Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen, unter denen die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann.
Normenkette
BGB § 140; GmbHG §§ 38, 46 Nr. 5
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Krefeld |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Mai 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag der Beklagten abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, daß das Dienstverhältnis, das Gegenstand des Geschäftsführervertrages vom 15. April 1994 ist, am 31. Dezember 1995 beendet worden ist.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 56 % und die Beklagte 44 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien haben am 15. April 1994 einen bis zum 31. Dezember 1995 befristeten Geschäftsführervertrag geschlossen. Dieser Vertrag sollte sich nach § 9 auf unbestimmte Zeit verlängern, wenn er nicht bis zum 30. Juni 1995 gekündigt wurde.
Die Gesellschafter der Beklagten kamen in der Versammlung vom 16. September 1994 zu der Überzeugung, eine Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer S. sei nicht mehr möglich, weil der Kläger gegen Herrn S. in dessen Abwesenheit Aktivitäten mit dem Ziel, seinen Mitgeschäftsführer bei den Gesellschaftern in Mißkredit zu bringen, entwickelt und erklärt habe, wenn S. nicht entlassen werde, werde er seine Geschäftsführertätigkeit zum 31. August 1994 einstellen. Sie faßten demgemäß einstimmig den Beschluß, den Geschäftsführervertrag mit dem Kläger zu kündigen, zumal dieser gegenüber einigen Gesellschaftern die Kündigung verlangt habe, und beauftragten den Geschäftsführer S., die Kündigung gegenüber dem Kläger auszusprechen sowie die Löschung seiner Geschäftsführerstellung beim Handelsregister zu bewirken. Ferner bestellten sie Herrn S. zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten. Dieser teilte dem Kläger mit Schreiben vom 19. September 1994 mit, die Gesellschafter hätten seinem Begehren, den Geschäftsführervertrag fristlos zu „kündigen”, einstimmig entsprochen. Der Vertrag werde daher zum 16. September 1994 aufgelöst. Hilfsweise werde eine außerordentliche fristlose Kündigung und ferner die Anfechtung des Vertrages ausgesprochen. Arbeitspapiere und Endabrechnung sollten ihm per Post zugesandt werden.
Das Landgericht hat dem Antrag des Klägers festzustellen, daß der zwischen den Parteien abgeschlossene Dienstvertrag durch die Kündigung vom 19. September 1994 nicht beendet worden ist, stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten einschließlich ihres Hilfsantrages, die Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 1995 festzustellen, zurückgewiesen. Der Senat hat die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrages richtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das Berufungsgericht die Beendigung des Dienstverhältnisses durch ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 1995 verneint hat.
1. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten am 16. September 1994 beschlossen, das Dienstverhältnis mit dem Kläger fristlos zu kündigen. Der Geschäftsführer S. hat entsprechend dem ihm erteilten Auftrag gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung namens der Gesellschafter durch Schreiben vom 19. September 1994 ausgesprochen. Diese war jedoch, wie rechtskräftig feststeht, mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht wirksam.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch geprüft, ob die unwirksame außerordentliche Kündigung gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann. Die Voraussetzungen für eine derartige Umdeutung hat es für den vorliegenden Fall jedoch zu Unrecht verneint.
a) Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß die Umdeutung der außerordentlichen Kündigung eines Dienstverhältnisses in eine ordentliche Kündigung dann vorgenommen werden kann, wenn nach der Sachlage anzunehmen ist, daß die ordentliche Kündigung dem Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille in seiner Erklärung für den Empfänger der Kündigung erkennbar zum Ausdruck kommt (BGHZ 20, 239, 249 f.; BGH, Urt. v. 28. Januar 1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567, 570; Urt. v. 8. Juli 1982 – III ZR 204/80, WM 1982, 1231, 1232; Urt. v. 12. Januar 1981 – VIII ZR 332/79, WM 1981, 253, 255; Urt. v. 7. Juni 1956 – II ZR 221/55, WM 1957, 1182, 1184).
Da die Kündigung des Dienstvertrages eines Geschäftsführers in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung fällt, ist es erforderlich, daß der Beschluß der Gesellschafter ihren Willen zum Ausdruck bringt, es solle nicht nur eine fristlose, sondern auch eine fristgemäße Kündigung ausgesprochen werden. Dieser Wille muß sich darüber hinaus aus der dem Empfänger der Kündigungserklärung gegenüber abgegebenen Erklärung ergeben.
b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle gegeben.
Das Berufungsgericht verneint das allerdings mit der Überlegung, die Gesellschafter der Beklagten hätten damals überhaupt nicht an die Möglichkeit einer späteren ordentlichen Kündigung gedacht. Damit schöpft es jedoch den Sachverhalt, wie die Revision zu Recht rügt, nicht aus. Aus dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 16. September 1994 ergibt sich, daß die Gesellschafter eine Fortsetzung der Geschäftsführertätigkeit durch den Kläger ablehnten, weil sie eine Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Geschäftsführer S. nicht mehr für möglich hielten. Das war auch der Grund dafür, daß der Beschluß über die Kündigung einstimmig gefaßt wurde. Ferner beauftragten die Gesellschafter Herrn S., die Löschung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei dem Handelsregister zu beantragen. Darüber hinaus beschlossen sie, Herrn S., auf dessen Dienste sie großen Wert legten, zum nunmehr alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer zu bestellen. Daraus ergibt sich, daß die Gesellschafter die Kündigung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger auf jeden Fall erreichen wollten. Daraus folgt ferner, daß die Gesellschafter den Beschluß gefaßt hätten, das Dienstverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen, wenn sie die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt hätten.
Diesen Willen hat der Geschäftsführer S. erkannt und in dem Kündigungsschreiben vom 19. September 1994 umgesetzt. Darin bringt er zum Ausdruck, die Gesellschafter seien mit dem Begehren des Klägers, den Dienstvertrag zu kündigen, zum 16. September 1994 einverstanden. Außerdem sprach er die fristlose Kündigung zum 16. September 1994 aus und erklärte darüber hinaus noch die Anfechtung des Geschäftsführervertrages. Das Schreiben enthält zudem die Mitteilung, dem Kläger würden Arbeitspapiere und Endabrechnung per Post zugesandt. Unter diesen Umständen kommt der Wille der Gesellschafter, den Dienstvertrag mit dem Kläger auf jeden Fall, also auch per 31. Dezember 1995 durch ordentliche Kündigung zu beenden, hinreichend deutlich zum Ausdruck.
Dem mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Begehren der Beklagten war daher zu entsprechen.
Unterschriften
Röhricht, Prof. Dr. Henze, Dr. Goette, Dr. Kapsa, Dr. Kurzwelly
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.09.1997 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 609332 |
NJW 1998, 76 |
NZG 1998, 67 |
ZIP 1997, 1882 |
MDR 1997, 1134 |