Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die handelsrechtliche Personengesellschaft einen Dritten mit der Führung des Gesellschaftsunternehmens im Namen und für Rechnung der Gesellschaft betrauen kann.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Oktober 1980 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein in der Hotelbranche weltweit tätiges Unternehmen. Sie führt sowohl ihr selbst gehörende als auch im Eigentum Dritter stehende Hotelbetriebe, wobei sie ihre Organisation und ihr umfassendes know how zur Verfügung stellt.
Die Beklagte zu 1, eine Familien-Kommanditgesellschaft, betreibt das in G gelegene E-Hotel; der Beklagte zu 2 ist ihr persönlich haftender Gesellschafter. Das Hotel, das vor dem zweiten Weltkrieg mit mehreren hundert Betten geführt wurde, war seit 1942 von der Deutschen Wehrmacht und nach dem Kriege – bis 1972 – von den US-Streitkräften in Besitz genommen worden. Seit Freigabe Ende Februar 1972 stand das Hotelgebäude leer. Die Beklagten bemühten sich um eine neue Konzeption zur Fortführung des Hotels auf der Grundlage einer umfassenden Erneuerung und Erweiterung der Hotelanlagen. Entsprechend dem Vorschlag und den Anregungen von Sachverständigen und Banken entschlossen sich die Beklagten, durch Eingehung eines Betriebsführungsvertrages mit einer internationalen Hotelbetriebsgesellschaft die erforderlichen Investitionen und die erheblichen Fremdmittel langfristig abzusichern.
Nach mehreren Vorbesprechungen schlossen die Klägerin und die Beklagte am 15. März 1976 einen Managementvertrag. Die Beklagte hatte danach – unter Beratung der Klägerin – das Hotelgebäude mit etwa 133 Gästezimmern zu errichten und nach den Normen der Klägerin auszustatten. Die Klägerin erhielt das Recht, im Namen, für Rechnung und auf Kosten der Beklagten – die auch die erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen hatte – den Hotelbetrieb zu führen; sie sollte das Hotel als „H” gemäß den Vertragsbestimmungen und ihren internationalen Normen betreiben. Die für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits wesentlichen Bestimmungen des Vertrags haben folgenden Wortlaut:
„Art. I Abschn. 4
Der Eigentümer erklärt und versichert, daß der Manager bei Erfüllung aller Absprachen, Verpflichtungen, Vereinbarungen und Bedingungen, die dem Manager nach diesem Vertrag obliegen, das Hotel gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages während der gesamten darin festgelegten Laufzeit ungestört betreiben kann und darf, und zwar ohne Behinderung, Wiederinbesitznahme oder Störung durch den Eigentümer …
Art. III
Der Manager beginnt den Betrieb des Hotels am Tage seiner Eröffnung für die Öffentlichkeit und setzt den Betrieb des Hotels gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages für eine Anfangslaufzeit von zwanzig (20) Jahren ab Datum des Beginns, …, fort, falls der Vertrag nicht vorzeitig beendet wird. Der Manager kann diesen Vertrag dreimal um zehn Jahre verlängern. …
Art. IV Abschn. 1
Der Manager betreibt das Hotel als „H” auf Kosten des Eigentümers gemäß der nachstehend aufgeführten Bestimmungen dieses Vertrages und gemäß der internationalen Normen des HL Inc.. Er bewirtschaftet das Hotel in dem wirtschaftlich und rechtlich möglichen Umfang nach den gleichen Verfahren, Praktiken, Geschäftsführungsmethoden und Betriebsvorschriften, die der Manager beim Betrieb anderer H anwendet, wobei ihm das Recht auf Änderung und Ergänzung dieser Vorschriften vorbehalten bleibt.
Der Eigentümer übernimmt, soweit es in seiner Macht steht, dem Manager gegenüber die Gewähr für die ununterbrochene Leitung und den ungestörten Betrieb des Anwesens und verpflichtet sich, den täglichen Betrieb des Unternehmens weder zu stören, noch sich in irgendeiner Form einzumischen. Der Manager kann die Zimmerpreise, die Preise für Speisen und Getränke und die darüber hinaus von ihm im Rahmen des Hotels für die Gäste erbrachten Leistungen frei festsetzen. …
Abschn. 2
Der Manager stellt im Auftrage des Eigentümers das gesamte im Hotel benötigte Personal ein, führt die Aufsicht über das Personal, erteilt die erforderlichen Weisungen und setzt das Gehalt und die sonstigen Zuwendungen fest. Der Manager hat auch allein über die Eignung und Fähigkeiten des Personals zu urteilen. Die Einstellung, Beaufsichtigung, der Einsatz und die Entlassung sowie die Festsetzung der Gehälter und sonstigen Zuwendungen während der Dauer der Beschäftigung ist allein in das Ermessen des Managers gestellt. Es wird davon ausgegangen und vereinbart, daß Arbeitgeber des gesamten Personals ausschließlich der Eigentümer und nicht der Manager ist, mit den später noch aufgeführten Ausnahmen. Der Manager haftet weder dem Personal gegenüber für den Lohn oder das Gehalt oder die sonstigen Zuwendungen, noch dem Eigentümer oder Dritten gegenüber wegen irgendwelcher Handlungen oder Unterlassungen des Personals, soweit er sie nicht schuldhaft (grob fahrlässig oder vorsätzlich) herbeigeführt hat. Der Eigentümer darf dem Personal, das im Hotel beschäftigt ist, weder Weisungen erteilen, noch sich in irgendeiner sonstigen Weise mit ihm befassen. …
Abschn. 3
Der Manager ist allein für die Aufrechterhaltung der Qualitätsnormen und der Preise beim Einkauf für das Hotel verantwortlich. Der Manager kann nach seinem Ermessen veranlassen, daß sich das Hotel an Verkaufs- und Werbeaktionen und – veranstaltungen beteiligt, bei denen üblicherweise Zimmer, Speisen und Getränke kostenlos an Reisevermittler, Fremdenverkehrsbeamte und Repräsentanten von Fluggesellschaften abgegeben werden. Er kann auch Zimmer, Speisen und Getränke kostenlos dem Hoteldirektor, seiner Familie und anderen vom Eigentümer und vom Manager beschäftigten Angestellten überlassen, sofern dies im Beherbergungsgewerbe üblich oder bei HL Inc. so gehandhabt wird oder den geltenden Regelungen entspricht. Der Eigentümer verpflichtet sich hinsichtlich Kreditgewährung oder – verlängerung in Zusammenhang mit dem Betrieb des Hotels auf den Manager oder den Hoteldirektor keinen Einfluß auszuüben; Kreditmöglichkeiten werden von dem Manager nach seinem Ermessen und im Einklang mit der H Praxis eingeräumt.
Der Manager kann die Zimmerpreise oder andere Gebühren ohne vorherige Konsultation des Eigentümers ändern, er hat jedoch die Eigentümer unverzüglich darüber zu verständigen. …
Abschn. 4
(a) Dem Eigentümer ist bekannt, daß die Aufstellung eines Etats für den Ersatz von Einrichtungen und Ausstattungen vorzunehmen und dafür Sorge zu tragen ist, daß das Hotel ständig möbliert, ausgestattet und gärtnerisch gestaltet wird, wie es die internationalen Normen von HL Inc. verlangen. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, daß die Aufwendung einer bestimmten Summe in irgendeinem Jahr für einzelne Vermögenswerte oder einzelne Gegenstände der Ausstattung und der Einbauten nicht verlangt werden kann. Sie sind sich aber im Prinzip darüber einig, daß während der Laufzeit dieses Vertrages die Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzungen durchschnittlich mindestens fünf Prozent der Bruttoeinnahmen betragen werden. Darüber hinaus ist der Eigentümer mit der Aufwendung größerer Beträge für umfangreiche Instandsetzungen einverstanden, die nötig sind, um das Hotel in einem den internationalen Normen HL Inc. entsprechenden Zustand zu erhalten.
(b) Der Manager ist berechtigt im Namen und für Rechnung des Eigentümers und auf seine Kosten alle Verträge abzuschließen und Vereinbarungen zu treffen, die nach Meinung des Managers für den Betrieb, die Versorgung und Instandhaltung des Anwesens erforderlich sind und die daraus entstehenden finanziellen Verpflichtungen abzudecken. Der Manager hat jedoch die Zustimmung des Eigentümers zum Abschluß eines Vertrages oder einer Vereinbarung einzuholen, der bzw. die der baulichen Instandsetzung oder der Wiederherstellung des Gebäudes bzw. der Gebäude oder der Reparatur oder dem Ersatz irgendwelcher darin enthaltener Ausstattungen, Einrichtungen und Ausrüstungen dient, sofern der aufgrund dieses Vertrages zu zahlende Betrag in Höhe von DM 20.000 oder die Höhe des von den Parteien abgesprochenen Preises übersteigt. …
(c) Der Manager ist berechtigt, von Fall zu Fall während der Laufzeit des Vertrages diejenigen Änderungen, Ergänzungen oder Verbesserungen im oder am Gebäude vorzunehmen, die im Betrieb eines Hotels üblicherweise erfolgen; jedoch bedürfen alle baulichen Veränderungen, Ergänzungen oder Verbesserungen, die zu einer grundlegenden Veränderung des Charakters des Gebäudes führen, der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Eigentümers. …
Abschn. 5
Der Manager unterhält ein genaues Buchhaltungs- und Bilanzsystem für die Verwaltung des Anwesens auf Kosten des Eigentümers. Die Bücher und Aufzeichnungen werden nach den HL Inc.-Buchführungsprinzipien geführt und jederzeit im Hotel oder in den Geschäftsräumen des Managers nach dessen Gutdünken zur Verfügung gehalten. Der Eigentümer ist berechtigt, die Bücher und Aufzeichnungen zu jeder zumutbaren Zeit zu prüfen. …
Spätestens bis zum 20. (zwanzigsten) des auf den Geschäftsmonat folgenden Kalendertages überreicht der Manager dem Eigentümer eine Aufstellung mit folgenden Angaben: Bruttoentgelte für Vermietung von Zimmern und Verkauf von Speisen und Getränken sowie sonstiger Einkünfte, Prozentsatz der Belegung der Gästezimmer, durchschnittlicher Zimmerpreis, Gesamtbetrag der bezahlten Kosten, einschließlich der Managervergütung und anderer Beträge, die an den Manager während des Geschäftsmonats gezahlt worden sind, und der an den Eigentümer zu zahlende Betrag für das im vorangegangenen Geschäftsmonat im Hotel getätigte Geschäft. Spätestens bis zum 20. (zwanzigsten) des auf jedes Geschäftsquartal folgenden Kalendertages hat der Manager dem Eigentümer einen detaillierten Betriebsabschluß über das im abgelaufenen Geschäftsquartal getätigte Geschäft vorzulegen. …
Abschn. 6
Der Eigentümer errichtet ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto bei einer dem Manager genehmen Bank. Über das Konto ist der Manager allein verfügungsberechtigt. Vor dem Beginn des Hotelbetriebes durch den Manager hat der Eigentümer eine Einlage in Höhe des Gegenwertes in Landeswährung von DM 200.000 … oder einen zu einem späteren Zeitpunkt von den Vertragspartnern vereinbarten Mindestbetrag, der durch die hier eingesetzten Unterschriften bestätigt wird, zu leisten. Dieser angepaßte Betrag ist das vom Eigentümer während der restlichen Laufzeit des Vertrages oder der Verlängerungszeiträume zu unterhaltende Mindestguthaben; jedoch darf das Guthaben nach den ersten zwölf (12) vollen Betriebsmonaten keinesfalls geringer als die Betriebsausgaben des vorangegangenen Monats sein. Einen etwaigen Überschuß des Nettoeinkommens zahlt der Manager monatlich nach Abzug seines Honorars, einschließlich anderer dem Manager zu erstattender Beträge, der an HL Inc. zu zahlenden Gebühren, der Betriebskosten und der zur Aufrechterhaltung des Mindestbankguthabens erforderlichen Summe an den Eigentümer aus. Fehlbeträge hat der Eigentümer jeweils monatlich dem Manager zur Verfügung zu stellen. Der Manager kann im Rahmen der Hotelbetriebsführung uneingeschränkt über das Konto und alle aus dem Betrieb des Hotels vereinnahmten Gelder verfügen. Alle von dem Manager im Rahmen des Hotelbetriebes gemachten Aufwendungen sind über dieses Konto abzuwickeln. …
Art. V
I. Als Gegenleistung für die Ausfertigung dieses Vertrages verpflichtet sich der Eigentümer, dem Manager einen Betrag von 5.000 US Dollar (fünftausend US Dollar) sowie 100 US Dollar (einhundert US Dollar) je Gästezimmer in dem geplanten Hotel zu zahlen. Die Gebühr ist innerhalb einer Woche nach Unterzeichnung dieses Vertrages zahlbar und kann nicht zurückerstattet werden.
II. Als Gegenleistung für die Verwaltung des Hotels durch den Manager nach den Bestimmungen dieses Vertrages verpflichtet sich der Eigentümer, folgende Gebühren an den Manager zu zahlen:
Eine Verwaltungsgrundgebühr, und zwar drei Prozent der Bruttoeinnahmen aus der Zimmervermietung, des Speise- und Getränkeverkaufes, der Mieten aus Telefon und Telex und anderen Einnahmen ausschließlich …
(2) Eine Verwaltungserfolgsgebühr, berechnet auf der Grundlage von 10% des Bruttobetriebsgewinnes …
(4) Die Verwaltungsgebühren, die H Leistungssätze (Artikel VI) und alle dem Manager zu erstattenden Kosten stehen an erster Stelle, haben Vorrang bei den Bruttoeinnahmen des Hotels und werden vorrangig vor allen übrigen Betriebskosten ausgezahlt, soweit dies gesetzlich zulässig ist.
Art. VI
Es wird vereinbart und anerkannt, daß die folgenden Leistungen von der HL Inc. oder ihren Tochtergesellschaften erbracht und von dem Manager in Anspruch genommen werden, … Die zur Zeit geltenden, monatlich geschuldeten und zahlbaren Sätze sind nachstehend jeweils mit den dafür zu erbringenden Leistungen aufgeführt:
1) H Reservierungs-System, wobei der Eigentümer sich hiermit dazu verpflichtet, das Gerät durch einen besonderen Mietvertrag bei dem Manager oder einer seiner Tochtergesellschaften zu mieten, drei US Dollar (US Dollar 3,00) je Zimmer monatlich.
2) Einheitliche Werbung. Acht US-Cents (Dollar 0.08) je Zimmer pro Nacht oder ein Prozent (1 %) der Zimmerbruttoentgelte, je nachdem welcher Betrag höher ist …
3) Service des Reservierungsbüros. Sechs US Cents (US-Dollar 0,06) je Zimmer pro Nacht oder acht Zehntel Prozent (0,8 %) der Zimmerbruttoentgelte, je nachdem, welcher Betrag der höhere ist.
4) Ausbildungsfonds für Angestellte (H University). Ein US-Cent (US-Dollar 0,01) je Zimmer pro Nacht.
Der Eigentümer verpflichtet sich, die Errichtung und den Einbau der notwendigen H Zeichen nach alleiniger Anordnung des Managers entsprechend der örtlichen Gesetze und Vorschriften zu gestatten und die Zeichen bei dem Manager durch Abschluß eines besonderen Vertrages oder besonderer Verträge zu mieten; …
Art. VII Abschn. 3
Der Eigentümer verpflichtet sich
(1) den Manager von jeglicher Haftung für Personen und Sachschäden, die aus Handlungen des Managers, seiner Beauftragten oder Angestellten, die im Hotel, auf dem Hotelgelände oder an einem anderen Ort in Erfüllung der Bestimmungen dieses Vertrages vorgenommen werden, entstehen können, freizustellen bzw. den Manager schadlos zu halten, selbst wenn gegen ihn der Fahrlässigkeitsvorwurf erhoben wird.
(2) dem Manager auf dessen Verlangen alle Geldbeträge oder sonstigen Werte zu erstatten, die er aus Gründen seiner vertraglichen Tätigkeit verauslagt hat, …
(3) alle unberechtigten Forderungen oder Klagen oder Verfahren, die bzw. das gegen den Manager oder den Eigentümer gesamtschuldnerisch oder einzeln aufgrund der vorstehenden Umstände oder im Zusammenhang damit erhoben bzw. eingeleitet werden, unverzüglich und sorgfältig auf eigene Kosten abzuwehren und den Manager hinsichtlich der Urteile, Verluste oder Vergleiche freizustellen bzw. vollständig zu entschädigen.
Es wird ausdrücklich vereinbart, daß die vorstehenden Bestimmungen dieses Abschnittes auch nach Beendigung des Vertrages wirksam bleiben. Durch die Vorschriften des vorstehenden Abschnittes wird eine etwaige Haftung des Managers oder seiner leitenden Angestellten gegenüber dem Eigentümer für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht berührt.
Art. X
Die Bestimmungen dieses Vertrages über die prozentuale Verwaltungsgebühr ist nur deshalb in diesem Vertrag geregelt worden, um eine Bemessungsgrundlage zu schaffen. Der Eigentümer und der Manager sind nicht als Mitunternehmer oder Teilhaber anzusehen. Keine der Parteien kann den anderen über den in diesem Vertrag vorgesehenen Umfang hinaus binden oder verpflichten. Der Manager ist jedoch mit den Befugnissen und Vollmachten auszustatten, die notwendig sind, um den Geist und Zweck dieses Vertrages zu verwirklichen.
Art. XI
Der Manager kann diesen Vertrag nach Ablauf der ersten zwei Geschäftsjahre (später geändert in fünf Geschäftsjahre) nach seinem Ermessen innerhalb von 120 (einhundertzwanzig) Kalendertagen nach dem Ende eines jeden Geschäftsjahres kündigen, wenn die Summe der an ihn zahlbaren Gebühren für irgendein Geschäftsjahr weniger als DM 2,50 je Zimmer pro Nacht beträgt. …
Art. XII
Beide Parteien können den Vertrag kündigen, wenn …
(2) die andere Vertragspartei eine in diesem Vertrag enthaltene Bestimmung oder Vereinbarung verletzt, nicht erfüllt oder schlecht erfüllt, wenn er zuvor von dem Vertragspartner schriftlich gemahnt und dennoch unterlassen hat, die Verletzung, Nichterfüllung oder Schlechterfüllung innerhalb von 30 (dreißig) Tagen nach dem Zugang der Mahnung zu beseitigen.
Zusätzlich kann der Manager den Vertrag kündigen, wenn (1) der Eigentümer seiner Verpflichtung auf Aufrechterhalten des Mindestbankguthabens wie in Artikel IV Abschnitt 6 festgelegt, nicht nachkommt,
(2) der Eigentümer seine Verpflichtungen dem Manager gemäß diesem Vertrag verauslagten oder aufgewendeten Beträge zu erstatten, verletzt.
Die Kündigung wird in den vorerwähnten zwei Fällen wirksam, wenn der Eigentümer die Vertragsverletzung nicht innerhalb von 10 Tagen nach Zugang der Kündigung, die auch den Hinweis auf die Vertragsverletzung enthält, beseitigt.
Art. XV
Sollten eine oder mehrere der in diesem Vertrag enthaltenen Regelungen oder Klauseln durch eine rechtskräftige richterliche Entscheidung für ungültig erklärt werden, so sind diese Regelungen oder Klauseln als nicht geschrieben anzusehen; im übrigen bleibt dieser Vertrag gültig.
Mitte 1977 wurde das Hotel eröffnet und der Hotelbetrieb aufgenommen. Aufgrund eines Rechtsgutachtens vom 3. Januar 1978, das zu dem Ergebnis kam, der Managementvertrag sei sowohl seiner Rechtsnatur nach wie auch wegen der Ausgestaltung der einzelnen Vertragsbestimmungen nach den §§ 138, 242 BGB, § 9 AGBG nichtig, untersagte die Beklagte im April 1978 dem von der Klägerin eingesetzten Hoteldirektor jede weitere Tätigkeit im Hotel und übernahm die Hotelführung. Zusätzlich kündigte sie den Vertrag mit Schreiben vom 2. Mai 1978 fristlos.
Die Klägerin hält den Managementvertrag für gültig und die Kündigung für unwirksam. Sie hat, soweit es in der Revisionsinstanz interessiert, beantragt,
- festzustellen, daß der Managementvertrag vom 15. März 1976 wirksam ist, durch die Kündigung vom 2. Mai 1978 nicht beendet wurde, und daß die Beklagten die vertragsgemäßen Zahlungen zu leisten haben;
die Beklagten zu verurteilen,
- die Führung des Hotels durch die Klägerin zu dulden, ihr das Hotel zu übergeben und dieser Führung entgegenstehende Maßnahmen zu unterlassen,
- über die Hotel-Einnahmen und -Ausgaben Rechnung zu legen.
Das Landgericht hat durch Teilurteil diese Anträge abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hält den Managementvertrag vom 15. März 1976 nach den §§ 134, 138 BGB für nichtig. Er verstoße gegen Grundprinzipien der handelsrechtlichen Personengesellschaft – den Grundsatz der Selbstorganschaft – und beraube die Beklagte ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind im Ergebnis begründet.
I. Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft sieht das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Urteile des erkennenden Senats vom 22. Januar 1962 und 11. Juli 1960 (BGHZ 36, 293; 33, 105, 108) mit der Begründung als gegeben an, die Klägerin habe die Geschäftsführungsbefugnis in der Weise erhalten, daß sie weder Weisungen des persönlich haftenden Gesellschafters (des Beklagten) unterworfen sei noch jederzeit – auch ohne wichtigen Grund – abberufen werden könne. Der Vertrag lasse zwar die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis des Beklagten in der Beklagten rechtlich unberührt. Faktisch sei sie aber der Klägerin übertragen. Die Führung des Hotels stelle den Gesellschaftszweck und das Hotel das Unternehmen der Beklagten dar; ihre weiteren Vermögenswerte fielen gegenüber dem Hotel nicht ins Gewicht und dienten außerdem überwiegend dem Hotelbetrieb.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Berufungsgericht kann schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden. Der Grundsatz der Selbstorganschaft verbietet nur, daß sämtliche Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen und diese auf Dritte übertragen werden. Damit vereinbar ist es jedoch, daß ein Dritter in weitem Umfange mit Geschäftsführungsaufgaben betraut und mit einer umfassenden Vollmacht ausgestattet wird (BGHZ 36, 293). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Anwendung dieser Grundsätze nicht in jedem Falle aus, in dem der Dritte bei der Erfüllung der von ihm wahrzunehmenden Geschäftsführungsaufgaben keinen Einzelweisungen unterliegt und nicht jederzeit abberufen werden kann.
Der vorliegende Managementvertrag stellt sich als Betriebsführungsvertrag dar; die Klägerin soll den Hotelbetrieb der Beklagten in deren Namen und für deren Rechnung führen (zum Begriff des Betriebsführungsvertrages vgl. Veelken, der Betriebsführungsvertrag im deutschen und amerikanischen Aktien- und Konzernrecht, 1975 S. 15 ff). Bei derartigen Verträgen mögen vielfach Gestaltungen anzutreffen sein, die mit den Grundprinzipien des Personengesellschaftsrechts nicht vereinbar und deshalb unzulässig sind. Die Frage, wann die insoweit bestehenden Grenzen überschritten sind, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Der Managementvertrag ist so gestaltet, daß die Organstellung des Beklagten nicht nur rechtlich unangetastet geblieben ist, sondern auch faktisch noch so zum Tragen kommt, daß sie in ihrem Wesensgehalt nicht beeinträchtigt ist.
1. Der Beklagte ist nach den getroffenen Feststellungen allerdings nicht befugt, bei der Führung des Hotels konkrete oder allgemeine Weisungen zu erteilen; denn die Beklagte hat im Management die „Gewähr für die ununterbrochene Leitung und den ungestörten Betrieb des Anwesens” durch die Klägerin übernommen und sich verpflichtet, „den täglichen Betrieb des Unternehmens weder zu stören noch sich in irgendeiner Form einzumischen” (Art. IV Abschn. 1 des Managementvertrages). Daraus folgt jedoch nicht, daß die Klägerin in der Geschäftsführung des Hotels völlig frei ist. Der Vertrag legt vielmehr ausdrücklich den Maßstab und die Richtlinien fest, nach denen die Geschäftsführung zu erfolgen hat, und steckt insoweit klare Grenzen; dabei sind Inhalt und Umfang der zulässigen Geschäftsführungsmaßnahmen am Interesse der Beklagten ausgerichtet. Maßnahmen, die über den Bereich der so umschriebenen Geschäftsführungsaufgaben hinausgehen, haben zu unterbleiben, sofern sie nicht ohnehin an die Zustimmung der Beklagten gebunden sind (wie durch Art. IV Abschn. 4). Außerdem hat die Beklagte umfassende Informations-, Einsichts- und Kontrollbefugnisse sowie Eingriffs- und Gestaltungsrechte, um die Einhaltung der vertraglich festgelegten Geschäftsführungsaufgaben erreichen oder aber das Vertragsverhältnis beenden zu können. Im einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
a) Der Managementvertrag gibt der Klägerin nicht nur das Recht, sondern legt ihr auch die Pflicht auf, das Hotel nach einem bestimmten Standard, dem H Bewirtschaftungsverfahren, zu führen. Aus der Bestimmung des Art. IV Abschn. 1, wonach der Klägerin das Recht auf Änderung und Ergänzung dieser Vorschriften vorbehalten bleibt, kann nichts Abweichendes entnommen werden; damit werden keine Befugnisse zur grundsätzlichen Umgestaltung des Hotelbetriebes begründet, sondern im wesentlichen nur die Voraussetzungen für die Anpassung an veränderte Verhältnisse und neue wirtschaftliche Gegebenheiten geschaffen.
Dem Recht der Klägerin, im Namen und für Rechnung der Beklagten alle Vereinbarungen zu treffen, die nach ihrer Meinung für den Betrieb, die Versorgung und Instandhaltung des Anwesens erforderlich sind, steht die Verpflichtung gegenüber, die Zustimmung der Beklagten einzuholen, sofern die entstehenden Verpflichtungen 20.000 DM oder die Höhe des von den Parteien abgesprochenen Preises übersteigen (Art. IV Abschn. 4). Der vorherigen Einwilligung der Beklagten bedürfen ferner ganz allgemein alle baulichen Veränderungen, Ergänzungen und Verbesserungen, die zu einer grundlegenden Veränderung des Charakters des Gebäudes führen (Art. IV Abschn. 4). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann aus dem Umstand, daß diese Regelung auf die „Meinung” der Klägerin abstellt, nicht entnommen werden, dieser sei ein freies Ermessen eingeräumt worden. Der Entscheidungsspielraum für die Klägerin wird vielmehr – wie sich aus dem Gesamtinhalt der getroffenen Vereinbarungen und dem Wesen des Betriebsführungsvertrages ergibt – dadurch begrenzt, daß diese gehalten ist, von dem eingeräumten Ermessen pflichtgemäßen Gebrauch zu machen, d. h. im Rahmen des kaufmännisch Notwendigen zu handeln. Das gilt auch, soweit die Klägerin die Preise für Speisen, Getränke und sonstige Leistungen gegenüber den Hotelgästen „frei festsetzen” kann (Art. IV Abschn. 1).
Überschreitet die Klägerin den vertraglich gesteckten Rahmen und verletzt sie die daraus folgenden Pflichten, so kann die Beklagte die Unterlassung der pflichtwidrigen Handlung verlangen, die Klägerin auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und das Vertragsverhältnis gegebenenfalls kündigen (vgl. die nachstehenden Ausführungen zu b).
b) Umfassende Einsichts-, Informations- und Kontrollrechte zugunsten der Beklagten und damit des Beklagten als ihrem geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter ergeben sich aus Art. IV Abschn. 5. Danach ist die Klägerin verpflichtet, ein „genaues Buchhaltungs- und Bilanzsystem für die Verwaltung des Anwesens” zu unterhalten, und die Beklagte berechtigt, „die Bücher und Aufzeichnungen zu jeder zumutbaren Zeit zu prüfen”. Die Klägerin hat der Beklagten darüber hinaus bis zum 20. des auf den Geschäftsmonat folgenden Kalendertages eine Aufstellung mit allen wichtigen für die Beurteilung einer wirtschaftlichen Betriebsführung erforderlichen Angaben zu überreichen, und spätestens bis zum 20. des auf jedes Geschäftsquartal folgenden Kalendertages einen „detaillierten Betriebsabschluß über das im abgelaufenen Geschäftsquartal geführte Geschäft” vorzulegen. Die Beklagte ist hiernach in der Lage, eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob die Klägerin den Hotelbetrieb vertragsgemäß führt und das nach dem Vertrag vorausgesetzte und gewollte Ergebnis erreicht. Ist dies nicht der Fall, so ist sie als berechtigt anzusehen, den Managementvertrag zu kündigen, d. h. die Klägerin als Betriebsführerin abzuberufen. Art. XII räumt ausdrücklich das Recht zur Kündigung für den Fall ein, daß die Klägerin ihre Verpflichtungen nicht oder schlecht erfüllt hat und erfolglos abgemahnt worden ist. Darüber hinaus ergibt sich aus den von der Rechtsprechung für Dauerschuldverhältnisse herausgearbeiteten Grundsätzen für die Beklagte das Recht, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grunde – der kein Verschulden der Klägerin voraussetzt – fristlos zu kündigen. Dabei folgt aus dem Wesen und Sinn und Zweck des vorliegenden Betriebsführungsvertrages, daß er auf die wirtschaftliche und gewinnbringende Hotelführung der Klägerin angelegt ist und demgemäß die Beklagte ein Kündigungsrecht schon dann hat, wenn das Hotel auf die Dauer gesehen keinen Ertrag abwirft. Die Beklagte muß es zwar hinnehmen, wenn in der Anfangs- und Einführungsphase Verluste entstehen; sie hat auch vorübergehende „Durststrecken” in Kauf zu nehmen. Dagegen erscheint unter Berücksichtigung aller Umstände ein Festhalten am Vertrag dann nicht mehr zumutbar, wenn das Betriebsergebnis darüber hinaus negativ ist oder zwar Gewinne entstehen, diese aber so gering sind, daß sie nicht ausreichen, um die laufenden Verpflichtungen der Beklagten zu decken – hier kommt insbesondere auch der Kapitaldienst aus den Kreditverpflichtungen in Betracht, die die Beklagte im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Hotels übernommen hat – und eine gewisse Rendite des eingesetzten Eigenkapitals zu gewährleisten.
2. Aus alledem folgt, daß dem Beklagten die Verantwortung für das Betreiben des Hotels geblieben ist. Er ist nach dem Managementvertrag zwar nicht berechtigt, der Klägerin bei der Führung des Hotels Einzelweisungen zu erteilen; diese ist vielmehr im Rahmen des geschlossenen Vertrages in der Unternehmensleitung völlig selbständig. Das bedeutet aber nicht, daß nunmehr die Klägerin in der Lage wäre, die Art und Weise der Betriebsführung frei zu bestimmen und diese beispielsweise an ihren eigenen Interessen auszurichten. Der vertraglich festgelegte Maßstab für die Hotelführung verpflichtet sie, im Interesse der Beklagten tätig zu werden, und begründet in Verbindung mit den Mitwirkungs-, Kontroll- und Einsichtsrechten einerseits und dem Erfüllungsanspruch, den bei Leistungsstörungen eingreifenden Rechten und den Kündigungsmöglichkeiten andererseits Abhängigkeiten der Klägerin in bezug auf die Unternehmensleitung in der Weise, daß das Prinzip der Selbstorganschaft nicht durchbrochen ist. Der Beklagte hat sich der eigenverantwortlichen Leitung des Gesellschaftsunternehmens nicht begeben. Der Abschluß des Managementvertrages ist vielmehr Ausfluß seiner Rechte und Pflichten und eine Maßnahme im Rahmen seiner Organstellung. Die Planungs- und Entscheidungsbefugnis über die grundsätzlichen Fragen der Geschäftsführung wurde damit nicht in die Organisation der Klägerin verlagert; sie hat nur Rechte zur laufenden Geschäftsführung innerhalb der die Unternehmenspolitik der Beklagten verwirklichenden Richtlinien des Managementvertrages (zur Frage der Zulässigkeit von Betriebsführungsverträgen vgl. auch U. Schneider, ZGR 1980, 511, 521, 523).
II. Der Managementvertrag ist nicht deshalb als unwirksam anzusehen, weil er allein von dem Beklagten abgeschlossen worden ist. Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob ein Betriebsführungsvertrag der vorliegenden Art der Zustimmung aller Gesellschafter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft bedarf. Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen, daß die Mitgesellschafter des Beklagten zugestimmt haben. Es genügt hier, auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden, insbesondere auf das Darlehensangebot der Rheinischen Hypothekenbank vom 26. Februar 1976, das Schreiben der Bayerischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung vom 25. August 1977 und auf den Bericht der Treuhand Revision A. Melchner GmbH (Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft) vom Januar 1976 zu verweisen. Die Beklagten haben dementsprechend auch nichts dafür vorgetragen, daß die Mitgesellschafter des Beklagten mit der im Managementvertrag niedergelegten neuen Konzeption zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks und mit dem Abschluß dieses Vertrages selbst nicht einverstanden gewesen wären.
III. Das Berufungsgericht erachtet den Managementvertrag mit der Begründung als sittenwidrig, die Klägerin habe als Gesellschaftsfremde das Recht zur Führung des Unternehmens im Namen und für Rechnung der beklagten Personengesellschaft erlangt. Demgegenüber sei dieser weder ein Weisungsrecht noch ein Mitwirkungsrecht verblieben. Sie habe nicht einmal ein ordentliches Kündigungsrecht, müsse es vielmehr hinnehmen, wenn sich die Klägerin nach 20 Jahren zur Verlängerung um dreimal zehn Jahre entschließen sollte. Er beraube die Beklagte jeder rechtlichen und wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeit, während die Klägerin volle Entscheidungsfreiheit erhalte, ohne hierfür das finanzielle Risiko zu übernehmen.
Schließlich zeige eine Gegenüberstellung der beiderseitigen Vorteile, Nachteile und Risiken ein grobes Mißverhältnis zu Lasten der Beklagten. Schon die Formulierung der Vertragsbestimmungen zeige, daß die Vorteile aus dem Vertrag der Klägerin zugeteilt würden, während praktisch alle finanziellen Lasten und Risiken der Beklagten zufielen. Sie habe z. B. alle Lebensmittel, Getränke usw. für den laufenden Bedarf zu zahlen, ferner das gesamte Hotelpersonal; sie müsse stets ein Guthaben von 200.000 DM gewährleisten. Dagegen habe die Klägerin neben der erfolgsunabhängigen Verwaltungsgebühr von 3 % der Bruttoeinnahmen und der Verwaltungserfolgsgebühr von 10 % des Bruttobetriebsgewinnes einen Betrag von 18.000 US-Dollar nur für den Vertragsabschluß sowie erfolgsunabhängige Gebühren für die Bereitstellung ihres Zimmerreservierungssystems, die Werbung und den Ausbildungsfonds zu beanspruchen. Zudem könne die Klägerin bei ungenügender Rendite des Hotels den Vertrag vorzeitig kündigen, während die Beklagten eine unrentable Führung des Hotels ohne Kündigungsmöglichkeit hinnehmen müßten. Das letzte finanzielle Risiko sei der Klägerin dadurch abgenommen worden, daß sie nur bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Handeln für das Verhalten des Hotelpersonals hafte, und die Beklagte verpflichtet sei, sie von allen Schadens- und Haftungsansprüchen freizustellen.
Diese Ausführungen verkennen die aus dem Management entspringenden Rechte und Pflichten der Beteiligten und halten auch im übrigen nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Bei der Würdigung der vom Berufungsgericht beanstandeten Vertragsklauseln ist davon auszugehen, daß es sich bei dem Managementvertrag um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt, durch den die Beklagte die Klägerin gegen Entgelt beauftragt hat, ihren Hotelbetrieb in ihrem Namen und für ihre Rechnung zu führen. Die Klägerin ist verpflichtet, im Interesse der Beklagten tätig zu werden. Daraus folgt, daß sowohl Erfolg als auch Mißerfolg die Beklagte treffen (daß die Klägerin am Bruttogewinn 10 % beteiligt ist, fällt in diesem Zusammenhang nicht ins Gewicht) und ihr alle Aufwendungen zur Last fallen, die die Klägerin im Rahmen der vertragsgemäßen Hotelführung macht; außerdem ist sie verpflichtet, die Leistungen der Klägerin zu vergüten.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es deshalb nicht zu beanstanden, daß der Beklagten nach dem Vertrag alle finanziellen Lasten zufallen, die aus dem Betrieb des Hotels entstehen, und sie insbesondere für die Kosten der laufenden Hotelführung – einschließlich der Kosten für die Beschaffung der Getränke und Lebensmittel und der Aufwendung für die Versorgung, Instandhaltung und Instandsetzung des Anwesens – aufzukommen hat. Danach erscheint auch die Verpflichtung der Beklagten als gerechtfertigt, (angemessene) Gebühren für die Bereitstellung des Zimmerreservierungssystems, für die Werbung und für den Ausbildungsfonds der Klägerin zu zahlen. Angesichts des Umfanges der laufenden Aufwendungen ist es weiterhin als zulässig zu erachten, daß die Beklagte zur Leistung eines Vorschusses (vgl. hierzu die §§ 675, 669 BGB) in der Form der Unterhaltung eines Bankguthabens verpflichtet ist. Daß der vertraglich festgelegte Betrag von 200.000 DM das zur Erfüllung der Aufgaben der Klägerin Erforderliche überschreitet, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann auch nicht darin gesehen werden, daß die Klägerin bei der Festsetzung der Preise innerhalb des Hotelbetriebes „frei” (d. h. nicht an die Zustimmung der Beklagten gebunden) ist, ferner nach „freiem, aber pflichtgemäß auszuübenden Ermessen” darüber entscheidet, welche Geschäftsreisen auszuführen sind, und alle Vereinbarungen treffen kann, die „nach ihrer Meinung” für den Betrieb, die Versorgung und die Instandhaltung des Anwesens erforderlich sind. Bei der Beurteilung dieser Klauseln ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin nicht nach freiem Belieben tätig werden kann, sondern der Grundsatz der pflichtgemäßen Ermessensausübung gilt; ihre Maßnahmen müssen im Rahmen des kaufmännisch Vertretbaren liegen (vgl. die Ausführungen unter I 1 a). Das bedeutet, daß der Klägerin nur solche Befugnisse eingeräumt worden sind, die dem Wesen eines Betriebsführungsvertrages der hier vorliegenden Art entsprechen und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen als angemessen anzusehen sind.
Gleiches gilt für die Klauseln, wonach die Klägerin einerseits berechtigt ist, das Hotelpersonal im Namen der Beklagten anzustellen, andererseits der Beklagten und Dritten gegenüber wegen Handlungen und Unterlassungen des Personals nur haften soll, wenn sie diese „schuldhaft (grob fahrlässig oder vorsätzlich)” herbeigeführt hat (Art. IV Abschn. 2), zumal dadurch ihre Haftung gegenüber der Beklagten wegen Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach § 276 BGB bei Ausführung des Auftrags – hier kommt insbesondere eine Verletzung der Pflicht zur Auswahl geeigneten Personals und zum Abschluß von Arbeitsverträgen zu angemessenen Bedingungen in Betracht – nicht ausgeschlossen ist. Ebensowenig kann es danach als unangemessen angesehen werden, daß die Beklagte die Gewähr für die ungestörte Betriebsführung übernommen hat und verpflichtet ist, die Klägerin von der Haftung für Personen- und Sachschäden freizustellen, die aus Handlungen entstehen können, die in Erfüllung des Managementvertrags vorgenommen werden, selbst wenn gegen sie „der Fahrlässigkeitsvorwurf erhoben wird” (Art. VII. Abschn. 3).
Unter dem Blickpunkt des § 138 BGB sind auch gegen die Kündigungsbestimmungen des Managementvertrags keine Bedenken zu erheben. Es ist nicht zu beanstanden, daß die Beklagte den Vertrag bei Pflichtverletzung der Klägerin grundsätzlich erst dann kündigen kann, wenn sie zuvor schriftlich abgemahnt hat und die Klägerin es unterlassen hat, innerhalb von 30 Tagen Abhilfe zu schaffen. Im übrigen besteht – wie unter I 1 b dargelegt – ein vom Verschulden der Klägerin unabhängiges Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem, die Fortsetzung des Managementvertrages unzumutbar machenden Grunde. Soweit der Klägerin zusätzlich das Recht eingeräumt worden ist, nach Ablauf der ersten fünf Geschäftsjahre nach ihrem Ermessen jeweils nach dem Ende eines Geschäftsjahres zu kündigen, wenn die Summe der an sie zu zahlenden Gebühren einen bestimmten Betrag nicht erreicht, sind keine Gründe ersichtlich, die diese Regelung als unzulässig erscheinen lassen könnten. Die Beklagten haben solche auch nicht geltend gemacht.
2. Bei einer Gesamtwürdigung des Vertrages kann sich nur die Frage erheben, ob § 138 BGB insoweit verletzt ist, als
- der Vertrag die Beklagte von vornherein für 20 Jahre bindet und der Klägerin darüber hinaus das Recht einräumt, das Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung dreimal um je zehn Jahre zu verlängern und
- beim gegenwärtigen Prozeßstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und Umstände vorliegen, die das Geschäft als dem Anstandsgefühl zuwiderlaufend erscheinen lassen.
a) Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß die im vorliegenden Falle vorgesehene Bindung der Beklagten für die Dauer von 50 Jahren diese in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit in unzulässiger Weise beschränkt.
Der Managementvertrag erfaßt den wesentlichen Teil der von der Beklagten betriebenen Unternehmen und legt sie darauf fest, das Hotel durch die Klägerin für ihre Rechnung als H führen zu lassen. An diese mit dem Abschluß des Vertrages getroffene Entscheidung bleibt sie – von den dargelegten außerordentlichen Kündigungsrechten abgesehen – gebunden. Sie hat nachträglich keinerlei Möglichkeit, auf die Gestaltung des Unternehmens einzuwirken; selbst Änderungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Gegebenheiten, die in einer so langen Zeitspanne auftreten können, vermag sie nicht Rechnung zu tragen. Ebensowenig ist sie in der Lage, das Unternehmen in anderer Weise auszuwerten und zu verwerten oder kaufmännisch gebotene Veränderungen des Unternehmensgegenstandes vorzunehmen. Bei derart weitgehenden Beschränkungen der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit entspricht eine Bindung von 50 Jahren nicht mehr den an das Wirtschaftsleben nach § 138 BGB zu stellenden Anforderungen.
Die Nichtigkeit der Bestimmungen über die Vertragsdauer ergreift jedoch nicht den Gesamtvertrag. Die getroffenen Vereinbarungen lassen den Willen der Parteien erkennen, der Klägerin die Betriebsführung jedenfalls für die Dauer von 20 Jahren zu übertragen: Die Vertragsbeteiligten haben sich nach Art. III des Vertrages – nach Ablauf der Einführungsphase – gegenseitig für eine Zeit von 20 Jahren gebunden. Das der Klägerin eingeräumte einseitige Gestaltungsrecht, den Vertrag dreimal um je zehn Jahre zu verlängern (und die daraus folgende weitere Bindung der Beklagten) steht nach dem Willen der Vertragschließenden unabhängig daneben. Die entsprechenden Klauseln sind für den hier anzunehmenden Fall, daß sie nichtig sind, „als nicht geschrieben anzusehen” (Art. XV).
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind gegen eine zeitliche Bindung auf 20 Jahre keine rechtlichen Bedenken zu erheben. Andererseits erweist sich jede weitergehende Bindung als übermäßig und deshalb unzulässig. Wo die zeitliche Grenze beim Abschluß eines Betriebsführungsvertrages zwischen einer handelsrechtlichen Personengesellschaft und einem Dritten zu ziehen ist, kann nicht einheitlich entschieden werden. Sie hängt wesentlich vom Einzelfalle, insbesondere von den im Vertrag festgelegten gegenseitigen Rechten und Pflichten ab. Zu berücksichtigen ist vor allem das Gewicht der Leistungen des Betriebsführers und der Umstand, ob und in welchem Umfange der Unternehmensträger befugt bleibt, die Unternehmenspolitik zu gestalten und in die laufende Geschäftsführung – durch vorbehaltene Weisungs- und Zustimmungsrechte – einzugreifen. Im vorliegenden Falle hat sich die Beklagte des Rechts, in die laufende Geschäftsführung einzugreifen, weitgehend begeben und sich damit begnügt, daß ihre Vorstellungen über die Unternehmensleitung im Managementvertrag Niederschlag gefunden haben und die Klägerin verpflichtet ist, danach zu handeln. Andererseits ist aber die Leistung der Klägerin für die Beklagte von überragender Bedeutung. Aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten und aus den Stellungnahmen der kreditgebenden Banken ergibt sich, daß die Übernahme der Betriebsführung durch die Klägerin als international eingeführter Hotelbetriebsgesellschaft Voraussetzung für die Verwirklichung der Planungen der Beklagten war. Bei Abwägung aller Umstände und der Interessen des Unternehmensträgers und des Betriebsführers erscheint hier eine Vertragsdauer von 20 Jahren als hinnehmbar, dagegen schon die Einräumung eines einmaligen Optionsrechts für weitere zehn Jahre als unangemessen.
b) Die Frage, ob die Nichtigkeit mit der Begründung bejaht werden kann, zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe ein auffälliges Mißverhältnis, kann beim gegenwärtigen Prozeßstand nicht beurteilt werden. Die Beklagten haben hierzu unter Beweisantritt vorgetragen, die Grundgebühr in Höhe von 3 % der Bruttoeinnahmen, die Erfolgsgebühr von 10 % des Bruttogewinnes (bei dem insbesondere der umfangreiche Kapitaldienst nicht berücksichtigt werden dürfe) und die Gegenleistungen für die übrigen von der Klägerin zu erbringenden Leistungen seien derart überhöht, daß die Beklagte unter Berücksichtigung ihrer sonstigen – aus der Errichtung des Hotels enstandenen – Verpflichtungen für mindestens zehn Jahre mit keinem Gewinn rechnen könne. Sie haben ferner darauf hingewiesen, daß sie weiteres Material zur Erhärtung ihres Vorbringens zur Verfügung hätten, und unter Bezugnahme auf § 139 ZPO angeregt, ihnen gegebenenfalls die Möglichkeit zur Ergänzung ihres Vorbringens zu geben. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich dieses Vortrags keine konkreten Feststellungen getroffen und einen Hinweis nach § 139 ZPO unterlassen, weil es die Klage schon aus anderen Gründen als nicht gerechtfertigt angesehen hat. Damit die Beklagten, die in beiden Vorinstanzen obsiegt haben, Gelegenheit haben, ihr Vorbringen zu ergänzen, und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sollte sich der Managementvertrag als wirksam erweisen, wird entsprechend dem Antrag der Klägerin eine Entscheidung darüber getroffen werden müssen, ob durch die am 2. Mai 1978 erklärte Kündigung der Beklagten das Vertragsverhältnis für die Zukunft beendet worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 648056 |
NJW 1982, 1817 |
ZIP 1982, 578 |