Leitsatz (amtlich)
Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die einem Gesellschafter das Recht einräumt, einen oder mehrere Mitgesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen, und wegen dieses Inhalts grundsätzlich nichtig ist (BGH, 1977-01-20, II ZR 217/75, BGHZ 68, 212; BGH, 1981-07-13, II ZR 56/80, BGHZ 81, 263), kann insoweit wirksam sein, als sie die Ausschließung aus wichtigem Grund zuläßt.
Tatbestand
Der am 22. Februar 1986 verstorbene und von der Beklagten allein beerbte Vater der Parteien, K. D., und der Kläger gründeten am 22. Dezember 1952 die K. D. KG. K. D., der persönlich haftender Gesellschafter wurde, brachte dabei das bis dahin von ihm allein betriebene Unternehmen ein, das sich mit dem Holzhandel und dem Betrieb eines Sägewerks befaßte, und schenkte dem Kläger dessen Kommanditeinlage von 20.000 DM. In § 3 Buchst. b des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt, daß das Gesellschaftsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Jahres gekündigt werden kann. Nach § 10 Nr. 1 scheidet in einem solchen Fall der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus; das Abfindungsguthaben ist nach den wirklichen Werten einschließlich der stillen Reserven, jedoch ohne Berücksichtigung des Firmenwerts zu berechnen und in vier Jahresraten zu zahlen. Abweichend hiervon enthält § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages für den Fall einer von K. D. ausgesprochenen Kündigung folgende Regelung:
„Kündigt Herr K. D. das Gesellschaftsverhältnis, so ist er berechtigt, das Handelsgeschäft mit allen Aktiven und Passiven und dem Rechte der Fortführung der Firma zu übernehmen. In diesem Falle scheiden die anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Herr K. D. kann aber auch nur das Ausscheiden des einen oder anderen Gesellschafters, den oder die er bestimmt, verlangen. Für die Ermittlung und Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens des oder der von Herrn K. D. bestimmten ausscheidenden Gesellschafter gelten die Grundsätze des obigen Absatzes 1 mit der Maßgabe, daß solchenfalls lediglich die Buchwerte, also ohne stille Reserven, auszuzahlen sind.”
Anfang der siebziger Jahre gründeten die Gesellschafter zusätzlich die H. GmbH, deren Stammkapital sie je zur Hälfte übernahmen. Im Jahre 1979 übertrug K. D. seinen Geschäftsanteil auf den Kläger, der seitdem Alleingesellschafter der GmbH ist.
Der Kläger, der im Laufe der Jahre zunehmend Geschäftsführungsaufgaben für die Kommanditgesellschaft wahrgenommen hatte, verhandelte für diese seit 1977 über den Kauf einer Grundstücksfläche, die an das in seinem Eigentum stehende Geschäftsgrundstück der GmbH und zu einem geringen Teil auch an das eine (kleinere) der beiden Geschäftsgrundstücke der Kommanditgesellschaft angrenzt. Am 28. Juli 1982 kaufte der Kläger das Grundstück im eigenen Namen. Die Nutzung des Grundstücks, als dessen Eigentümer er in das Grundbuch eingetragen wurde, überließ er der GmbH. Unter Hinweis auf den Grundstückskauf und andere dem Kläger vorgeworfene angebliche Treuepflichtverletzungen kündigte K. D. mit Anwaltsschreiben vom 26. April 1983 das Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages und mit der gleichzeitigen Erklärung, daß er das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven übernehme. Angefügt war die weitere Erklärung, daß die Kündigung auch fristlos aus wichtigem Grund ausgesprochen werde.
Die Beklagte ist aufgrund einer in § 9 des Gesellschaftsvertrages enthaltenen Nachfolgebestimmung nach dem Tode K. D.'s in dessen Stellung als jetzige persönlich haftende Gesellschafterin eingerückt.
Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß er trotz des Schreibens vom 26. April 1983 Kommanditist geblieben sei und daß bei Beendigung der Gesellschaft sein Auseinandersetzungsguthaben nicht nach Buchwerten, sondern nach dem wirklichen Wert des Gesellschaftsvermögens einschließlich der stillen Reserven zu berechnen sei. Die Beklagte hat widerklagend beantragt, sie für berechtigt zu erklären, das Unternehmen mit Aktiven und Passiven zu übernehmen, und festzustellen, daß die Kommanditgesellschaft durch die Kündigung vom 26. April 1983 zum 31. Dezember 1983 beendet worden sei; hilfsweise hat sie beantragt, dem Kläger die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen.
Das Landgericht hat durch Teilurteil dem auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gerichteten Klageantrag (Klageantrag zu 1) stattgegeben und den auf die Feststellung des Gegenteils gerichteten Antrag der Beklagten (Widerklageantrag zu 2) abgewiesen. Das Berufungsgericht hat, nachdem der Kläger den Klageantrag zu 1 in der Berufungsinstanz einseitig für erledigt erklärt hatte, insoweit die Erledigung des Rechtsstreits ausgesprochen und im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte den Antrag auf Abweisung des Klageantrags zu 1 und den Widerklageantrag auf Feststellung der Wirksamkeit der zum 31. Dezember 1983 ausgesprochenen Kündigung weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist begründet, soweit es um das Ausscheiden des Klägers zum 31. Dezember 1983 geht (Widerklageantrag zu 2).
1. Das Berufungsgericht hat § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages als nichtig angesehen, soweit darin dem inzwischen verstorbenen Vater der jetzigen Parteien das Recht eingeräumt war, alle oder einzelne der übrigen Gesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen. Das wird von der Revision nicht angegriffen und entspricht der neueren Rechtsprechung des Senats. Danach verstoßen derartige Hinauskündigungsklauseln gegen § 138 BGB, wenn sie nicht ausnahmsweise wegen außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigt sind (BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 266f.; Sen.Urteile v. 25. März 1985 – II ZR 240/84, WM 1985, 772, 773 und v. 19. September 1988 – II ZR 329/87, WM 1989, 133, 134, zum Abdruck in BGHZ 105, 213 bestimmt). Daß solche außergewöhnlichen Umstände hier vorlägen, hat die Beklagte selbst nicht geltend gemacht.
2. Das Berufungsgericht hat die Frage geprüft, ob § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit der Maßgabe aufrechterhalten werden kann, daß das Ausschließungsrecht im Fall eines wichtigen Grundes besteht. Es hat die Frage mit der Begründung verneint, die entstandene Vertragslücke werde in angemessener Weise durch die gesetzliche Möglichkeit der Ausschließungsklage nach § 140 HGB geschlossen.
Diese Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an.
a) Entgegen der in der Revisionserwiderung dargelegten Ansicht erübrigt sich die Beantwortung der Frage, ob K. D. den Kläger bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch einseitige Erklärung ausschließen konnte, nicht deswegen, weil die Kündigung vom 26. April 1983 nicht auf einen solchen wichtigen Grund gestützt gewesen wäre (so war es im Fall des Senatsurteils vom 25. März 1985, aaO). Das Schreiben vom 26. April 1983 enthielt neben der ordentlichen Kündigung zum 31. Dezember 1983 auch eine fristlose Kündigung, die auf die zu Beginn des Schreibens gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe gestützt war. Aus der – dem Kläger als Empfänger erkennbaren – Sicht des Erklärenden bestand wegen der Bestimmung in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages kein Grund, ausdrücklich zu erklären, daß die Kündigung zum 31. Dezember 1983 auf einen wichtigen Grund gestützt werde. In der Fassung des Schreibens, in dessen Eingang zunächst der Anlaß für die Kündigung dargestellt wird, kommt aber deutlich zum Ausdruck, daß K. D. einen wichtigen Grund dafür zu haben glaubte, sich vom Kläger zu trennen.
b) Ein Ausschließungsrecht aus wichtigem Grund wäre nicht, wie das Berufungsgericht erwägt, aber letztlich offenläßt, wegen einer etwa unzureichenden Abfindungsregelung unwirksam. Der Streit über die Wirksamkeit einer Ausschließungsklausel muß – insbesondere aus praktischen Erwägungen – von der Frage, welche Abfindung angemessen ist, freigehalten werden; über diese ist notfalls in einem besonderen Rechtsstreit zu entscheiden (Sen.Urteile v. 7. März 1973 – II ZR 140/71, WM 1973, 842, 843 und vom 19. September 1988 aaO).
c) Das Berufungsgericht hat sich an einer ergänzenden Vertragsauslegung u. a. wegen der Bestimmung in § 13 des Gesellschaftsvertrages gehindert gesehen, wonach an die Stelle einer etwa unwirksamen Vertragsbestimmung „die gesetzliche Regelung in Verbindung mit der Rechtsprechung” treten soll; damit, so meint das Berufungsgericht, hätten die Gesellschafter den Vorrang des dispositiven Gesetzesrechts vor einer ergänzenden Vertragsauslegung vereinbart. Diese Begründung erweckt Zweifel. Jene Vertragsbestimmung dürfte letztlich nur zum Ausdruck bringen, daß die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen den Vertrag nicht insgesamt nichtig machen, sondern daß er notfalls unter Ausfüllung durch das Gesetzesrecht aufrechterhalten werden soll. Ihr ist schwerlich das Verbot zu entnehmen, eine durch Unwirksamkeit einer Bestimmung entstandene Vertragslücke durch eine dem objektivierten mutmaßlichen Willen der Vertragsschließenden besser dienende Regelung zu schließen. Eine solche Vereinbarung würde auch von dem für das Gesellschaftsrecht geltenden Grundsatz des Vorrangs der richterlichen Vertragsergänzung vor dem dispositiven Gesetzesrecht (Sen.Urt. v. 23. November 1978 – II ZR 20/78, WM 1979, 327, 328 m.w.N. und v. 24. September 1984 – II ZR 256/83, WM 1984, 1506) abweichen und wird im Zweifel nicht so gemeint sein.
Das kann aber letztlich auf sich berufen, weil hier keine durchgreifenden Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 139 BGB bestehen.
aa) Nach dieser Vorschrift bleibt bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts der von der Nichtigkeit nicht erfaßte Teil bestehen, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspricht. Eine solche Teilnichtigkeit ist zwar in erster Linie gegeben, wenn nach Entfernung (sozusagen „Hinausstreichen”) des unwirksamen Teils ein Vertragsinhalt übrig bleibt, der für sich allein einen Sinn behält. Nach dem Sinngehalt der Vorschrift ist sie aber grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn die Parteien anstelle der nichtigen Regelung, hätten sie die Nichtigkeit gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten (Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 139 Rdnr. 29). Es ist vielfach nur eine Frage der Formulierung der jeweiligen Vertragsbestimmung, ob der nichtige Teil ohne weiteren Eingriff beseitigt werden kann oder ob sie zu dessen Eliminierung neu gefaßt werden muß. Auf diesen mehr äußerlichen Unterschied kann es nicht ankommen. Entscheidend und damit allerdings für die Aufrechterhaltung eines Teils des Rechtsgeschäfts unabdingbar nötig ist vielmehr, daß sich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen läßt. Der von § 139 BGB geregelte Bereich ist überschritten, wenn an die Stelle der nichtigen Bestimmung eine von mehreren denkbaren wirksamen Regelungen gesetzt werden müßte.
§ 10 Nr. 3 des hier zu beurteilenden Gesellschaftsvertrages umfaßt zwei Abweichungen von der nach § 140 HGB bestehenden Möglichkeit, einen Gesellschafter gegen seinen Willen aus der Gesellschaft zu entfernen: Zum einen wird das Erfordernis eines wichtigen Grundes beseitigt; zum anderen wird an die Stelle einer gerichtlichen Ausschließungsklage die Gestaltungserklärung des Ausschließungsberechtigten gesetzt. Ersteres ist, wenn die Ausschließungsmöglichkeit ohne sachliche Begrenzung ganz in das Ermessen des Berechtigten gestellt ist, unzulässig; gegen letzteres bestehen keine Bedenken (BGHZ 31, 295, 299f.; BGHZ 81, 263, 265f.). Eine für die Anwendung des § 139 BGB erforderliche Teilbarkeit wäre ohne weiteres vorhanden, wenn die vertragliche Bestimmung beide Abweichungen von der gesetzlichen Regelung nebeneinander aufführen würde. Die erste würde dann entfallen; die zweite könnte bestehen bleiben. Daß die Ausnahmeregelungen in einer einheitlichen Bestimmung zusammengefaßt sind, stellt keinen materiellen Unterschied dar. In dem Recht, einen Gesellschafter nach freiem Ermessen auszuschließen, ist die Befugnis, den Ausschluß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu erklären, in der Weise enthalten, daß dieses letztere Recht ohne weiteren Eingriff bestehen bleiben kann, wenn der darüber hinausgehende Inhalt der Bestimmung beseitigt wird.
Allerdings ist die Ausschließungsmöglichkeit nach § 140 HGB an keine Frist gebunden; die Einschränkung der Regelung des § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages der Parteien führt dagegen zu einer befristeten Kündigung aus wichtigem Grund. Das ist aber unschädlich. Die Befristung eines außerordentlichen Kündigungsrechts ist zwar ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Gerade die Ausschließungsklage führt übrigens nicht zum sofortigen Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters; die Gestaltungswirkung tritt, wenn auch für die Auseinandersetzung der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgebend ist (§ 140 Abs. 2 HGB), erst mit Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils ein.
Den rechtlich unbedenklichen Teil der Vertragsbestimmung nach § 139 HGB aufrechtzuerhalten, setzt freilich voraus, daß die Parteien auch diesen für sich allein vereinbart hätten. Das ist aber im vorliegenden Fall zweifelsfrei zu bejahen. Für K. D. war es schon für sich allein sinnvoll, im Fall eines wichtigen Grundes zur Ausschließung des oder der anderen Gesellschafter nicht erst Klage erheben zu müssen. Der – damals durch einen Pfleger vertretene – Kläger hat sich auf die weitergehende Regelung in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages eingelassen. Es ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, er hätte es bei eingeschränktem Inhalt der Vertragsklausel nicht getan.
bb) Wendet man § 139 BGB auf einen Fall wie den vorliegenden an, so bedeutet das keinen Widerspruch zu dem von Rechtsprechung und Schrifttum in bestimmten Regelungszusammenhängen angenommenen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion von als solchen nichtigen Rechtsnormen. Nahezu einhellig anerkannt ist dieses Verbot grundsätzlich im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. BGHZ 84, 109, 114ff.; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 5. Aufl. § 6 Rdnr. 29 m.w.N.; zu den dort anerkannten Einschränkungen s. Roth, JZ 1989, 411, 414f.). Auch darüber hinaus wird es für sittenwidrige Vereinbarungen mit der Begründung angenommen, das Geschäft dürfe für denjenigen, der seinen Vertragspartner übervorteile, nicht das Risiko verlieren, mit dem es durch die gesetzlich angeordnete Nichtigkeitsfolge behaftet sei; das wäre aber der Fall, wenn jener damit rechnen könnte, schlimmstenfalls das zu bekommen, was gerade noch vertretbar sei (Sen.Urt. BGHZ 68, 204, 207 m.w.N.).
Indessen treffen diese Bedenken für das Recht, einen Gesellschafter nach freiem Ermessen auszuschließen, nicht zu. Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen soll der Kunde die Möglichkeit behalten, sich von vornherein über die sich für ihn aus dem vorformulierten Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten zu informieren; dieses „Transparenzgebot” (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen aaO) wäre nicht erfüllt, wenn der Verwender zu seinen Gunsten bis zum Äußersten gehen und dann ohne weiteres Risiko abwarten könnte, auf welchen Mindeststandard die Rechtsprechung seine Position zurückschneiden werde (BGHZ 84, 109, 116). Derartige Überlegungen spielen bei individuell ausgehandelten Gesellschaftsverträgen keine Rolle (vgl. dazu auch H. P. Westermann, Festschr. Stimpel, 1985, S. 69, 82, 85f.; Grunewald, Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, 1987, S. 253f.). Die Berechtigung der darüber hinausgehenden Einwände gegen eine geltungserhaltende Reduktion ist zweifelhaft, soweit sie auf Sanktionserwägungen beruhen; denn solche sind im Zivilrecht grundsätzlich unangebracht (H. P. Westermann aaO S. 86). In Wirklichkeit steht hinter ihnen ein anderer Gedanke: Es ist nicht Aufgabe des Richters, für die Parteien anstelle des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts eine Vertragsgestaltung zu finden, die den beiderseitigen Interessen gerecht wird und die Folge der Sittenwidrigkeit vermeidet. Deshalb hat der Senat insbesondere die Umdeutung eines solchen Rechtsgeschäfts abgelehnt (BGHZ 68, 204, 206f; Sen.Urt. v. 28. April 1986 – II ZR 254/85, WM 1986, 1251, 1253). Bei dem i.S. des § 139 BGB teilbaren Rechtsgeschäft liegt es aber anders. Hier ist für eine richterliche Vertragsgestaltung kein Raum, weil der sittenwidrige Teil des Vereinbarten genau bestimmt und damit einwandfrei ausgesondert werden kann (zum Gesichtspunkt des Vorhandenseins einer vertraglichen oder gesetzlichen „Vorregelung” vgl. Roth aaO S. 418). Der Bundesgerichtshof mißt der Trennbarkeit einer für sich allein wirksamen Klausel von einer damit in Zusammenhang stehenden nichtigen Regelung auch im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bedeutung bei (vgl. Urteile v. 28. Mai 1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816, 2817 und v. 18. April 1989 – X ZR 31/88, zum Abdruck in BGHZ bestimmt, jeweils m.w.N.). Auch sonst hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die geltungserhaltende Reduktion zugelassen, insbesondere bei einer übermäßig langen Vertragsdauer (Urt. v. 14. Juni 1972 – VIII ZR 14/71, NJW 1972, 1459 für den Bierlieferungsvertrag; BGHZ 68, 1 betreffend den Bindungszeitraum für die Ankaufsverpflichtung in einem Erbbaurechtsvertrag; offengelassen dagegen im Urteil vom 13. März 1979 – KZR 23/77, NJW 1979, 1605 für die Dauer eines vertraglichen Wettbewerbsverbots; vgl. ferner BGHZ 52, 17, 22f.; Urt. v. 15. Januar 1987 – III ZR 153/85, NJW 1987, 2014, 2015). Der Senat hat ein nach dem Vertragswortlaut zeitlich unbegrenztes Ausschließungsrecht für den Fall des Todes eines Mitgesellschafters als zeitlich begrenztes aufrechterhalten (Urt. v. 19. September 1988 – II ZR 329/87, WM 1988, 133, 135).
d) Es kommt danach für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob für die Ausschließung des Klägers wichtige Gründe vorlagen. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Damit dies nachgeholt werden kann, muß die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
II. Die Revision ist dagegen nicht begründet, soweit die Parteien um die Erledigung des Klageantrags zu 1 streiten.
Mit diesem Antrag erstrebte der Kläger nach Erhebung der Widerklage noch die Feststellung, daß er in der Zeit zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem 31. Dezember 1983 Gesellschafter geblieben sei. Daß der Antrag in diesem Umfang zunächst zulässig und begründet war, steht außer Frage. Die Parteien streiten dagegen noch darüber, von wann ab die Beklagte und ihr Rechtsvorgänger nicht mehr geltend machten, der Kläger sei vor dem 31. Dezember 1983 – nämlich sofort mit Zugang der Kündigungserklärung – ausgeschieden. Das Berufungsgericht hat angenommen, dies sei erst aufgrund der Klarstellung in der Berufungsverhandlung der Fall gewesen. Die Revision greift das an und macht unter Hinweis auf die Feststellung auf S. 7 des landgerichtlichen Urteils geltend, die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung sei bereits in erster Instanz eingeräumt worden. Das ist an sich richtig; die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 32f. des Schriftsatzes des Rechtsvorgängers der jetzigen Beklagten vom 7. September 1983 sind insoweit eindeutig. Auf der anderen Seite war dem Kläger im Juni 1983 eine notarielle Erklärung der Beklagten und des Vaters der Parteien über sandt worden, mit der zum Handelsregister angemeldet werden sollte, daß er – der Kläger – am 27. April 1983 als Kommanditist ausgeschieden und an seiner Stelle die Mutter der Parteien und die jetzige Beklagte eingetreten seien. Einer mit Schreiben vom 1. Juli 1983 an die Beklagte gerichteten Aufforderung, bis zum 10. Juli 1983 zu erklären, daß sie ihren Standpunkt nicht aufrechterhalte, kam diese nicht nach. Über die Frage, ob die Beklagte als Nachfolgerin des Klägers am 27. April 1983 Kommanditistin geworden ist, stritten die Parteien im Rechtsstreit 10 HO 93/83 LG Trier = 6 U 101/86 OLG Koblenz bis zum Nichtannahmebeschluß des Senats vom 5. Oktober 1987 – II ZR 80/87, also bis lange nach Erlaß des landgerichtlichen Urteils vom 19. Januar 1987. Unter diesen Umständen ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß bis zur Klarstellung in der mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Juni 1988 für den Kläger ungewiß blieb, welchen Standpunkt die Beklagte in jener Frage einnahm. Die Feststellungsklage war daher bis zu diesem Zeitpunkt in dem oben umschriebenen Umfang zulässig und begründet; sie ist durch die in der Berufungsverhandlung abgegebene Erklärung der Beklagten erledigt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 649005 |
BGHZ 107, 351 |
ZIP 1989, 849 |
DNotZ 1991, 913 |
JZ 1989, 956 |
JuS 1990, 228 |