Leitsatz (amtlich)
Die Teilkündigung eines Vertrages ist grundsätzlich unwirksam.
Zum Beginn der Verjährung eines Ersatzanspruchs gegen einen Rechtsanwalt wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Teilkündigung eines Vertrages.
Normenkette
BGB § 242; BRAO § 51
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 01.07.1991) |
LG Berlin |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Juli 1991 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von den beklagten, in einer Sozietät verbundenen Rechtsanwälten Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung.
Die Klägerin schloß mit der O. GmbH O. in K. (fortan: O.) am 1. Oktober 1985 einen Vertrag, durch den die Klägerin den ausschließlichen Vertrieb eines von der O. zu liefernden Kunststoffmaterials im Bereich der Orthopädie-Schuhtechnik übernahm. In diesem Vertrag heißt es u.a.:
8. Dieser Vertrag ist gültig ab 1. Oktober 1985.
Der Vertrag kann mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Jahresende, erstmals zum 31.12.1987, gekündigt werden.
9. Dem Vertrag liegt eine Mindestabnahme von monatlich 250 qm 6 mm-Platten oder eine entsprechende Aufteilung in anderen Plattenstärken und/oder Rohlingen zugrunde.
10. Sollte sich einer der Vertragspunkte ändern oder wegfallen, behalten die anderen Vertragspunkte ihre Gültigkeit.
11. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform.
Mit Schreiben vom 8. April 1986 warf die Klägerin der O. vor, das ausschließliche Vertriebsrecht in zwei Fällen verletzt zu haben. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
Entscheidend hierbei ist, daß wir durch diesen vertragswidrigen Zustand erheblich weniger O.-Material als geplant verkaufen und wir somit ab sofort nicht mehr bereit sind, die vertraglich garantierte Mindestabnahmemenge zu beziehen.
Wir erwarten von Ihnen:
- Eine schriftliche Zusicherung, daß der § 9 ab 01.04.86 aufgehoben und somit nicht mehr Vertragsbestandteil ist.
- Eine schriftliche Zusicherung, daß die von uns dargelegten Vertragsstörungen zutreffend sind und Sie ab sofort diese rückgängig machen.
Die OVA bestritt mit anwaltlichem Schreiben vom 10. April 1986 ein vertragswidriges Verhalten und bestand auf Vertragserfüllung durch die Klägerin.
Diese bekräftigte mit Schreiben an die O. vom 14. April 1986 den Vorwurf des Vertragsbruchs und teilte u.a. folgendes mit:
Daß für den Monat April 86 noch keine Bestellung aufgegeben wurde, ist richtig, da dies nach den Vorfällen, die wir am 08.04.86 in unserem Schreiben an die Fa. O. darlegten, einer Klärung bedurften und leider noch immer bedürfen.
Ob unter Berücksichtigung aller vorgenannten Umstände die Fa. O. einen Rechtsanspruch auf Schadensersatz wegen nicht erfolgter Mindestabnahmemengen hat, ist fraglich.
Der Beklagte zu 1) schrieb als Vertreter der Klägerin am 14. Mai 1986 der O. u.a. folgendes:
Unter Bezugnahme auf die beigefügte Vollmacht kündigen wir hiermit Ziffer 9 des vorgenannten Vertrages mit sofortiger Wirkung.
Anlaß für diese Kündigung sind die umfangreichen Vertragsstörungen Ihrerseits, die nicht mehr hingenommen werden können. Insoweit nehmen wir zunächst Bezug auf den bisherigen Schriftverkehr.
…
Sämtliche der in der Vorkorrespondenz sowie in diesem Schreiben genannten Vertragsstörungen machen deutlich, daß Ziffer 9 des Vertrages nicht aufrechterhalten werden kann. Stattdessen bietet unsere Mandantschaft an, daß zukünftig Bestellungen nach Bedarf vorgenommen werden. So wäre der gesamte Vertragszweck unter Berücksichtigung der von Ihnen zu verantwortenden Vertragsstörungen weiterhin gewährleistet.
Mit anwaltlichen Schreiben an die Beklagten vom 26. Mai 1986 und 5. Juni 1986 wies die O. die Kündigung zurück, bestand auf Erfüllung der Abnahmepflicht und schlug zur Vermeidung eines Rechtsstreits vor, ihr – der O. – ein eigenes Vertriebsrecht einzuräumen; in dem Schreiben vom 26. Mai 1986 heißt es u.a.:
Am Rande mache ich noch darauf aufmerksam, daß mein Mandant es sich vorbehält, ebenfalls den Vertrag zu kündigen, und zwar vollständig.
Grund für diese Kündigung ist, daß Ihre Mandantschaft entgegen Ziff. 9 die Mindestabnahme auch für die Vergangenheit bereits (Monate Januar bis Februar) nicht nachgekommen ist. Damit kann aber nach diesseitiger Ansicht Ihrer Mandantschaft auch nicht gedient sein, weil dadurch auch das Exclusivitätsrecht wegfällt.
Der Beklagte zu 1) antwortete mit Schreiben vom 10. Juni 1986, daß es bei der Kündigung der Nr. 9 des Vertrages bleiben müsse.
Die O. verlangte mit der am 22. Juli 1986 zugestellten Klage im Vorprozeß von der Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits die Vergütung von Warenlieferungen und eine Entschädigung wegen Verletzung der Mindestabnahmepflicht sowie die Feststellung, daß die Vertragspartnerin mit ihrer Bestellung im Verzuge ist. In ihrer Klageerwiderung vom 13. August 1986, der O. zugegangen am 18. September 1986, kündigte die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits, vertreten durch den Beklagten zu 1), „rein vorsorglich … nunmehr den gesamten Vertrag fristlos mit sofortiger Wirkung”. Diese Kündigung wurde wiederholt mit Schreiben vom 18. September 1986, das die O. am 19. September 1986 erhielt. Mit anwaltlichem Schreiben an die Klägerin vom 25. September 1986 kündigte die O. den Vertrag, weil die Klägerin ihre Mindestabnahmepflicht verletzt und versucht habe, sich anderweitig Material zu beschaffen.
Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits wurde im Vorprozeß durch das Landgericht verurteilt, an die O. 67.397,89 DM nebst Zinsen zu zahlen und sie von einer Verbindlichkeit in Höhe von 2.000 DM freizustellen. Nach Zustellung dieses Urteils erhob die Klägerin durch Schreiben des Rechtsanwalts Bohne vom 25. Januar 1988 an den Beklagten zu 1) Schadensersatzansprüche wegen falscher Rechtsberatung bezüglich der Kündigung des Vertrages mit der O.. Die Parteien des Vorprozesses schlössen am 29. September 1988 einen außergerichtlichen Vergleich, in dem sich die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits verpflichtete, an die OVA 114.907,21 DM zu zahlen sowie die Gerichtskosten des Vorprozesses zu tragen.
Mit der am 6. November 1989 eingereichten und am 27. November 1989 zugestellten Klage hat die Klägerin von den Beklagten Ersatz der Aufwendungen infolge des Vergleichs verlangt. Landgericht und Kammergericht haben der Klage den Erfolg versagt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ersatzforderung weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
A.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten als verjährt angesehen (§ 51 1. Fall BRAO) und dazu ausgeführt: Bei einer voreiligen Kündigung beginne die Verjährung bereits mit dem Kündigungsausspruch. Deswegen sei die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt worden, als das Schreiben des Beklagten zu 1) vom 14. Mai 1986 der O. spätestens am 19. Mai 1986 zugegangen sei. Die Teilkündigung habe die O. berechtigt, ihrerseits den Vertrag aus wichtigem Grunde zu kündigen und/oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Damit sei die Klägerin in eine ungünstige Rechtsposition geraten; es sei voraussehbar gewesen, daß sich hieraus Vermögensnachteile entwickeln würden. Die Rechtslage der Klägerin habe sich auch verschlechtert, weil sie mit ihrer Teilkündigung das Recht verloren habe, wegen der behaupteten Vertragsverstöße der OVA den gesamten Vertrag aufzulösen. Wenn – gemäß dem Klagevortrag – aufgrund einer Vereinbarung der Parteien (pactum de non petendo) die Verjährung vom 2. Mai 1988 bis zum Vergleichsschluß am 29. September 1988 gehemmt worden sei, so sei der Verjährungsfrist ein Zeitraum von 151 Tagen hinzuzurechnen. Dann sei die Verjährung am 17. Oktober 1989 – vor Einreichung der Klage – eingetreten. Ein Sekundäranspruch entfalle, weil die Klägerin bereits vor der Verjährung in der Regreßfrage anwaltlich beraten gewesen sei.
II.
Diese Erwägungen zur Verjährung des Klageanspruchs halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, der Beklagte zu 1) habe ihr zur Teilkündigung ihres Vertrages mit der O. geraten, obwohl eine solche Maßnahme unzulässig sei. Dadurch hätten die Beklagten veranlaßt, daß sie – die Klägerin – ihre Mindestabnahmepflicht nicht eingehalten habe und ihre Vertragspartnerin Klage erhoben sowie das gesamte Vertragsverhältnis gekündigt habe. Hieraus sei der geltend gemachte Schaden entstanden.
Ausgehend von diesem Klagevortrag, dessen Richtigkeit im Revisionsverfahren zu unterstellen ist, weil andere tatsächliche Feststellungen fehlen, ist eine Ersatzforderung wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages nicht gemäß § 51 1. Fall BRAO verjährt.
Nach dieser Vorschrift beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit der Entstehung des Ersatzanspruchs.
Ein Schaden ist eingetreten, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen infolge des schädigenden Ereignisses objektiv verschlechtert hat (BGH, Urt. v. 11. Juli 1967 – VI ZR 41/66, VersR 1967, 979; v. 21. Dezember 1989 – IX ZR 234/88, WM 1990, 695, 699; v. 1. Februar 1990 – IX ZR 82/89, WM 1990, 815, 816). Das ist dann anzunehmen, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können, ferner wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Vermögenseinbuße eingetreten ist, ohne daß feststehen muß, ob sie bestehenbleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGHZ 100, 228, 231 f; 114, 150, 152 f; Senatsurt. v. 2. Juli 1992 – IX ZR 268/91, WM 1992, 1738, 1739, z.V.b. in BGHZ, und v. 9. Juli 1992 – IX ZR 50/91, NJW 1992, 2828, 2829). In diesen Fällen kann und muß der Ablauf der Verjährungsfrist durch eine Klage auf Feststellung der Pflicht, den entstandenen, noch nicht bezifferbaren und den noch entstehenden Schaden zu ersetzen, unterbrochen werden; Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht. Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so daß eine Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt wird (BGHZ 100, 228, 232). Der aus einem bestimmten Ereignis erwachsene Schaden ist als ein einheitliches Ganzes aufzufassen, so daß für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller voraussehbaren Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist läuft (vgl. BGHZ 50, 21, 23 f; 100, 228, 232; 114, 150, 155).
1. Danach wurde ein Schaden der Klägerin noch nicht ausgelöst, als ihre – im Schreiben des Beklagten zu 1) vom 14. Mai 1986 ausgesprochene – Teilkündigung betreffend die Mindestabnahmepflicht gemäß § 9 des Vertrages der O. zuging und die Klägerin die Mindestmengen nicht mehr abnahm.
a) Dadurch geriet die Klägerin noch nicht in eine so ungünstige Rechtslage, daß von einer Verschlechterung ihres Vermögensstandes gesprochen werden könnte. Die Reaktion der O., die unter mehreren Möglichkeiten wählen konnte, war offen. Sie konnte, wie es mit ihren Schreiben an die Beklagten vom 26. Mai 1986 und 5. Juni 1986 geschah, die Kündigung zurückweisen und auf Vertragserfüllung bestehen; in diesem Falle erlitt die Klägerin infolge der Teilkündigung keinen Nachteil. Daran ändert nichts die Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe durch die Teilkündigung ein eigenes Recht verloren, den gesamten Vertrag wegen der behaupteten Vertragsverstöße der O. zu kündigen. Es kann dahinstehen, ob diese Ansicht richtig ist. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, sie habe damals den gesamten Vertrag kündigen wollen; vielmehr hat sie vorgebracht, bei richtiger Beratung hätte sie den Vertrag einschließlich der Mindestabnahmepflicht erfüllt (GA I 12, 126). Danach ist ihr bei wertender Betrachtung kein Schaden entstanden, wenn sie ein Recht zur Kündigung des Gesamtvertrages verloren haben sollte.
Weiterhin konnte die O. das Schreiben der Klägerin als Angebot einer einvernehmlichen Vertragsänderung gemäß Nr. 10 des Vertrages werten und dem gewünschten Wegfall der Mindestabnahmepflicht zustimmen; in diesem Falle entstand der Klägerin aus ihrer Teilkündigung des Vertrages ebenfalls kein Schaden, sondern der erstrebte Vorteil.
Frühestens und nur dann, wenn die O. wegen der Teilkündigung gegen die Klägerin Rechte geltend machte, die sie ohne dieses Vorgehen der Klägerin nicht gehabt hätte, konnte die Klägerin eine Vermögenseinbuße erleiden. Bis dahin bestand nur das Risiko, daß aus dem behaupteten Beratungsfehler des Beklagten zu 1) ein Schaden entstehen könnte. Diese Möglichkeit verschlechterte die Vermögenslage der Klägerin noch nicht, so daß dahinstehen kann, ob damals mit einem entsprechenden Entschluß der O. zu rechnen war. Deswegen hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch noch keinen Anlaß, auf Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten aus dem – damals gerade geschlossenen – Anwaltsvertrag zu klagen.
b) Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts wird nicht gestützt durch die Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 1985 (VI ZR 144/83, NJW 1985, 1151 = VersR 1985, 661), auf die es sich beruft. Jener Fall lag anders als der vorliegende. Während es hier um die Teilkündigung eines Vertrages geht, hatte dort ein Rechtsanwalt, der von Bauherren beauftragt worden war, ihre Interessen wegen mangelhafter Dachdeckerarbeiten wahrzunehmen, den – gesamten – Vertrag mit dem Dachdecker gekündigt, ohne ihm zuvor – gemäß § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 der zum Vertragsinhalt gemachten VOB/B – eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt zu haben mit der Erklärung, daß ihm nach fruchtlosem Fristablauf der Auftrag entzogen werde. Der VI. Zivilsenat hat die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, der Anwalt habe seinen Auftraggebern einen Schaden zugefügt, indem er ihren Vertrag mit dem Dachdecker gekündigt habe, ohne daß dafür die rechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Dazu hat der VI. Zivilsenat – insoweit nicht abgedruckt in NJW 1985, 1151 f – ausgeführt, der Anwalt, der zur Sicherung und Durchsetzung der Rechte seiner Mandanten gegenüber dem Dachdecker verpflichtet gewesen sei, habe darauf achten müssen, daß, wenn es zu einer Kündigung des Vertrages kam, diese nur nach § 8 Nr. 3 VOB/B erfolgte, weil seine Mandanten nur dann berechtigt gewesen seien, den noch nicht erbrachten Teil der Leistung durch einen Dritten ausführen zu lassen und sich von dem Auftragnehmer den erforderlichen Mehraufwand ersetzen zu lassen (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. VOB/B), und außerdem ihre Ansprüche auf Ersatz eines weiteren Schadens bestehenblieben (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. VOB/B). Danach waren die genannten Vertragsrechte bereits unmittelbar durch die Kündigung des gesamten Vertrages verlorengegangen; darauf bezieht sich die weitere Ausführung in jenem Urteil (a.a.O. S. 1152), der Schaden sei schon mit der Absendung des Kündigungsschreibens entstanden, weil sich bereits dadurch die Vermögenslage der Auftraggeber verschlechtert habe. Das steht nicht im Gegensatz zur Bestimmung des Schadenseintritts im vorliegenden Falle. Anders als in jenem Falle, in dem schon die Kündigung des Gesamtvertrages zum Verlust von Vertragsrechten geführt hatte, hatte hier die Teilkündigung des Vertrages selbst noch keine Vermögenseinbuße des Kündigenden zur Folge; vielmehr hing diese von einer entsprechenden Entschließung des Vertragsgegners ab.
c) Auch die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, der Schaden sei möglicherweise schon entstanden, als der Beklagte zu 1) es unterlassen habe, das ihm vor Absendung vorgelegte Schreiben der Klägerin an die O. vom 14. April 1986 nach richtiger Beratung anzuhalten, greift nicht durch. Es war das gute Recht der Klägerin, die behaupteten Vertragsverstöße ihrer Vertragspartnerin zu rügen und mögliche Rückwirkungen auf die eigene Vertragstreue geltend zu machen. Der Beklagte zu 1) durfte sich auf die tatsächlichen Angaben der Klägerin verlassen (vgl. BGH, Urt. v. 15. Januar 1985 – VI ZR 65/83, NJW 1985, 1154, 1155) und hatte deswegen keinen Anlaß, der Absendung des Schreibens zu widersprechen. Von einem Schaden infolge dieses Schreibens kann schlechterdings schon deswegen keine Rede sein, weil die Klägerin, wie sie in diesem Schreiben unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, sich damals selbst noch nicht endgültig entschlossen hatte, ob und gegebenenfalls welche Rechte sie wegen der angeblichen Vertragsverletzungen der O. geltend machen wollte, sondern noch auf eine „Klärung” der Angelegenheit vertraute.
Daran ändert nichts das Schreiben der Klägerin an die O. vom 8. April 1986, das nach der Behauptung der Klägerin mit dem Beklagten zu 1) abgestimmt war. Darin hatte die Klägerin mitgeteilt, sie werde wegen der behaupteten Vertragsverstöße der O. nicht mehr ihre Pflicht zur Mindestabnahme erfüllen und erwarte eine schriftliche Zusicherung, daß § 9 des Vertrages aufgehoben sei. Das zielt auf eine einvernehmliche Vertragsänderung gemäß Nr. 10, 11 des Vertrages. Ein Beratungsfehler des Beklagten zu 1) ergibt sich daraus nicht.
2. Die O. hat Vertragsrechte, die sich aus der Teilkündigung ergaben, gegenüber der Klägerin noch nicht mit ihren Schreiben an die Beklagten vom 26. Mai 1986 und 5. Juni 1986 geltend gemacht. Darin hat sie auf einer Vertragserfüllung bestanden und eine Teiländerung des Vertrages angeboten; im Schreiben vom 26. Mai 1986 hat sie sich einen Vertragsrücktritt wegen Verletzung der Mindestabnahmepflicht „auch für die Vergangenheit” lediglich vorbehalten.
3. Vertragsrechte, die sich aus der Teilkündigung des Vertrages durch die Klägerin und der Nichtabnahme der vereinbarten Mindestmengen ergeben, hat die O. nach dem Klagevortrag frühestens geltend gemacht, indem sie ihre Klage im Vorprozeß der Klägerin am 22. Juli 1986 zustellen ließ.
Eine in diesem Zeitpunkt beginnende Verjährung eines Ersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagten verlängert sich um die 151 Tage, die das Berufungsgericht als verjährungshemmende Zeit zugunsten der Klägerin unterstellt hat und die deswegen in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen sind (§ 202 Abs. 1, § 205 BGB). Dann wurde die Verjährung durch die Klageerhebung im November 1989 rechtzeitig unterbrochen (§ 209 Abs. 1, § 217 BGB).
B.
Das angefochtene Urteil beruht daher auf einem Rechtsfehler. Es ist im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen richtig.
Der Klageanspruch gegen die Beklagten wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages durch den Beklagten zu 1) ist schlüssig dargelegt (§§ 427, 611, 675 BGB; vgl. BGHZ 56, 355, 359, 363). Die Verteidigung der Beklagten ist rechtserheblich, so daß noch tatsächliche Feststellungen erforderlich sind.
I.
1. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist von einer schuldhaften Vertragsverletzung durch den Beklagten zu 1) auszugehen.
Dazu hat die Klägerin unter Beweisantritt behauptet, ihr Vertriebsleiter Tosch habe vor Absendung ihres Schreibens an die O. vom 8. April 1986 den Beklagten zu 1) um Rechtsberatung gebeten. Dieser habe ihr erklärt, die in ihrem Schreiben geschilderten Vertragsverstöße der O. berechtigten zur fristlosen Kündigung der Mindestabnahmepflicht gemäß Nr. 9 des Vertrages. Er habe ihr zu einer entsprechenden Teilkündigung des Vertrages geraten, obwohl eine solche Kündigung unzulässig sei und – für die Beklagten erkennbar – ein Kündigungsgrund nicht vorgelegen habe. Auf die Gefahr, daß die O. ihrerseits wegen der Teilkündigung und der Nichtabnahme der Mindestmengen den gesamten Vertrag auflösen und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen könne, habe der Beklagte zu 1) nicht hingewiesen (GA 12, 4, 9, 11, 125, 226).
Danach hat der Beklagte zu 1) den Anwaltsvertrag mit der Klägerin fahrlässig verletzt.
Nach fester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurt. v. 6. Februar 1992 – IX ZR 95/91, WM 1992, 742, 743 m.w.N.) ist der um eine Beratung ersuchte Rechtsanwalt zu einer umfassenden und erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet, sofern dieser nicht eindeutig zu erkennen gibt, daß er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Der Anwalt muß den ihm vorgetragenen Sachverhalt darauf hin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel führen können, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlaß gibt, muß der Anwalt darlegen und mit seinem Mandanten erörtern. Eine solche Belehrung kann allenfalls dann entbehrlich sein, wenn der Anwalt erkennt, daß der Mandant die Risiken des Geschäfts oder der beabsichtigten rechtlichen Gestaltung kennt und er diese auch bei einer Belehrung auf sich nehmen würde (BGH, Urt. v. 11. Januar 1977 – VI ZR 261/75, NJW 1977, 2073, 2074).
Die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen umfassenden und erschöpfenden Rechtsrat des Beklagten zu 1) wegen der behaupteten Vertragsverletzungen der O. und wegen der Mindestabnahmepflicht gemäß Nr. 9 des Vertrages gesucht. Im Rahmen einer sachgerechten Beratung hätte der Beklagte zu 1) die Klägerin darüber aufklären müssen, daß sie wegen der damals behaupteten Verstöße gegen ihr ausschließliches Vertriebsrecht den gesamten Vertrag mit der O. aus wichtigem Grunde kündigen durfte, wenn die weitere Durchführung des auf Dauer angelegten Vertrages erheblich gefährdet und deswegen der Klägerin nicht mehr zuzumuten war (§ 242 BGB; vgl. BGHZ 41, 104, 108; BGH, Urt. v. 14. Juni 1972 – VIII ZR 153/71, DB 1972, 2054, 2055; v. 11. Februar 1981 – VIII ZR 312/79, NJW 1981, 1264, 1265; v. 2. Februar 1989 – IX ZR 182/87, NJW 1989, 1482, 1483), daß sie aber keinesfalls ein Recht zur Teilkündigung des Vertrages betreffend ihre Mindestabnahmepflicht hatte.
Eine Teilkündigung dient der einseitigen Änderung eines Vertrages gegen den Willen des Vertragspartners. Mit ihr will sich der Kündigende – unter Aufrechterhaltung des übrigen Vertrages – von Vertragspflichten lösen und dem anderen Teil die entsprechenden Vertragsrechte nehmen. Eine Teilkündigung aus wichtigem Grunde wird vielfach schon daran scheitern, daß für den Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages nicht unzumutbar ist, wenn er sich vom Vertrage nur teilweise lösen will (vgl. RGZ 150, 321, 322; BGH, Urt. v. 28. April 1972 – VIII ZR 116/70, LM BGB § 242-Bc- Nr. 21). Jedenfalls ist eine Teilkündigung, sofern sie nicht im Vertrage vorbehalten wurde, nach Treu und Glauben grundsätzlich unwirksam (BGH, Urt. v. 28. April 1972 – VIII ZR 116/70 a.a.O.; BAG BB 1983, 1791). Sie nimmt keine Rücksicht darauf, daß Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Gesamtvertrag in der Regel in innerer Beziehung stehen. Durch die Teilkündigung will sich ein Vertragspartner seiner lästigen Vertragspflicht entledigen, jedoch die andere Partei an ihren Verbindlichkeiten vollständig festhalten und selbst die sich daraus ergebenden Rechte bewahren. Eine solche einseitige, nachträgliche Änderung des Vertrages zu Lasten des Vertragspartners ist regelmäßig nach Treu und Glauben nicht gerechtfertigt.
Das galt auch im vorliegenden Falle. Eine Teilkündigung war der Klägerin nicht vorbehalten worden in Nr. 10, 11 des Vertrages, die sich nur auf einverständliche Vertragsänderungen beziehen. Offensichtlich und unstreitig war die Mindestabnahmepflicht der Klägerin gemäß Nr. 9 des Vertrages das Gegenstück zu dem ihr in Nr. 1 des Vertrages eingeräumten ausschließlichen Vertriebsrecht. Die Klägerin konnte sich nicht selbst einseitig von ihrer entsprechenden Hauptpflicht befreien und dennoch die O. an deren Hauptverbindlichkeit festhalten. Wegen der damals behaupteten Vertragsverletzungen der O. konnte die Klägerin allenfalls den Vertrag insgesamt auflösen oder, wenn sie den Vertrag aufrechterhalten wollte, die sich daraus ergebenden Rechte geltend machen.
Über diese Rechtslage hätte der Beklagte zu 1) die Klägerin aufklären müssen. Er hatte sie auch auf die naheliegende Gefahr hinzuweisen, daß die O. eine Teilkündigung als Vertragsverletzung werten und deswegen selbst den Vertrag aus wichtigem Grunde kündigen und/oder Vertragsrechte – insbesondere aus der Mindestabnahmepflicht der Klägerin – mit Aussicht auf Erfolg geltend machen könnte. Nur aufgrund einer solchen pflichtgemäßen Beratung konnte die Klägerin eigenverantwortlich über ihr weiteres Vorgehen entscheiden. Diese Belehrung hat der Beklagte zu 1) – ausgehend vom Klagevortrag – fahrlässig unterlassen (§ 276 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 14. Januar 1975 – VI ZR 102/74, VersR 1975, 425, 426; v. 31. Oktober 1985 – IX ZR 175/84, WM 1986, 199, 202 f).
2. Da die Beklagten den behaupteten Beratungsfehler bestritten und behauptet haben, sie hätten die Klägerin auf das Risiko hingewiesen, daß eine unberechtigte Teilkündigung die Vertragspartnerin zur Kündigung des Gesamtvertrages veranlassen könne (GA I 75), bedarf es insoweit einer Beweisaufnahme, falls die – noch zu erörternde – Verjährungshemmung erwiesen werden sollte.
II.
1. Die beweispflichtige Klägerin hat auch den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem behaupteten Beratungsfehler und zumindest einem Teil des geltend gemachten Schadens schlüssig dargelegt.
Dazu hat sie unter Beweisantritt behauptet, ihre Teilkündigung des Vertrages habe die O. zur Klageerhebung im Vorprozeß und zur Vertragskündigung veranlaßt. Daraus sei der eingeklagte Schaden entstanden. Bei richtiger Beratung hätte sie – die Klägerin – den Vertrag einschließlich der Mindestabnahmepflicht erfüllt und das von der O. bezogene Material zum Selbstkostenpreis ohne Verlust veräußert (GA I 2 f, 9, 12, 126, 226).
Der ersatzpflichtige Rechtsanwalt hat seinen Auftraggeber bei der Ersatzleistung so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts stünde. Es ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei vertragsgerechtem Vorgehen des Anwalts genommen hätten und wie die Vermögenslage des Mandanten sein würde, wenn der Anwalt pflichtgemäß gehandelt hätte. Darüber hat der Tatrichter nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden (Senatsurt. v. 17. März 1988 – IX ZR 43/87, NJW 1988, 2880, 2881, und v. 28. Juni 1990 – IX ZR 209/89, WM 1990, 1917, 1919). Zugunsten der Klägerin gilt die tatsächliche Vermutung, daß derjenige, der einen anderen wegen seiner besonderen Sachkunde um Rat fragt, sich beratungsgemäß verhalten hätte (vgl. Senatsurt. v. 6. Februar 1992 – IX ZR 95/91 a.a.O.).
Danach ist das Vorbringen der Klägerin schlüssig dafür, daß der behauptete Beratungsfehler zumindest einen Teil ihrer geltend gemachten Aufwendungen aus dem Vorprozeß herbeigeführt hat. Es wird im einzelnen zu prüfen sein, inwieweit die Klageforderungen im Vorprozeß und damit die Vergleichsansprüche der O. auf Vertragsrechte gestützt wurden, die von der Teilkündigung unabhängig waren, und inwieweit das nicht der Fall war. Dabei wird sich auch die Frage stellen, welchen Einfluß es auf den Ursachenverlauf, die Klageansprüche im Vorprozeß und die Vergleichsforderungen der O. gehabt hat, daß der gesamte Vertrag im September 1986 von der Klägerin und danach von der O. gekündigt wurde. Nach dem Vorbringen der Klägerin, das im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellen ist, hat ihre Kündigung des Gesamtvertrages den durch die Teilkündigung ausgelösten Geschehensablauf nicht unterbrochen; die Klägerin hat vielmehr behauptet, allein die Teilkündigung habe zu ihren Vergleichsaufwendungen geführt.
Ein adäquater Ursachenzusammenhang fehlt nicht, weil der Vorprozeß durch einen Vergleich beendet wurde. Ein solcher Zusammenhang kann entfallen, wenn der Geschädigte selbst in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingegriffen und eine weitere Ursache gesetzt hat, die den Schaden erst endgültig herbeigeführt hat. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor, wenn für die Zweithandlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlaß bestanden hat oder diese durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses Ereignis darstellte (Senatsurt. v. 29. Oktober 1987 – IX ZR 181/86, WM 1988, 337, 341; v. 7. Januar 1988 – IX ZR 7/87, WM 1988, 392, 394; v. 28. Juni 1990 – IX ZR 209/89 a.a.O.; v. 16. Januar 1992 – III ZR 197/90, WM 1992, 956, 958). Wenn – gemäß dem Klagevortrag – ein Beratungsfehler des Beklagten zu 1) den Vorprozeß ausgelöst hat, so durfte die Klägerin ihn vergleichsweise beenden.
2. Das Bestreiten des Ursachenzusammenhangs durch die Beklagten ist rechtserheblich. Soweit sie vorgebracht haben, die Klägerin hätte sich über einen sachgerechten Rat hinweggesetzt und sich nicht anders verhalten, so daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, müssen sie allerdings die Vermutung ausräumen, daß der Mandant sich beratungskonform verhalten hätte (vgl. Senatsurt. v. 29. März 1990 – IX ZR 24/88, NJW 1990, 2127, 2128). Dazu haben die Beklagten unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin, vertreten durch ihren Mitarbeiter und früheren Jurastudenten Tosch, habe bewußt ein angeblich vertragswidriges Verhalten der O. als Vorwand und Druckmittel benutzen wollen, um sich über eine Teilkündigung der Mindestabnahmepflicht zu entziehen, die zu einer untragbaren Belastung zu werden gedroht habe, weil inzwischen billigeres Material auf den Markt gekommen sei. Deswegen sei es der Klägerin gleichgültig gewesen, ob eine Teilkündigung letztlich Bestand haben würde. Von einer solchen Maßnahme hätte sich die Klägerin keinesfalls abbringen lassen (GA I 75 f, 81 f, 170 f).
III.
Soweit zurechenbare Schäden streitig sind und die Beklagten einen – von ihnen zu beweisenden (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1991 – IX ZR 124/90, WM 1991, 814, 815) – Vorteilsausgleich geltend machen, weil die Klägerin seit März 1987 eine billigere Konkurrenzware vertrieben habe, hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu entscheiden.
IV.
Der von den Beklagten erhobene Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB) ist unberechtigt, soweit die Verhütung des entstandenen Schadens nach dem Vertragsinhalt allein ihnen oblag (BGH, Urt. v. 12. März 1986 – IV a ZR 183/84, WM 1986, 675, 677; v. 17. Oktober 1991 – IX ZR 255/90, WM 1992, 62, 66, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 115, 382; v. 19. Dezember 1991 – IX ZR 41/91, WM 1992, 739, 740).
Ein Mitverschulden kann anzurechnen sein, wenn die Beklagten ihre Behauptung beweisen, die Klägerin hätte ihren Schaden rechtzeitig begrenzen können, weil die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche 00 ihr entgegengekommen wäre, und die Belastung der Klägerin im Vergleich vom 29. September 1988 sei gegenüber dem landgerichtlichen Urteil grundlos erhöht worden, ohne daß sie – die Beklagten – daran mitgewirkt hätten.
V.
Eine Verjährung des Klageanspruchs kann gemäß dem Vorbringen der Klägerin durch ein Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) gehemmt gewesen sein (§ 202 Abs. 1, § 205 BGB).
Ein solches Abkommen über einen befristeten Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung setzt eine Vereinbarung voraus, daß der Schuldner vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt sein soll. Dafür braucht kein bestimmter Endzeitpunkt vereinbart zu werden; es genügt, daß die Partner auf ein zwar bestimmtes, aber zeitlich offenes Ereignis abstellen (BGH, Urt. v. 28. November 1972 – VI ZR 126/71, WM 1973, 240, 241; v. 7. Januar 1986 – VI ZR 203/84, NJW 1986, 1337, 1338; v. 14. November 1991 – IX ZR 31/91, WM 1992, 579, 580).
Diese Voraussetzungen eines Stillhalteabkommens sind nach dem Vorbringen der Klägerin erfüllt. Sie hat unter Beweisantritt behauptet, sie habe im Mai 1988 mit den Beklagten vereinbart, die Auseinandersetzung über ihren Ersatzanspruch gegen die Beklagten bis zur Beendigung des Vorprozesses zurückzustellen (GA I 119 f, 176 a f, 199 f, 226). Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts ist dieses Vorbringen genügend substantiiert (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991 – X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; v. 25. Februar 1992 – X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968).
Da die Beklagten eine solche Vereinbarung bestreiten, bedarf es auch insoweit noch tatsächlicher Feststellungen. Die Beweislast trägt insoweit die Klägerin (vgl. BGH, Urt. v. 28. November 1972 – VI ZR 126/71 a.a.O.; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. § 202 Rdnr. 1).
Sollte es nach einer solchen Beweisaufnahme – entgegen den vorstehenden Ausführungen (A II 3) – auf den genauen Zeitpunkt des Verjährungsbeginns ankommen, so wird zu prüfen sein, ob der Schaden erst später, etwa mit der Vertragskündigung der O. vom 25. September 1986, entstanden ist. Dafür könnte – entgegen dem Klagevortrag – sprechen, daß die O. zunächst nur auf Vertragserfüllung geklagt hatte.
C.
Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Brandes, Kreft, Kirchhof, Zugehör, Ganter
Fundstellen
Haufe-Index 1237702 |
Nachschlagewerk BGH |