Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. März 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, der Witwe und Alleinerbin seines 1992 verstorbenen Vaters, im Wege der Stufenklage seinen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Bestand des Nachlasses und die (unentgeltlichen) Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte in der Zeit vom 28. Dezember 1982 bis zum 28. Dezember 1992. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht, nachdem es zuvor den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1.000 DM festgesetzt hatte, mit der Begründung als unzulässig verworfen, daß die Beklagte einen die Berufungsgrenze von 1.500 DM übersteigenden Wert ihrer Beschwer nicht glaubhaft gemacht habe (§ 511a ZPO). Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig (§ 547 ZPO), aber nicht begründet. Ohne Rechtsverstoß hat das Oberlandesgericht die Beschwer der Beklagten mit 1.000 DM bemessen. Das Berufungsgericht darf den Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem Rechtsstreit wegen Erteilung einer Auskunft nach freiem Ermessen festsetzen (§ 3 ZPO). Das Revisionsgericht kann die Wertfestsetzung nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (std. Rspr. des BGH, vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1999 – IX ZR 351/98 – NJW 1999, 3050 unter III). Im vorliegenden Fall ist kein Ermessensfehlgebrauch ersichtlich.
I. Wie auch die Revision anerkennt, ist das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Wert der Beschwer bei der Berufung einer zur Auskunft verurteilten Person nach deren Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, und daß es für die Bewertung dieses Abwehrinteresses auf den geldwerten Aufwand ankommt, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht (std. Rspr. des BGH, BGHZ 128, 85 ff.).
Diesen Aufwand hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung einer angemessenen fiktiven Vergütung bzw. einer fiktiven Verdienstausfallentschädigung und des gewöhnlichen Zeitbedarfs mit nicht mehr als 1.000 DM bewertet. Es hat die von der Beklagten vorgelegte Honorarvereinbarung, wonach ihre Rechtsanwälte die für die Auskunftserteilung erforderlichen Vorarbeiten gegen eine Pauschalvergütung von 3.000 DM ausführen werden, für unerheblich erachtet, weil die Beklagte zur Aufstellung eines Nachlaßverzeichnisses und der Zuwendungen, die ihr in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall zugeflossen seien, ohne weiteres selbst in der Lage sei, nachdem sie schon gegenüber dem Nachlaßgericht und dem Finanzamt eine Aufstellung des Nachlasses und eine Erbschaftsteuererklärung habe vorlegen müssen.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Ermessensfehler erkennen.
1. Der Einwand der Revision, selbst unter der Voraussetzung, daß die Beklagte die Nachlaß- und Schenkungsaufstellung selbst erarbeiten müsse, habe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, daß dies bei dem vom Kläger angenommenen umfangreichen Vermögen des Erblassers einen beträchtlichen Aufwand erfordere, ist in mehrfacher Hinsicht nicht stichhaltig. Zum einen kann die Beklagte sich nicht mehr auf den vom Kläger behaupteten Umfang des Nachlasses berufen, nachdem sie diesen Umfang in ihrer Klageerwiderung weitgehend bestritten hat. Sie muß vielmehr von ihren eigenen Angaben zur Zusammensetzung und zum erheblich geringeren Wert des Nachlasses ausgehen. Zum anderen übergeht die Beklagte die vom Berufungsgericht zu Recht hervorgehobene und von ihr nicht bestrittene Tatsache, daß sie bereits für das Finanzamt eine Erbschaftsteuererklärung mit Nachlaßverzeichnis der Aktiva und Passiva (§§ 31 Abs. 2, 10 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG) sowie eine Aufstellung der in den letzten zehn Jahren erfolgten Zuwendungen des Erblassers nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung (§§ 14, 30 Abs. 4 Nr. 6 ErbStG) anfertigen mußte. Selbst falls diese schon früher erarbeiteten Verzeichnisse ergänzungsbedürftig sein sollten, so daß die Beklagte sich nicht auf ein bloßes Abschreiben beschränken kann, erleichtern sie ihr die Auskunftserteilung beträchtlich. Und schließlich läßt die Behauptung der Beklagten, die Schätzung des Berufungsgerichts sei unangemessen gering ausgefallen, die Darlegung vermissen, wie hoch sie denn selbst ihren eigenhändigen Aufwand einschätzt, d.h. wie viele Arbeitsstunden und welchen Stundensatz sie für erforderlich hält. Billigt man nämlich der nicht berufstätigen Beklagten in Anlehnung an die Entschädigung, die sie als Zeugin oder Partei im Zivilprozeß erhalten würde, einen Stundensatz von 20 DM zu (§ 2 Abs. 3 Satz 2 ZSEG, § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. März 2001 – IV ZR 155/00 – BGH-Report 2001, 481 unter 2 a), so ergibt sich der durchaus nicht unbeträchtliche Zeitaufwand von 50 Stunden. Die Beklagte hat nicht erklärt, weshalb dieser Aufwand zu gering sein soll.
2. Auch der weitere Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß die Beklagte zur eigenhändigen Auskunftserteilung nicht in der Lage sei, sondern sich rechtsanwaltlicher Hilfe bedienen müsse, ist nicht begründet.
Die von der Revision genannten Gründe dafür, daß die nötigen Angaben über den Immobilienbesitz des Erblassers und ein Verzeichnis seiner Schenkungen für die Beklagte persönlich zu schwierig seien, sind nicht überzeugend. Die Angaben über Lage, Größe und Bebauung der zwei von der Beklagten zugestandenen Grundstücke sind einfach und müssen überdies schon in ihrer Erbschaftsteuererklärung enthalten sein; letzteres gilt auch für die Bezifferung der Hypothekenschulden. Eine „Aufarbeitung der Mietverhältnisse” ist ebensowenig erforderlich wie die Wertermittlung. Was das Schenkungsverzeichnis betrifft, so kann der Ansicht der Revision, die Beklagte könne ohne rechtliche Beratung nicht beurteilen, was überhaupt eine unentgeltliche Zuwendung sei, nicht gefolgt werden. Auch ein Laie vermag eine Schenkung in der Regel von einer entgeltlichen Zuwendung zu unterscheiden. Konkrete Schwierigkeiten, die eine anwaltliche Beratung erforderlich gemacht hätten, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Im übrigen ist auch insoweit erheblich, daß die Beklagte die Schenkungen bereits in der Erbschaftsteuererklärung angeben mußte.
Ohne Erfolg bleibt schließlich auch die Berufung der Beklagten auf die ihr vom Erblasser im Erbvertrag gemachte Auflage, sich bei der Abwicklung des Nachlasses von der Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Dr. O. beraten zu lassen. Abgesehen davon, daß die Beklagte nicht vorträgt, daß sie diese Gesellschaft bei der Auskunftserteilung einschalten will – sie will vielmehr den Rechtsanwalt H. beauftragen –, muß eine die Kosten der Auskunft steigernde Auflage des Erblassers, für die keine objektive Notwendigkeit besteht, außer acht bleiben, wenn es um die Ermittlung der Beschwer des zur Auskunft verurteilten Erben geht. Da von der Höhe der Beschwer die Zulässigkeit der Berufung abhängt, ist sie nach objektiven Kriterien zu beurteilen.
Unterschriften
Terno, Seiffert, Ambrosius, Wendt, Dr. Kessal-Wulf
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.12.2001 durch Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
ZEV 2002, 194 |
NJOZ 2002, 648 |