Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen an ein Berufungsurteil
Leitsatz (redaktionell)
Ein Berufungsurteil ist aufzuheben, wenn es nicht erkennen läßt, welches Ziel die Klägerin mit ihrer Berufung verfolgt hat (§§ 545 Abs. 1, 546 ZPO).
Normenkette
ZPO § 545 Abs. 1, §§ 546, 540 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 27.09.2002) |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der IX. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 27. September 2002 aufgehoben.
Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens werden nicht erhoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Rechtsvorgängerin der Kläger hat an die Beklagte eine Wohnung vermietet. Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Bezahlung der Kosten von Schönheitsreparaturen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der (damaligen) Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Es hat dies damit begründet, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsklausel „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter”, auf die die Klage gestützt werde, führe wegen ihrer Unklarheit zu einer unangemessenen Benachteiligung der Beklagten und sei deshalb gemäß § 9 AGBG unwirksam.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es nicht erkennen läßt, welches Ziel die (damalige) Klägerin mit ihrer Berufung verfolgt hat (§§ 545 Abs. 1, 546 ZPO).
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß auf das Berufungsverfahren die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist, weil die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil anstelle des Tatbestandes aus (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Eine solche Verweisung kann sich jedoch nicht auf den in zweiter Instanz gestellten Berufungsantrag der Klägerin erstrecken. Eine Aufnahme der Berufungsanträge in das Berufungsurteil ist aber auch nach neuem Recht, das eine weitgehende Entlastung der Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung bezweckt (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdnr. 1), nicht entbehrlich (Senatsurteil vom 26. Februar 2003 – VIII ZR 262/02, zur Veröff. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 540 Rdnr. 8; Meyer-Seitz, in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 540 Rdnr. 7; Musielak/Ball, aaO, § 540 Rdnr. 3). Der Antrag des Berufungsklägers braucht zwar nicht unbedingt wörtlich wiedergegeben zu werden, aus dem Zusammenhang muß aber wenigstens sinngemäß deutlich werden, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. So kann bei der Berufung des Klägers mit unverändertem Weiterverfolgen des erstinstanzlichen Sachantrages gegen ein klageabweisendes Urteil die Erwähnung dieser Tatsache genügen.
An dieser Mindestvoraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall. Die knapp gefaßten Urteilsgründe beschränken sich auf die Darlegung der Auffassung des Berufungsgerichts, daß die oben wiedergegebene Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im zugrundeliegenden Mietvertrag unwirksam sei. Das Berufungsbegehren der Kläger wird nicht erkennbar. Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband – Wenzel, § 557 Rdnr. 27). Das Urteil ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
II.
Für die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens hat der Senat von der Möglichkeit des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Dr. Wolst, Dr. Frellesen
Fundstellen