Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz der Waisenrenten des für den Tod der Frau verantwortlichen Ehemannes
Leitsatz (amtlich)
Der Schadensersatzanspruch eines (Sozial-)Versicherten gegen den mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Schädiger geht nur dann auf den (Sozial-) Versicherer über, wenn der Vorsatz des Schädigers auch die Schadensfolge umfaßt hat, auf die der Versicherer Leistungen erbringt (Fortführung von BGH LM § 67 VVG Nr. 18 = VersR 1961, 1077).
Normenkette
VVG § 67 Abs. 2; RVO § 1542; BGB §§ 823, 844 Abs. 2
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. April 1984 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 7. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Die bei der klagenden Landesversicherungsanstalt versicherte Ehefrau des Beklagten verstarb nach einem Ehestreit in der Nacht vom 16. auf den 17. November 1979. Der Beklagte ist deshalb rechtskräftig (Urteil des Schwurgerichts vom 14. Mai 1981) wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Die Klägerin hat zwei ehelichen Kindern des Beklagten, die damals bei ihm lebten, Waisenrenten gewährt und Beträge zur Krankenversicherung der Rentner gezahlt; für eines der Kinder, den Sohn Martin G., hat sie auch weiterhin Waisenrente zu entrichten. Mit der Klage nimmt sie den Beklagten auf Ersatz wegen dieser Leistungen sowie auf Feststellung seiner Ersatzpflicht wegen weiterer Aufwendungen für Waisenrente und Krankenversicherungsbeiträge an das Kind Martin G. in Anspruch. Sie behauptet, der Beklagte habe den Tod seiner Ehefrau vorsätzlich verursacht; hilfsweise macht sie geltend, gemäß den §§ 1542 RVO, 67 Abs. 2 VVG auch dann einen Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten erworben zu haben, wenn sich dessen Vorsatz auf die Körperverletzung seiner Ehefrau beschränkt und er deren Tod nur fahrlässig herbeigeführt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der (zugelassenen) Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist im Gegensatz zu dem Schwurgericht und dem erstinstanzlichen Zivilgericht zu der Überzeugung gelangt, der Beklagte habe seine Ehefrau mindestens bedingt vorsätzlich getötet. Auf dieser Grundlage bejaht es die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin den geltend gemachten Schaden zu ersetzen.
II.
Das Berufungsurteil hält den Verfahrensrügen der Revision nicht stand.
1.
Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß gegen den Beklagten begründete Ansprüche seiner Kinder auf Ersatz ihres Unterhaltsschadens infolge des Todes ihrer Mutter (§§ 823, 844 Abs. 2 BGB) nach der auf den Streitfall noch anzuwendenden Vorschrift des § 1542 RVO lediglich in den Schranken des § 67 Abs. 2 VVG auf die Klägerin übergegangen sind, die Klägerin also bei dem Beklagten nur dann Rückgriff nehmen kann, wenn er den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Die entsprechende Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG auf den Regreß nach § 1542 RVO entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 41, 79, 82 ff; 54, 256, 257 f; Urteile vom 9. Mai 1972 - VI ZR 40/71 - VersR 1972, 764, 765 lind vom 21. September 1976 - VI ZR 210/75 - VersR 1977, 149, 150). Das ist jetzt für Schadensfälle nach dem 30. Juni 1983 (Art. II § 22 des Gesetzes vom 4. November 1982 - BGBl. I S. 1450) in § 116 Abs. 6 SGB X gesetzlich geregelt.
2.
Mit Recht beanstandet die Revision jedoch die Beurteilung des Tatgeschehens in der Nacht vom 16./17. November 1979, mit der das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, der Beklagte habe seine Ehefrau zumindest mit bedingtem Vorsatz getötet. Die vom Berufungsgericht angeführten Umstände vermögen die Feststellung vorsätzlicher Tötung nicht zu tragen.
a)
Im rechtlichen Ansatz bedenkenfrei macht das Berufungsgericht den objektiven Geschehensablauf zur Grundlage seiner Überzeugungsbildung von der Willensrichtung des Beklagten bei der Tathandlung. Dabei geht das Berufungsgericht da sich beide Parteien insoweit auf den Inhalt der Strafakten bezogen haben, mit Recht von den tatsächlichen Feststellungen des Schwurgerichts aus. Es verkürzt die strafrichterlichen Darlegungen jedoch in einer dem Verhalten des Beklagten nicht gerecht werdenden Weise, wenn es den Tathergang dahin beschreibt, der Beklagte habe seine Ehefrau "erwürgt". Das Schwurgericht hat dazu folgende Feststellungen getroffen:
"Im weiteren Verlauf des Kampfes fiel die 33 Jahre alte Brigitte G. (= Ehefrau) mit der linken Brustseite heftig quer über eine Sessellehne. Der Angeklagte (= Beklagte) fiel oder stürzte zusätzlich auf sie, wodurch die Wucht der auf dem Brustkorb seiner Frau von der Sessellehne einwirkenden Gewalt verstärkt wurde. Dem Angeklagten gelang es jetzt, seine durch den heftigen Aufprall geschwächte Frau von hinten in den "Schwitzkasten" zu nehmen. Er faßte mit seinem rechten Arm von hinten über die rechte Brust und mit seinem linken Arm unter dem linken Arm seiner Ehefrau hindurch, verschränkte seine beiden Hände und drückte fest zu, um seine sich heftig wehrende Frau zu mißhandeln und endlich zur Ruhe zu bringen. In seiner rasenden und durch den genossenen Alkohol gesteigerten Wut drückte er mit großer Kraft mit dem Arm gegen den Hals seiner Ehefrau und schnürte im Bereich des unteren Schilddrüsenpols die Luftzufuhr und die Halsvenen ab. Die Wirkung dieses den Hals ab schnürenden Griffs wurde noch dadurch verstärkt, daß der Angeklagte seine Frau nach rückwärts in das Schlafzimmer schleppte. Dabei rutschte Frau G. zwangsläufig noch mehr und stärker in diese Umklammerung hinein, während ihr Kopf, der als Widerlager auf dem Brustkorb ihres Mannes auflag, etwas nach vorne gedrückt und dabei die Luftzufuhr noch zusätzlich erschwert wurde. Während der ersten Phase von ca. 1-2 Minuten der insgesamt mindestens 5 Minuten dauernden Gewalteinwirkung auf den Halsbereich setzte sich Frau G. heftig nach Luft ringend zur Wehr. Der Angeklagte mußte erhebliche Kraft aufwenden, um seine ca. 70 kg schwere Ehefrau "im Griff" zu behalten. Danach erlahmte der Widerstand von Frau G.; sie war bewußtlos und starb schließlich etwa 5 Minuten, nachdem der Angeklagte mit seiner massiven Gewalteinwirkung begonnen hatte."
Das Berufungsgericht hätte sich im Rahmen der vom Gesetz vorgeschriebenen Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingehender mit diesen vom Schwurgericht festgestellten und für die Frage des Tötungsvorsatzes bedeutsamen Einzelheiten des komplexen Tathergangs befassen müssen. Seine knappe Beschreibung der Tathandlung als "Erwürgen" läßt das tatsächliche Geschehen in einem falschen Licht erscheinen. Das rügt die Revision mit Recht.
b)
Die unzureichende Auswertung des von den Parteien vorgetragenen Prozeßstoffes durch das Berufungsgericht setzt sich bei der Würdigung der subjektiven Seite der Tat fort. Das Schwurgericht hat dazu festgestellt, der Beklagte habe zwar auch unter Berücksichtigung seines stark alkoholisierten Zustandes (Blutalkoholgehalt: etwa 1,9 Promille) bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt leicht erkennen können, daß eine so lange, starke und gewalttätige Einwirkung auf den Halsbereich seiner Ehefrau zu deren Tod führen konnte; auch sei der Schluß, daß der Beklagte tatsächlich erkannt habe, weiteres Zudrücken könne den Tod seiner Frau herbeiführen, sehr naheliegend. Das Schwurgericht hat dann aber weiter ausgeführt:
"Es bestehen jedoch restliche Zweifel, dies mit der für eine Verurteilung notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Der Hintergrund und die Häufigkeit der handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen dem Ehepaar G. machen zwar deutlich, daß es mit der Ehe - vor allem wegen des Alkoholmißbrauchs des Angeklagten - nicht zum besten stand. Es fehlen aber Anzeichen für einen so großen Haß oder eine solche Wut des Angeklagten auf seine Frau - auch am Tatabend -, daß er deshalb deren Tod mit Billigung in Kauf genommen haben wollte. Seinen Arbeitskollegen gegenüber brachte Karl-Heinz G. gelegentlich zum Ausdruck, daß er seine Frau und seine Familie trotz allem gern habe. Er hätte auch am Tatabend seine Ehefrau ganz gerne mit in der Kantine gehabt" (in der er vor der Tat mit einigen Arbeitskollegen und deren Ehefrauen zusammengesessen hatte).
Auf diese Umstände, aufgrund deren sich das Schwurgericht an der Feststellung eines Tötungsvorsatzes des Beklagten gehindert gesehen und die auch das Landgericht seinem die Klage abweisenden Urteils zugrundegelegt hat, ist das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung nicht eingegangen. Dazu hätte aber, auch wenn das Berufungsgericht an die rechtliche Würdigung des Strafgerichts nicht gebunden war (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO), insbesondere deshalb besonderer Anlaß bestanden, weil das Schwurgericht den Beklagten in einem früheren Urteil vom 17. Juli 1980 zunächst wegen Totschlags verurteilt hatte und dieses Urteil vom Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 4. Dezember 1980 (1 StR 658/80) wegen unzureichender Feststellungen zum Tötungsvorsatz aufgehoben worden war. In diesem Beschluß hatte der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, daß für die Annahme vorsätzlicher Tötung eingehend geprüft werden müsse, welches Ziel dem Beklagten so wichtig war, daß er - um es zu erreichen - den Tod seiner Frau in Kauf nahm. Das Berufungsgericht befaßt sich mit dieser im zweiten Schwurgerichtsurteil erörterten Frage nicht. Es stützt seine Überzeugung vielmehr allein auf die im ersten Strafurteil angestellte, vom Revisionsgericht aber für nicht ausreichend erachtete Erwägung, der Beklagte hätte, wenn seine Tätlichkeiten nur darauf gerichtet gewesen wären, Widerstand bei seiner Ehefrau zu brechen, die Einwirkung beenden müssen, als die Frau bewußtlos geworden war, und meint, für die Dauer seiner Gewalteinwirkung sei keine andere Erklärung ersichtlich, als daß er den Tod seiner Frau billigend in Kauf genommen habe. Dabei läßt das Berufungsgericht unbeachtet, daß der Beklagte nach den Feststellungen des Schwurgerichts nicht lediglich den Widerstand seiner Ehefrau brechen, sondern diese mißhandeln wollte, wofür der Eintritt ihrer Bewußtlosigkeit keine natürliche Grenze setzte. Zudem hat nach diesen Feststellungen, wie ausgeführt, der Beklagte seine bewußtlose Frau nicht lediglich weiterhin "gewürgt", sondern sie - im "Schwitzkasten" haltend - nach rückwärts in das Schlafzimmer zum Bett geschleppt, wobei zwangsläufig für sie die Luftzufuhr abgeschnitten blieb. Danach konzentrierte sich die Gewalteinwirkung des Beklagten in dieser kritischen Phase gerade nicht - wie das Berufungsgericht offenbar annimmt - allein darauf, seine Frau im "Schwitzkasten" zu halten, sondern sie begleitete den vom Beklagten unternommenen Transport, durch den seine Aufmerksamkeit mitbeansprucht gewesen sein kann. Hiermit hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen, bevor es eine andere Möglichkeit für die Fortdauer der Gewalteinwirkung als die von ihm zugrunde gelegte ausschloß. Das Berufungsgericht erwägt auch nicht, welche Bedeutung der erheblichen Alkoholisierung des Beklagten zur Tatzeit und der vom Schwurgericht bejahten Möglichkeit einer auf langjährigen Alkoholmißbrauch zurückzuführenden physischen und psychischen Schädigung des Beklagten für einen Tötungsvorsatz zukommen, obwohl der im Strafverfahren gehörte nervenfachärztliche Sachverständige Dr. K. ausgeführt hat, diese Schädigung habe im Zusammenhang mit der Alkoholisierung des Beklagten zur Tatzeit bewirkt, daß er bei der Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau nicht mehr das richtige Maß eingehalten habe. Schließlich läßt das Berufungsgericht außer Betracht, daß die Sachverständigen Prof. Dr. St. und Dr. Mi. es in ihrem im Strafverfahren erstatteten Gutachten (das das Berufungsgericht zu Unrecht als Gutachten des Institutsdirektors Prof. Dr. Ma. bezeichnet) für durchaus möglich gehalten haben, daß es nach dem Eintritt der Bewußtlosigkeit der Ehefrau des Beklagten trotz nicht mehr bestehender Behinderung der Atmung zu dem tödlichen Verlauf gekommen ist.
Die Beurteilung des Tatgeschehens durch das Berufungsgericht wird deshalb der gebotenen Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zum Vorsatz des Beklagten nicht gerecht. Das Berufungsgericht, das entgegen dem Schwurgericht und dem Landgericht, das sich die strafgerichtlichen Feststellungen zu eigen gemacht hat, zu einer abweichenden Würdigung der inneren Einstellung des Beklagten gelangt, hätte unter den dargelegten Umständen seine Überzeugung eingehender begründen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 - IVa ZR 130/81 - VersR 1983, 477; s.a. Urteil vom 30. April 1952 - II ZR 301/51 - VersR 1952, 223). Wenn dem Berufungsgericht insoweit die - von ihm nicht dargelegte - eigene Sachkunde gefehlt haben sollte, so hätte es sich sachverständig beraten lassen müssen (BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 a.a.O. S. 478). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war hier auch deshalb geboten, weil der Beklagte seine Behauptung, bei der Einwirkung auf seine Ehefrau die Möglichkeit ihres Todes nicht erkannt zu haben, unter Sachverständigenbeweis gestellt und die für den Tötungsvorsatz des Beklagten beweisbelastete Klägerin (Bruck/Möller/Sieg, VVG 8. Aufl., § 67 Anm. 110) ebenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt hatte. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht von der Erhebung dieses Beweises ohne Begründung abgesehen hat.
Bei der Aufklärung der inneren Tatseite war das Berufungsgericht auch nicht etwa, wie die Revisionserwiderung meint, deshalb freier als der Strafrichter gestellt, weil es vorliegend um die Feststellung der Voraussetzungen für eine von Billigkeitsgesichtspunkten getragene Vorschrift geht. Das Gesetz legt in § 67 Abs. 2 VVG die Feststellung der vorsätzlichen Verursachung des Schadens als eine der Voraussetzungen für das Eingreifen der "Billigkeitsregel", wie sie die Revisionserwiderung bezeichnet, fest. Damit sind zugleich auch Aufgabe und Anforderungen für die richterliche Feststellung vorgegeben; für modifizierende Wertungen nach der Billigkeit, die den Vorsatzbegriff selbst verändern müßten, ist für den Richter insoweit kein Raum.
3.
Das Berufungsurteil kann auch nicht gemäß § 563 ZPO aus anderen Gründen aufrecht erhalten werden. Entgegen der Rechtsansicht der Revisionserwiderung reicht es für den Übergang der eingeklagten Ersatzansprüche auf die Klägerin nach den §§ 1542 RVO, 67 Abs. 2 VVG nicht aus, daß der Beklagte sich der vorsätzlichen Körperverletzung seiner Ehefrau mit fahrlässig herbeigeführter Todesfolge schuldig gemacht hat.
a)
Der Rechtsübergang gemäß § 67 Abs. 2 VVG setzt voraus, daß der Täter "den Schaden" vorsätzlich verursacht hat. Es kommt also weder, wie in § 61 VVG, auf die Herbeiführung des Versicherungsfalles an (BGH, Urteil vom 2. November 1961 - II ZR 237/59 - VersR 1961, 1077, 1078), noch reicht es, wie in § 823 Abs. 1 BGB, aus, daß sich der Vorsatz des Täters auf den Eingriff in das geschützte Rechtsgut bezieht. Der Vorsatz muß vielmehr den Schaden selbst umfassen, sich also auch auf die Schadensfolgen erstrecken. Insoweit stehen für das Gesetz der von der Versichertengemeinschaft zu tragende Schädigungsaufwand und die besondere vorwerfbare Weise im Vordergrund, in der der Schädiger diesen Aufwand angerichtet hat. In diesem Sinn ist der Begriff des Vorsatzes in § 67 Abs. 2 VVG mit dem des § 4 Abs. II Nr. 1 Satz 1 AHB vergleichbar. Zu dieser Bestimmung hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, daß sich der Vorsatz auf die Herbeiführung der konkreten Schadensfolge richten muß (Urteile vom 26. Mai 1971 - IV ZR 28/70 - VersR 1971, 806, 807; vom 13. Juli 1971 - VI ZR 140/70 - VersR 1971, 1119, 1121; vom 12. Juli 1972 - IV ZR 23/71 - VersR 1972, 1039 und vom 23. Februar 1983 aaO). Für § 67 Abs. 2 VVG kann nichts anderes gelten. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf den Regreß des Sozialversicherungsträgers erfordert keine abweichende Auslegung. Auch der für den Rückgriff des Sozialversicherungsträgers nach § 640 RVO maßgebende Vorsatzbegriff ist in diesem umfassenden Sinn zu verstehen (BGHZ 75, 328, 330 f). Deshalb ist auch insoweit zwischen vorsätzlicher Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge und vorsätzlicher Tötung zu unterscheiden (zu § 4 AHB vgl. BGH, Urteile vom 26. Mai, 13. Juli 1971 und 12. Juli 1972 aaO). Für diese unterschiedliche Betrachtung fehlt es entgegen Prölss/Martin (VVG 23. Aufl., § 4 AHB Anm. 7) nicht an einleuchtenden sachlichen Gründen. "Schaden" im Sinne des § 67 Abs. 2 VVG ist der Umstand, der die Leistungen des Versicherers auslöst, auf den sich der Regreß bezieht, hier also der Tod der Ehefrau des Beklagten. Der auf Tötung gerichtete Vorsatz ist aber substantiell anders geartet als der Vorsatz, lediglich Verletzungen zuzufügen. Daß die Klägerin auch bei einer "nur" zur Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung führenden Körperverletzung der Frau Sozialleistungen zu erbringen haben würde, vermag entgegen der Rechtsansicht der Revisionserwiderung einen Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten nicht zu begründen. Solche Aufwendungen, die einen anderen Geschehensablauf und einen anderen Schaden voraussetzen und die auch einer anderen Person zugute kämen, hat die Klägerin nicht erbracht; dafür verlangt sie auch keinen Ersatz. Derartige hypothetische Aufwendungen vermögen es angesichts des klaren Wortlauts des § 67 Abs. 2 VVG aber auch nicht zu rechtfertigen, von der erforderlichen vorsätzlichen Herbeiführung des konkreten Schadens im Wege einer den Interessen des (Sozial-)Versicherers günstigeren Auslegung zum Nachteil des Schädigers abzusehen.
b)
Der Ungleichbehandlung von Körperverletzung mit Todesfolge und vorsätzlicher Tötung steht auch nicht, wie die Revisionserwiderung meint, entgegen, daß zwischen beiden Taten nur ein quantitativer, nicht aber ein qualitativer Unterschied bestünde. Dies trifft schon für die haftungsrechtliche Verantwortung nach § 823 Abs. 1 BGB nicht zu, da dort das Leben und die körperliche Unversehrtheit als zwei verschiedene Rechtsgüter aufgeführt sind, die jedes für sich verletzt werden können (OLG Celle VersR 1970, 314, 315; OLG Hamm VersR 1973, 1133, 1134 f; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Mai 1971 aaO). Erst recht verbietet sich deren qualitative Gleichsetzung im Rahmen des § 67 Abs. 2 VVG, bei dem, wie dargelegt, auf die vorsätzliche Herbeiführung des Schadens selbst abzustellen ist.
c)
Nicht gefolgt werden kann der Revisionserwiderung schließlich in der Ansicht, für den Rechtsübergang nach § 67 Abs. 2 VVG müsse deshalb ein weniger weit reichender Vorsatz genügen, weil ein strenges Abstellen auf die vorsätzliche Herbeiführung des Schadens im Streitfall bedeuten würde, daß der Vorsatz des Beklagten auch den Unterhaltsschaden seiner Kinder umfaßt haben müßte. Wie bereits gesagt, ist "Schaden" im Sinne von § 67 Abs. 2 VVG hier der Tod der Ehefrau. Dieser muß deshalb vom Vorsatz des Beklagten umfaßt gewesen sein. Nicht erforderlich ist hingegen, daß der Beklagte sich auch den Umfang der von ihm verursachten Schadensfolgen, im Streitfall also den eingetretenen Unterhaltsschaden seiner Kinder oder gar die dadurch ausgelösten Sozialleistungen der Klägerin, in allen Einzelheiten vorgestellt hat (OLG Celle aaO, OLG Hamm aaO).
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 565 Abs. 1 ZPO zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Dr. Steffen
Dr. Kullmann
Dr. Ankermann
Bischoff
Dr. Schmitz
Fundstellen
Haufe-Index 1456161 |
NJW 1986, 1616 |