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BGH Urteil vom 08.06.2000 - III ZR 187/99 (veröffentlicht am 08.06.2000)

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Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, war im Stadium ihrer Gründung von den Berechtigten damit beauftragt worden, die Reprivatisierung des volkseigenen Grundstücks G.-straße 20 in Leipzig herbeizuführen und dieses Grundstück zum Verkauf zu bringen. Am 29. August 1991 schloß sie mit dem Beklagten einen schriftlichen Maklervertrag, betreffend die Vermittlung des Ankaufs dieses Objekts. In diesem Vertrag heißt es unter anderem:

„Die Käufer sind am Ankauf von Immobilien in der Stadt Leipzig interessiert. Das gegebene Interesse bezieht sich auf Immobilien, die noch reprivatisiert werden müssen, d.h. die gegenwärtig im Grundbuch noch als staatliches Eigentum ausgewiesen sind, bei denen jedoch die Verkäufer entsprechende Ansprüche bei der Stadtverwaltung Leipzig geltend gemacht haben. Der Immobilienmakler reprivatisiert im Auftrag der Verkäufer Immobilien und ist von diesen beauftragt worden, diese Immobilien zum Verkauf zu bringen, wobei sich der Auftrag dabei sowohl auf den Verkauf des Anspruchs vor Reprivatisierung als auch den Verkauf nach erfolgter Reprivatisierung bezieht.

Für die erfolgreiche Vermittlung eines zum Verkauf kommenden Immobilienreprivatisierungsanspruches bzw. einer Immobilie erhält der Immobilienmakler nach erfolgter notarieller Beurkundung vom Käufer:

… Maklerprovision …, … die spätestens 10 Tage nach Eintragung der Auflassungsvormerkung zu zahlen” ist.

Aufgrund dieser Vermittlung erwarb der Beklagte für die Firma P. G. mbH, F., durch notariellen Vertrag vom selben Tage von den Berechtigten die Reprivatisierungsansprüche auf das Grundstück. Das Grundstück wurde in der Folgezeit reprivatisiert; nach dem 1. Januar 1996 wurde zugunsten der Erwerberin eine Auflassungsvormerkung eingetragen.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung der vereinbarten Vermittlungsprovision in rechnerisch unstreitiger Höhe von (noch) 11.970 DM nebst Zinsen.

Der Beklagte hält seiner Zahlungspflicht im wesentlichen entgegen, der Maklervertrag sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig; außerdem sei ein etwaiger Provisionsanspruch verwirkt.

Die Vorinstanzen haben den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt; mit der zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Maklervertrag zwischen der Gründungsgesellschaft und dem Beklagten nicht gegen das Verbot unerlaubter Rechtsberatung (Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG) verstoßen hat.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Verstoß von vornherein bereits tatbestandsmäßig deswegen ausschied, weil einer der Gesellschafter, R., im fraglichen Zeitraum als Rechtsanwalt zugelassen war.

b) Jedenfalls scheitert ein Verstoß daran, daß der Gesellschaft die Reprivatisierung des Grundstücks G.-straße 20 als möglicher Gegenstand der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nicht gegenüber dem Beklagten obgelegen hat. In dem Maklervertrag war vielmehr eindeutig klargestellt, daß die Gesellschaft bei der Reprivatisierung im Auftrag der Verkäufer tätig wurde. Demnach haben beide Vorinstanzen zutreffend festgestellt, daß die Reprivatisierung keine Leistung war, die die Maklerin dem Beklagten versprochen hatte, auch nicht als Inhalt der Vermittlung oder als Bedingung des Entstehens des Provisionsanspruchs. Auch die Revision nimmt ausdrücklich hin, daß die Gesellschaft in dem Vertrag gegenüber dem Beklagten keine Verpflichtung eingegangen war, das Reprivatisierungsverfahren zu betreiben.

c) Entgegen der Auffassung der Revision kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Maklervertrag in einem „unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang” mit der Rechtsbesorgung der Gesellschaft gegenüber den Verkäuferinnen gestanden habe. Das Gelingen der Reprivatisierung war zwar Voraussetzung für das Entstehen des Provisionsanspruchs. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Zustandekommen des Maklervertrages und der Wirksamkeit der auf die Reprivatisierung gerichteten Vereinbarung zwischen der Maklerin und der Verkäuferseite wurde dadurch indessen nicht geschaffen. Es bewendete vielmehr bei der jedem gewöhnlichen Maklervertrag zugrundeliegenden Konstellation, daß das Zustandekommen des Hauptvertrages Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Maklerlohn ist, wobei hier lediglich als zusätzliche tatsächliche Voraussetzung die Reprivatisierung hinzukommen sollte.

2. Der Maklervertrag ist auch nicht mit sonstigen Nichtigkeitsgründen behaftet. Der Umstand, daß der Gesellschafter R. seinerzeit Rechtsanwalt gewesen war, hinderte das wirksame Zustandekommen des Vertrages nicht. Anders als für Notare gibt es keine gesetzliche Vorschrift, die eine makelnde Tätigkeit von Rechtsanwälten allgemein im Sinne von § 134 BGB verbietet (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1991 – IX ZR 303/90 = NJW 1992, 681, 682). Die ständige Ausübung des Berufs eines Maklers ist allerdings für einen Rechtsanwalt unzulässig (BGH aaO m.w.N.). Selbst wenn R. indessen damals durch eine solche ständige Ausübung des Maklerberufs gegen anwaltliches Standesrecht verstoßen haben sollte, bewirkte dies nicht automatisch die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) aller von der Gesellschaft abgeschlossenen Maklerverträge. Denn nicht schon jeder Standesverstoß eines an eine Standesordnung gebundenen Vertragsteils macht das Rechtsgeschäft sittenwidrig; vielmehr kommt es stets auf alle Umstände des Einzelfalls an (Senatsurteil vom 18. März 1999 – III ZR 93/98 = NJW 1999, 2360 = BGHR BGB § 138 Abs. 1 Architektenvertrag 2). Zwar hat der IX. Zivilsenat in seinem Urteil vom 31. Oktober 1991 (aaO) die Sittenwidrigkeit des damals in Rede stehenden Maklervertrages mit der Erwägung verneint, der betroffene Rechtsanwalt sei lediglich in einem durch besondere Umstände geprägten Einzelfall als Makler tätig geworden. Daraus kann indessen nicht die Folgerung gezogen werden, daß sämtliche Maklerverträge einer auf diesem Gebiet gewerblich tätigen Gesellschaft schon deswegen sittenwidrig sind, weil an dieser ein Rechtsanwalt als Mitglied beteiligt ist. Eine so weitreichende Sanktion stünde zu dem Ziel, die Wahrung des anwaltlichen Standesrechtes sicherzustellen, jedenfalls dann außer Verhältnis, wenn – wie hier – der Rechtsanwalt gegenüber dem Kunden (dem Beklagten) allein in seiner Eigenschaft als Makler tätig wird (vgl. Staudinger/Sack, BGB 13. Bearb. 1996 § 138 Rn. 425); vielmehr stellt insoweit bereits die Bundesrechtsanwaltsordnung ein geeignetes und ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluß vom 10. November 1975 – AnwZ (B) 12/75 = LM BRAO § 7 Ziffer 8 Nr. 31 m.w.N.). Der mögliche Standesverstoß wog daher nicht so schwer, als daß er die zivilrechtliche Gültigkeit des hier in Rede stehenden Maklergeschäfts hätte beeinträchtigen können. Ebensowenig verstieß die Vereinbarung einer Maklerprovision gegen das für Rechtsanwälte geltende Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars, da der Gesellschafter R. für den Beklagten gerade nicht als Anwalt, sondern ausschließlich als Makler tätig geworden war (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1991 aaO).

3. Der Provisionsanspruch ist im vorliegenden Fall auch nicht nach § 654 BGB verwirkt.

a) Es kann dahinstehen, ob die Gesellschaft wegen ihrer Beziehungen zur Verkäuferseite, insbesondere wegen der anwaltlichen Tätigkeit des Gesellschafters R. für diese bei der Reprivatisierung der Grundstücke, dieser gegenüber die Stellung eines „Vertrauensmaklers” gehabt hat. Selbst wenn man dies – abweichend von dem Berufungsgericht – bejahen würde, würde dieser Umstand für sich allein genommen noch keinen Fall verbotener Doppeltätigkeit im Sinne des § 654 BGB begründen. Denn nicht mit jeder vermittelnden Tätigkeit nach beiden Seiten verwirkt der Makler seinen Provisionsanspruch gewissermaßen „automatisch”. Entscheidend hierfür ist vielmehr, ob der Makler mit seiner Tätigkeit das Vertrauen und die Interessen seiner Auftraggeber verletzt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn er ihnen seine Tätigkeit für die jeweils andere Seite offenlegt und sich darauf beschränkt, als „ehrlicher Makler” zwischen ihren Interessen zu vermitteln (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. November 1999 – III ZR 160/98 = VersR 2000, 182, 183 m.zahlr.w.N.).

b) In dem hier zu beurteilenden Fall hatte die Gesellschaft in dem schriftlichen Maklervertrag eindeutig und unmißverständlich klargestellt, daß sie im Auftrag der Verkäufer Immobilien reprivatisiere und von diesen beauftragt worden sei, diese Immobilien zum Verkauf zu bringen. Damit hatte die Gesellschaft dem Beklagten insbesondere den wesentlichen Umstand offengelegt, daß sie beim Zustandekommen des Kaufs auch die Interessen der Verkäuferseite wahrnahm. Hierdurch war sie ihrer Informationspflicht im vorbezeichneten Sinne hinreichend nachgekommen. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Immobiliengesellschaft ihre Neutralitätspflicht als Doppelvermittlungsmaklerin nicht konkret verletzt habe, wird von der Revision ausdrücklich hingenommen.

c) Auch eine sonstige schwere Treuepflichtverletzung, die eine Verwirkung des Provisionsanspruchs in analoger Anwendung des § 654 BGB rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Revision erblickt eine solche insbesondere darin, daß die Gesellschaft – unstreitig – nicht offengelegt habe, daß eines ihrer Mitglieder Rechtsanwalt gewesen und als solcher für die Verkäuferseite tätig geworden sei. Der Senat hat bereits Zweifel, ob insoweit überhaupt eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Beklagten bestanden hat. Dagegen spricht nämlich die Erwägung, daß die anwaltlichen Reprivatisierungsbemühungen des Gesellschafters R. eine sachgerechte Vermittlungstätigkeit der Gesellschaft für beide Seiten keineswegs von vornherein ausschlossen. Diese Frage braucht indessen nicht abschließend geklärt zu werden. Dem Berufungsgericht ist jedenfalls darin beizupflichten, daß ein Verstoß der Gesellschaft gegen eine etwaige Offenbarungspflicht nicht ein solches Gewicht hatte, daß er den Wegfall des Provisionsanspruchs (oder eine Anfechtbarkeit des Vertrages wegen arglistiger Täuschung) hätte begründen können. Zwar mag die Pflicht des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten wahrzunehmen, gegenüber der Interessenwahrnehmungspflicht eines Maklers eine größere Intensität haben. Andererseits beschränkte sich die anwaltliche Tätigkeit des Gesellschafters R. auf die Reprivatisierungsbemühungen und diente insoweit auch dem wohlverstandenen Interesse des Beklagten, indem sie die Voraussetzungen für den Erwerb des Grundstücks schaffen sollte. Außerdem war der Umstand, daß und mit welcher Zielrichtung die Gesellschaft auch für die Verkäuferseite tätig wurde, in dem Vertrag offengelegt worden; das mögliche Informationsdefizit betraf dementsprechend nicht die Bindung als solche, sondern lediglich deren Intensität. Die Unvollständigkeit in diesem einen Punkt vermag vor dem Hintergrund der weiteren Feststellung, daß der Gesellschaft eine konkrete Verletzung der Neutralitätspflicht nicht vorgeworfen werden kann, den Bestand des Provisionsanspruchs nicht in Frage zu stellen.

 

Unterschriften

Rinne, Wurm, Streck, Schlick, Dörr

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 08.06.2000 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 541256

NJW-RR 2000, 1502

NZM 2000, 915

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