich vertretenen Beklagten bereits vor dem Termin vom 10. April 1984 insgesamt drei an beide Parteivertreter gerichtete Hinweisschreiben des Berufungsgerichts zugegangen sind (vom 24. Februar, vom 12. März und vom 27. März 1984), in denen auch die Frage angesprochen worden ist, ob es im Sinne des § 1475 Abs. 1 BGB erforderlich sei, zur Berichtigung von Gesamtgutsverbindlichkeiten Grundstücke zu versteigern. Im Termin selbst hat ausweislich der Sitzungsniederschrift der Beklagte Gelegenheit zur Äußerung gehabt; schließlich ist ihm auch noch eine Frist zur schriftsätzlichen Äußerung nachgelassen worden.
Fundstellen
Haufe-Index 609558 |
NJW 1985, 3066 |