Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 16.10.1962) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 1962 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war von 1950 bis zum 30. April 1959 als Angestellter bei der Beklagten, und zwar zuletzt als Kalkulator und Arbeitsvorbereiter auf dem Gebiet der Wickeltechnik für elektrische Kleinmotoren tätig. Er arbeitete in der Zeit vom 17. Mai 1957 bis Mitte 1958 gemeinsam mit dem Betriebsangehörigen Kurt G. eine wickeltechnische Neuerung aus, die er als eine patentfähige, zumindest aber als eine gebrauchsmusterschutzfähige Erfindung ansieht und die er der Betriebsleitung der Beklagten gemeldet hat. Die Beklagte wertet diese Neuerung in ihrer endgültigen Form seit Mitte des Jahres 1958 in ihrem Betrieb aus. Da sie es ablehnte, für die Neuerung eine Vergütung zu gewahren, rief der Kläger im November 1958 die Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen beim Deutschen Patentamt an. In dem hierauf eingeleiteten Schiedsverfahren vertrat er zunächst die Auffassung, daß Patentschutz für die nachstehenden Ansprüche verlangt werden könne:
- „Vorrichtung zum Einlegen von Spulen oder Spulengruppen in Ständer elektrischer Maschinen, dadurch gekennzeichnet, daß drei Aufnahmen so vor dem Ständer angebracht werden, daß ein wechselweises Umsetzen möglich ist.
- Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß durch das Umsetzen der Aufnahmen vor dem Einlegen der Spulen oder Spulengruppen eine Verdrillung der Übergangsdrähte der drei Phasen aufgehoben wird.
- Vorrichtung nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß Wicklungen beliebiger Art im geschlossenen oder offenen Zopf lötstellenfrei eingebracht werden können.”
Im Verlaufe des Verfahrens formulierte der Kläger auf die von der Schiedsstelle geäußerten Bedenken den seiner Meinung nach in Betracht kommenden Patentanspruch im Schriftsatz vom 21. Juni 1959 wie folgt:
„Drehstromwicklungen jeder Polzahl, auch polumschaltbar, Einschicht- oder Zweischicht, für elektrische Maschinen, dadurch gekennzeichnet, daß alle Spulengruppen oder Spulen jeder Phase für Pole ungleicher und gleicher Polarität aus ein einzigen fortlaufenden gewickelten Leiter bestehen und in einer Ebene fortlaufend ohne Lötstellen (Serienschaltung) eingebracht werden können, wobei die Polarität (bei Mehrlochwicklungen) vor dem Einlegen durch wechselweises Drehen der Spulengruppen um 180 Grad hergestellt wird.”
Die Schiedsstelle kam schließlich in ihrem Einigungsvorschlag vom 24. September 1959 zu dem Ergebnis, daß eine schutzrechtsfähige Erfindung nicht vorliege. Sie regte jedoch an, daß die Beklagte in Anerkennung der für sie nicht bedeutungslosen Neuerung dem Kläger einen Betrag von 200,– DM zahlen solle. Die Beklagte stimmte dem Einigungsvorschlag zu und überwies dem Kläger den genannten Betrag. Der Kläger dagegen widersprach dem Einigungsvorschlag. Das Schiedsverfahren wurde daraufhin erfolglos beendet.
Nachdem die Beklagte die angebliche Erfindung mit Schreiben vom 29. Dezember 1959 freigegeben hatte, meldete der Kläger sie am 18. Februar 1960 als Patent und hilfsweise als Gebrauchsmuster mit folgenden Ansprüchen an:
- „Vorrichtung zum Einlegen von Spulen oder Spulengruppen in Ständer und Läufer elektrischer Maschinen, dadurch gekennzeichnet, daß durch Drehen der Ständer- oder Läuferaufnahme um ca. 360 Grad die Verdrillung der Ubergangsdrähte nach dem Einlegen aufgehoben wird.
- Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Spulenaufnahmen in der Reihenfolge – Phase III, I, II in der Reihe nebeneinander vor der Ständer- oder Läuferaufnahme angebracht sind.
- Vorrichtung zum Einlegen von Spulen oder Spulengruppen in Ständer und Läufer elektrischer Maschinen, dadurch gekennzeichnet, daß drei Spulenaufnahmen so vor dem Ständer oder Läufer in Reihe nebeneinander angebracht werden, daß ein wechselweises Umsetzen möglich ist.
- Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß durch das Umsetzen der Spulenaufnahmen vor dem Einlegen der Spulen oder Spulengruppen eine Verdrillung der Übergangsdrahte aufgehoben wird.
- Vorrichtung nach Anspruch 1, 2, 3 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß Wicklungen beliebiger Art im geschlossenen oder offenen Zopf in einer Ebene lötstellenfrei eingebracht werden.
- Wicklungen nach Anspruch 1, 2, 3, 4 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß alle Spulen oder Spulengruppen jeder Phase für Pole gleichnamiger und ungleichnamiger Polarität aus einem einzigen fortlaufend gewickelten Leiter bestehen und zur Herstellung der Polarität innerhalb der Wicklung bei Mehrlochwicklungen die Spulengruppen jeder Phase wechselweise um 180 Grad gedreht werden.”
Im Anschluß an den Prüfungsbescheid des Patentamts vom 6. Dezember 1961 ließ der Kläger durch Schriftsatz eines von ihm inzwischen beauftragten Patentanwalts vom 14. Mai 1962 die sechs Patentansprüche zurückziehen und durch den nachstehenden Anspruch ersetzen:
„Verfahren zur Herstellung von lötstellenfreien Einschicht- oder Zweischichtwicklungen von elektrischen Maschinen mittels vorgefertigten, für jede Phase zusammenhängenden Spulen oder Spulengruppen und unter Verwendung einer drehbaren Ständer- oder Lauferaufnahme, dadurch gekennzeichnet, daß das Einlegen der einzelnen Spulen oder Spulengruppen in einer Ebene der Gesamtwicklung in die Nuten eines in der Ständer- oder Lauferaufnahme drehbar aufgenommenen Ständers oder Läufers nach Abnahme der Spulen oder Spulengruppen von für jede Phase nebeneinander vor dem Ständer angeordneten Spulenaufnahmen und noch gegebenenfalls erforderlichen Verdrehen der Spulen um die Längsachse zwecks Erzielung der richtigen Polarität durchgeführt und daraufhin zur jeweiligen Vorbereitung der nächsten Spulen oder Spulengruppen entweder die Spulenaufnahmen umgesetzt, und zwar in der Reihenfolge Phase II vor Phase I, daraufhin Phase III vor Phase II und daraufhin Phase I vor Phase III usw., oder bei feststehenden Spulenaufnahmen in der Reihenfolge Phase III – Phase I – Phase II die Ständern aufnahme jeweils über etwa 360 Grad entgegen der Spulenaufnahmen der Phase II im gleichen Drehsinn weitergedreht wird.”
Das Vorfahren beim Patentamt ist noch nicht abgeschlossen.
Mit der am 31. Mai 1960 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine vom Gericht zu bestimmende angemessene Vergütung abzüglich des bereits geleisteten Betrags von 200,– DM zu zahlen. Der Kläger hat geltend gemacht: Er habe seine schutzrechtsfähige Diensterfindung der Beklagten am 17. Mai 1957 gemeldet. Die Erfindung sei anschließend weiterentwickelt worden. Die Beklagte habe die Erfindung zunächst unbeschränkt und schließlich nach der Freigabe (durch das Schreiben vom 29. Dezember 1959) infolge der Weiterbenutzung beschränkt in Anspruch genommen. Hierdurch habe die Beklagte in ihrem Betrieb erhebliche Einsparungen erzielt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen: Durch die in Rede stehende Neuerung, an deren Ausarbeitung im übrigen außer dem Kläger und dem bereits genannten Ingenieur G. auch andere Betriebsangehörige beteiligt gewesen seien, werde lediglich eine gewisse Ordnung beim Einlegen der Wicklungen erreicht. Es handele sich hierbei nur um einen einfachen technischen Verbesserungsvorschlag, jedenfalls aber nicht um eine schutzrechtsfähige Erfindung. Diesen Standpunkt habe auch die Schiedsstelle eingenommen, deren Entscheidung über die Patentfähigkeit die Parteien sich bindend unterworfen hätten.
Das Landgericht, das den bei der Beklagten angestellten Oberingenieur Franz E. als Zeugen vernommen sowie die Akten des Schiedsverfahrens und die Akten betreffend die Patentanmeldung und die Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, hat die Klage abgewiesen.
Mit der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung hat der Kläger seinen ursprünglichen Vergütungsanspruch weiterverfolgt und hilfsweise die Feststellung begehrt, daß die Beklagte ihm allen Schaden zu ersetzen habe, der ihm dadurch entstanden sei, daß er seine Erfindung nicht bereits am 1. Januar 1958, sondern erst am 18. Februar 1960 zum Patent habe anmelden können. Zur Begründung seines Hilfsantrags hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Fürsorgepflicht bis zum Ende des Jahres 1959 hingehalten und daran gehindert, seine Erfindung schon früher zum Patent anzumelden.
Die Beklagte hat Zurückweisung der Berufung beantragt und behauptet, der Kläger sei auf ihre Anregung nicht eingegangen, die von ihm etwa für patentfähig angesehenen und noch im einzelnen zu bezeichnenden Merkmale beim Patentamt zur Prüfung der Patentfähigkeit selbst anzumelden.
Das Oberlandesgericht, dem die Parteien Modelle für Wickelvorrichtungen vorgeführt haben, hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Verurteilung der Beklagten gemäß seinen Anträgen aus der Berufungsinstanz. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hebt zunächst hervor, daß der Kläger hinsichtlich des Wesens und der Einzelheiten der von ihm beanspruchten Erfindung sowohl im Schiedsverfahren als auch im Patentanmeldungsverfahren jeweils verschiedene Darstellungen gegeben habe. Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der vom Kläger vorgeschlagenen Neuerung um ein Arbeitsverfahren, das dazu bestimmt ist, das Einlegen der fortlaufend, d.h. ohne Lötstellen gewickelten Spulen in die Elektromotoren zu erleichtern. Es geht hierbei, wie das Berufungsgericht darlegt, im wesentlichen um die Verwendung einer Aufnahmevorrichtung für die zu wickelnden Drähte. Diese Vorrichtung, die vor dem Ständer des zu bewickelnden Elektromotors aufgestellt wird, besteht aus drei verschiedenfarbigen Holzklötzen, die lose in einen mit Kanten versehenen Blechkasten eingelegt werden. Beim Einlegen der Spulen werden die Aufnahmeklötze nach einem bestimmten Arbeitsrhythmus ausgewechselt. Die Verdrillung der Drähte nach dem Einlegen wird durch Drehen der Ständer- oder Läuferaufnahme des Motors aufgehoben.
Das Berufungsgericht verweist alsdann auf den im Patenterteilungsverfahren ergangenen Prüfungebescheid vom 6. Dezember 1961, wonach der Kläger gegenüber dem Stand der Technik, wie er sich aus einem Aufsatz in der Zeitschrift „Elektrotechnik” vom Dezember 1952 und aus der deutschen Patentschrift Nr. 722 952 ergebe, als neues Merkmal nur das Ablegen der gewickelten Spulen auf besonderen Spulaufnahmen und das jeweilige Versetzen der Spulaufnahmen beim Wickeln offenbart habe. In diesem Zusammenhang tritt das Berufungsgericht der Ansicht des Prüfers bei, daß das vom Kläger offenbarte Merkmal nicht über das handwerkliche Können hinausgehe und demnach nicht erfinderisch sei. Das Berufungsgericht meint ferner, der Kläger könne auch nicht aufgrund der Neufassung des Patentanspruchs im Schriftsatz vom 14. Mai 1962 mit der Erteilung des Schutzrechts rechnen. Schließlich stellt das Berufungsgericht zusätzlich darauf ab, daß bereits die Schiedsstelle unter Mitwirkung des zuständigen Prüfers des Patentamts die Patentfähigkeit der Erfindung verneint hat. Hierbei läßt das Berufungsgericht die Frage offen, ob der Kläger nicht an diese Stellungnahme der Schiedsstelle gebunden sei, da er ebenso wie die Beklagte sein Einverständnis dazu gegeben habe, daß die Schiedsstelle von sich aus über die Patentfähigkeit der Erfindung entscheide.
Das Berufungsgericht gelangt im übrigen aufgrund eigener Beurteilung zu dem Ergebnis, daß die vom Kläger vorgeschlagene Neuerung nicht patentfähig sei und daß für sie auch ein Gebrauchsmusterschutz nicht in Frage komme, weil sie ein Arbeitsverfahren beschreibe und keine Raumform zum Inhalt habe. Das Berufungsgericht hat deshalb die Voraussetzungen einer Diensterfindung nach § 2 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) vom 25. Juli 1957 nicht für gegeben angesehen und daher dem Kläger die von ihm in erster Linie aus den §§ 9, 10 Abs. 1 des genannten Gesetzes hergeleitete Vergütungsforderung wegen unbeschränkter bzw. beschränkter Inanspruchnahme der technischen Neuerung durch die Beklagte versagt.
Das Berufungsgericht hat es darüber hinaus aber auch abgelehnt, dem Kläger die begehrte Vergütung als Vergütung für einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag im Sinne der §§ 20 Abs. 1, 3 ArbEG zuzubilligen. Zur Begründung hierfür wird in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, die Beklagte habe durch den Verbesserungsvorschlag keine monopolartige Vorzugsstellung erlangt. Sie habe nämlich die vom Kläger entwickelte Neuerung nach dessen eigenem Vorbringen bereits im Jahre 1958 an ihre Zulieferfirmen weitergegeben.
Das Berufungsgericht ist ferner der Auffassung, daß auch der vom Kläger hilfsweise verfolgte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten unbegründet sei, weil er ebenfalls eine patent- oder gebrauchsmusterfähige Erfindung voraussetze.
II. Die Revision, mit der die Verletzung der §§ 9, 10 und 20 ArbEG gerügt wird, führt im Ergebnis zum Erfolg. Das angefochtene Urteil hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Wird zugunsten des Klägers unterstellt, daß die Beklagte die Erfindung im Sinne des § 6 ArbEG als Diensterfindung zunächst unbeschränkt in Anspruch genommen hat, so kommt für den Kläger ein Vergütungsanspruch nach § 10 ArbEG in Betracht.
Wie der Kläger vorbringt und ersichtlich auch das Berufungsgericht annimmt, hat die Beklagte die unstreitig von ihr nicht für ein Schutzrecht angemeldete Erfindung durch ihr Schreiben vom 29. Dezember 1959 zwar freigegeben, die Benutzung jedoch fortgesetzt. Daher liegt keine völlige, sondern lediglich eine beschränkte Freigabe im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 ArbEG vor (vgl. hierzu Volmer, Arbeitnehmererfindungsgesetz, § 8 Bem. 5). Wird unterstellt, daß die Beklagte die Erfindung vorher unbeschränkt in Anspruch genommen hatte, so bedeutet das, daß sie mit ihrem Schreiben vom 29. Dezember 1959 von der unbeschränkten Inanspruchnahme, durch die sie kraft Gesetzes sämtliche übertragbaren Erfindungsrechte erworben hatte (vgl. § 7 Abs. 1 ArbEG; ferner Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 3. Aufl. § 7 Anm. 1), auf die beschränkte Inanspruchnahme übergegangen ist, die nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ArbEG nur ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Erfindung gewährt.
Es ist in der Literatur zwar umstritten, ob der Arbeitgeber jederzeit von der unbeschränkten zur beschränkten Inanspruchnahme einer von ihm nicht zum Schutzrecht angemeldeten Diensterfindung auch gegen den Willen des Arbeitnehmers übergehen kann (so Volmer a.a.O. § 6 Bem. 16) oder ob er das ihm zustehende Wahlrecht mit dessen Ausübung verbraucht hat und infolgedessen die Art der Inanspruchnahme nachträglich nicht mehr einseitig ändern darf (so Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 6 Anm. 23). Diese Frage kann indessen hier auf sich beruhen. Der Übergang von der unbeschränkten zur beschränkten Inanspruchnahme ist jedenfalls dann möglich, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle aber als erfüllt anzusehen; denn der Kläger hat die Erfindung inzwischen selbst zum Patenteangemeldet, und er stützt die Klage ausdrücklich auch auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1 ArbEG, die den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bei beschränkter Inanspruchnahme seiner Erfindung durch den Arbeitgeber betrifft. § 22 Satz 1 ArbEG steht dem einverständlichen Übergang von der unbeschränkten zur beschränkten Inanspruchnahme nicht entgegen, da der Übergang zeitlich nach der Meldung der Erfindung liegt (§ 22 Satz 2 ArbEG).
Mangels ausreichender Feststellungen im angefochtenen Urteil läßt es sich allerdings nicht ausschließen, daß der Kläger die Erfindung bereits vor dem 1. Oktober 1957 und damit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (vgl. § 49 a.a.O.) gemacht, d.h. fertiggestellt, mithin die sich aus. Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre derart erkannt hat, daß sie zum Schutzrecht hätte angemeldet werden können (vgl. hierzu Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 43 Anm. 4, § 5 Anm. 18) c, In diesem Fall wäre die Inanspruchnahme nach dem vorher gültigen Recht, d.h. nach § 4 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Behandlung von Erfindungen von Gefolgschaftsmitgliedern – DVO – vom 20. März 1943 zu beurteilen (§ 43 Abs. 1 und 3 ArbEG; wegen der Inanspruchnahme von nur gebrauchsmusterfähigen Erfindungen vgl. ferner Volmer a.a.O. § 43 Bem. 25). Für die Wertung des Schreibens vom 29. Dezember 1957 wäre das jedoch ohne Bedeutung. Das frühere Recht räumte dem privaten Arbeitgeber (im Gegensatz zu dem öffentlichen Dienstherrn, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 DVO) zwar nur das Recht zur unbeschränkten Inanspruchnahme einer Diensterfindung ein. Gegen einen nach Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen einverständlich erfolgten Übergang von der unbeschränkten zur beschränkten Inanspruchnahme einer Diensterfindung bestehen aber keine rechtlichen Bedenken, und zwar um so weniger, als auch nach dem früheren Recht im Einverständnis mit dem Erfinder eine nur teilweise Inanspruchnahme bzw. eine teilweise Freigabe erfolgen konnte (vgl. Riemenschneider/Barth, Die Gefolgschaftserfindung, § 4 DVO Anm. 6). Bei beschränkter Inanspruchnahme bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 10 Abs. 1 ArbEG. Mit Rücksicht darauf, daß die Beklagte die Erfindung im Einverständnis mit dem Kläger nicht zum Patent- oder Gebrauchsmusterschutz angemeldet, sie aber sogleich in Benutzung genommen hat und nach Lage der Sache – jedenfalls zunächst – keine andere Verwertung in Betracht kam, kann es dabei im vorliegenden Falle hinsichtlich des Vergütungsanspruchs so angesehen werden, als ob die Beklagte die angebliche Diensterfindung von vornherein nur beschränkt in Anspruch genommen hätte.
2. Der hiernach zunächst in Betracht zu ziehende Vergütungsanspruch des Diensterfinders aus § 10 Abs. 1 ArbEG bei beschränkter Inanspruchnahme hängt, wie die Revision mit Recht hervorhebt, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht davon ab, ob ein Patent- oder Gebrauchsmusterschutz erlangt wird. Der Anspruch entsteht vielmehr nach dem Gesetzeswortlaut, „sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung beschränkt in Anspruch genommen hat und sie benutzt” (vgl. hierzu auch BGH GRUR 1963, 135, 136 – Cromegal). Er endet, von den allgemeinen Erlöschensgründen des bürgerlichen Rechts abgesehen, grundsätzlich erst dann, wenn der Arbeitgeber die Benutzung der Erfindung einstellt oder wenn der Arbeitgeber die Erfindung zwar benutzt, diese aber infolge des Fehlens eines Schutzrechts so weit bekannt geworden ist, daß sie auch von Wettbewerbern berechtigterweise benutzt wird (vgl. hierzu Reimer/Schade/Schippel a.a.O. Anm. 8 bis 10).
Die Anwendung des § 10 Abs. 1 ArbEG im vorliegenden Streitfall setzt aber voraus, daß die Beklagte die vom Kläger gemeldete technische Neuerung – falls diese nach dem 30. September 1957 und damit nach Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen fertiggestellt worden ist – als Diensterfindung im Sinne des § 2 ArbEG zunächst unbeschränkt in Anspruch genommen und nicht nur als technischer Verbesserungsvorschlag in Benutzung genommen hat (vgl. § 6 ArbEG). Ist die Erfindung bereits vor dem 1. Oktober 1957 fertiggestellt worden, so beurteilt sich die Inanspruchnahme, wie erwähnt, nach § 4 Abs. 1 und 2 DVO. In diesem Falle käme die Vergütungsforderung aus § 10 Abs. 1 ArbEG nur in Frage, wenn die Beklagte die Neuerung als patentfähige Erfindung in Anspruch genommen hätte. Denn für Erfindungen, die nur gebrauchsmusterfähig sind, enthielt das alte Recht keine zwingende Vergütungsregelung. Eine solche ist auch durch das neue Recht nicht nachträglich geschaffen worden. § 43 Abs. 3 ArbEG sieht von einer Rückwirkung des materiellen Rechts des Gesetzes auf gebrauchsmusterfähige Erfindungen ab, die Rückwirkung ist in Abs. 1 a.a.O. nur für patentfähige Erfindungen angeordnet.
Ob die Beklagte die vom Kläger gemeldete Neuerung trotz ihres Bestreitens (im Schriftsatz vom 16. Mai 1961, S. 10 zu IV) unter den angeführten Gesichtspunkten rechtswirksam in Anspruch genommen hat, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor.
Die Beklagte hat die Inanspruchnahme nicht schriftlich erklärt. Dies ist an sich unschädlich. Auf die in § 6 Abs. 2 Satz 1 ArbEG ebenso wie in § 4 Abs. 2 Satz 1 DVO vorgeschriebene Schriftform, die allein Beweißzwecken dient (vgl. Volmer a.a.O. § 6 Bem. 25), kann verzichtet werden (BGH GRUR 1963, 135 – Cromegal). Das Berufungsgericht hat aber auch keine anderweitigen Tatsachen festgestellt, auf deren Grundlage die hier zu entscheidende Rechtsfrage beurteilt werden könnte. Die vom Berufungsgericht als unstreitig behandelte Tatsache, daß die Beklagte die Neuerung seit Mitte des Jahres 1958 in ihrem Betrieb benutzt, führt hier nicht weiter. Auch die vom Berufungsgericht festgestellte Freigabe der Erfindung (durch das Schreiben vom 29. Dezember 1959) zwingt nicht zu dem Schluß, daß die Beklagte die Neuerung vorher als Diensterfindung anerkannt und in Anspruch genommen hat. Der Inhalt der Freigabeerklärung ist im Berufungsurteil nicht niedergelegt und auch sonst aus den Akten nicht ersichtlich. Es ist daher durchaus denkbar, daß die Beklagte, wie sie in ihrem Schriftsatz, vom 9. Januar 1962, S. 5 behauptet, dem inzwischen aus ihrem Betrieb ausgeschiedenen Kläger lediglich mitgeteilt hat, sie habe nichts dagegen einzuwenden, wenn er seine vormeintliche Erfindung selbst zum Patent anmelde. Eine Mitteilung solchen Inhalts läßt sich aber durchaus mit der Annahme vereinbaren, daß die Beklagte die Neuerung nur als technischen Verbesserungsvorschlag in Benutzung genommen hat.
Somit bedarf es zunächst unter Berücksichtigung des wiederholten Vorbringens der beiden Parteien, ihrer Beweisantritte und der bereits vorliegenden, bisher aber nicht gewürdigten Zeugenaussage des Oberingenieurs E. (vgl. Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 23. Dezember 1960) einer eingehenden, dem erkennenden Senat entzogenen Prüfung der Frage, welche mündliche Erklärungen gegenüber dem Kläger nach Meldung der Neuerung innerhalb der in § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbEG bzw. in § 4 Abs. 2 Satz 1 DVO vorgesehenen Frist abgegeben worden sind. Falls in diesen Erklärungen eine Inanspruchnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 ArbEG oder des § 4 Abs. 1 DVO erblickt werden sollte, wird ferner zu untersuchen sein, ob sie von Persönlichkeiten der Beklagten ausgesprochen worden ist, die hierzu kraft Gesetzes, im Rahmen der Satzung oder aufgrund einer Sondervollmacht ermächtigt waren (vgl. § 71 AktG, § 167 Abs. 1 BGB). Eine Sondervollmacht zur Abgabe der hier in Rede stehenden Inanspruchnahmeerklärung könnte z.B. der Oberingenieur E. besessen haben, der seinerzeit als technischer Betriebsleiter und Prokurist der Beklagten tätig gewesen ist (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 21. Oktober 1960, S. 7 zu III), und mit dem der Kläger in erster Linie verhandelt hat. In diesem Zusammenhang wird gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob und inwieweit die Beklagte die etwaigen Erklärungen des Oberingenieurs E. nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht (vgl. hierzu Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 22. Aufl., § 173 Anm. 4 mit Rechtsprechungshinweisen) gegen sich gelten lassen muß.
Die aufgezeigten Feststellungen sind für die Beurteilung des aus § 10 Abs. 1 ArbEG hergeleiteten Vergütungsanspruchs nicht etwa deswegen entbehrlich, weil das Berufungsgericht von sich aus die Schutzfähigkeit der strittigen Neuerung geprüft und verneint hat. Das Berufungsgericht hat mit seiner Feststellung, daß die Neuerung – zur Zeit der etwaigen Inanspruchnahme – nicht schutzfähig gewesen sei, die ihm eingeräumte Entscheidungsbefugnis überschritten. Es durfte den entsprechenden Einwand der Beklagten nicht beachten. Der Einwand stünde der Beklagten, wie die Revision zutreffend unterstreicht, nur dann zur Seite, wenn die mangelnde Schutzfähigkeit sich aus einer – formell rechtskräftigen, gegen jedermann wirkenden – Entscheidung des Patentamts oder eines Gerichts ergeben würde (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 ArbEG; ferner Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 10 Anm. 18 und Volmer a.a.O. § 10 Bem. 14 bis 16). Der Vergütungsanspruch des Klägers bliebe übrigens auch in diesem Falle unberührt, soweit er bis zur rechtskräftigen Entscheidung fällig geworden ist (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz ArbEG).
Es kann schließlich auch nicht, wie die Beklagte meint, die Rede davon sein, daß die vom Kläger angerufene Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen beim Deutschen Patentamt die mangelnde Schutzfähigkeit der Neuerung mit bindender Wirkung festgestellt habe. Beide Parteien haben sich zwar auf Anregung der Schiedsstelle damit einverstanden erklärt, daß diese zu der Frage Stellung nehme, ob der Gegenstand der vom Kläger durchgeführten Entwicklung bei einer Anmeldung vermutlich als patentfähig angesehen worden wäre (vgl. das Schreiben der Schiedsstelle vom 12. März 1959 an beide Parteien, Bl. 20 der Akten des Schiedsverfahrens). Die Schiedsstelle hat alsdann in ihrem Zwischenbescheid vom 15. Juni 1959 (Bl. 28 a.a.O.) und in den Gründen ihres Einigungsvorschlags vom 24. September 1959 (Bl. 46 a.a.O.) die Auffassung vertreten, daß mit der Erteilung des Schutzrechts nicht hätte gerechnet werden können. Diese Äußerung der Schiedsstelle kann nicht als ein beide Parteien und damit auch den Kläger bindender Schiedsspruch gewertet werden. Die Schiedsstelle wird im Rahmen der ihr durch das Gesetz übertragenen Befugnisse nicht als Schiedsgericht tätig. Sie hat, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen, keine materielle Entscheidungsbefugnis und kann infolgedessen einen Schiedsspruch auch dann nicht fällen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam darum bitten (vgl. hierzu Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 28 Anm. 5; Volmer a.a.O. § 28 Bem. 2 bis 4 und 8). Der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hätte sich nur dann der Bedeutung eines Schiedsspruchs nähern können, wenn die Parteien sich untereinander vorher verpflichtet hätten, gegen den Einigungsvorschlag keinen Widerspruch nach § 34 Abs. 3 ArbEG einzulegen (vgl. Reimer/Schade/Schippel a.a.O.). Für eine solche Absprache fehlt ebenso jeder Anhalt wie dafür, daß die Parteien die Schiedsstelle etwa mit der Erstattung eines Schiedsgutachtens zu der hier strittigen Frage (vgl. hierzu Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 27. Aufl., Grundz. § 1025 Anm. 3 A) beauftragt haben. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Schiedsstelle befugt gewesen wäre, ein derartiges Gutachten abzugeben.
3. Sollte das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangen, daß der mit der Klage verfolgte Vergütungsanspruch mangels rechtswirksamer Inanspruchnahme nicht auf § 10 Abs. 1 ArbEG gestützt werden kann, wird es sich auch erneut mit der Frage befassen müssen, ob die vom Kläger vorgeschlagene Neuerung einen qualifizierten Verbesserungsvorschlag im Sinne der §§ 20 Abs. 1, 3 ArbEG darstellt. Eine derartige Neuerung hätte die Beklagte als Arbeitsergebnis ohne förmliche Inanspruchnahme verwerten dürfen (vgl. hierzu Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 3 Anm. 4, § 6 Anm. 8). Die bisherigen Ausführungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Abweisung des Vergütungsanspruchs nicht, soweit er unter dem angeführten Gesichtspunkt geltend gemacht wird. Die etwaige Vorzugsstellung der Beklagten im Sinne des § 20 Abs. 1 ArbEG ist jedenfalls nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, dadurch untergegangen, daß ihre Zulieferer nach der vom Kläger entwickelten Neuerung arbeiten. Denn mangels eines anderweitig aufgeklärten Sachverhalts ist davon auszugehen, daß die Zulieferer die Neuerung nur für die Beklagte anwenden dürfen und zur Geheimhaltung verpflichtet sind. Sofern sich dies nicht schon aus den Verträgen ergab, hätte die Beklagte ihren Zulieferern eine entsprechende Auflage machen müssen. Falls die Beklagte eine derartige Maßnahme unterlassen haben sollte, so hätte sie sich den Verlust der etwaigen Vorzugsstellung selbst zuzuschreiben und könnte sich hierauf nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) dem Kläger gegenüber nicht berufen.
Das Berufungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil lediglich festgestellt, daß die Beklagte die vom Kläger vorgeschlagene Neuerung in ihrer endgültigen Form seit Mitte des Jahres 1958 in ihrem Betrieb auswertet. Da der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen die Neuerung bereits am 17. Mai 1957 gemeldet hat, ist nicht ausgeschlossen, daß die Beklagte entsprechend ihrer Behauptung (im Schriftsatz vom 21. Oktober 1960, S. 7 zu III) mit der Verwertung schon vor dem 1. Oktober 1957 und damit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen begonnen hat, mag auch die Neuerung ihre endgültige, insbesondere die für eine Anwendung des Arbeitsverfahrens in der Praxis geeignete Form erst zu einem späteren Zeitpunkt erlangt haben. Sollte dies zutreffen, dann kann § 20 Abs. 1 ArbEG nicht angewandt werden (vgl. § 43 Abs. 4 a.a.O.). In diesem Fall würde das Berufungsgericht aber zu prüfen haben, ob der Anspruch des Klägers, worauf die Revision in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, nach dem früheren Rechtszustand gerechtfertigt werden könnte (vgl. hierzu Volmer a.a.O. § 43 Bem. 27, § 20 Bem. 8 ff mit weiteren Hinweisen).
4. Sollte sich das Berufungsgericht auch wiederum mit dem aus § 823 Abs. 2 BGB, § 13 Abs. 1 ArbEG hergeleiteten Hilfsanspruch des Klägers auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten befassen müssen, so ist zu beachten, daß der Kläger nach seinem eigenen Vortrag (vgl. Klageschrift vom 20. Mai 1960, S. 2) der Nichtanmeldung zum Patent zugestimmt hat. Damit ist die in § 13 Abs. 1 ArbEG festgelegte Anmeldepflicht der Beklagten entfallen (vgl. § 13 Abs. 2 a.a.O.). In jedem Falle hätte der Kläger zunächst aber zu beweisen, daß bei rechtzeitiger Anmeldung ein rechtsbeständiges Schutzrecht erlangt worden wäre (vgl. Reimer/Schade/Schippel a.a.O. § 13 Anm. 10).
III. Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diesem mußte auch die Entscheidung über die Kosten der Revision vorbehalten bleiben, weil sie von dem noch Ungewissen Ausgang des Rechtsstreits abhängt.
Unterschriften
Dr. Nastelcki, Bock, Spreng, Claßen, Schneider
Fundstellen
Haufe-Index 1502345 |
MDR 1964, 481 |