Leitsatz (amtlich)
1. Zur rechtzeitigen Bekanntmachung der Begründung zur Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 86 ff.).
2. Zur Frage der Anwendbarkeit der §§ 556d ff. BGB im Falle von zwischen denselben Parteien separat geschlossenen Verträgen über die Anmietung einer Wohnung und über die Nutzung eines Kellers.
3. Zur Berechnung der bei Mietbeginn zulässigen Miethöhe im Fall der Indexmiete gemäß § 557b Abs. 4 BGB.
Normenkette
BGB § 556d Abs. 1-2, § 556e Abs. 1, § 557b Abs. 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 04.03.2021; Aktenzeichen 67 S 309/20) |
AG Berlin-Mitte (Entscheidung vom 08.09.2020; Aktenzeichen 8 C 5126/19) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 67 - im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als in Höhe von mehr als 5.488,31 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. März 2018 aus einem Betrag von mehr als 2.708,86 € zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 8. September 2020 abgeändert und in der Hauptsache wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird - unter Abweisung der weitergehenden Klage - verurteilt, an die Kläger als Mitgläubiger 5.488,31 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. März 2018 aus einem Betrag in Höhe von 2.708,86 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist, soweit es Versäumnisurteil ist, vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Kläger machen als Mieter einer Wohnung der beklagten Vermieterin Ansprüche wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 geltend.
Rz. 2
Die Parteien schlossen am 26. Oktober 2015 einen zum 1. Dezember 2015 beginnenden Mietvertrag über eine 90,94 m² große Wohnung der Beklagten, die gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt und für die der Vormieter eine Nettokaltmiete von 727,50 € gezahlt hatte. Sie vereinbarten eine Indexmiete; die Ausgangsmiete belief sich auf 850 € netto kalt.
Rz. 3
Zudem schlossen die Parteien am 26. Oktober 2015 eine "Kellernutzungsvereinbarung", nach der die Kläger ab dem 1. Dezember 2015 zur Nutzung des im Mietobjekt gelegenen "Kellerverschlages Nr. 9" gegen eine "monatliche Nutzungspauschale" in Höhe von 79 € berechtigt sind. Die Nutzungspauschale sollte sich jeweils zum Beginn eines neuen Vertragsjahres um 2,5 % bezogen auf den vorangegangenen Betrag erhöhen.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 21. April 2016 rügten die Kläger gegenüber der Beklagten gemäß § 556g Abs. 2 BGB aF einen Verstoß der in Höhe von insgesamt 929 € für Wohnung und Keller vereinbarten Miete gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB).
Rz. 5
Die Kläger zahlten zunächst die von der Beklagten unter Berücksichtigung der Indexerhöhungen für die Wohnung und der Staffelerhöhungen für den Keller verlangten Mietbeträge. Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 verlangten sie indessen unter Fristsetzung bis zum 2. März 2018 die Rückzahlung aus ihrer Sicht für die Monate Mai 2016 bis einschließlich Februar 2018 überzahlter Miete in Höhe von 4.143,70 €.
Rz. 6
Das Amtsgericht hat ihrer nunmehr auf Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum von Mai 2016 bis einschließlich Dezember 2019 in Höhe von 8.177,69 € (nebst Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 4.143,70 € seit dem 3. März 2018) gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat gemeint, die zur Wohnung und zum Keller geschlossenen Vereinbarungen seien aufgrund der im Streitfall gegebenen Umstände als einheitlicher Mietvertrag anzusehen. Die damit zu berücksichtigende monatliche Gesamtnettokaltmiete in Höhe von 929 € für eine 90,94 m² große Wohnung verstoße zwar gegen die Vorschrift des § 556d BGB, die gemäß § 557b Abs. 4 BGB auf die Indexmiete anwendbar sei. Denn nach § 556d Abs. 1 BGB zulässig sei eine Miete von höchstens 698,24 €. Jedoch greife zu Gunsten der Beklagten die Vorschrift des § 556e Abs. 1 BGB ein, wonach die Ausgangsmiete vorliegend statt der vereinbarten 929 € höchstens - wie die Vormiete - 727,50 € betragen dürfe.
Rz. 7
Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Über das Rechtsmittel ist insoweit antragsgemäß durch Teilversäumnisurteil zu entscheiden, da die Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten waren. Inhaltlich beruht das Urteil indessen auch insoweit nicht auf der Säumnis der Kläger, sondern auf einer Sachprüfung.
I.
Rz. 9
Das Berufungsgericht (LG Berlin, WuM 2021, 255) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 10
Den Klägern stehe der vom Amtsgericht zuerkannte Anspruch auf Rückzahlung preisrechtswidrig überzahlter Miete in Höhe von 8.177,69 € gemäß § 556g Abs. 1, § 556d Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Dagegen vermöge die Berufung, die sich ausschließlich gegen die formelle Wirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung richte und die sonstigen - vom Amtsgericht zutreffend bejahten - Anspruchsvoraussetzungen unangefochten hinnehme, nichts zu erinnern. Die Mietenbegrenzungsverordnung sei formell wirksam.
Rz. 11
Zwar sei die bisherige Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu den Formalanforderungen an eine auf der Grundlage von § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB erlassene Rechtsverordnung "inkonsistent", weil die konkret zur Wirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung ergangenen Entscheidungen des Senats den von diesem abstrakt aufgestellten Beurteilungsgrundsätzen zum Erfordernis einer rechtzeitigen Veröffentlichung auch der Verordnungsbegründung nicht genügten und insbesondere nicht durch diesbezügliche tatsächliche Feststellungen getragen würden. Einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung hierzu bedürfe es jedoch nicht, da lediglich evidente Verfahrensmängel geeignet seien, zur formellen Unwirksamkeit einer Rechtsverordnung zu führen, und eine solche Evidenz jedenfalls unter Zugrundelegung der übertragbaren "Kollegialgerichts-Richtlinie" im Fall eines etwaigen Verlautbarungsmangels bei der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung nicht gegeben sei.
II.
Rz. 12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat, wenn auch mit rechtsfehlerhafter Begründung, einen den Klägern - als Mitgläubiger gemäß § 432 BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 37 ff.) - gegen die Beklagte dem Grunde nach zustehenden Zahlungsanspruch gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Ergebnis zu Recht bejaht. Indessen sind ihm bei der Bestimmung der zulässigen Miethöhe entscheidungserhebliche Rechtsfehler unterlaufen, weshalb die Höhe des zuerkannten Rückzahlungsanspruchs nicht zutrifft. Die Kläger können eine Rückzahlung für den streitgegenständlichen Zeitraum von Mai 2016 bis Dezember 2019 zu viel gezahlter Miete lediglich in Höhe von 5.488,31 € nebst Verzugszinsen aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.708,86 € verlangen.
Rz. 13
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage für das gegen die Beklagte gerichtete Begehren der Kläger auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe bei Wohnraum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d ff. BGB in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung, Art. 229 § 49 Abs. 2 EGBGB) in Verbindung mit der Mietenbegrenzungsverordnung für das Land Berlin vom 28. April 2015 (Verordnung 17/186, GVBl. 2015, S. 101; nachfolgend: Berliner Mietenbegrenzungsverordnung) in Betracht kommen.
Rz. 14
2. Nur im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der von den Klägern auf dieser Grundlage geltend gemachte Anspruch gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht an einer Unwirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung scheitert, die auf der Grundlage der Ermächtigung in § 556d Abs. 2 BGB erlassen wurde.
Rz. 15
a) Mit der Erwägung, ein Verfahrensfehler führe nur im Falle seiner - hier fehlenden - Evidenz zur Nichtigkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung, hat das Berufungsgericht verkannt, dass dem in § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB vorgesehenen Begründungserfordernis nicht nur verfahrensrechtliche Bedeutung, sondern - wie der Senat mehrfach, auch vor dem Erlass des Berufungsurteils, entschieden hat - zudem ein materiell-rechtlicher Gehalt zukommt (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30 Rn. 21 ff., 41 f.; vom 19. Januar 2022 - VIII ZR 123/21, NZM 2022, 202 Rn. 21 f.; vom 30. März 2022 - VIII ZR 279/21, NZM 2022, 706 Rn. 24 f.; Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 292/19, WuM 2020, 488 Rn. 9). Bei der Begründung zur Gebietsverordnung und deren bei Inkrafttreten erfolgter öffentlicher Bekanntmachung handelt es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Fehlen zur Nichtigkeit der Verordnung führt (siehe nur Senatsurteile vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 130/18, aaO Rn. 42; vom 30. März 2022 - VIII ZR 279/21, aaO Rn. 25).
Rz. 16
Wie der Senat in den vorgenannten Entscheidungen ebenfalls ausgeführt hat, wäre zudem im Falle einer unterbliebenen Veröffentlichung der Begründung durch staatliche Stellen die vom Berufungsgericht vermisste Evidenz dieses Fehlers ohne Weiteres zu bejahen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Januar 2022 - VIII ZR 123/21, aaO Rn. 22 mwN).
Rz. 17
b) Die rechtsfehlerhafte Begründung des Berufungsgerichts hat sich jedoch im Ergebnis nicht ausgewirkt. Die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 18
aa) Der Senat hat sich in einer Reihe von Entscheidungen bereits eingehend mit den gegen eine wirksame Bekanntmachung der Verordnung vorgebrachten Einwänden befasst, diese aber aus den dort im Einzelnen ausgeführten Gründen für nicht durchgreifend erachtet (vgl. nur Senatsurteile vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 80, 83 ff.; vom 11. November 2020 - VIII ZR 369/18, NZM 2021, 220 Rn. 39; vom 19. Januar 2022 - VIII ZR 123/21, NZM 2022, 202 Rn. 20, 24 f.). Hieran hält er auch nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens fest.
Rz. 19
bb) Dies betrifft auch die von der Revision in Zweifel gezogene rechtzeitige Bekanntmachung der Verordnungsbegründung vor Inkrafttreten der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung zum 1. Juni 2015, die - wie der Senat in den vorgenannten Entscheidungen nach umfassender Prüfung ausgeführt hat - auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses noch im Mai 2015 erfolgt ist (vgl. nur Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, aaO Rn. 86-89). Die Ausführungen der Revision stellen diese Erkenntnis nicht in Frage. Deshalb geht auch die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verletzung der Grundrechte der Beklagten aus Art. 14 GG sowie aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG fehl.
Rz. 20
(1) Anders als die Revision meint, ist für das Revisionsverfahren nicht der Vortrag der Beklagten als zutreffend zu unterstellen, wonach von einer Bekanntmachung der Verordnungsbegründung bis zum Inkrafttreten der Verordnung nicht ausgegangen werden könne. Der Senat hat die rechtliche Wirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits selbständig zu beurteilen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30 Rn. 15; siehe allgemein Senatsurteil vom 4. November 2015 - VIII ZR 217/14, BGHZ 207, 246 Rn. 20 ff. [zur Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung]). Bei dieser von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung (vgl. MünchKommZPO/Krüger, 6. Aufl., § 546 Rn. 4 mwN) ist er weder an diesbezüglich getroffene tatsächliche Feststellungen des Tatrichters gebunden noch hat er - wenn solche Feststellungen fehlen - die tatsächlichen Behauptungen des Revisionsführers zugrunde zu legen.
Rz. 21
(2) Indessen zeigen die Ausführungen der Revision keine Umstände auf, die Anlass zu Zweifeln an der vom Senat in seinen bisherigen Entscheidungen zur Berliner Mietenbegrenzungsverordnung angenommenen rechtzeitigen Veröffentlichung auch der Verordnungsbegründung auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses geben könnten. Vielmehr bestätigen die im hiesigen Verfahren vorgelegten Erklärungen der beteiligten Stellen über die zur Veröffentlichung der Verordnung vorgenommenen Schritte das Ergebnis der Prüfung durch den Senat.
Rz. 22
(a) So steht - anders als die Revision meint - aufgrund des von der Beklagten vorgelegten Schreibens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vom 25. Mai 2020 fest, dass am 4. Mai 2015 die Textdatei der Vorlage, die neben dem Text der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung auch deren Begründung enthielt, von der damaligen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt an das Abgeordnetenhaus von Berlin übermittelt wurde. Aus dem - ebenfalls von der Beklagten angeführten - Schreiben der Verwaltung des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 13. Juli 2020 ergibt sich sodann, dass dort nach dem Eingang der Datei am 5. Mai 2015 die PDF-Datei zur Verordnung erstellt und ein Datensatz mit dem Nachweis der Verordnung in dem System der Parlamentsdokumentation des Abgeordnetenhauses von Berlin (PARDOK) angelegt wurde.
Rz. 23
Dessen Verlinkung erfolgte nach dem vorgenannten Schreiben vom 13. Juli 2020 jedenfalls am 20. Mai 2015 im Zusammenhang mit der Aufnahme der als Drucksache 17/2272 bezeichneten "Zusammenstellung" von vier verschiedenen Vorlagen für die 65. Sitzung des Abgeordnetenhauses am 28. Mai 2015, darunter mit der laufenden Nummer 1 die Mietenbegrenzungsverordnung. Nach der Mitteilung der Verwaltung des Abgeordnetenhauses lässt sich dieser Zeitpunkt anhand dessen feststellen, dass im Datenbanksystem PARDOK (lediglich) das Datum der zuletzt erfolgten Verlinkung innerhalb eines Datensatzes gespeichert und für den hier in Rede stehenden PARDOK-Datensatz der 20. Mai 2015 als Datum der letzten Verlinkung angezeigt wird.
Rz. 24
Wie sich aus dem Schreiben der Leiterin der Parlamentsdokumentation des Abgeordnetenhauses vom 20. Oktober 2020 ergibt, war die verlinkte Datei mit der Verordnung einschließlich der Begründung im Internet abrufbar (zur Frage der Zugänglichkeit im Einzelnen siehe nachfolgend unter cc).
Rz. 25
Übereinstimmend hiermit weisen die Dokumenteneigenschaften der über das PARDOK-Datenbanksystem (https://pardok.parlament-berlin.de/) bei Auswahl der "Wahlperiode 17" und der Sucheingabe "17/2272" aufrufbaren PDF-Datei zu der als Drucksache 17/2272 bezeichneten "Zusammenstellung" das Datum 20. Mai 2015 als Erstellungs- und Änderungsdatum der Datei aus. Bei dieser "Zusammenstellung" der Vorlagen zur Kenntnisnahme gemäß Art. 64 Abs. 3 der Verfassung von Berlin für die 65. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin am 28. Mai 2015 handelt es sich um die Veröffentlichung, welche im Senatsurteil vom 27. Mai 2020 (VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 86 f.) angesprochen ist.
Rz. 26
(b) Zweifel an der Richtigkeit und der Aussagekraft dieser Unterlagen bezüglich der noch vor Inkrafttreten der Verordnung erfolgten Veröffentlichung der Verordnungsbegründung über das Datenbanksystem des Abgeordnetenhauses bestehen entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht im Hinblick auf den Einwand der Revision, dieses Datenbanksystem habe es "in der heutigen Form noch nicht" gegeben und in Internetarchiven könnten aktuell keine Eintragungen zu PARDOK für die Zeit vor dem Inkrafttreten der Verordnung aufgefunden werden. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es entscheidend (nur) darauf an, dass die Verordnung samt ihrer Begründung in einem Parlamentsdokumentationssystem des Abgeordnetenhauses von Berlin - unabhängig davon, welche genaue Bezeichnung dieses damals trug - rechtzeitig eingestellt und abrufbar war. Dies war, wie ausgeführt, der Fall.
Rz. 27
Die von der Revision angeführte, von der Beklagten in den Tatsachen-instanzen vorgelegte Stellungnahme eines IT-Dienstleisters vom 5. Oktober 2020 zur Aussagekraft der Dokumenteneigenschaften der im PARDOK hinterlegten PDF-Datei vermag den durch das Schreiben der Verwaltung des Abgeordnetenhauses vom 13. Juli 2020 belegten Zeitpunkt der letzten Änderung und - maßgeblichen - Verlinkung des PARDOK-Datensatzes nicht in Frage zu stellen (vgl. ebenso LG Berlin, Beschluss vom 12. Januar 2023 - 64 S 230/22, juris Rn. 7).
Rz. 28
Auch der Einwand der Revision, bei dem an das Abgeordnetenhaus übermittelten Dokument habe es sich lediglich um den Entwurf der Verordnungsbegründung gehandelt, trifft nicht zu. Wie sich aus dem Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vom 25. Mai 2020 ergibt, wurde nicht etwa ein Entwurf der Verordnung samt Begründung an das Abgeordnetenhaus von Berlin übersandt. Vielmehr war zum Zeitpunkt der Weiterleitung die Verordnung bereits unterzeichnet und ausgefertigt; sie wurde in der unterzeichneten Endfassung dem Abgeordnetenhaus zugeleitet. Dass diese Fassung nicht identisch mit der übermittelten Datei wäre, macht selbst die Revision nicht geltend.
Rz. 29
Zudem geht der Verweis der Revision auf eine angeblich in dem Bericht des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit dem Namen "Die Regelungen zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten ("Mietpreisbremse") in der gerichtlichen Praxis" enthaltene Aussage, die Veröffentlichung der Verordnung in Berlin sei erst im Juli 2018 erfolgt, fehl. Das in dem Bericht genannte Datum bezieht sich erkennbar auf das Datum, zu dem der Verfasser des Berichts die von ihm vor dem Datum angegebene Internetadresse abgerufen hat. Ferner heißt es in dem dazugehörigen Text hinsichtlich des Zeitpunkts ausdrücklich "Mit der Verordnung [...] vom 28. April 2015 war Berlin das erste Bundesland, das von der Ermächtigungsgrundlage [...] Gebrauch gemacht hat. Die dazu gehörende Begründung hat das Land zeitgleich auf seinem Internetauftritt veröffentlicht".
Rz. 30
cc) Soweit die Revision erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu bedenken gegeben hat, ob die Verordnungsbegründung auch bereits bis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung leicht zugänglich im Sinne der Senatsrechtsprechung gewesen sei, vermögen diese Überlegungen die Wirksamkeit der Verordnung nicht in Zweifel zu ziehen.
Rz. 31
Wie oben ausgeführt, erfolgte eine Verlinkung des PARDOK-Datensatzes mit der Mietenbegrenzungsverordnung einschließlich ihrer Begründung jedenfalls am 20. Mai 2015. Aus dem Schreiben der Leiterin der Parlamentsdokumentation des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 20. Oktober 2020 ergibt sich, dass mit dieser Verlinkung "die Datei auch tatsächlich unmittelbar für jedermann im Internet auffindbar und einsehbar geworden ist". Umstände, welche die Richtigkeit dieser amtlichen Auskunft in Zweifel zu ziehen geeignet wären, zeigt die Revision nicht auf; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Deshalb ist auch eine von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in diesem Zusammenhang angesprochene Verletzung der Grundrechte der Beklagten aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht zu besorgen.
Rz. 32
3. Ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Rückzahlung gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen Überschreitung der höchstzulässigen Miete für den Zeitraum von Mai 2016 bis einschließlich Dezember 2019 besteht hingegen nur in Höhe von 5.488,31 € nebst Verzugszinsen aus einem Betrag in Höhe von 2.708,86 €.
Rz. 33
Das Berufungsgericht, welches - insoweit die Würdigung des Amtsgerichts billigend - zu einem höheren Zahlungsanspruch gelangt ist, hat rechtsfehlerhaft den sich aus der Summe der Mietentgelte für die Wohnung und für den Keller ergebenden Gesamtbetrag in Höhe von 929 € einer Überprüfung anhand der Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) unterzogen und dieser Summe den allein die Nettokaltmiete für die Wohnung betreffenden Betrag von 727,50 € als gemäß § 556e Abs. 1 BGB maßgebliche Vormiete gegenübergestellt. Die allein auf die Anwendung der Vorschrift des § 556d Abs. 1 BGB bezogenen Rügen der Revision bleiben hingegen ohne Erfolg.
Rz. 34
a) Der Prüfung anhand der Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) unterliegt im Streitfall lediglich die von den Parteien für die Wohnung vereinbarte Ausgangsmiete in Höhe von 850 €, nicht jedoch auch das für die Nutzung des Kellers vereinbarte Nutzungsentgelt in Höhe von 79 €. Denn entgegen der - die Würdigung des Amtsgerichts insoweit billigenden - Annahme des Berufungsgerichts sind die Wohnung und der Keller nicht aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags, sondern aufgrund rechtlich selbständiger Verträge an die Kläger vermietet.
Rz. 35
aa) Nach der Senatsrechtsprechung spricht bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder Stellplatz eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der beiden Vereinbarungen. Es bedarf dann der Widerlegung der Vermutung durch besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über die Wohnung und die Garage beziehungsweise den Stellplatz nach dem Willen der Beteiligten eine rechtliche Einheit bilden sollen (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - VIII ZR 251/10, WuM 2012, 14 Rn. 13; Senatsbeschlüsse vom 9. April 2013 - VIII ZR 245/12, WuM 2013, 421 Rn. 3; vom 8. Oktober 2013 - VIII ZR 254/13, juris Rn. 3). Für einen Keller gilt im Grundsatz nichts anderes.
Rz. 36
bb) Gemessen hieran rechtfertigen die im Streitfall getroffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht die Annahme eines einheitlichen, sowohl die Wohnung als auch den Keller umfassenden Mietverhältnisses. Die gegenteilige Würdigung des Berufungsgerichts misst den Unterschieden in den Regelungen der beiden Verträge nicht das für die Beurteilung maßgebliche Gewicht bei und schöpft damit den Inhalt beider Verträge nicht aus.
Rz. 37
Zwar befinden sich die Wohnung und der Keller, welche die Kläger von der Beklagten gemietet haben, in demselben Gebäude. In einem solchen Fall wird in der Regel anzunehmen sein, dass die diesbezüglich - hier zudem an demselben Tag - geschlossenen Mietverhältnisse nach dem Willen der Parteien eine rechtliche Einheit bilden sollen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2013 - VIII ZR 254/13, aaO Rn. 3). Dies genügt vorliegend jedoch zur Widerlegung der für eine rechtliche Selbständigkeit der Vereinbarungen sprechenden Vermutung nicht. Denn die Eigenständigkeit beider Verträge ergibt sich zudem aus deren eindeutigen Wortlaut sowie aus den erheblichen Abweichungen hinsichtlich wesentlicher Vertragsbestandteile wie Vertragslaufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und vor allem Gestaltung und Entwicklung des vereinbarten Mietentgelts.
Rz. 38
So haben die Parteien in der Kellernutzungsvereinbarung ausdrücklich die Bestimmung getroffen, dass die Vereinbarung "unabhängig von ggf. nebenher bestehenden Miet- oder Nutzungsverträgen für Wohn-/Gewerberäume oder Stellplätze" bestehen soll.
Rz. 39
Zudem enthält die Kellernutzungsvereinbarung einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer von zehn Jahren, der Wohnungsmietvertrag hingegen einen solchen lediglich für die Dauer von zwei Jahren. Für die anschließende Zeit ist bei der zuerst genannten Vereinbarung eine Kündigung zum Ende eines jeden Monats mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist zulässig, beim Wohnungsmietvertrag hingegen nur unter Einhaltung der - regelmäßig längeren - gesetzlichen Kündigungsfrist. Das den Klägern für den Fall einer Beendigung des Wohnungsmietvertrags vor dem Ablauf des Kündigungsausschlusses eingeräumte Sonderkündigungsrecht erlaubt ihnen zwar eine gleichzeitige Beendigung der vertraglichen Beziehung zur Beklagten. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass die Parteien ungeachtet der besonderen Bedingungen über die Vertragslaufzeit und die Kündigung der Kellernutzungsvereinbarung (vgl. zur diesbezüglichen Bedeutung Senatsbeschlüsse vom 9. April 2013 - VIII ZR 245/12, aaO Rn. 4; vom 8. Oktober 2013 - VIII ZR 254/13, aaO Rn. 4) einen einheitlichen Mietvertrag über Wohnung und Keller schließen wollten.
Rz. 40
Für den Willen der Parteien, zwei rechtlich getrennte Verträge abschließen zu wollen, sprechen schließlich die besonderen Bedingungen über die Gestaltung und Veränderung des jeweils vereinbarten Mietentgelts. So haben die Parteien bezogen auf das Nutzungsentgelt für den Keller eine - automatische - jährliche Erhöhung um einen feststehenden Prozentsatz von 2,5 % vereinbart, während der Wohnungsmietvertrag eine Erhöhung oder Verminderung der Monatsnettokaltmiete in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes und von einer entsprechenden Erklärung des Begünstigten vorsieht.
Rz. 41
Eine andere Würdigung folgt auch nicht daraus, dass nach der vorvertraglichen Mitteilung der Beklagten an die Kläger die Aufteilung der von ihr verlangten Gesamtmiete auf die Wohnungs- und die Kellermiete im Rahmen der vertraglichen Einigung veränderbar war. Denn nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen und von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte gegenüber den Klägern von Anfang an deutlich gemacht, dass - wenn auch "aus internen Gründen" - zwei separate Mietverträge - und nicht, wie von den Klägern eigentlich gewünscht, ein einheitlicher Mietvertrag - über die Wohnung und den Keller geschlossen werden sollen. Damit fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme eines auf den Abschluss eines einheitlichen Mietvertrags gerichteten übereinstimmenden Parteiwillens.
Rz. 42
cc) Vor diesem Hintergrund unterliegt im Streitfall lediglich die für die Wohnung der Kläger vereinbarte Miete den Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe gemäß §§ 556d ff. BGB (vgl. BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1. April 2023, § 556d Rn. 88; Blank, WuM 2014, 641, 642). Gemäß § 557b Abs. 4 BGB kommt es hierbei allein auf die Ausgangsmiete in Höhe von 850 € an. Die von den Parteien für den Keller vereinbarte (Staffel-)Miete ist hingegen nicht in die Überprüfung einzubeziehen, da es sich bei ihr nicht um einen nur gesondert ausgewiesenen Anteil oder Rechenwert bei der Zusammensetzung einer einheitlichen Miete handelt (vgl. hierzu Blank, aaO; siehe auch Flatow, WuM 2015, 191, 192 und 197).
Rz. 43
b) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht indes angenommen, dass sich im Streitfall die (höchst-)zulässige Miethöhe für die Wohnung der Kläger nicht aus dem Grundtatbestand des § 556d Abs. 1 BGB - ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10 % - ergibt, sondern aus dem auf die Vormiete abstellenden Sondertatbestand des § 556e Abs. 1 BGB.
Rz. 44
aa) Die den Grundtatbestand des § 556d Abs. 1 BGB betreffenden Rügen der Revision gegen die - vom Berufungsgericht gebilligte und nach dessen Feststellungen von der Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht angegriffene - amtsgerichtliche Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und damit der nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miethöhe für die von den Klägern angemietete Wohnung in Höhe von monatlich (lediglich) 698,24 € bleiben ohne Erfolg.
Rz. 45
(1) Die Fläche des Kellers ist entgegen der Ansicht der Revision bei der Prüfung der zulässigen Miethöhe für die Wohnung gemäß § 556d Abs. 1 BGB nicht zu berücksichtigen, da dieser - wie ausgeführt - von der Beklagten separat an die Kläger vermietet wurde. Unabhängig davon schiede eine Einbeziehung in die Ermittlung der Wohnfläche auch deshalb aus, weil der in der Kellernutzungsvereinbarung als "Kellerverschlag" bezeichnete Raum nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht zu Wohnzwecken vermietet wurde (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 39/09, WuM 2010, 150 Rn. 17; vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 256/09, WuM 2010, 480 Rn. 20; siehe auch § 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a WoFlV). Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision insoweit nicht auf.
Rz. 46
(2) Das Berufungsgericht hat seine Feststellung zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die Wohnung der Kläger auch im Übrigen ohne revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler getroffen. Das gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch, soweit das Berufungsgericht bei der Berechnung der Einzelvergleichsmiete den im Mietspiegel für 2015 vorgesehenen Zuschlag für das Sondermerkmal "Hochwertiges Parkett, Natur-/Kunststein, Fliesen oder gleichwertiger Boden/-belag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume" vorliegend als nicht gerechtfertigt angesehen hat.
Rz. 47
(a) Die Ermittlung der - innerhalb der zuvor erfolgten Einordnung der Wohnung in eine Mietpreisspanne zu bestimmenden - Einzelvergleichsmiete erfolgt nach der Senatsrechtsprechung im Rahmen freier tatrichterlicher Schätzung (§ 287 Abs. 2, 1 Satz 2 ZPO). Daher unterliegt sie nicht der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung. Sie kann lediglich daraufhin überprüft werden, ob die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf grundsätzlich falschen oder offenbar unrichtigen Erwägungen beruht und ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen worden sind oder ob die Entscheidung auf sonstigen, von der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (vgl. nur Senatsurteile vom 15. März 2017 - VIII ZR 295/15, NJW 2017, 2679 Rn. 29; vom 13. Februar 2019 - VIII ZR 245/17, WuM 2019, 202 Rn. 23; Senatsbeschluss vom 14. Juni 2022 - VIII ZR 24/21, WuM 2022, 685 Rn. 16).
Rz. 48
(b) Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts auch hinsichtlich der Verneinung des von der Revision als gegeben erachteten wohnwerterhöhenden Sondermerkmals gerecht. Denn es hält sich im Rahmen der tatrichterlichen Schätzung, wenn das Berufungsgericht das - von ihm gesehene - Vorhandensein eines abgezogenen Dielenbodens in der Wohnung der Kläger hinsichtlich Qualität, Ästhetik und Haltbarkeit nicht als vergleichbar mit den im Mietspiegel genannten Beispielen, insbesondere einem hochwertigen Parkett, Natur- oder Kunststein, angesehen hat. Soweit die Revision dies anders sieht, setzt sie - revisionsrechtlich unbehelflich - lediglich ihr Beurteilungsermessen an die Stelle der Auffassung des Berufungsgerichts.
Rz. 49
bb) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht - auch insoweit die Würdigung des Amtsgerichts billigend - den von der Beklagten geltend gemachten Ausnahmetatbestand des § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB als gegeben und deshalb für die Wohnung der Kläger eine Anfangsmiete bis zu einer Höhe von 727,50 € monatlich als zulässig angesehen. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.
Rz. 50
(1) Bei der Anwendung der Vorschrift des § 556e Abs. 1 BGB hat das Amtsgericht - und ihm folgend das Berufungsgericht - allerdings rechtsfehlerhaft nicht in den Blick genommen, dass diese Bestimmung eine Identität des betreffenden Leistungsgegenstands des Vermieters voraussetzt (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 556e Rn. 8 ff.; Blank, WuM 2014, 641, 650; siehe auch Flatow, WuM 2015, 191, 196 f.). Deshalb kann - selbst wenn die Annahme eines einheitlichen Mietverhältnisses über die Wohnung und den Keller zuträfe - der Summe der Mietentgelte für die Wohnung und den Keller aus dem Nachmietverhältnis nicht allein die vom Vormieter zuletzt geschuldete Nettokaltmiete für die Wohnung - im Mietvertrag als "Grundmiete" bezeichnet - gegenübergestellt werden.
Rz. 51
§ 556e Abs. 1 BGB enthält eine Bestandsschutzregelung zugunsten des Vermieters. Die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe nach §§ 556d ff. BGB sollen die Unterbindung unangemessener Preissprünge bei der Wiedervermietung verhindern, nicht aber den Vermieter zur Absenkung zuvor wirksam vereinbarter Mietentgelte im nachfolgenden Mietverhältnis zwingen. Der Vermieter soll unabhängig von der nach § 556d Abs. 1 BGB allgemein zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn jedenfalls diejenige Miete auch im nachfolgenden Mietverhältnis verlangen können, die er mit dem Vormieter wirksam vereinbart hatte (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/3121, S. 16, 29 f.; siehe auch BVerfG, NZM 2019, 676 Rn. 103). Nach Sinn und Zweck setzt ein solcher auf den Erhalt des gleichen Entgelts im Vor- und Nachmietverhältnis gerichteter Bestandsschutz voraus, dass - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - dem Entgelt auch die gleiche Leistung gegenübersteht (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund, aaO Rn. 9; siehe auch Blank, WuM 2014, 641, 650).
Rz. 52
(2) Demnach sind die im Streitfall für die Wohnung vereinbarte Ausgangsmiete in Höhe von 850 € netto kalt und die vom Vormieter für die Wohnung zuletzt geschuldete Nettokaltmiete miteinander zu vergleichen, die das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen mit einem Betrag in Höhe von 727,50 € festgestellt hat. Da dieser Betrag nach § 557b Abs. 4, § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB nur die Ausgangsmiete der von den Parteien getroffenen Indexmietenvereinbarung begrenzt, ist für die Berechnung der im geltend gemachten Zeitraum über die zulässige Miethöhe hinaus - zu viel - gezahlten Miete im Sinne des § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB die Vergleichs(vor)miete nach § 556e Abs. 1 BGB in Höhe von 727,50 € entsprechend den tatrichterlich festgestellten Mietentgelterhöhungen für die Wohnungsmiete zu indexieren und der von den Klägern gezahlten (indexierten) Miete gegenüberzustellen.
Rz. 53
(3) Hiervon ausgehend liegt eine Überzahlung der Miete im Sinne von § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB für den geltend gemachten - und der Rüge der Kläger gemäß § 556g Abs. 2 BGB aF vom April 2016 nachfolgenden - Zeitraum von Mai 2016 bis einschließlich Dezember 2019 lediglich in Höhe von insgesamt 5.488,31 € vor.
Rz. 54
Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen und im Revisionsverfahren nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte für die Wohnung der Kläger aufgrund der Indexmietenvereinbarung anstatt der seit dem Beginn des Mietverhältnisses zum 1. Dezember 2015 und bis März 2017 geltenden Ausgangsmiete in Höhe von 850 € für die Zeit ab April 2017 monatlich 858,74 € (+ 1,028 %), ab April 2018 monatlich 872,24 € (+ 1,57 %) und ab April 2019 monatlich 884,21 € (+ 1,372 %) verlangt; die Kläger haben diese Beträge jeweils gezahlt.
Rz. 55
Die gemäß § 556e Abs. 1 BGB maßgebliche Vergleichs(ausgangs)miete in Höhe von 727,50 € (Differenz zur vereinbarten Ausgangsmiete 122,50 €) beträgt - zu den jeweiligen Zeitpunkten der Mietentgeltänderung entsprechend indexiert - für die Zeit ab April 2017 monatlich 734,98 € (Differenz zur vereinbarten Miete in Höhe von 123,76 €), ab April 2018 monatlich 746,52 € (Differenz zur vereinbarten Miete in Höhe von 125,72 €) und ab April 2019 monatlich 756,76 € (Differenz zur vereinbarten Miete in Höhe von 127,45 €).
Rz. 56
Damit ergibt sich eine Überzahlung für die Zeit von Mai 2016 bis März 2017 in Höhe von 1.347,50 € (122,50 € x 11 Monate), für die Zeit von April 2017 bis März 2018 in Höhe von 1.485,12 € (123,76 € x 12 Monate), für die Zeit von April 2018 bis März 2019 in Höhe von 1.508,64 € (125,72 € x 12 Monate) und für die Zeit von April 2019 bis Dezember 2019 in Höhe von 1.147,05 € (127,45 € x 9 Monate), insgesamt mithin 5.488,31 €.
Rz. 57
(4) Bezogen auf den mit dem vorgerichtlichen Schreiben vom 14. Februar 2018 geltend gemachten Rückzahlungszeitraum von Mai 2016 bis einschließlich Februar 2018 können die Kläger Verzugszinsen nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB dementsprechend (nur) aus einem unter Zugrundelegung der vorstehend genannten Überzahlungsbeträge berechtigten Teilbetrag in Höhe von 2.708,86 € verlangen.
III.
Rz. 58
Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit auf die Revision der Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Berufung der Beklagten zur teilweisen Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend, dass die Beklagte zur Zahlung lediglich in Höhe von 5.488,31 € nebst Verzugszinsen aus einem Teilbetrag von 2.708,86 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen wird. Die weitergehende Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Soweit diese Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Dr. Bünger |
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Dr. Schmidt |
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Dr. Reichelt |
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Messing |
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Dr. Böhm |
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Fundstellen
NZM 2023, 758 |
JZ 2023, 608 |
WuM 2023, 603 |
immobilienwirtschaft 2023, 75 |