Verfahrensgang
AG Westerburg (Urteil vom 07.11.2018; Aktenzeichen 23 C 126/18 WEG) |
LG Koblenz (Urteil vom 07.10.2019; Aktenzeichen 2 S 51/18 WEG) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 7. Oktober 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Die - zerstrittenen - Parteien bilden eine aus zwei Einheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Einheit gehört der Klägerin, die andere steht im Miteigentum der Beklagten. Es gilt das Kopfstimmrecht; ein Verwalter ist nicht bestellt. Mit der Klage verlangt die Klägerin Erstattung der Hälfte der von ihr in den Jahren 2017 und 2018 geleisteten Zahlungen i.H.v. 1.272,40 EUR (Heizöl für die im Gemeinschaftseigentum stehende Heizungsanlage, Versicherungsprämien, Kosten einer Heizungsreparatur, Schornsteinfegerkosten, Stromkosten und Brandschutzprüfungskosten). Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 2
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin weder nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen noch nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG aF einen Anspruch auf hälftige Erstattung der von ihr bezahlten Kosten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Vorschrift nicht anwendbar, wenn der Anspruch des Wohnungseigentümers gegen den Verband - wie hier - seine Grundlage in dem Gemeinschaftsverhältnis habe. Der Hinweis der Klägerin, im Unterschied zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde gelegen habe, sei sie selbst Vertragspartnerin der jeweiligen Dritten gewesen, und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Auch der Umstand, dass es sich um eine zerstrittene Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaft handele, in der ein Verwalter nicht bestellt sei und wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich seien, führe nicht zur Zulässigkeit einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Wohnungseigentümer untereinander für Kosten, die ein Wohnungseigentümer aufgewandt habe.
Rz. 3
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Für die von der Klägerin gegen die Beklagten geltend gemachten Zahlungsansprüche fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
Rz. 4
1. a) Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft tilgt, nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften - ungeachtet der Meinungsunterschiede über die zutreffende Anspruchsgrundlage - zwar von der Wohnungseigentümergemeinschaft (dem Verband) Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann, nicht jedoch von den anderen Wohnungseigentümern (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 279/17, NZM 2019, 415 Rn. 5 ff.). Dies beruht entscheidend darauf, dass der tilgende Wohnungseigentümer für die Wohnungseigentümerschaft tätig wird; deshalb hat auch ein etwaiger Bereicherungsausgleich in diesem Verhältnis zu erfolgen (vgl. Senat, aaO Rn. 6 f.). Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise, wenn - wie hier - ein Wohnungseigentümer nicht Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft tilgt, sondern an ihrer Stelle selbst die Verträge mit Dritten (z.B. mit Versorgern und Versicherern) schließt und die hierauf beruhenden Zahlungsansprüche tilgt, um eine ordnungsmäßige Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage zu gewährleisten. Auch insoweit wird der Wohnungseigentümer für die Gemeinschaft tätig, so dass insbesondere Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) oder auch bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten sind. Hieran ändert es entgegen der Auffassung der Klägerin nichts, dass etwa das von ihr bezahlte Heizöl auch für die Beheizung und Heißwasseraufbereitung der Einheit der Beklagten verbraucht worden ist.
Rz. 5
b) Für solche Verbindlichkeiten des Verbands, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten), haftet der Wohnungseigentümer auch nicht aus der wohnungseigentumsrechtlichen Vorschrift des § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG aF bzw. seit dem 1. Dezember 2020 des § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG. Auch das hat der Senat zu § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG aF bereits entschieden (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 279/17, aaO Rn. 8 ff.). Für den gleichlautenden § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG gilt nichts Anderes.
Rz. 6
2. Offen geblieben war in der zitierten Entscheidung des Senats lediglich, ob die dort aufgestellten Grundsätze auch in einer (zerstrittenen) Zweier-Gemeinschaft gelten, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und in der wegen des Kopfstimmrechts (§ 25 Abs. 2 WEG) keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind (aaO Rn. 22). Diese Frage hat der Senat zwischenzeitlich ebenfalls entschieden, und zwar im Sinne der Auffassung des Berufungsgerichts (vgl. Senat, Urteil vom 25. September 2020 - V ZR 288/19, NZM 2021, 146 Rn. 15 ff.). Die Klägerin kann deshalb von den Beklagten nicht unmittelbar eine anteilige Erstattung der von ihr getätigten Aufwendungen verlangen.
Rz. 7
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 14982757 |
NJW 2021, 8 |
NJW-RR 2021, 945 |
NZM 2021, 566 |
ZMR 2021, 11 |
ZMR 2021, 992 |
WuM 2021, 459 |
ZWE 2021, 310 |
NJW-Spezial 2021, 482 |
RdW 2022, 331 |