Leitsatz (amtlich)
›Zum Anspruch des ausgeschiedenen Teilnehmers an einem "Barter-System" auf Auszahlung des Barter-Guthabens (hier: zur Frage der Wirksamkeit einer AGB-Klausel der Systemzentrale, wonach die Auszahlung davon abhängt, daß das Treuhandkonto ausreichende Deckung aufweist).‹
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe |
LG Baden-Baden |
Tatbestand
Geschäftsgegenstand der Beklagten ist die Vermittlung, Abwicklung und Verrechnung von multilateralen Barter-Geschäften (Tauschhandelsgeschäften) oder Geschäften mit Barter-Anteil innerhalb eines aus ihren Teilnehmern bestehenden Unternehmens-Pools aller Branchen und Größenordnungen.
Durch schriftlichen Vertrag vom 2. März 1994 trat der Kläger, der Inhaber eines Autohauses ist, diesem Unternehmenspool bei. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:
"§ 6 Barterkonto; Verfügungen
1. Zur Verrechnung der Bartergeschäfte führt E. [sc. die Beklagte] für jeden Teilnehmer ein Barterkonto, auf dem jedes einzelne Geschäft als Gutschrift bzw. Lastschrift verbucht wird. Der Teilnehmer erhält regelmäßig einen Kontoauszug, der die Geschäftsvorgänge dokumentiert.
...
§ 9 Ausgleich der Salden; Frist
1. Der Teilnehmer hat einen auf seinem Barterkonto (§ 6) bestehenden Schuldsaldo spätestens bis zum Ende des zwölften Monats nach Verbuchung des zugrundeliegenden Geschäfts auszugleichen.
2. Dies kann nur geschehen, indem der Teilnehmer:
2.1. während des zwölfmonatigen Zeitraums eigene Barterverkäufe innerhalb des E.-Unternehmenspools tätigt und dadurch seinen Schuldsaldo auf dem Barterkonto ausgleicht;
2.2. den vor Ablauf des zwölften Monats noch offenen Schuldsaldo auf seinem Barterkonto in bar zugunsten des E.-Treuhandkontos (§ 10) ausgleicht.
3. Teilnehmer, deren Barterkonten einen Schuldsaldo aufweisen, werden von E. spätestens elf Monate nach Verbuchung auf den noch nicht beglichenen Teil hingewiesen und um Ausgleich bis zum Ende des zwölften Monats gebeten. Hierzu erhält der Teilnehmer eine schriftliche Mitteilung von E. über den noch nicht beglichenen Teil. Dieser ist bis zum Ende des zwölften Monats gemäß § 9 Abs. 2 auszugleichen.
...
5. Barauszahlungen von Barterguthaben sind während der Teilnahme und während der ersten zwölf Monate nach Beendigung der Teilnahme (§ 14) nicht möglich.
§ 10 E.-Treuhandkonto
1. E. führt ein von ihrem sonstigen Vermögen getrenntes Treuhandkonto, auf das die Barleistungen der Teilnehmer zum Ausgleich von Barterschuldsalden (§ 9 Abs. 3) eingezahlt werden. Dieses Konto dient der Bereitstellung von Barmitteln für den Ausgleich von Barterguthaben, die im Anschluß an die Kündigung der Teilnahme nicht durch Bezug von Waren und Dienstleistungen innerhalb des E.-Unternehmenspools ausgeglichen werden konnten (§ 14 Abs. 4).
2. Die auf dem Treuhandkonto verwalteten Mittel stehen den Teilnehmern im Verhältnis ihrer Guthabensalden zu. Scheidet ein Teilnehmer aus, wächst sein Anteil den übrigen Teilnehmern zu. Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht. Der Anspruch auf Barauszahlung des Barterguthabens (§ 14 Abs. 5) bleibt unberührt.
3. E. ist nicht verpflichtet, das Konto aus eigenen Mitteln aufzufüllen, wenn es keine ausreichende Deckung aufweist.
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§ 12 Verzinsung; Verzug; Lastschrift-Rückgaben
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3. E. ist im Interesse der anderen Teilnehmer verpflichtet, unverzüglich nach Fälligkeit eines Schuldsaldos die erforderlichen Maßnahmen gegen den säumigen Teilnehmer einzuleiten. Für Mahnungen stellt E. dem betroffenen Teilnehmer pro Mahnung eine Mahngebühr in üblicher Höhe in Rechnung.
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§ 14 Laufzeit und Kündigung der Teilnahme; Auswirkungen der Kündigung
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5. Die Beendigung der Teilnahme durch rechtswirksame Kündigung einer der Parteien wirkt sich auf Barterguthaben und Barterschuldsalden folgendermaßen aus:
5.1 Barterguthaben bleiben dem ausscheidenden Teilnehmer erhalten. Der Teilnehmer hat weiterhin das Recht, die Leistungen von E. bis zum vollständigen Abbau seines Barterguthabens durch Einkäufe innerhalb des E.-Unternehmenspools zu nutzen.
5.2 Zwölf Monate nach Wirksamwerden der Kündigung erwirbt der Teilnehmer einen Anspruch auf Barauszahlung des Barterguthabens. Diese Auszahlung erfolgt zu Lasten des E.-Treuhandkontos (§ 10) und hängt davon ab, daß dieses Konto ausreichende Deckung aufweist. Sind bei nicht ausreichender Deckung des Treuhandkontos mehrere Anspruchsteller vorhanden, werden die Ansprüche in der Reihenfolge ihrer Geltendmachung ausgeglichen. Der Anspruch auf den Bezug von Waren und Dienstleistungen innerhalb des E.-Unternehmenspools bleibt unberührt.
5.3 Barterschuldsalden sind innerhalb einer Woche nach schriftlicher Mitteilung durch E. von dem ausscheidenden Teilnehmer in bar zugunsten des E.-Treuhandkontos (§ 10) auszugleichen."
Nach Abschluß dieses Vertrages verkaufte der Kläger an einen anderen Teilnehmer des Pools ein Fahrzeug im Gesamtwert von 28.658 DM. Von dem Kaufpreis wurden 12.282 DM über das Barter-System verrechnet und dem Barter-Konto des Klägers gutgeschrieben. Versuche des Klägers, dieses Guthaben durch Einkäufe bei anderen Teilnehmern des Pools zu kompensieren, blieben nach seinen Angaben erfolglos.
Nach Kündigung des Vertrages verlangt der Kläger von der Beklagten Auszahlung des Guthabens. Die Beklagte verweigert dies unter Berufung darauf, daß das Treuhandkonto keine ausreichende Deckung aufweise (§ 14.5.2 Satz 2 der AGB). Sie weist ferner darauf hin, daß es dem Kläger unbenommen bleibe, weitere Einkäufe bei anderen Teilnehmern des Pools zu tätigen und dadurch das Guthaben abzubauen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang, das Oberlandesgericht in Höhe von 11.117 DM nebst Zinsen (d.h. abzüglich einer nicht mehr streitgegenständlichen Gegenforderung der Beklagten) stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Barauszahlung des Guthabens in der zuerkannten Höhe. Die Beklagte hat ihren Vertragspartnern in Aussicht gestellt, sie könnten bei einem Ausscheiden aus dem Barter-System nach Ablauf bestimmter Fristen in den Genuß des angesammelten Barguthabens gelangen. An diesem insbesondere durch § 14.5.2 Satz 1 ihrer AGB begründeten Vertrauenstatbestand muß sich die Beklagte festhalten lassen. Die in dem folgenden Satz 2 enthaltene Regelung, wonach die Auszahlung davon abhängt, daß das Treuhandkonto ausreichende Deckung aufweist, ist, wie die Vorinstanzen mit Recht entschieden haben, wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.
1. Als Prüfungsmaßstab für die Frage, ob der Kläger durch diese Klausel entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird, hat das Berufungsgericht zutreffend auf die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze abgestellt. Danach ist unangemessen eine AGB-Klausel, in der der die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nehmende Verwender mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen; ein wesentliches Indiz dafür ist die Abweichung von dispositiven gesetzlichen Bestimmungen, soweit diese nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, sondern dem Gerechtigkeitsgebot Ausdruck verleihen. Dispositives Recht in diesem Sinne sind nicht nur gesetzliche Einzelregelungen, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze (vgl. z.B. BGHZ 89, 206, 210/211 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Als weiterer Ansatzpunkt für eine unangemessene Benachteiligung kommt in Betracht, daß die Rechte und Pflichten der Vertragspartner in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit dargestellt werden, insbesondere die den Vertragspartner treffenden Risiken verschleiert werden (Verstoß gegen das "Transparenzgebot"; vgl. Senatsurteil BGHZ 106, 42, 49).
2.a) Der Vertrag, den die Parteien geschlossen hatten, ist rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) einzustufen (so auch ausdrücklich § 2.3 und § 4.1 AGB). Danach oblag der Beklagten die Vermittlung, Abwicklung und Verrechnung von multilateralen Barter-Geschäften (Tauschhandelsgeschäften) oder Geschäften mit Barter-Anteil innerhalb ihres Unternehmenspools. Die Beklagte fungierte somit als "Systemzentrale", die einen "Pool" von potentiellen Geschäftspartnern zu verwalten und Angebot und Nachfrage für die dem System angeschlossenen Barter-Teilnehmer zu regulieren hatte (vgl. zum Barter-System zusammenfassend insbesondere Martinek, WuB IV B. § 9 AGBG 2.94). Das Barter-System ist darauf angelegt, daß sich die Transaktionen ohne Einsatz monetärer Mittel vollziehen. An die Stelle einer Entgeltzahlung tritt die Teilnahme an einem Verrechnungssystem. Jeder Barter-Teilnehmer unterhält bei seiner Organisation ein Verrechnungskonto. Wenn er etwas kauft oder eine Leistung in Anspruch nimmt, wird sein Konto belastet; wenn er verkauft oder einen Dienst erbringt, erhält er eine Gutschrift. Durch das Vermittlungssystem (den Barter-Pool) wird für die einzelne Transaktion ein wechselseitiger Bedarf der Güter und Leistungen ebenso entbehrlich wie ein zeitlicher Zusammenfall von Angebot und Nachfrage; der einseitige Bedarf kann ad hoc befriedigt werden. Freilich muß jeder Barter-Teilnehmer mittelfristig auf einen Ausgleich seines Kontos bedacht sein, d.h. möglichst im selben Umfang als Nachfrager wie als Anbieter von Lieferung und Leistung fungieren. Sonst hat er bei einem Negativsaldo nach einer gewissen Zeit doch sein Konto durch Geldleistung auszugleichen, oder er erhält bei einem Positivsaldo, nachdem er das Geld längere Zeit zinslos hat stehenlassen, später eine Ausgleichszahlung nach Maßgabe des jeweiligen Vertragswerks (Martinek aaO.). Hingegen ist die Beklagte an den Tauschgeschäften, die die Mitglieder untereinander führen, selbst nicht beteiligt. Es obliegt ihr allerdings, die einzelnen Teilnehmer zum Ausgleich von deren Schuldsalden anzuhalten und erforderliche Maßnahmen gegen säumige Schuldner zu ergreifen (§ 9.3 i.V.m. § 12.3 AGB).
b)aa) Das Berufungsgericht meint, da jeder Teilnehmer verpflichtet sei, einen auf seinem Barter-Konto bestehenden Schuldsaldo spätestens bis zum Ende des zwölften Monats nach Verbuchung des zugrundeliegenden Geschäfts auszugleichen (§ 9.1 AGB), müsse bei strikter Durchführung dieser Regelungen spätestens nach zwölf Monaten jedem Barter-Guthaben eines Teilnehmers ausreichende Deckung auf dem Treuhandkonto gegenüberstehen, da in dem Augenblick, in dem ein Teilnehmer ein Guthaben durch einen Verkauf erlangt habe, irgendein anderer Teilnehmer einen Schuldsaldo in mindestens gleicher Höhe haben müsse. Das System funktioniere nur dann nicht, wenn ein Teilnehmer seiner Verpflichtung zur Barausgleichung seines Schuldsaldos, sei es nach Kündigung, sei es nach der Zwölfmonatsfrist, nicht nachkomme.
bb) Diese Betrachtungsweise vermag der Senat nicht zu teilen: Dabei bleibt nämlich unberücksichtigt, daß der Schuldner den zu seinen Lasten bestehenden Saldo nicht etwa nur durch Zahlung auf das Treuhandkonto, sondern - und das nach dem Barter-System sogar in erster Linie (vgl. § 9.2.1 AGB) - durch Erbringung eigener Leistungen an andere Teilnehmer des Pools ausgleichen kann und soll. Dies hat die Konsequenz, daß auch und gerade bei ordnungsgemäßem Funktionieren des Systems die Ansammlung eines Barguthabens auf dem Treuhandkonto innerhalb des Zwölfmonatszeitraums äußerst unsicher ist: Angenommen der Partner A erbringe an den Partner B eine Leistung mit einem Barter-Anteil von 10.000 DM. Dann besteht zugunsten von A auf dem Barter-Konto ein Guthaben, zulasten von B ein Debet in Höhe von jeweils 10.000 DM. Erbringt nun - etwa elf Monate nach Verbuchung - B seinerseits eine Leistung mit einem Barter-Anteil von 10.000 DM an C, so ist der Schuldsaldo des B ausgeglichen und durch einen solchen von C in gleicher Höhe ersetzt, der allerdings wiederum erst nach zwölf Monaten zum Ausgleich fällig wird. Dies bedeutet, daß A gerade nicht damit rechnen kann, daß ihm nach Ablauf von zwölf Monaten nach Verbuchung des Ursprungsgeschäfts eine Bardeckung in Höhe von 10.000 DM auf dem Treuhandkonto zur Verfügung steht.
cc) Dieser Umstand wird in den AGB nicht mit der gebotenen Klarheit deutlich. Aus dem Zusammenspiel der Regelung in § 14.5.2 Satz 1 mit derjenigen des § 10.2 Satz 4 AGB müssen die Vertragspartner der Beklagten bei unbefangener Lektüre vielmehr entnehmen, daß spätestens nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist nach Wirksamwerden der Kündigung ihr jeweiliges Guthaben zur Auszahlung gelangen kann und die einschränkende Regelung in § 14.5.2 Satz 2 einen Ausnahmefall darstellt, der diesen Anspruch im Grundsatz unberührt läßt. Dadurch wird verschleiert, daß das Verhältnis beider Bestimmungen gerade bei ordnungsgemäßem Funktionieren des Systems genau umgekehrt ist: Das System ist nämlich darauf angelegt, daß sich gerade dann, wenn alle Beteiligten ihren Pflichten nachkommen, kaum jemals ein die Ansprüche des ausgeschiedenen Mitglieds abdeckendes Guthaben ansammeln kann.
dd) Hierin liegt eine unzumutbare Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten in Form eines Verstoßes gegen das "Transparenzgebot". Dieser Verstoß führt - bereits für sich allein genommen - zur Unwirksamkeit der einschränkenden Regelung in § 14.5.2 Satz 2 AGB, während der in Satz 1 aaO. geregelte Auszahlungsanspruch selbst unberührt bleibt. Hiergegen kann die Beklagte nicht etwa einwenden, daß beide Bestimmungen eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bilden und das gesamte in dem Barter-System verkörperte Hauptleistungsprogramm gestalten und beeinflussen (vgl. zu dieser Problematik: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl. 1997 § 9 Rn. 90). Die Beklagte muß sich vielmehr daran festhalten lassen, daß sie bei ihren Vertragspartnern beim Vertragsschluß den Eindruck erweckt hat, sie hätten zumindest eine werthaltige Erwartung, nach Ablauf der einschlägigen Fristen in den Genuß der Barauszahlung zu gelangen. Dieser von der Beklagten geschaffene Vertrauenstatbestand setzt sich gegenüber einer systembedingten mangelnden Deckung des Treuhandkontos durch und begründet einen entsprechenden vertraglichen Zahlungsanspruch unmittelbar gegen die Beklagte. Die Verschleierung der wirtschaftlichen Vertragsfolgen kann sich dementsprechend zulasten der Beklagten auswirken, ohne Rücksicht darauf, ob die Vertragsfolgen selbst angemessen oder unangemessen sind (s. dazu im folgenden; vgl. ferner Ulmer/Brandner/Hensen aaO.).
c) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht zu Recht und in ausgewogener Wertung der Interessenlage festgestellt, daß durch die streitige Bestimmung des § 14.5.2 Satz 2 AGB das Risiko von Funktionsstörungen in diesem System einseitig von der Beklagten auf die Teilnehmer verlagert wird. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kann die Beklagte jedem Auszahlungsanspruch den Einwand entgegenhalten, das Treuhandkonto weise keine ausreichende Deckung auf. Für die Risikoverteilung ist indessen eine differenzierende Betrachtung erforderlich, auf welchen Gründen die mangelnde Deckung beruht:
aa) Beruht die mangelnde Deckung etwa auf Insolvenz eines Mitgliedes, so erscheint es gerechtfertigt, dieses Risiko den übrigen Teilnehmern und nicht etwa der Beklagten aufzubürden. Insoweit handelt es sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, um ein Risiko, das typischerweise auch ein Verkäufer oder wie hier ein Tauschpartner tragen muß, nämlich daß sein Vertragspartner zur Zahlung des Kaufpreises oder zur Leistung eines adäquaten Tauschgegenstandes nicht in der Lage ist. Daß sich dieses Risiko hier durch die unübersehbare Vielzahl der Teilnehmer am "Pool" erhöht, liegt in der Natur des Barter-Geschäftes und muß von den einzelnen Mitgliedern hingenommen werden.
bb) Ebenso liegt es in der Natur des Barter-Systems, daß das Treuhandkonto möglicherweise gerade deshalb keine Bardeckung aufweist, weil die Schuldsalden durch eigene Leistungen der Schuldner an dritte Teilnehmer abgebaut werden (entsprechend den Darlegungen oben b). Auch für einen solchen Fall erscheint die Regelung in § 10.3 AGB, wonach die Beklagte nicht verpflichtet ist, das Konto aus eigenen Mitteln aufzufüllen, wenn es keine ausreichende Deckung aufweist, als nicht von vornherein unangemessen, sofern die Konsequenzen dieser Regelung in einer dem "Transparenzgebot" genügenden Weise deutlich gemacht werden (s.o.).
cc) Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Fehlbeträge darauf zurückzuführen sind, daß die Beklagte ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist, die säumigen Teilnehmer zum Ausgleich von deren Schuldsalden anzuhalten. Der einzelne Gläubiger eines Auszahlungsanspruchs hat, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend darlegt, hierauf keinerlei Einflußmöglichkeit, da er - anders als ein Verkäufer, der an einen bestimmten Käufer verkauft - nicht weiß, welcher Teilnehmer mit welchen Beträgen im Soll steht. Allein die Beklagte hat Anspruch auf Ausgleich eines Schuldsaldos. Andererseits hat die Beklagte gerade wegen der in der streitigen Klausel getroffenen allgemeinen Risikoverlagerung auf die Teilnehmer möglicherweise keinen Anreiz, im Interesse der Teilnehmer am Unternehmenspool für einen Ausgleich der Schuldsalden zu sorgen, da sie für eventuelle Ausfälle zumindest nach dem Wortlaut der Bestimmung niemals einzustehen hätte und selbst ihre Gebühren und Entschädigungen unabhängig von Ausfällen einnehmen könnte.
dd) Hiergegen greift auch das Argument der Revision nicht durch, daß es dem jeweiligen Teilnehmer unbenommen bleibe, die Beklagte bei Verletzung ihrer Pflicht, für den Ausgleich der Schuldsalden Sorge zu tragen, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Denn ein derartiges Vorgehen ist ungleich langwieriger und unsicherer als die Durchsetzung eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs.
d) Ebensowenig braucht sich der Kläger auf die fortbestehende Möglichkeit verweisen zu lassen, das Guthaben durch weitere Barter-Geschäfte abzubauen. Diese Möglichkeit würde nämlich voraussetzen, daß sich in einem überschaubaren Zeitraum überhaupt geeignete, zumutbare Einkaufschancen für den Kläger bieten. Dies liegt keineswegs von vornherein offen zutage. Deswegen würde der Kläger auf unabsehbare Zeit an die Beklagte gebunden. Der für die endgültige Abwicklung der Geschäftsbeziehungen vorgesehene Stichzeitpunkt für die Auszahlung des Guthabens - zwölf Monate nach Wirksamwerden der Kündigung (§ 14.5.2 Satz 1 AGB) - könnte dadurch unterlaufen und ausgehöhlt werden. Diese im Interesse der Beklagten bestehende Hinausschiebung der Fälligkeit hält, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG zwar stand (ebenso OLG München, WM 1994, 1226 = NJW-RR 1994, 563 = WuB IV B. § 9 AGBG 2.94 mit Anm. Martinek). Für eine weitergehende Bindung des Klägers besteht jedoch keine innere Rechtfertigung.
3. In zusammenfassender Würdigung dieses Sachverhalts hält auch der erkennende Senat die in § 14.5.2 Satz 2 AGB vorgenommene Risikoverlagerung für zu weitgehend und für unvereinbar mit den eingangs wiedergegebenen zu § 9 AGBG aufgestellten Rechtsprechungsgrundsätzen. Die unzumutbare Benachteiligung des Klägers besteht dabei nicht schon darin, daß er überhaupt an dem Risiko mangelnder Deckung des Treuhandkontos beteiligt wird, sondern darin, daß die Tragweite dieses Risikos in einer mit dem Transparenzgebot unvereinbaren Weise verschleiert wird und in dieses Risiko ohne jede sachgerechte Differenzierung auch solche Faktoren einbezogen sind, für die die Beklagte die Verantwortung trägt und einstehen muß. Die Unwirksamkeit dieser Klausel läßt den übrigen Vertragsinhalt unberührt (§ 6 Abs. 1 AGBG); dies hat die rechtliche Konsequenz, daß die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet ist, ohne dem Kläger die mangelnde Deckung des Treuhandkontos entgegenhalten zu können.
4. Das Berufungsgericht hat von dem Guthaben eine erstmals im Berufungsrechtszug hinreichend substantiierte (inzwischen nicht mehr streitgegenständliche) Gegenforderung der Beklagten abgezogen. Es hat dazu ausgeführt, auch soweit die Beklagte im Umfang dieses Abzugs teilweise obsiegt habe, müsse sie nach § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten der Berufung tragen. Kostenrechtlich hätte dies die Konsequenz haben müssen, daß die Kosten des ersten Rechtszuges im Umfang der endgültigen Obsiegens- und Unterlegensquoten zu verteilen, hingegen die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang der Beklagten aufzuerlegen gewesen wären. In der Urteilsformel ist das Berufungsgericht jedoch umgekehrt verfahren. Dies war im Revisionsurteil von Amts wegen richtigzustellen (§ 308 Abs. 2 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2993584 |
BGHZ 140, 25 |
BGHZ, 25 |
BB 1998, 2597 |
DB 1999, 275 |
DStR 1999, 126 |
NJW 1999, 635 |
WM 1998, 2469 |
WuB 1999, 357 |
ZIP 1998, 2059 |
JZ 1999, 210 |
ZBB 1999, 43 |