Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmung in einem Schiedsvertrag, wonach der von einer Partei ernannte Schiedsrichter berechtigt sein soll, den Schiedsspruch allein zu fällen, wenn die andere Partei der Aufforderung nicht nachgekommen ist, innerhalb einer festgelegten Frist ebenfalls einen Schiedsrichter zu benennen, verstößt gegen das auch für Schiedsgerichte geltende Gebot überparteilicher Rechtspflege und ist daher unwirksam.
Normenkette
ZPO § 1041 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 16.01.1969) |
LG Hamburg (Urteil vom 10.07.1968) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Antragsgegnerin werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 16. Januar 1969 und das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts in Hamburg vom 10. Juli 1968 aufgehoben.
Der Antrag, den Schiedsspruch des Schiedsrichters Gerd R., E., vom 27. Juni 1967 für vollstreckbar zu erklären, wird zurückgewiesen.
Der Schiedsspruch wird aufgehoben.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Antragstellerin zu 1 3/4, die Antragstellern zu 2 1/4 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Antragstellerin zu 1) ist „disponent owner” des unter deutscher Flagge fahrenden Seeschiffes MTS „Ch.”, die Antragstellerin zu 2) ist Eignerin des Binnenschiffes MTS „A. IV”. Die Antragsgegnerin wollte im September 1966 Wein von Malta und Izmir nach Mainz oder Bingen einführen. Sie verhandelte deswegen am 22. August 1966 mit der Maklerfirma H. Ll. T. & Co., Schiffahrt, die die Frachtverträge zwischen den Parteien vermitteln sollte. Die Verhandlungen wurden teils telefonisch, teils über Fernschreiben geführt. Es ging in der Hauptsache um die Ankunft und die Liegetage des Seeschiffes in Malta und Izmir und um die Verwendung des Formularvertrages, der unter dem Godenamen „Londonform-Charter-Party” bekannt ist. Am Abend des 22. August 1966 bestätigte die Maklerin um 18.25 Uhr durch ein abschließendes Fernschreiben ausdrücklich den Vertragsschluß.
Die ihm zugrunde liegende, von der Maklerfirma für die Antragstellerinnen unterzeichnete „Tanker V. Charter Party” enthält in Nr. 18 eine Schiedsgerichtsklausel. Danach haben beide Vertragspartner je einen Schiedsrichter zu benennen, die – falls sie sich nicht einigen können – einen Dritten bestimmen, dessen Entscheidung endgültig sein soll. Kommt jedoch eine Partei der Aufforderung, ihren Schiedsrichter zu benennen, innerhalb von 21 Tagen nicht nach, soll der von der anderen Partei ernannte Schiedsrichter berechtigt sein, den Rechtsstreit mit bindender Wirkung gegenüber beiden Parteien allein zu entscheiden.
Der Frachtvertrag wurde in der Folgezeit nicht durchgeführt, da sich nach mehrfachen Bemühungen der Antragsgegnerin um eine Abänderung des Vertrages schließlich herausstellte, daß der zu befördernde Wein gar nicht einfuhrfähig war. Die Antragsgegnerin erklärte daraufhin mit Fernschreiben vom 31. August 1966, sie sei mit den in dem Vertrag enthaltenen Bedingungen nicht einverstanden, und ließ das ihr übersandte Exemplar der „Tanker V. Charter Party” ohne ihre Unterschrift zurückgehen.
Die Antragstellerinnen forderten von der Antragsgegnerin Schadensersatz für den Frachtausfall in Höhe von insgesamt 21.546 US-Dollar. Sie benannten Herrn Gerd R., E., als Schiedsrichter und forderten die Antragsgegnerin auf, ihrerseits ebenfalls einen Schiedsrichter zu ernennen. Dem kam: die Antragsgegnerin jedoch nicht nach.
Daraufhin nahm Schiedsrichter R. – der Schiedsgerichtsklausel in der „Tanker V. Charter Party” entsprechend – seine Tätigkeit als alleiniger Schiedsrichter auf und verurteilte nach mündlicher Verhandlung und Durchführung einer Beweisaufnahme die Antragsgegnerin, an die Antragstellerin zu 1) den DM-Gegenwert von 9.752,93 US-Dollar und an die Antragstellerin zu 2) den DM-Gegenwert von 3.675 US-Dollar nebst Zinsen zu zahlen.
Im vorliegenden Verfahren erstreben die Antragstellerinnen die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Die Antragsgegnerin hat um Zurückweisung des Antrags und Aufhebung des Schiedsspruchs gebeten. Sie nimmt den Standpunkt ein, zwischen ihr und den Antragstellerinnen sei mangels endgültiger, vorbehaltloser Einigung überhaupt kein Frachtvertrag und damit auch keine Schiedsgerichtsabrede zustande gekommene Auf jeden Fall verstoße die Schiedsgerichtsklausel gegen das Gesetz, da sie die Entscheidung des Falles durch einen einseitig nur von einer Partei ernannten Schiedsrichter ermögliche.
Landgericht und Oberlandesgericht (MDR 1969, 491) haben den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Antragstellerinnen bitten, verfolgt die Antragsgegnerin ihr bisheriges Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht beurteilt die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nach deutschem Rechte Dagegen wendet sich die Revision nicht. Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist auch nicht zu beanstanden. Wenn es dabei ersichtlich in erster Linie an den ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Parteiwillen anknüpft, so befindet es sich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zusammenfassend BGHZ 52, 239, 241 m.w.N.) und zwar auch, soweit der Schiedsvertrag in Frage steht (BGHZ 40, 320, 322).
Daß die Vereinbarung eines Gerichtsstandes einen starken Hinweis auf die von den Parteien gewählte sachliche Rechtsanwendung darstellt, hat der Bundesgerichtshof ebenfalls mehrfach entschieden (BGH NJW 1961, 1061; WM 1964, 1023; 1969, 1140). Schließlich haben die Parteien im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie jedenfalls den Schiedsvertrag nach deutschem Recht behandelt wissen wollen (BGHZ 40, 320, 324).
II.
Das Berufungsgericht behandelt das Fernschreiben der Maklerfirma vom 22. August 1966 18.25 Uhr, in dem der Vertragsschluß ausdrücklich „bestätigt” wurde, als kaufmännische Bestätigungsschreiben, das ein Kaufmann wie die Antragsgegnerin, nach den von der Rechtsprechung insoweit entwickelten Grundsätzen nicht hätte unwidersprochen lassen dürfen, wenn er dessen Inhalt nicht gegen sich habe gelten lassen wollen (BGHZ 7, 187; 11, 1; 18, 212; 40, 42; BGH NJW 1965, 965; 1966, 1070; 1970, 2021; LM Nr. 12 zu § 346 (Ea) HGB; WM 1970, 1314). Da die Antragsgegnerin das versäumt habe, seien die Bestimmungen der „Tanker Voyage Charter Party” einschließlich der darin enthaltenen Schiedsgerichtsabrede Vertragsinhalt geworden.
Die Frage, ob es zwischen den Parteien überhaupt zu einem wirksamen Vertragsschluß gekommen ist und welchen Inhalt dieser Vertrag hat, kann jedoch offen bleiben, da die Revision schon mit ihrem weiteren Einwand durchdringen muß, daß die Schiedsklausel, aufgrund deren der Schiedsspruch gefällt worden ist, gegen das Gesetz verstößt.
III.
1. Das Berufungsgericht hat gegen die in der „Tanker V. Charter Party” enthaltene Schiedsgerichtsabrede keine Bedenken, obgleich sie den Erlaß eines Schiedsspruches durch einen Schiedsrichter ermöglicht, der allein von einer Partei bestellt worden ist. Es meint, dies sei lediglich die Folge einer Vertragsverletzung der Antragsgegnerin, die damit, daß sie selbst keinen Schiedsrichter ernannt hat, eine ihr nach dem Vertrag in gleicher Weise wie den Antragstellerinnen gebotenen Gelegenheit, auf die Besetzung des Schiedsgerichts einzuwirken, nicht wahrgenommen habe. Wenn sie dadurch prozessuale Nachteile erleide, habe sie sich das – wie auch sonst bei nachlässiger oder schlechter Prozeßführung – selbst zuzuschreiben. Ein von einer Partei ernannter Schiedsrichter könne auch nicht von vornherein als parteilich angesehen werden, Sei er es doch, so stehe der Gegenpartei die Möglichkeit seiner Ablehnung offen.
2. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht beizutreten.
a) Die Frage, ob bzw. in welchem Umfang in einem Schiedsvertrag der einen Partei das Recht, alle Schiedsrichter zu ernennen, mindestens aber ein größerer Einfluß auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts eingeräumt werden darf als der anderen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene.
Es wird einmal die Auffassung vertreten, einer Partei dürfe nie die Benennung sämtlicher Schiedsrichter überlassen werden, auch nicht subsidiär für den Fall. daß die andere Partei von dem ihr an sich zugebilligten Recht, selbst einen Schiedsrichter zu wählen, keinen Gebrauch mache (KG JW 1931, 77, 78; OLG Neustadt NJW 1955, 635, 636; Kornblum, Probleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, 1968 S. 204 f, 230 ff, 243, 256; Baumbach-Schwab Schiedsgerichtsbarkeit (2.) S. 105, 106, 108; Habscheid NJW 1962, 5, 8 und KTS 1956, 154, 155 f; 1959, 117; Rosenberg-Schwab Zivilprozeßrecht (10.) § 175 II 3; Heimann-Trosien in Ehrengabe für Bruno Heusinger 1968 So 281 ff; Stein-Jonas (19.) Anm. I 3 d zu § 1032 ZPO; Baumbach-Lauterbach (30.) Anm. 1 B und Thomas-Putzo (4.) Anm. 3 je zu § 1028 ZPO).
Eine andere Meinung halt aus Gründen der Vertragsfreiheit eine Schiedsgerichtsvereinbarung mit einem nur subsidiär auszuübenden alleinigen Benennungsrecht der einen Partei für zulässig (RG JW 1934, 362; DR 1942, 186; Heyer-Cording, Die Vereinsstrafe, 1957, 127; Nikisch Zivilprozeßrecht (2.) § 144 I 3 b (S. 598); Rosenberg Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts (9.) § 166 III 2 c; Rolle MDR 1956, 261; Wieczorek, Anm. A I b 1 zu § 1028 ZPO).
Dagegen hatte das Reichsgericht verschiedentlich (vgl. zusammenfassend RGZ 137, 251, 255; und die bei Kornblum S. 199, 200 und Fußnote 11 ff erwähnten Autoren) sogar eine Regelung, wonach eine Partei von vornherein alle Schiedsrichter ernennen soll, als statthaft angesehene.
b) Der Senat hat sich zu der entscheidungserheblichen Rechtsfrage bisher noch nicht geäußert. Er folgt der erstgenannten, (zumindest im Schrifttum) wohl überwiegenden Meinung. Dabei hat die Besonderheit des vorliegenden Falles, daß bei der Säumnis der einen Partei mit der Schiedsrichterbenennung das Ernennungsrecht nicht auf die andere Partei übergeht, sondern der von dieser bereits ernannte Schiedsrichter allein entscheidet, keinen Einfluß auf die rechtliche Beurteilung., Denn es macht keinen wesensmäßigen Unterschied aus, ob nach Eintritt des Subsidiärfalles ein oder mehrere Schiedsrichter den Schiedsspruch zu fällen haben. Maßgeblich ist, daß jeweils alle – auch der verbleibende alleinige – Schiedsrichter von einer Partei berufen worden sind (ebenso RG LZ 1919, 803, 804, allerdings mit dem Ergebnis, daß das Reichsgericht auch gegen eine solche Regelung keine Bedenken hatte).
3. Die Klausel in der Tanker V. Charter Party, wonach der von der einen Partei benannte Schiedsrichter allein entscheiden kann, wenn es die andere Partei versäumt, innerhalb von drei Wochen ebenfalls einen Schiedsrichter zu ernennen, verstößt gegen das auch für Schiedsgerichte geltende Gebot überparteilicher Rechtspflege und ist daher nach § 134 BGB nichtig.
a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 19. Dezember 1968 (BGHZ 51, 255, 258) zum Ausdruck gebracht hat, übt ein Schiedsgericht Rechtsprechung aus, weshalb ausreichende Gewähr dafür gegeben sein muß, daß es unabhängig und unparteilich ist. Darin unterscheidet es sich dem Grundsatz nach von einem staatlichen Gericht nicht. Die Überparteilichkeit eines Gerichts wird aber nicht nur in Frage gestellt, wenn die ihm angehörenden Richter tatsächlich voreingenommen sind, sondern schon dann, wenn das Gericht für einen unbefangenen Betrachter den Eindruck erwecken muß, die eine Partei könnte gegenüber der anderen benachteiligt sein.
Dem trägt der Gesetzgeber beispielsweise bei den Ausschließungsgründen (§ 41 ZPO) in der Weise Rechnung, daß er allein die persönliche Beziehung, die ein Richter zur Streitsache oder zu den Parteien hat, genügen läßt, um ihn von der Ausübung des staatlichen Richteramts fernzuhalten, eben weil bereits der Anschein eines Verdachts der Parteilichkeit vermieden werden soll, der im Einzelfall unbegründet sein kann (vgl. hierzu Kornblum a.a.O. S. 122/123).
b) Ähnliches muß für das schiedsrichterliche Verfahren gelten. Hier erscheinen die angeschnittenen Fragen insofern noch in einem besonderen Licht, als die Parteien – anders als beim staatlichen Gericht – je nach dem Inhalt der getroffenen Schiedsabrede das Gericht, das über ihren Konfliktsfall befinden soll, überhaupt erst ins Leben rufen müssen, also selbst bestimmen können, wer ihre Richter sein sollen.
Diese Möglichkeit gehört nun allerdings zu den unbestreitbaren Vorteilen, die das schiedsgerichtliche Verfahren gegenüber dem Zivilprozeß an den staatlichen Gerichten bietet. Denn dadurch werden die Parteien in die Lage versetzt, nach ihrer Wahl Persönlichkeiten für die Entscheidung ihres Rechtsstreit zu gewinnen, die die ihrer Meinung nach erforderliche Sachkunde besitzen und die sonstigen menschlichen Voraussetzungen zur Schlichtung des aufgetretenen Streits erfüllen, die also von vornherein ihr volles Vertrauen besitzen. Gerade darin liegt aber auch, wie nicht verkannt werden darf, zugleich eine Gefahr für die Überparteilichkeit dieser von einer Partei bestellten Schiedsrichter. Denn vielfach werden die Parteien geneigt sein, einen Schiedsrichter zu benennen, von dem sie annehmen, daß. er den Rechtsstreit auch zu ihren Gunsten entscheiden wird.
Jedenfalls wird durch die einseitige Schiedsrichterbestellung eine persönliche Beziehung zwischen dem Schiedsrichter und der ihn ernennenden Partei geschaffen, die die Überparteilichkeit des zu bildenden Schiedsgerichts durchaus ernstlich in Frage stellen kann, aber nicht muß. Besteht nämlich ein entsprechendes Gegengewicht in Form eines von der anderen Partei oder von einem Dritten bzw. von einem staatlichen Gericht ernannten Schiedsrichters, dann kann sich die lediglich auf seine unmittelbare Wahl durch eine Partei zurückzuführende Beziehung des Schiedsrichters zu dieser Partei nicht in einem Maße auswirken, daß der Eindruck entstehen könnte, dem ganzen Schiedsgericht – auf das es dann allein ankommt – fehle die notwendige Überparteilichkeit.
Wird dagegen ein Schiedsgericht nur von einem oder mehreren ausschließlich von einer Partei bestellten Schiedsrichtern gebildet, ist nicht abzusehen, wie sich die aus einer einseitigen Schiedsrichternennung folgenden Gefahren für die Unvoreingenommenheit der tätig werdenden Schiedsrichter auswirkt, da insoweit jedes Korrektiv fehlt. Einem solchen Schiedsgericht wird die andere Partei mit verständlichem Befremden und Mißtrauen gegenüberstehen. Eine Regelung, die die Besetzung eines Schiedsgerichts mit allein von einer Partei ernannten Schiedsrichtern ermöglicht, ist jedenfalls nicht weniger geeignet, bei der anderen Partei – wie übrigens auch bei jedem unbeteiligten Dritten – den Eindruck hervorzurufen, daß sie benachteiligt wird, wie wenn in einem Streit mit einem Vereinsmitglied eine nicht dem Verein angehörende Person nur Schiedsrichter bestellen kann, die Mitglieder dieses Vereins sind. In diesem Falle hat der Senat die Unparteilichkeit des Schiedsgerichts nicht mehr als gewahrt angesehen (BGHZ 51, 255, 261/262).
c) Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob im Schiedsvertrag vorgesehen ist, daß der Rechtsstreit von vornherein nur von Schiedsrichtern entschieden werden soll, die eine Partei bestellt hat, oder ob das nur für den Fall gelten soll, daß die andere Partei ihrerseits keinen Schiedsrichter benennt. Der Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege stellt sich in dem einen wie im anderen Falle gleich dar. Denn für diese Frage ist es unmaßgeblich, welche einzelnen Möglichkeiten für die Besetzung des Schiedsgerichts bestehen, sondern entscheidend ist allein, wie das Schiedsgericht schließlich besetzt ist, wenn das Verfahren durchgeführt und der Schiedsspruch gefällt wird.
d) Deshalb ist es auch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich, daß im vorliegenden Falle der Erlaß des Schiedsspruchs allein durch den von den Antragstellerinnen ernannten Schiedsrichter letztlich auf eine Verletzung der vertraglichen Mitwirkungspflicht durch die Antragsgegnerin zurückzuführen ist, selbst einen Schiedsrichter zu wählen. Das vermag dem Schiedsgericht den Besetzungsmangel, der in dem Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege besteht, nicht zu nehmen. Mit einem so schwerwiegenden Mangel muß sich die Antragsgegnerin auch dann nicht abfinden, wenn sie die Möglichkeit hatte, ihn abzuwenden; er haftet dem Schiedsgericht schlechthin an.
e) Daß beiden Parteien nach dem Schiedsvertrag bei der Schiedsrichterwahl zunächst gleiche Chancen eingeräumt waren, hat – wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt – zunächst nur zur Folge, daß die Voraussetzungen des § 1025 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Ob das später tätig gewordene Schiedsgericht hinreichende Gewähr für seine Unparteilichkeit bot, hängt dagegen lediglich von seiner tatsächlichen Zusammensetzung ab. Wenn dabei eine Partei prozessual ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, ihren eigenen Willen zur Geltung zu bringen, nicht ausgeschöpft hat, so kann das sonstigen Versäumnissen innerhalb eines schlecht geführten Prozesses nicht gleichgesetzt werden, wie das Berufungsgericht meinte. Die Wahrung des Grundsatzes der Überparteilichkeit des Schiedsgerichts als eines unverzichtbaren Wesenszuges der Rechtsprechung, wie sie auch ein Schiedsgericht ausübt, darf nicht vom jeweiligen prozessualen Verhalten der Parteien abhängig gemacht werden.
4. Dem Berufungsgericht kann nicht zugegeben werden, daß eine straffe Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens die einzige sinnvolle Konsequenz darstelle, wenn eine Partei ihre Mitwirkungspflicht bei der Ernennung der Schiedsrichter verletze. Sehr viel sachgerechter erscheint, daß in einen solchen Falle die Partei, die das Schiedsgerichtsverfahren betreiben will, durch das zuständige staatliche Gericht (§ 1029 Abs. 2 ZPO) oder durch einen vorher bezeichneten Dritten einen Schiedsrichter für die säumige Partei bestellen läßt und damit von vornherein das Schiedsgericht vor den Makel der fehlenden Überparteilichkeit bewahrt. Die dadurch eintretende geringfügige Verfahrensverzögerung ist in Kauf zu nehmen. Im Internationalen Schiedswesen ist das durchaus übliche. So sind beispielsweise im Europäischen Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 (BGBl 1964 II 426) in Art. 4 nur durch Dritte vorzunehmende Ersatzhandlungen vorgesehen, bezeichnenderweise nicht aber solche der Parteien selbst.
5. Fehl geht schließlich auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Möglichkeit, einen etwa parteilichen Schiedsrichter nach § 1032 ZPO abzulehnen.
Beim Ablehnungsrecht ist an einzelne Schiedsrichter gedacht, die aus gerade in ihrer Person liegenden Gründen als befangen erscheinen (BGHZ 51, 255, 261). Hier dagegen ergibt sich die Besorgnis der Befangenheit ganz allgemein daraus, daß die Schiedsrichter, die zur Entscheidung allein befugt sind, nur von einer Partei ernannt worden sind, mögen sie auch darüber hinausgehende persönliche Ansatzpunkte für ihre etwaige Parteilichkeit gar nicht bieten. Da der Antragsgegnerin nach ihrer Säumnis kein Recht zur Schiedsrichterbenennung mehr zusteht, hätte eine erfolgreiche Ablehnung des hier allein tätig gewordenen Schiedsrichters nur zur Folge gehabt, daß die Antragstellerinnen erneut einen Schiedsrichter ihrer Wahl hätten bestellen dürfen (§ 1031 ZPO), auf den dieselben Voraussetzungen für eine Ablehnung zugetroffen hätten, wie auf den bereits abgelehnten.
Die Ablehnung der ausschließlich von einer Partei ernannten Schiedsrichter ist daher auch in Fällen der vorliegenden Art nicht der geeignete und sinnvolle Weg, den Bedenken gegen die Unparteilichkeit Rechnung zu tragen. Vielmehr sind – wie in der bereits mehrfach erwähnten vom Senat entschiedenen Sache (BGHZ 51, 255, 261) – die gegen die Unparteilichkeit sprechenden Erwägungen mit den nötigen Nachdruck nur zur Geltung zu bringen, wenn aus der Besetzung des Schiedsgerichts ein Aufhebungsgrund hergeleitet werden kann.
6. Ein solcher Aufhebungsgrund ist nach den bisherigen Darlegungen gegeben, da ein Schiedsvertrag, der – wenn auch nur subsidiär – die Entscheidung eines Rechtsstreits durch ausschließlich von einer Partei benannte Schiedsrichter ermöglicht, gegen das auch für Schiedsgerichte geltende Gebot überparteilicher Rechtspflege verstößt und deshalb nach § 134 BGB nichtig ist, wobei der objektive Verstoß genügt (BGHZ 51, 255, 262; 37, 363, 366).
Die Nichtigkeitsgründe betreffen an sich nur die Abrede über die Besetzung des Schiedsgerichts in dem in Betracht gezogenen – hier auch eingetretenen – Eventualfall. Ob daraus nach § 139 BGB folgt, daß die ganze Schiedsgerichtsvereinbarung nichtig ist, braucht jedoch nicht näher untersucht zu werden. Denn der Schiedsspruch des nur mit einem befangenen Richter besetzten Schiedsgerichts beruht jedenfalls auf einem unzulässigen Verfahren (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 ZPO; BGHZ 51, 255, 263).
IV.
Nach alledem müssen auf die Revision die Urteile des Land- und Oberlandesgerichts sowie der Schiedsspruch aufgehoben und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgewiesen werden (§§ 1042 Abs. 2, 1041 Abs. 1 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 100 ZPO.
Unterschriften
Glanzmann, Vogt, Finke, Schmidt, Girisch
Fundstellen
Haufe-Index 1502261 |
BGHZ |
BGHZ, 392 |
NJW 1971, 139 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1971, 231 |
MDR 1971, 124 |
ZZP 1971, 336 |
IPRspr. 1970, 131 |