Leitsatz (amtlich)
Gläubiger des Treugebers können eine zum Treugut gehörende, auf den Treuhänder als Fiduziar zu vollem Recht übertragene Forderung auf Grund eines Vollstreckungstitels gegen den Treugeber nicht pfänden. Ihrem Zugriff unterliegt nur der Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder auf Rückübertragung der Forderung.
Normenkette
ZPO § 829
Tenor
Das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 31. März 1953 wird aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts in Göttingen vom 27. März 1952 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Widerklage abgewiesen wird.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Spar- und Darlehenskasse H… eGmbH als Erstbeklagte bis zu ihrer Entlassung aus dem Rechtsstreit und die durch die Hinterlegung entstandenen Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Der Bäckermeister Josef B… sen. ist Inhaber eines Bäckereibetriebs in H…. Diesen Betrieb hatte er 1951 verpachtet. Er geriet dann in Zahlungsschwierigkeiten, im März 1951 wurde die Zwangsversteigerung seines Grundbesitzes angeordnet. Mit der Regelung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beauftragte B… die A… GmbH in B…, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Kaufmann Herbert F… ist. B… übertrug der Gesellschaft die Verwaltung seines Vermögens. Im Rahmen der Vermögensregulierung wurde auf Antrag der A… GmbH bei der Spar- und Darlehenskasse H… ein Girokonto unter der Bezeichnung „Josef B… Treuhandkonto H…” errichtet. Der Eröffnung des Kontos lag ein unter dem 22. Dezember 1951 an die Spar- und Darlehenskasse in H… gerichtetes Schreiben zugrunde, das u. a. folgendes enthält:
„Unser Geschäftsführer, Herr Herbert F… ist Vermögensverwalter für Herrn Josef B…. In dieser Eigenschaft bitten wir um Eröffnung eines Girokontos unter folgender Bezeichnung:
Treuhandkonto Josef B… sen.
Brot und Feinbäckerei
Für dieses Konto ist alleine zeichnungsberechtigt unser Geschäftsführer, Herbert F…. Es wird wie folgt gezeichnet:
gez. Herbert F…
Gleichzeitig bitten wie Sie um Übersendung eines Postkartenscheckheftes.
Der Geschäftsablauf wird folgender sein:
Am 1. Januar soll durch unsere Mitwirkung und Zurverfügungstellung eines Kredites die Bäckereieinrichtung zurückgekauft werden. Der Betrieb wird in eigene Regie übernommen. Herr B… ist verpflichtet, alle Einnahmen täglich – mindestens alle zwei Tage – bei Ihnen einzuzahlen. Alle Rechnungen für den Bäckereibetrieb erhalten wir und werden mittels Postkartenscheck die Regulierung vornehmen. Aus dem Überschuß werden monatliche Raten an die Gläubiger – ebenfalls durch uns bezahlt.
Hochachtungsvoll!
A…-Gesellschaft mbH
gez. Herbert F….”
Aus den auf das Konto von B… zu leistenden Einzahlungen sollten jeweils die laufenden Unkosten der Bäckerei gezahlt und der Überschuß unter die Gläubiger in Raten anteilmäßig verteilt werden. Die vorgesehene Regelung der Verbindlichkeiten war den Gläubigern und dem Amtsgericht in Duderstadt vorher durch Rundschreiben des B… mitgeteilt worden. B… zahlte am 20. Januar 1952 800,– DM und am 24. Januar 1952 300,– DM auf das Konto ein, weitere Beträge sind nicht eingezahlt.
Der Beklagte, der im Besitze eines Vollstreckungstitels gegen B… ist, erwirkte bei dem Amtsgericht in Duderstadt am 6. Februar 1952 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß – M 47/52 –, durch den die angebliche Forderung B…s auf Zahlung von Sparkassenguthaben-Sonderkonto gegen die Spar- und Darlehenskasse H… gepfändet und dem Beklagten zur Einziehung überwiesen wurde. Der Beschluß wurde der Drittschuldnerin am 12. Februar 1952 zugestellt.
In der Zwischenzeit hatte B… die Kläger an Stelle der A…-Gesellschaft mbH mit der Regelung seiner Verbindlichkeiten beauftragt. Diese trat deshalb am 16. Februar 1952 den Klägern ihre Forderung aus dem Girokonto ab. Die Spar- und Darlehenskasse hat unter Hinweis auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß die Zahlung des Guthabens an die Kläger verweigert.
Die Kläger haben daher zunächst Klage gegen die Spar- und Darlehenskasse in H… auf Zahlung von 1100,– DM erhoben. In diesem Rechtsstreit hat die Kasse dem Beklagten den Streit verkündet und angezeigt, daß sie den eingeklagten Betrag unter Verzicht auf Rücknahme hinterlegt habe. Der Beklagte ist dem Rechtsstreit beigetreten. Auf Antrag der Kasse hat das Landgericht sie aus dem Rechtsstreit entlassen und ihr in dem dies aussprechenden Urteil vom 20. März 1952 die durch ihren unbegründeten Widerspruch entstandenen Kosten auferlegt. Die Kostenentscheidung ist auf die Beschwerde der erstverklagten Sparkasse durch Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Mai 1952 aufgehoben und der Antrag der Kläger abgewiesen worden. Die Kläger haben nunmehr beantragt,
festzustellen, daß der hinterlegte Betrag ihnen zustehe.
Sie vertreten die Ansicht, daß der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß das Kontoguthaben nicht habe erfassen können, da B… daran keine Rechte besessen habe. Die Forderung stehe nur der A…-Gesellschaft zu, die sie an sie, die Kläger, übertragen habe.
Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und weiterhin beantragt,
den hinterlegten Betrag ihm zuzusprechen.
Er hat ausgeführt, die Forderung aus dem Guthaben habe der A…-Gesellschaft nur als uneigennütziger Treuhänderin zugestanden, sie sei deshalb aus dem Vermögen B…s nicht ausgeschieden und dem Zugriff seiner Gläubiger unterworfen gewesen.
Das Landgericht hat dem Klagebegehren der Kläger entsprochen, weil die Forderung als gebundenes Zweckvermögen nicht mehr zu dem Vermögen B…s gehört habe und von seinen Gläubigern nicht habe gepfändet werden können. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt.
Im Berufungsrechtszug haben die Parteien ihr Vorbringen ergänzt. Der Beklagte hat vorgetragen, der Abtretungsvertrag vom 16. Februar 1952 sei nach § 399 BGB unwirksam. Die A…-Gesellschaft habe auch in einem Schreiben vom 15. Mai 1952 dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten gegenüber anerkannt, daß die Einnahmen aus dem Bäckereibetrieb B…s in seinem Vermögen hätten bleiben sollen. Der Treuhandvertrag zwischen ihm und der Gesellschaft sei aber auch nichtig, weil B… sich verpflichtet habe, einen Teil seines künftigen Vermögens an die Gesellschaft zu übertragen, es fehle mindestens an der gesetzlich vorgeschriebenen gerichtlichen oder notariellen Beurkundung, die für derartige Verträge notwendig sei. Der Vertrag sie auch sittenwidrig, weil B… sich durch ihn seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit begeben und sich kreditlos gemacht habe.
Die Kläger haben sich noch darauf berufen, daß der zwischen B… und der Gesellschaft zustande gekommene Vertrag vorwiegend auch den Interessen der Mühle Gustav D… in R… gedient habe, die B… durch Vermittlung der Gesellschaft ein Darlehen gegeben und ihn durch die Zusage von Mehllieferung in den Stand gesetzt habe, sein Geschäft fortzuführen und aus den Einnahmen seine Gläubiger zu befriedigen. Das Mehl habe nach ausdrücklicher Vereinbarung aus den Einzahlungen des B… auf das Treuhandkonto vorweg bezahlt werden sollen.
Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts geändert und nach dem Antrag des Beklagten erkannt. Die Kosten des Rechtsstreits hat es einschließlich der der Spar- und Darlehenskasse H… eGmbH als Erstbeklagten vor ihrer Entlassung und durch die Hinterlegung erwachsenen, den Klägern auferlegt.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten weiterverfolgen. Der Beklagte hat gebeten, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Revision kann der Erfolg nicht versagt werden.
Der Berufungsrichter gelangt aus zwei Gründen zur Abweisung der Klage. Zunächst hält er die Kläger nicht für aktiv legitimiert, weil die auf dem zwischen der A…-Gesellschaft mbH und der Spar- und Darlehenskasse H… eGmbH abgeschlossene Girovertrag beruhende Forderung auf Auszahlung des Guthabens nicht habe abgetreten werden können (§ 399 BGB). Hilfsweise stützt er seine Entscheidung darauf, daß die A…-Gesellschaft nur Treuhänderin der Forderung gewesen sei und daß deshalb die an die Kläger abgetretene Forderung wirtschaftlich zum Vermögen des B… gehört habe. Diese Forderung sei daher wirksam durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zugunsten des Beklagten gepfändet worden und hätte auch aus dem Grunde an die Kläger nicht abgetreten werden können. Zu beiden Punkten lassen sich die Erwägungen des Berufungsgerichts rechtlich nicht halten.
1. Die den Klägern abgetretene Forderung beruht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auf einem zwischen der A…-GmbH und der Spar- und Darlehenskasse abgeschlossenen Girovertrag. Wer auf Grund dieses Vertragsverhältnisses Inhaber des Girokontos ist, kann zunächst dahingestellt bleiben. Der Girovertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag, durch den sich die Bank verpflichtet, für den Girokunden Zahlungen entgegenzunehmen und auf Grund der von ihm ausgestellten Schecks solche zu leisten oder Überweisungen auf andere Girokonten bei der kontoführenden oder einer anderen Bank auszuführen oder dem Konto überwiesene Beträge gutzuschreiben (§ 675 BGB). Aus dem Inhalt des Girovertrags wird gefolgert, daß der Girokunde über diese nur in der genannten Weise verfügen, also die aus dem Guthaben erwachsene Forderung nicht nach § 398 BGB abtreten kann (RGRK HGB Anh. zu § 363 Bem. 3; Baumbach-Duden HGB 1951 Anh. zu § 365 Anm. 1 C). In dieser Allgemeinheit wird diese Ansicht in der Praxis der Banken nicht anerkannt und durchgeführt. In den für den Geschäftsverkehr der privaten Banken geltenden besonderen Geschäftsbedingungen für Anderkonten der Rechtsanwälte, Notare und Treuhänder in der Fassung Juli 1949 (abgedruckt bei Trost, Bankgeschäftliches Formularbuch 13. Ausgabe 1952) – auf sie wird noch in anderem Zusammenhang zurückzukommen sein – wird die Abtretbarkeit an bestimmte Personenkategorien anerkannt.
Es kann auch dahinstehen, ob die Bedenken der Revision durchgreifen, daß in den Fällen, in denen das Girokonto ein Kontokorrentkonto ist – das dürfte in der Regel zutreffen – dem Girokunden das Recht zustehen muß, über die Saldoforderung durch Abtretung zu verfügen. Der Ausschluß der Abtretbarkeit mit den sich aus § 399 BGB ergebenden Folgen kann doch nur Bestand haben, solange das Giroverhältnis besteht. Ist es durch Vereinbarung oder auf eine sonstige Weise beendet, dann ist kein Grund ersichtlich, warum der Girokunde der Bank über das sich beim Abschluß ergebende Guthaben zu seinen Gunsten nicht auch durch Abtretung sollte verfügen können. Ein solcher Fall liegt hier vor. Das Konto war im Zusammenhang mit dem zwischen der A…-Gesellschaft und dem Bäckermeister B… abgeschlossenen Vertrag begründet worden. Dieses Vertragsverhältnis war beendigt, an Stelle der Gesellschaft hatten die Kläger es übernommen, die Vermögensverhältnisse des B… zu sanieren. Um ihnen das zu ermöglichen, mußten sie auch über das Konto bei der Spar- und Darlehenskasse bzw. die darauf eingezahlten Gelder verfügen können. Diesem Zweck diente die Abtretung durch die Gesellschaft, die gehalten war, entweder die Forderung an B… oder an einen von ihm bestimmten Dritten, d.h. hier die Kläger, abzutreten. Die Abtretung und die von ihnen nach dem Sachverhalt vorgenommene Anzeige an die Bank hiervon ließen die Kasse erkennen, daß das Giroverhältnis mit der Gesellschaft sein Ende gefunden habe. Damit war die Gesellschaft auch berechtigt und sogar verpflichtet, das Konto an die neuen Treuhänder abzutreten. Die Abtretung war demnach wirksam. Die Spar- und Darlehenskasse hat auch der Abtretung als solcher nicht widersprochen. Sie hat vielmehr den geschuldeten Betrag zugunsten des Gläubigers der Forderung hinterlegt. Damit hat sie die Abtretung genehmigt, so daß diese rückwirkend gültig geworden wäre, selbst wenn man annehmen wollte, daß die Abtretung ursprünglich als mit dem Wesen des Girovertrags unvereinbar nach § 399 BGB unwirksam gewesen wäre.
2. Es kommt deshalb darauf an, ab die aus dem Treuhandkonto Josef B… erwachsene Forderung auf Auszahlung des Guthabens von 1.100,– DM von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts in Duderstadt vom 6. Februar 1952, der mit der Zustellung an die Drittschuldnerin wirksam geworden ist (§ 829 ZPO), erfaßt wurde. Ist dies zu bejahen, dann wäre die am 16. Februar 1952 ausgesprochene Abtretung an die Kläger dem Pfändungsgläubiger gegenüber unwirksam; dieser würde zur Empfangnahme des hinterlegten Betrages berechtigt sein (§§ 372 ff. BGB). Diese Frage ist abweichend vom Berufungsurteil zu verneinen.
a) Der Berufungsrichter führt zunächst aus, das Landgericht habe zutreffend ein Treuhandverhältnis zwischen B… und der A…-Gesellschaft mbH angenommen, in dessen Rahmen sie auch das Girokonto bei der Spar- und Darlehenskasse errichtet worden. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die A…-Gesellschaft die Rechte aus dem Guthaben des Girokontos zu eigenem Recht erworben habe. Diese Rechte habe sie im eigenen Namen, jedoch nicht im eigenen Interesse ausüben sollen. Das Kontoguthaben habe in gleicher Weise den Interessen B…s, seiner Altgläubiger und vorzugsweise denen seines neuen Gläubigers dienen sollen. Es liege eine sog. uneigennützige Verwaltungstreuhand vor. Eigennützige Interessen der A…-Gesellschaft seien nicht zu erkennen. Ihr Interesse an einer Provision allein rechtfertige es nicht, eine eigennützige Treuhand anzunehmen.
Insoweit begegnen die Erwägungen des Berufungsurteils durchgreifenden rechtlichen Bedenken nicht. Es unterliegt zunächst keinem Zweifel, daß Rechte, die der A…-Gesellschaft auf Grund des Girovertrages etwa zustanden, ihr nicht in eigenem Interesse eingeräumt waren. Daß diese Rechte ihr auch als Sicherung für ihre etwaigen Provisionsforderungen gegen B… gewährt waren, ist nicht behauptet. Schon aus diesem Grund entfällt die rechtliche Möglichkeit, sie auch nur teilweise als eigennützige Treuhänderin anzusehen wie den Inhaber des Sicherungseigentums einer zur Sicherheit für eine Forderung übereignete Sache. Zweifelhaft könnte sein, wer gegenüber der A…-Gesellschaft als „Treuhänderin” Treugeber war, ob B… allein oder auch seine Gläubiger oder ein bestimmter Teil von ihnen, wie etwa die Inhaber der Mühle Gustav D…. Wie die weiteren Ausführungen ergeben werden, kann dies aber für die Entscheidung dieses Rechtsstreits dahinstehen.
Rechtlich unangreifbar ist auch die Feststellung des Berufungsrichters, die Ansprüche aus dem Girovertrag hätten der A…-Gesellschaft als Treuhänder zugestanden. Dieses Ergebnis, zu dem das Berufungsurteil gelangt, beruht vornehmlich auf der Auslegung des Schreibens vom 22. Dezember 1951, das zur Errichtung des Kontos führte. Diese Auslegung ist möglich und widerspricht weder den Denkgesetzen noch der Erfahrung. Daß dabei der Treuhänder Dritten gegenüber vollberechtigt sein soll, wird vielfach anzunehmen sein. Nur gegenüber dem Treugeber und seinen Gläubigern ist er dann in seinen Rechten beschränkt, sei es daß man mit der herrschenden Meinung von einem bei dem Treugeber verbliebenen wirtschaftlichen Eigentum spricht, sei es, daß man diese Beziehung rechtlich anders konstruiert, etwa wie es Wolff in seinem Sachenrecht 9. Bearbeitung § 88 V tut. Er nimmt an, das Eigentum an einer Sache könne mehreren in der Art zustehen, daß der eine von ihnen als Volleigentümer – oder bei anderen Rechten als Vollberechtigter – erscheine, daß aber der eine als alleiniger Eigentümer (Berechtigter) gegenüber einer gewissen Person, der andere als Alleineigentümer (Alleinberechtigter) gegenüber allen anderen erscheine. Ein derartiges relativ unwirksames Eigentum könne auch vertraglich im Falle der sog. fiduziarischen Übereignung geschaffen werden. Eine solche Gestaltung des Treuhandverhältnisses ist aber nicht notwendig. Die an der Begründung des „Treuhandverhältnisses” Beteiligten können sich allerdings auch darauf beschränken, dem Treuhänder nur eine Verfügungsermächtigung einzuräumen, ohne daß das Treuhandvermögen und die dazu gehörigen Rechte aus dem Vermögen des „Treugebers” ausscheiden. Die Zulässigkeit einer solchen Regelung, die den Treuhänder auch Dritten gegenüber nicht zum Alleinberechtigten macht, ist nicht zu bezweifeln. Ihre gesetzliche Grundlage findet eine solche Vereinbarung in § 185 BGB. Siebert hat in seiner Abhandlung „Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis” auf diese Möglichkeit bei der Gestaltung der Treuhand hingewiesen (Seite 294 ff. und besonders für das Treuhandgirokonto Seite 340 ff.). Beide Möglichkeiten der rechtlichen Gestaltung des Treuhandverhältnisses sind nunmehr auch in § 92 IV und V der VerglO vom 26. Februar 1935 als zulässig anerkannt. Ob die eine oder die andere Regelung gilt, ist unter Berücksichtigung der getroffenen Abreden und der Umstände des einzelnen Falles zu ermitteln. Daß im vorliegenden Fall der A…-Gesellschaft mbH die Ansprüche aus dem Giroguthaben zu vollem Recht zustehen sollten, ergibt sich aus folgendem.
b) Die Errichtung von sogenannten Treuhand- oder Anderkonten, bei denen die Rechte auf das Guthaben dem Girokunden nach außen hin ersichtlich nur „treuhänderische” – dieses Wort hier zunächst nicht im rechtlichen, sondern wirtschaftlichen Sinn verstanden – sein sollten, ist erstmals im Jahre 1931 auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Berliner Anwaltschaft und Berliner Banken erfolgt. Für diese Giroverträge wurden, wie bereits oben erwähnt, besondere Geschäftsbedingungen von den Banken erlassen. In diesen war zunächst vorgesehen, daß nur Rechtsanwälte und Notare solche Anderkonten errichten konnten, doch wurde damals schon die Ausdehnung solcher Giroverträge auch auf andere Wirtschaftsgruppen empfohlen (vgl. Opitz BankArch XXXI Jahrgang 1931/1932 S. 35 f.). In der Tat wurden auch die Treuhänder, d.h. ganz bestimmt bezeichnete Gruppen von Wirtschaftsprüfern – die Aufbau-Gesellschaft wird dadurch nicht erfaßt – ebenfalls zur Errichtung von Anderkonten zugelassen (1942). Diese Geschäftsbedingungen waren und sind in der seit Juli 1949 geltenden Fassung maßgebend, jedoch nur für den Geschäftsverkehr der Privatbanken und Privatbankiers, sie gelten nicht für den mit den öffentlich-rechtlichen organisierten Bankinstituten – diese haben gleichlautende Geschäftsbedingungen herausgegeben – und den mit den Genossenschaftsbanken und den ihnen angeschlossenen Instituten (Kreditgenossenschaften), vgl. Trost a.a.O. Seite 57 f..
In allen Geschäftsbedingungen für diese sogenannten Anderkonten findet sich folgende oder eine ihr ähnliche Bestimmung: „Die Bank nimmt keine Kenntnis davon, daß bei einem Anderkonto Rechte gegen den Kontoinhaber geltend gemacht werden können. Rechte Dritter auf Leistung aus einem Anderkonto bestehen gegenüber der Bank nicht.” Es besteht Übereinstimmung im Schrifttum darüber, daß bei einer derartigen Fassung des Anderkontengirovertrags der Girokunde gegenüber der Bank Vollberechtigter und nicht nur Verfügungsberechtigter ist und daß der Girovertrag auch kein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) ist, d.h. hier zugunsten des „Treugebers” (Littmann, Das Bankguthaben S. 61; Aengenheister in JW 1934, 3247; und Grunsfeld in BankArch XXXIII, 455 f.). Wie Aengenheister a.a.O. ausgeführt, bestanden gegen die Aufnahme dieser Bestimmung und ihre Fassung Bedenken. Trotzdem haben die Bankenverbände eine anderweitige Regelung, die auch dem Auftraggeber gewisse Rechte einräumt, für untragbar erklärt und zur Begründung angeführt, daß den Banken anderenfalls umständliche und gefahrdrohende Legitimationsschwierigkeiten erwachsen könnten; auch würden sie in Streitigkeiten hineingezogen, denen sie sich nur durch Hinterlegung entziehen könnten, ein Ausweg, den die Banken nicht gerne wollten, weil niemanden damit gedient sei. Diese Ausführungen zeigen, daß bei den besonderen Geschäftsbedingungen absichtlich mit Rücksicht auf die Belange des Geschäftsverkehrs mit den Banken und die Interessen der letzteren bei Treuhand- oder Anderkonten dem Beauftragten (Treuhänder) gegenüber der Bank nicht die Stellung eines bloßen Ermächtigten oder Bevollmächtigten seines Auftraggebers, sondern eines Vollberechtigten (Fiduziars) eingeräumt wurde.
Die gleichen Erwägungen lassen es angebracht erscheinen, auch andere Treuhandgiro(Ander-)kontenverträge mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für eine andere Auslegung im gleichen Sinne zu verstehen, auch wenn die allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie hier, dem Geschäft nicht zugrunde liegen. Spricht schon dieser Umstand dafür, den zwischen der Spar- und Darlehenskasse und der A…-Gesellschaft abgeschlossenen Girovertrag in dem gleichen Sinne auszulegen wie die mit den Privatbanken abgeschlossenen, so kommt im vorliegenden Fall noch ein besonderer Grund hinzu, der diese Auslegung notwendig macht. Im Schrifttum ist allgemein anerkannt, daß der treuhänderisch Beauftragte, dem nicht das Vollrecht übertragen, sondern nur eine Verfügungsermächtigung eingeräumt wird, den Auftraggeber nicht von der Verfügung über das zu seinem Vermögen gehörige Recht ausschließen kann. Es besteht eine konkurrierende Rechtszuständigkeit des Auftraggebers (Siebert a.a.O. Seite 306), die bei der Einräumung des Vollrechts ausgeschlossen ist. Übernimmt es der Auftraggeber, sich jeder Verfügung über das Recht zu enthalten, so kommt dem nur schuldrechtliche Bedeutung zu, § 137 BGB (so auch Aengenheister, Das Treuhandkonto, Bonner rechtswissenschaftliche Abhandlungen Heft 27 Seite 22). Gerade diese Möglichkeit sollte aber nach dem Willen der A…-Gesellschaft, wie er in dem Schreiben vom 22. Dezember 1951 deutlich zum Ausdruck gekommen ist, ausgeschlossen werden. Für das Konto sollte der Geschäftsführer F… der A…-GmbH allein verfügungsberechtigt sein. Dies war aber nur möglich, wenn die an dem Girovertrag Beteiligten den Willen hatten, die Rechte aus dem Girokonto lediglich in der Person der A…-Gesellschaft zu begründen. Da der Bezeichnung des Kontos demgegenüber eine ausschlaggebende Bedeutung nicht beigemessen werden kann und der sonstige Inhalt des Schreibens nichts enthält, was gegen eine derartige Absicht der Vertragsparteien spricht, ist jenes so zu verstehen, daß der Spar- und Darlehenskasse gegenüber die Gesellschaft alleinberechtigt sein sollte, daß sie in der Ausübung der ihr zukommenden Rechte nur gegenüber dem Auftraggeber B… gebunden war. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die A…-GmbH habe die Rechte aus dem Guthaben des Girokontos zu eigenem Recht erworben, ist daher zu billigen.
c) Seine weiteren Darlegungen erhalten jedoch zum Teil entscheidungserhebliche Rechtsfehler. Das Berufungsurteil führt nun weiter aus, für die Pfändung der Rechte aus dem Girokonto komme es darauf an, wem sie wirtschaftliche zustünden. Bei der uneigennützigen Treuhand, wie sie hier vorliege, sei der wirtschaftlich Berechtigte der Treugeber. Das bedeute vorliegend, daß das Giroguthaben noch zum Vermögen B… gehöre und von seinen Gläubigern wirksam gepfändet werden könne. Das Berufungsgericht verneint dabei, daß es sich um eine Treuhand auch zugunsten der Gläubiger B…s handele (sog. Doppeltreuhand).
Es kann für die hier zu entscheidende Frage, ob die Giroforderung von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 6. Februar 1952 erfaßt worden ist, dahinstehen, ob die Kläger nur Treuhänder B…s sind. Das kann unterstellt werden. Denn selbst wenn man hiervon ausgeht, kann der Auffassung des Berufungsrichters nicht zugestimmt werden, daß die Gläubiger B…s im Wege der Zwangsvollstreckung auf Grund eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels unmittelbar auf diese Forderung greifen könnten.
Den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zwangsvollstreckung, insbesondere auch der des § 771 ZPO, liegt der nicht ausdrücklich ausgesprochene Satz zugrunde, daß der Gegenstand der Zwangsvollstreckung nur das Vermögen des sich aus dem Titel ergebenden Vollstreckungsschuldners ist (Urteil des Senats vom 1. Juni 1953 IV ZR 196/52; Rosenberg ZPO 5. Aufl. § 172 II 3; Lent, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht 3. Aufl. § 13 I). Von diesem Satz ist auch auszugehen, wenn es sich um die Vollstreckung in Rechte handelt, die zu einem Treuhandvermögen gehören. Zur Vollstreckung bedarf es eines vollstreckbaren Titels, in dem der Treuhänder als Vollstreckungsschuldner bezeichnet ist.
Es ist nun zwar richtig, daß in der Rechtsprechung unter Billigung der weitaus vorherrschenden Meinung in der Rechtslehre dem Treugeber eine Widerspruchsklage nach § 771 ZPO zugebilligt wird, wenn ein Gläubiger des Treuhänders in ein Treuhandrecht vollstreckt. Die Zulässigkeit dieser Klage wird damit begründet, daß das in die Vollstreckung verstrickte Recht zwar formell und nach außen hin dem Treuhänder zustehe, daß aber wirtschaftlich der Treugeber der Berechtigte sei und daß im Verhältnis zu dem Treuhänder der Treugeber der Berechtigte sei, aus dessen Vermögen das Treugut nicht ausscheide. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, die Gläubiger des Treugebers könnten auf Grund eines von ihnen gegen den Treugeber erwirkten Titels unmittelbar in das Recht des Treuhänders vollstrecken. Nur eine scheinbare Ausnahme von dem oben erwähnten Grundsatz liegt vor, wenn es sich um die Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen des Treuhandvermögens handelt, die sich im Besitze des Treugebers befinden. Hier findet die Zwangsvollstreckung in Treugut auf Grund eines Titel gegen den Treugeber statt, der Treuhänder kann auch nicht nach § 771 ZPO der Vollstreckung widersprechen. Das beruht darauf, daß bei der in bewegliche Sachen betriebenen Zwangsvollstreckung der Beschlagnahme und Verwertung alle Sachen unterliegen, die sich im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners befinden, und daß eine Prüfung des Eigentums an den gepfändeten Sachen zunächst nicht stattfindet (§ 808 ZPO). Der uneigennützige Treuhänder kann auch wenigstens grundsätzlich Widerspruch im Wege der Klage nach § 771 ZPO nicht erheben. Denn ihm gegenüber gehört die beschlagnahmte Sache zum Vermögen des Treugebers und er muß dulden, daß dessen Gläubiger auf die in diese Gewahrsam befindlichen Sachen greifen, wenn der Vollstreckungstitel sich gegen den Treugeber richtet. Das liegt in der erwähnten Eigenart der Vollstreckung in das bewegliche Eigentum. Dritte sind an der Vollstreckungsmaßnahme nicht beteiligt.
Nicht dasselbe gilt, wenn in bewegliche Sachen des Treuhandvermögens vollstreckt wird, die sich im Besitz des Treuhänders befinden. Hier kann der Treuhänder einer gegen seinen Willen erfolgenden Vollstreckung im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO entgegentreten, wenn nur ein Titel gegen den Treugeber vorliegt. aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben wird. Anders verhält es sich aber erst recht bei anderen zum Treugut gehörigen Rechten gegen Dritte, insbesondere bei der Pfändung von Forderungen. Hier ist auf den oben erwähnten Grundsatz zurückzugreifen, daß dem Zugriff in der Zwangsvollstreckung nur das Vermögen des aus dem Titel ersichtlichen Vollstreckungsschuldners unterliegt. Das ist schon deshalb so, weil an der Vollstreckung nicht nur Vollstreckungsgläubiger und -schuldner, sondern auch ein Dritter beteiligt ist. Als solcher kommt bei der Pfändung einer Forderung der Drittschuldner in Frage; die Pfändung besteht gerade darin, daß ihm verboten wird, an den Schuldner zu zahlen (§ 829 Abs. 1 ZPO). Entsprechendes gilt bei anderen Rechten, die gegenüber einer dritten Person ausgeübt werden müssen (§ 857 Abs. 1 a.a.O.). Hier kann nicht daran vorbeigegangen werden, daß bei der treuhänderischen Rechtsbegründung das Eigentum und das Recht mit voller dinglicher Wirkung auf den Erwerber übergehen mit der Rechtsfolge, daß alle dinglichen Beziehungen des Eigentümers und des Inhabers des Rechts zu den Gegenständen des Treuhandvermögens gelöst werden, und daß die Verpflichtung des Treuhänders, nur in bestimmter Weise über das Treugut zu verfügen, lediglich schuldrechtlicher Art ist (§ 137 BGB), ebenso wie die Verpflichtung des Treuhänders, das Treugut nach Beendigung des Treuhandverhältnisses an den Treugeber gemäß §§ 667, 675 BGB zurückzugeben (RGZ 153, 366 [369]). Dem Dritten gegenüber, gegen den sich das Recht (die Forderung) richtet, ist nur der treuhänderisch Berechtigte legitimiert, nur er kann die Ansprüche aus dem Schuldverhältnis gegen den Schuldner geltend machen. Zum Treuhandgut gehörige Forderungen können daher nur auf Grund eines VolIstreckungstitel gegen den Treugeber nicht gepfändet werden. Dazu besteht auch kein Bedürfnis. Der Treugeber und seine Gläubiger sind dadurch nicht rechtlos. Ihrem Zugriff ist der gegenwärtige oder künftige Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder unterworfen. Drittschuldner dieses Anspruchs ist der Treuhänder. Dies entspricht auch der allgemeinen Ansicht, die in dem Schrifttum über Anderkonten zu der Frage der Pfändung fiduziarischer Guthabenforderungen der Kontoinhaber geäußert worden ist (Siebert a.a.O. S. 357; Aengenheister, Treuhandkonto, Seite 82 Note 152).
Die Forderung der Kläger ist durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 6. Februar 1952 nicht ergriffen worden, Der Beklagte hat kein Recht auf Einziehung des Guthabens bei der Spar- und Darlehenskasse H… erworben. Der hinterlegte Betrag ist daher den Klägern auszuzahlen. Das angefochtene Urteil muß deshalb aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt werden. Da diese Entscheidung nicht hinreichend deutlich erkennen läßt, daß nicht nur über die Klage, sondern auch über die in dem Antrag des Beklagten enthaltene Widerklage befunden ist, war es angebracht, dies zum Ausdruck zu bringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die der Spar- und Darlehenskasse in H… bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Prozeß erwachsenen Kosten treffen nunmehr nach § 75 Satz 1 ZPO ebenfalls den Beklagten.
Fundstellen
Haufe-Index 609382 |
DNotZ 1954, 185 |