Leitsatz (amtlich)

a) Der Kfz-Haftpflichtversicherer kann die Rechte aus einem Forderungsübergang nach § 67 VVG nicht ausüben, wenn der Dritte im Umfang seiner Inanspruchnahme einen Rückgriffsanspruch gegen einen Mitversicherten – hier gegen den berechtigten Fahrer – hat, für den der Versicherer einstehen muß.

b) Bei gefahrgeneigter Arbeit ist die Haftung des Arbeitnehmers nicht beschränkt, soweit dieser als berechtigter Fahrer Versicherungsschutz vom Kfz-Haftpflichtversicherer erhält. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber oder ein Dritter den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat.

 

Normenkette

VVG § 67 Abs. 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 27.11.1969)

LG Bamberg (Urteil vom 10.07.1969)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. November 1969 aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bamberg vom 10. Juli 1969 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Fahrlehrer K. ist mit seinem Personenkraftwagen beim Kläger gegen Haftpflicht versichert. Am 2. April 1966 übergab Kaul sein Fahrzeug der Beklagten, die eine Tankstelle mit Waschanlage unterhält, zum Waschen. Der Tankwart der Beklagten, B., führte den Auftrag aus. Als er das Fahrzeug nach dem Waschen auf dem Grundstück der Beklagten abstellen wollte, rutschte er mit der nassen Schuhsohle vom Kupplungspedal ab, stieß gegen das Fahrzeug des Baumeisters Ko. und klemmte diesen, der gerade am Fahrzeug beschäftigt war, ein. Ko. wurde erheblich verletzt, sein Fahrzeug wurde beschädigt. Der Kläger erbrachte als Haftpflichtversicherer des K. für den Verletzten Ko. Leistungen in Höhe von 12.011,97 DM.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung des gezahlten Schadensbetrages sowie die Feststellung, daß die Beklagte auch alle weiteren Aufwendungen zu ersetzen habe, die der Kläger dem Verletzten Ko. noch zu erbringen habe. Der Kläger begründet seinen Anspruch mit dem Übergang der Schadensersatzforderung, die K. gegen die Beklagte wegen positiver Verletzung des Waschvertrages durch ihren Erfüllungsgehilfen habe.

Die Beklagte lehnt jede Leistung ab, weil sie gegen ihren Tankwart B. einen Regreßanspruch habe. Hierfür habe der Kläger einzustehen, weil B. berechtigter Fahrer gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiter die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Verletzte Ko. hat sich wegen seines Sach- und Personenschadens an den Halter des Kraftfahrzeugs gehalten, bei dessen Betrieb die Schäden entstanden sind (§ 7 StVG). Für die durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs, entstandenen Sach- und Personenschäden konnte K. als Versicherungsnehmer und Fahrzeughalter vom Kläger die Befriedigung der gegen ihn erhobenen Schadensersatzansprüche verlangen (§ 10 AKB). Der Kläger hat seiner Deckungspflicht genügt, indem er an Ko. bisher einen Betrag von 12.011,97 DM gezahlt hat.

Mit dem Berufungsgericht ist weiter davon auszugehen, daß K., der von dem Verletzten auf Ersatz der erlittenen Schäden in Anspruch genommen worden ist, ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen positiver Vertragsverletzung (§§ 631, 276, 278 BGB) erwachsen ist. Denn der Tankwart B. war im Rahmen des mit K. geschlossenen Waschvertrages Erfüllungsgehilfe der Beklagten, die mit dem anvertrauten Fahrzeug keine Sach- und Personenschäden, für die K. als Fahrzeughalter haftete, anrichten durfte. Der Kläger hat kraft Gesetzes (§ 67 Abs. 1 VVG) diesen Schadensersatzanspruch seines Versicherungsnehmers gegen die Beklagte erworben, soweit er den Schaden ersetzt hat, und macht ihn mit der anhängigen Klage geltend.

II. Die Beklagte hält sich nicht für verpflichtet, weil sie im Umfang ihrer Inanspruchnahme durch den Kläger von ihrem Tankwart Ersatz verlangen könne, den der Kläger auf Grund seiner Deckungsverpflichtung gegenüber dem mitversicherten berechtigten Fahrer zu leisten habe. Da auch ein Rückgriffsanspruch der Beklagten gegen ihren Tankwart, wie sie ihn zu haben meint, nach § 10 AKB vom Versicherer gegenüber dem mitversicherten Fahrer zu decken ist (vgl. Prölss, VVG 18. Aufl. Anh. II zu §§ 149 bis 158 k, § 10 AKB Anm. 2; Stiefel/Wussow, Kraftfahrversicherung 8. Aufl. § 10 AKB Anm. 7), würde die Klage eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Denn der Kläger müßte alles, was er von der Beklagten erlangen würde, ihr mittelbar durch seine Leistung an B. wieder zurückgewähren (vgl. RGZ 161, 94, 98; Stiefel/Wussow a.a.O. Anh. zu §§ 10 bis 13 Anm. 18). Hiernach hängt der Ausgang des Rechtsstreits davon ab, ob der Beklagten ein deckungspflichtiger Schadensersatzanspruch gegen ihren Tankwart wegen der von ihm verschuldeten Schäden zusteht.

III. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen ihren Tankwart verneint und dazu ausgeführt: Nach der Rechtsprechung, die vom Reichsarbeitsgericht entwickelt und dann vom Bundesgerichtshof und Bundesarbeitsgericht weitergeführt worden sei, hafte ein Arbeitnehmer, der eine gefahrgeneigte Arbeit verrichte, seinem Arbeitgeber nicht schlechthin für jeden Schaden, den er herbeiführe. Seine Schadensersatzpflicht sei ausgeschlossen oder jedenfalls eingeschränkt, wenn ihm nur ein geringes Verschulden zur Last falle. Das sei im vorliegenden Falle anzunehmen. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, daß es sich bei der Arbeit des B. um eine gefahrgeneigte Tätigkeit gehandelt habe und B. nur ein geringes Verschulden treffe.

Diese Würdigung des Berufungsgerichts – gefahrgeneigte Tätigkeit und geringes Verschulden des Tankwarts – ist nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Hiermit steht aber noch nicht fest, daß die Beklagte von B. einen Ersatz ihres Schadens, der ihr durch die Inanspruchnahme des Klägers entsteht, nicht verlangen kann. Auch ein Arbeitnehmer hat wie jeder andere Schuldner grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit schlechthin zu vertreten. „Die Eigenart der vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste” kann es aber mit sich bringen, „daß auch dem sorgfältigen Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die für sich allein betrachtet zwar jedes Mal vermeidbar waren, mit denen aber angesichts der menschlichen Unzulänglichkeit als mit einem typischen Abirren der Dienstleistung erfahrungsgemäß zu rechnen ist” (BAG NJW 1967, 269/70). Bei den im Interesse des Arbeitgebers erbrachten gefahrgeneigten Arbeiten ist es deshalb gerechtfertigt, dem Arbeitnehmer nicht die Belastung mit solchen Schäden und Schadensersatzansprüchen zuzumuten, die aus der besonderen Gefahr der übertragenen Arbeit folgen und die als solche auch dann zum typischen, vom Unternehmer zu tragenden Betriebsrisiko gehören können, wenn sie im Einzelfall vom Arbeitnehmer schuldhaft herbeigeführt worden sind. Demgemäß wird der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit wegen des bei schadengeneigter Arbeit entstehenden Schadens nicht in Anspruch genommen (BAGE 5, 1 = NJW 1958, 235; BAG AP Nr. 9 zu § 611 BGB – Haftung des Arbeitnehmers – = NJW 1959, 1796; BGHZ 16, 111 = NJW 1955, 458).

Dem innerbetrieblichen Schadensausgleich sind jedoch Grenzen gesetzt. Ein „sozialer Schutz” des Arbeitnehmers erübrigt sich, wenn der von ihm angerichtete Schaden, und zwar ohne Rücksicht auf das Maß seiner Fahrlässigkeit, von einem Pflicht Versicherer zu decken ist. Denn die Deckungspflicht des Pflichtversicherers bewahrt den Arbeitnehmer, soweit er für seine gefahrgeneigte Tätigkeit Versicherungsschutz genießt, vor der persönlichen Belastung mit unzumutbaren Verbindlichkeiten. Ein Schadensausgleich ist entbehrlich, soweit für das Risiko der gefahrgeneigten Tätigkeit des Arbeitnehmers eine eigenständige Sonderregelung eingreift. Das ist der Fall, wenn die gefahrgeneigte Tätigkeit durch eine Haftpflichtversicherung, zu deren Abschluß eine gesetzliche Verpflichtung besteht (Pflicht Versicherung), abgedeckt ist. Soweit die gefahrgeneigte Tätigkeit in den Deckungsbereich der gesetzlich vorgeschriebenen Kfz-Haftpflichtversicherung fällt, sind alle auf das Betriebsrisiko des Fahrzeugs zurückzuführenden Personen- und Sachschäden bis zur Höhe der Mindestversicherungssummen gedeckt. Wesentlich für diese generelle Regelung einer stets vorhandenen Risikodeckung ist, daß sie nicht von dem Zufall abhängt, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Im Umfang des umfassenden Versicherungsschutzes, den die Pflichtversicherung dem Arbeitnehmer bei berechtigtem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs gewährt, besteht kein Grund mehr für ein daneben noch fortbestehendes Haftungsprivileg des Arbeitnehmers, das diesen vor einer unzumutbaren Belastung mit Schadensersatzverbindlichkeiten bewahren soll und zur Erreichung dieses Zwecks das Risiko seiner gefahrgeneigten Tätigkeit dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zurechnet.

Allgemein – auch für eine freiwillig genommene Haftpflichtversicherung – gilt zwar der Grundsatz, daß die Versicherung sich nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung richtet (BAGE 5, 1, 19; vgl. auch BGH AP Nr. 25 zu §§ 898, 899 RVO = NJW 1959, 2205 = VersR 1959, 754; Johannsen in Brück/Möller, VVG 8. Aufl. IV B 69). Dieser Regel ist aber nicht zu folgen, wenn es um die Frage geht, ob das zum Schutz des Arbeitnehmers entwickelte Haftungsprivileg auch dann durchzuführen ist, wenn dafür wegen einer bestehenden Pflichtversicherung keine Notwendigkeit besteht. Die ausnahmslose Durchführung einer Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers auch in diesem Falle würde dazu führen, die nur für den Arbeitnehmer entwickelte Vergünstigung dem Pflichtversicherer zugute kommen zu lassen, obwohl dieser mit einem sich daraus ergebenden Rückgriffsanspruch in der Regel nicht rechnen kann und diesen Anspruch nach den maßgeblichen Grundsätzen für eine Haftungsbeschränkung bei gefahrgeneigter Arbeit auch nur hätte, wenn der Arbeitnehmer leicht fahrlässig gehandelt hätte. Hingegen könnte der Pflichtversicherer keinen Rückgriff nehmen, wenn der durch die Pflichtversicherung gedeckte Arbeitnehmer grob fahrlässig gehandelt hätte.

Dem persönlichen Haftungsprivileg des Arbeitnehmers bei gefahrgeneigter Arbeit steht im vorliegenden Falle die generelle Deckung des berechtigten Fahrers durch die Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber, die seit ihrer Einführung als Pflichtverfsicherung eine eigengesetzliche Entwicklung genommen hat. Hervorgegangen aus einer allgemeinen Haftpflichtversicherung, bei der der berechtigte Fahrer nach den für die Fremdversicherung geltenden Regeln in den Versicherungsschutz mit eingeschlossen werden konnte, aber nicht eingeschlossen werden mußte, schrieb im Jahre 1939 der Gesetzgeber im Interesse des Unfallopfers zwingend die Mitversicherung des berechtigten Fahrers vor. Die Rechtsstellung des mitversicherten Fahrers hat sich im Laufe der Zeit wesentlich verbessert, weil die Pflichtversicherung „auch den Zweck verfolgt, die Mitversicherten aus sozialen Gründen von drückenden Haftpflichtverbindlichkeiten freizustellen” (Amtl. Begründung zu Art. 4 Nr. 5 – § 158 i VVG – des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter vom 5. April 1965, BT-Drucks, IV/2252 S. 31). Die Kfz-Pflichtversicherung gibt jedem berechtigten Führer ein eigenes, selbständiges und der Verfügungsmacht des Versicherungsnehmers entzogenes Recht auf Versicherungsschutz, und zwar ohne Rücksicht auf die Ziele und Absichten, die der Fahrer – seine Fahrberechtigung vorausgesetzt – mit dem Gebrauch des versicherten Fahrzeugs verfolgt. Für den Versicherungsschutz des Fahrers ist es ohne Bedeutung, in wessen Interesse er das versicherte Fahrzeug gebraucht hat. Sein Versicherungsschutz hängt nicht davon ab, ob er durch sein Verhalten nicht nur einen Dritten geschädigt hat, sondern dadurch unter Umständen auch gegenüber seinem Arbeitgeber ersatzpflichtig geworden ist.

Wie umfassend das Betriebsrisiko eines Kraftfahrzeugs durch die Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt ist, kommt u.a. auch darin zum Ausdruck, daß der Versicherbarkeit dieses Risikos in einer anderen Haftpflichtversicherung, in der privaten Haftpflichtversicherung und in der Betriebshaftpflichtversicherung, durch die kleine bzw. große Benzin-/Fahrzeugklausel enge Grenzen gesetzt sind. Leiht sich z.B. jemand von dem Fahrzeughalter einen Kraftwagen mit der Berechtigung, diesen auch von seinem Chauffeur fahren zu lassen, so ist er oder sein Fahrer bei Benutzung des geliehenen Fahrzeugs berechtigter Fahrer und genießt insoweit Versicherungsschutz. Kommt es aber infolge leichter Fahrlässigkeit des Fahrers zu einem Unfall, so wäre der Entleiher, wenn die Auffassung des Berufungsgerichts zutreffend wäre, einem Rückgriffsanspruch des Versicherers ausgesetzt, obwohl er sich gegen einen solchen Anspruch durch eine Haftpflichtversicherung nicht schützen könnte. Das kann nicht rechtens sein. – Soweit eine Versicherung des Fahrzeugsrisikos noch möglich ist (z.B. nach der Sonderbedingung zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und-Handwerk vom 14. Oktober 1970, abgedr. bei Stiefel/Wussow a.a.O. S. 683 ff.), wird darin die Versicherung eines Interesses gegen dieselbe Gefahr, eine Doppelversicherung im Sinne des § 59 VVG mit den sich daraus ergebenden versicherungsrechtlichen Folgen gesehen (siehe Stiefel/Wussow a.a.O. S. 700, und das solche Fälle regelnde Teilungsabkommen der Versicherer, abgedr. bei Stiefel/Wussow a.a.O. S. 701). Festzuhalten ist dabei, daß der Werkstattinhaber, der mit einem fremden Kundenfahrzeug fährt, durch die Pflichtversicherung des Kunden gedeckt ist, für ihn also insoweit keine Versicherungspflicht besteht (Stiefel/Wussow a.a.O. S. 695).

Seit dem neuen Pflichtversicherungsgesetz vom 5. April 1965 ist der Versicherer durch die Gewährung eines unmittelbaren Anspruchs des Geschädigten (§ 3 Hr. 1 PflVersG) neben den ersatzpflichtigen Personen selbst Gesamtschuldner für die Schadensersatzansprüche des Geschädigten geworden (§ 3 Nr. 2 PflVersG). Die Frage, wer im Verhältnis der Gesamtschuldner den Schaden letzthin zu tragen hat, entscheidet § 3 Nr. 9 PflVersG dahin, daß bei einem gesunden Versicherungsverhältnis der Versicherer allein ohne Ausgleichsanspruch den Schaden trägt, den er für den berechtigten Fahrer ersetzt hat. Trägt der Versicherer den Schaden, den der berechtigte Fahrer wie im vorliegenden Falle allein verschuldet hat, so gibt es auch keinen Schadensersatzanspruch, der nach § 67 VVG auf den Versicherer übergehen könnte. Es bliebe allein die Möglichkeit, daß dem Fahrer wegen seines geringen Verschuldens nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur gefahrgeneigten Arbeit ein Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber zustände und dieser Anspruch in entsprechender Anwendung des § 67 VVG auf den Versicherer übergehen würde. Ein Freistellungsanspruch ist aber ausgeschlossen, wenn der Versicherer für den Arbeitnehmer, den berechtigten Fahrer, den Schaden trägt, so daß es an der ersten und wichtigsten Voraussetzung für den Freistellungsanspruch fehlt. Hinzu kommt, daß, von grundsätzlichen Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 67 VVG auf einen Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers/Versicherten abgesehen, ein solcher Forderungsübergang jedenfalls dann auszuschließen ist, wenn es sich um einen seiner rechtlichen Natur nach ganz persönlichen Anspruch handelt, der aus sozialen Gründen nur dem haftpflichtig gewordenen Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Tätigkeit gewährt wird, (vgl. dazu auch BVerwG NJW 1968, 2310, wonach der auf der Fürsorgepflicht des Dienstherrn beruhende Freistellungsanspruch eines Beamten nicht auf den Versicherer übergeht, wenn dieser den Versicherungsfall gedeckt hat).

Die dargelegte Regelung gilt für einen als Kraftfahrer beschäftigten Arbeitnehmer, der auf Grund der von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Pflichtversicherung gegen eine Inanspruchnahme wegen der von ihm verschuldeten Personen- und Sachschäden, die durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs entstehen, als Fahrer versichert ist (vgl. BGHZ 27, 62, 65 = NJW 1958, 1086; LM Nr. 14 zu § 823 (E c) BGB; BAG AP Nr. 30, 36 und 38 zu § 611 BGB – Haftung des Arbeitnehmers –). An dieser Rechtslage ändert sich nichts dadurch, daß nicht der Arbeitgeber, sondern ein Dritter – hier der Fahrlehrer K. – das Fahrzeug versichert hat. Auch diese Pflichtversicherung schützt die gefahrgeneigte Tätigkeit jedes berechtigten Fahrers, soweit sie sich in dem Gebrauch des versicherten Fahrzeugs erschöpft, und zwar nicht nur für den Fall einer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den Verletzten, sondern auch davor, daß der Arbeitgeber wegen des verschuldeten Unfalls Rückgriffsansprüche erhebt (zutreffend OLG Hamburg VersR 1970, 537/38; LG Koblenz VersR 1959, 92/93; ebenso Stiefel/Wussow a.a.O. Anh. zu §§ 10 bis 13 Anm. 18). Der Grund dafür ist in dem gesetzlichen Zwang zum Abschluß einer Pflichtversicherung zu sehen. Denn der Pflichtversicherer hat stets unmittelbar für die Folgen des vom berechtigten Führer ausgelösten Versicherungsfalls einzustehen, und zwar ohne daß ihm für seine Leistung ein Ausgleichs- oder Schadensersatzanspruch zusteht, wenn der versicherte Fahrer die Schäden allein verschuldet hat. Auf den Versicherungsschutz, der auf der Pflicht Versicherung unabhängig von der Person beruht, die den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat – denn jedes zum Straßenverkehr zugelassenes Kraftfahrzeug muß versichert sein –, darf jeder vertrauen, dem der Halter sein Fahrzeug zum Gebrauch überläßt. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob der Berechtigte das Fahrzeug selbst benutzt oder durch seine Leute benutzen läßt, vorausgesetzt, daß er dazu gegenüber dem Halter befugt ist.

Die vorstehende Beurteilung der Rechtslage führt zu angemessenen Ergebnissen. Denn für die Leistung des Versicherers und für einen etwaigen Rückgriffsanspruch kann es keinen Unterschied machen, ob der Geschädigte den Fahrzeughalter oder den Tankstelleninhaber oder dessen Arbeitnehmer in Anspruch nimmt. Hätte der Verletzte im vorliegenden Fall nicht von dem Fahrzeughalter, sondern von dem unmittelbaren Schädiger, von dem Tankwart B., Ersatz seines Personen- und Sachschadens verlangt, so hätte der Kläger als Haftpflichtversicherer für Braun als berechtigten Fahrer leisten müssen. In diesem Fall hätte der Kläger keinen Rückgriffsanspruch gehabt, da B. für den Schaden allein verantwortlich war. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn der Verletzte die Beklagte in Anspruch genommen hätte (§ 831 BGB). Im Umfang ihrer Leistung hätte die Beklagte dann gegen ihren Tankwart einen arbeitsvertraglichen Rückgriffsanspruch, der sich gegen den berechtigten Fahrer richten würde und damit vom Kläger – wiederum ohne Ausgleichsanspruch – zu decken wäre.

Weiter kann es für die Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers nicht darauf ankommen, ob das Fahrzeug des Fahrlehrers K. entgeltlich von einem guten Bekannten, dem Tankstelleninhaber selbst oder von einem seiner Leute gewaschen worden ist. Im ersten Falle wird man kaum ernsthaft daran denken, dem guten Bekannten den Versicherungsschutz, den er als berechtigter Fahrer erhält, einschränken zu wollen, obwohl auch er gegenüber seinem Auftraggeber ersatzpflichtig wird, wenn er beim Fahren des Fahrzeugs einen Dritten schädigt. Gegenüber diesem Fall kann es keinen Unterschied machen, wenn der Inhaber einer kleinen Tankstelle das Waschen des Fahrzeugs übernimmt, die Arbeit selbst verrichtet und dabei als berechtigter Fahrer einen Schaden verursacht. An dieser Rechtslage ändert sich schließlich nichts dadurch, daß der Inhaber einer größeren Tankstelle das Kundenfahrzeug von einem seiner Leute waschen läßt, der berechtigter Fahrer ist, wenn er das Fahrzeug vor oder nach dem Waschen fährt und dabei einen Schaden verursacht. Für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen hat der Unternehmer nach § 278 BGB zwar wie für eigenes Verschulden einzutreten. Hiervon abgesehen verschlechtert sich seine Rechtsstellung aber nicht dadurch, daß er sich eines Erfüllungsgehilfen bedient.

Demgegenüber ist das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt, schwer zu verstehen. Nach dem Berufungsurteil hat die Beklagte keinen Ersatzanspruch gegen ihren Tankwart, sondern muß den von ihm angerichteten Schaden selbst tragen, weil den Tankwart nur ein geringes Verschulden trifft. Bei größerem Verschulden des Tankwarts hätte sie hingegen einen Ersatzanspruch und könnte damit auch dem Rückgriffsanspruch des Klägers erfolgreich mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen. Abgesehen davon, daß bei unbefangener Betrachtung das umgekehrte Ergebnis gerechter erscheint, besteht für eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle kein Grund. Denn der Arbeitnehmer genießt in beiden Fällen durch die Pflichtversicherung Versicherungsschutz und bleibt deshalb ohne Rücksicht auf die Schwere seines Verschuldens ersatzpflichtig.

IV. Die Beklagte kann danach dem Kläger entgegenhalten, daß er alles, was er aus dem Regreß gegen die Beklagte erlangen würde, ihr mittelbar wieder zurückgewähren müßte, weil er verpflichtet ist, den Rückgriffsanspruch der Beklagten gegen ihren Tankwart B. als dem berechtigten Fahrer des Unfallfahrzeugs zu befriedigen. Der deshalb begründete Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung muß unter Aufhebung und Änderung der vorinstanzlichen Entscheidungen zur Abweisung der Klage führen.

 

Unterschriften

Dr. Hauß, Johannsen, Dr. Pfretzschner, Dr. Bukow, Dr. Buchholz

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502447

NJW 1972, 440

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