Leitsatz (amtlich)
Ein Stellplatz und ein Verbindungsflur, die den einzigen Zugang zur gemeinschaftlichen Heizanlage und zu den zentralen Versorgungseinrichtungen des Hauses darstellen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein.
Normenkette
WohnungseigentumsG § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 05.09.1990; Aktenzeichen 13 U 132/89) |
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 07.03.1989; Aktenzeichen 1 O 6/89) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. September 1990 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zum Sondereigentum der Beklagten gehört nach der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung außer einer abgeschlossenen Wohnung ein im Erdgeschoß liegendes Zimmer, ein Raum mit Dusche und WC, ein Verbindungsflur und ein vorgelagerter Stellplatz. Der Verbindungsflur enthält auch sämtliche Versorgungsanschlüsse des Hauses mit den zugehörigen Zähl-, Schalt- und Sicherungseinrichtungen. Zugleich bildet der Weg über den Stellplatz und durch den Verbindungsflur den einzigen Zugang zum Heizungskeller des Hauses, der im gemeinschaftlichen Eigentum steht.
Die Kläger meinen, hiernach seien Verbindungsflur und Stellplatz notwendig gemeinschaftliches Eigentum der Parteien, und verlangen von der Beklagten, einer dementsprechenden Grundbuchberichtigung zuzustimmen. Das Amtsgericht hat im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat auf Beschwerde der Beklagten die Sache insoweit an das Prozeßgericht (Zivilkammer) verwiesen. Dieses hat der Klage stattgegeben und eine Hilfswiderklage der Beklagten auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts an Flur und Stellplatz als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil hinsichtlich der Klage bestätigt, im übrigen das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über den mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Anspruch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit an das Amtsgericht abgegeben.
Gegen dieses Urteil wendet sich die – zugelassene – Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Kläger beantragen. Im Umfang der Eventualwiderklage ist die Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
1. Mit Recht bejaht das Berufungsgericht einen Berichtigungsanspruch der Kläger (§ 894 BGB), weil die Einbeziehung des Zugangs zur Gemeinschaftsheizanlage und zu den zentralen Versorgungseinrichtungen des Hauses in das Sondereigentum der Beklagten mit § 5 Abs. 2 WEG nicht vereinbar ist.
Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein (§ 5 Abs. 2 WEG). Das gilt nach dem Sinn der Vorschrift auch für Räume (BGHZ 73, 302, 311). Sie stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum, wenn ihr Zweck darauf gerichtet ist, der Gesamtheit der Wohnungseigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten. Das trifft unter anderem auf Flächen und Flure zu, die als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt sind oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden (vgl. BGHZ 78, 225, 227 f). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für Verbindungsflur und Stellplatz vor. Mithin sind die Wohnungsgrundbücher unrichtig, soweit sie Sondereigentum der Beklagten an den vorbezeichneten Teilen ausweisen.
Die Revision mißversteht § 5 Abs. 2 WEG und die angeführte Rechtsprechung des Senats, wenn sie meint, jeder denkbare Sondervorteil des Verbindungsflures und des Stellplatzes ermöglichten bereits die Begründung von Sondereigentum. Das kann auch dem Senatsurteil vom 18. Oktober 1974, V ZR 120/73 (NJW 1975, 688, 689) nicht entnommen werden. Diese Entscheidung betrifft einen Sonder fall. Dort sollte die in Frage stehende Heizungsanlage bestimmungsgemäß nicht von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sondern von vornherein durch einen Miteigentümer, der sie errichtet hatte, betrieben werden; auch war die Anlage dafür bestimmt und ausgelegt, über die Wohnungen der betreffenden Wohnungseigentümergemeinschaft hinaus eine Anzahl weiterer Gebäude zu versorgen. Ausdrücklich offengelassen hat der Senat dort die Frage, ob Sondereigentum an einer Heizungsanlage auch dann begründet werden kann, wenn die Anlage insgesamt im Gebäude der Wohnungseigentümergemeinschaft untergebracht ist und ausschließlich die Angehörigen der Gemeinschaft mit Wärme versorgt. Im vorliegenden Fall befinden sich Heizungsanlage, Heizungskeller und Zentraleinrichtungen der Hausversorgung im gemeinschaftlichen Gebrauch der Parteien. Der gemeinschaftliche Gebrauch dieser Teile erfordert einen ständigen Bedienungs-, Kontroll- und Wartungsaufwand. § 5 Abs. 2 WEG will gerade die Störung des gemeinschaftlichen Gebrauchs durch eigenmächtige Verfügungen des Sondereigentümers im Rahmen seiner Raumherrschaft (§ 13 Abs. 1 WEG) verhindern (vgl. BGHZ 109, 179, 184).
Die dingliche Raumaufteilung wird mit § 5 Abs. 2 WEG nicht dadurch in Einklang gebracht, daß § 7 der Teilungserklärung allen Wohnungs- und Teileigentümern für die umstrittenen Teile unter gewissen Voraussetzungen ein Recht zum Betreten der Heizungsanlage und zum Ablesen der Meßeinrichtungen einräumt. Zwar kann der Gebrauch des Sondereigentums nach § 15 Abs. 1 WEG durch Vereinbarung oder Teilungserklärung geregelt werden, und auch die Bestellung einer Grunddienstbarkeit zur Einschränkung der Befugnisse aus § 13 Abs. 1 WEG gegenüber den anderen Wohnungseigentümern kommt in Frage. Vorrangig und zwingend ist aber die mit § 5 Abs. 2 WEG gesetzte Grenze dafür, was überhaupt Gegenstand des Sondereigentums sein kann. Im übrigen führen die genannten Gestaltungsformen auch zu Schwierigkeiten; namentlich können Grunddienstbarkeiten als rangabhängige Belastung erlöschen, so daß sie den gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer an Anlagen, Einrichtungen, Flachen und Räumen nicht im Sinne des mit § 5 Abs. 2 WEG verfolgten Zwecks absolut gewährleisten können. Das Gesetz wollte angesichts der Mißstände früheren Stockwerkeigentums klare Rechtsverhältnisse schaffen. Diesem Zweck würde ein Zusammentreffen von Sondereigentum und Gemeinnutzungsrecht widersprechen (BayObLGZ 1986, 26, 29 m.w.N., dazu kritische Anm. von Röll in DNotZ 1986, 706; BayObLG, WE 1989, 214). Möglich ist hier nach § 5 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 WEG allein ein Sondernutzungsrecht am gemeinschaftlichen Eigentum.
Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels fallen der Beklagten gemäß § 97 Abs. 1, § 566, § 515 Abs. 3 ZPO zur Last.
Unterschriften
Hagen, Vogt, Räfle, Wenzel, Tropf
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.07.1991 durch Hirth Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 512678 |
BB 1991, 2114 |
NJW 1991, 2909 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1992, 224 |