Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Erstattung der Kosten, die dem Antragsgegner eines unzulässigen Beweissicherungsantrags entstanden sind.
Verfahrensgang
OLG Köln (Entscheidung vom 01.07.1981) |
LG Aachen |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juli 1981 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 1. Juni 1979 stellte das beklagte Land beim Amtsgericht Aachen einen Beweissicherungsantrag, der sich unter anderem gegen die Kläger richtete. Vom Gericht zur Stellungnahme aufgefordert schalteten diese Rechtsanwälte ein, die die Zurückweisung des Gesuches beantragten. In seinem Beschluß vom 2. Juli 1979 wies das Amtsgericht den Beweissicherungsantrag - im Verhältnis zu den Klägern - als unzulässig zurück, ohne über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Beschwerde des beklagten Landes blieb erfolglos.
Die Kläger begehren die Erstattung der Kosten, die ihnen durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe im Beweis sicherungsverfahren erwachsen sind. Sie haben beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 4.680,68 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Dem ist das beklagte Land entgegengetreten. Es vertritt die Auffassung, ein Anspruch auf Ersatz der angefallenen Kosten bestehe nicht.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das beklagte Land bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, daß die Kläger die Erstattung der ihnen im Beweissicherungsverfahren entstandenen Kosten nicht verlangen können, weil eine Anspruchsgrundlage fehlt.
I.
Mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch dringen die Kläger nicht durch. Er hat den Erlaß einer Entscheidung zur Bedingung, die dem Gegner die Kosten auferlegt (Thomas/Putzo ZPO 11. Aufl. vor § 91 Anm. IV 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 40. Aufl. Übersicht vor § 91 Anm. 3 B; Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. vor § 91 Rdn. 13 m.w.Nachw.), und kann nur in dem Rechtsstreit geltend gemacht werden, in dem er erwächst (Zöller/Schneider ZPO 13. Aufl. vor § 91 Anm. V; Thomas/Putzo aaO; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. § 87 V 4 S. 478; vgl. RGZ 66, 186, 199). Das Gesetz sieht in §§ 103 bis 107 ZPO ein genau geregeltes Verfahren für die Kostenfestsetzung vor, das eine abschließende Sonderregelung für die Durchsetzung dieses Anspruchs darstellt (RGZ 130, 217, 218). Da weder der Beschluß des Amtsgerichts vom 2. Juli 1979 eine Kostenentscheidung enthält noch die Kläger für die Durchsetzung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs das richtige Verfahren gewählt haben, läßt sich die Klage auf eine solche Anspruchsgrundlage nicht stützen. Dabei kann dahinstehen, ob das Amtsgericht bei der Ablehnung der Beweissicherung überhaupt dem beklagten Land in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens hätte auferlegen können. Da bei Zurückweisung des Antrags als unzulässig das Obsiegen und Unterliegen der Parteien ohne weiteres festgestellt werden kann, spricht manches dafür, dem erfolgreichen Antragsgegner die Erstattung seiner Kosten auf diesem Wege zu ermöglichen (vgl. Altenmüller NJW 1976, 92, 97 m.w.Nachw.; Wieczorek ZPO 2. Aufl. § 490 Anm. A II b 4).
II.
Ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch steht den Klägern nicht zu. Er läßt sich nicht daran knüpfen, daß das beklagte Land einen - unzulässigen - Beweissicherungsantrag gestellt hat.
1.
Dabei scheidet ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung schon deshalb aus, weil die Kläger nichts dafür vorgetragen haben, daß sie zu dem beklagten Land in vertraglicher Beziehung gestanden haben. Zwar haben sie im Zusammenhang mit einem Bauprojekt des Landes ein Gutachten erstellt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Beweissicherungsverfahren und im ersten Rechtszug sind die Kläger dazu aber nicht von dem beklagten Land, sondern von der N. H. S. GmbH (N.) beauftragt worden, die ihrerseits in vertraglichen Beziehungen zum beklagten Land stand. Diese Sachdarstellung haben die Kläger in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich wiederholt. Wenn sie im selben Schriftsatz an anderer Stelle davon gesprochen haben, daß zwischen den Parteien ein "Auftragsverhältnis" vorgelegen habe, kann dies auf der Grundlage ihres übrigen Vorbringens nur als eine - unzutreffende - rechtliche Würdigung angesehen werden. Das Berufungsgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, daß es für die Annahme eines Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien an einem substantiierten Vortrag fehlt.
Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht hätte die Beziehungen zwischen den Parteien weiter aufklären müssen (§ 139 ZPO). Der - im vorigen Absatz bereits gewürdigte - Vortrag der Parteien war eindeutig und für die rechtliche Beurteilung ausreichend, so daß für das Berufungsgericht kein Anlaß gegeben war, auf weitere Erklärungen hinzuwirken. Im übrigen hätte sich ein Vertragsverhältnis nicht schon daraus ableiten lassen, daß - wie die Revision behauptet - die N. die Kläger mit Wissen und Wollen des beklagten Landes eingeschaltet hat. Vertragsbeziehungen wären zwischen den Parteien nur dann entstanden, wenn die N. den Auftrag für die Erstattung des Gutachtens in berechtigter Vertretung für das beklagte Land erteilt hätte. Dies macht aber auch die Revision nicht geltend.
2.
Ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch ergibt sich auch nicht aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823 Abs. 1, 831 BGB).
Wer sich in subjektiv redlicher Weise zur Wahrung seiner Rechte eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bedient, haftet seinem Gegner für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlungen (BGHZ 74, 9, 15; vgl. auch BGHZ 36, 18, 20 und zum Beweissicherungsverfahren OLG Düsseldorf MDR 1982, 414, 415). Die Kläger haben keine Tatsachen vorgetragen, die es erlauben würden, von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen.
III.
Ein Anspruch auf Erstattung ihrer im Beweissicherungsverfahren erwachsenen Kosten steht den Klägern auch nicht in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO zu. Dabei kann offenbleiben, ob die Vorschriften über die verfahrensrechtliche Kostentragungspflicht überhaupt als Anspruchsgrundlage dafür in Betracht kommen, vorprozessuale Kosten im Klagewege zu erhalten (vgl. zum Meinungsstand BGHZ 52, 393, 394 ff. und Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. vor § 91 Rdn. 14; vgl. auch BGH Urteil vom 13. Juni 1980 - I ZR 96/78 = NJW 1981, 224). Jedenfalls können die Kosten aus einem Beweissicherungsverfahren dann, wenn es nicht zu einem Hauptsacheverfahren kommt, nicht klageweise in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO verlangt werden (OLG Düsseldorf MDR 1982, 414, 415; Altenmüller NJW 1976, 92, 96; Stein Jonas/Schumann/Leipold a.a.O. vor § 485 Anm.II 1; Zöller/Stephan a.a.O. § 490 Anm. 3; Kroppen/Heyers/Schmitz, Beweissicherung im Bauwesen, Rdn. 937 aaO; a.A. Rosenberg/Schwab a.a.O. § 121 V 3 S. 704; Wieczorek a.a.O. § 490 Anm. A II b 3; Nikisch, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. § 86 III 2 S. 337; Bruns, Zivilprozeßrecht, Rdn. 203 b jeweils m.w.Nachw.). Anders als in den Fällen, in denen die Erstattung der Kosten in Frage steht, die für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei einer außergerichtlichen Rechtsverfolgung oder -Verteidigung entstanden sind, geht es hier um Kosten, die im Rahmen eines gerichtlichen, in der Zivilprozeßordnung geregelten Verfahrens angefallen sind. Dies hat den wesentlichen Unterschied zur Folge, daß im letzten Fall, wenn es zu einem Hauptverfahren kommt, die Möglichkeit einer gerichtlichen Kostenentscheidung mit einem sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren eröffnet ist, der Weg also, der in den Fällen unmittelbarer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO zu beschreiten ist. Für eine entsprechende Anwendung der §§ 91 ff. ZPO für die Erstattung der Kosten eines unzulässigen Beweissicherungsverfahrens bedeutet dies, daß eine etwaige Gesetzeslücke in dieser Weise zu schließen wäre, nicht aber über eine ferner liegende Leistungsklage.
IV.
Nach allem kommt ein im Wege der Leistungsklage geltend zu machender Anspruch der Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Diese Rechtslage verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Wenn man, wie die Revision meint, annähme, daß es im Vergleich zu den übrigen Regelungen prozessualer Kostenerstattungspflichten willkürlich sei, den Klägern kein Verfahren an die Hand zu geben, durch das sie die ihnen als Antragsgegnern im Beweissicherungsverfahren entstandenen Kosten ersetzt erhalten können, so könnte dies allenfalls dazu führen, den bereits mehrfach erwähnten - und offengelassenen - Weg für zulässig zu erachten, über eine Kostengrundentscheidung im Beweissicherungsverfahren den Zugang zum Kostenfestsetzungsverfahren zu eröffnen.
Die Revision war somit mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018820 |
NJW 1983, 284-285 (Volltext mit amtl. LS) |
ZIP 1982, 1483 |
ZIP 1982, 1483-1485 |
MDR 1983, 204 (Volltext mit amtl. LS) |