Leitsatz (amtlich)
a) Computer-Programme sind grundsätzlich einem Urheberrechtsschutz als Schriftwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG oder als Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG zugänglich.
b) Zu den Anforderungen an das Erfordernis der persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG) bei Computerprogrammen.
Normenkette
UrhG § 2 Abs. 1 Nrn. 1, 7, Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.02.1983) |
LG Mannheim |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 1983 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Beklagten zu 1 und zu 3 erkannt und den Beklagten zu 2 gemäß Nr. I, 4 des Urteilstenors (Vernichtung der Datenträger) verurteilt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht, zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Beitreibung ausstehender Verbindlichkeiten befaßt. Die Beklagte zu 1 ist eine im EDV-Geschäft tätige Gesellschaft, die von den Beklagten zu 2 und 3 im Jahre 1979 gegründet worden ist und ihre Geschäfte am 1. September 1979 aufgenommen hat. Vertretungsberechtigter Geschäftsführer ist der Beklagte zu 2; bis zum 24. April 1981 war daneben auch der Beklagte zu 3 Geschäftsführer. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Beklagten berechtigt sind, ein – zumindest unter Mitwirkung des Beklagten zu 2 für die Klägerin erstelltes – Computerprogramm für das Inkassowesen anderweitig einzusetzen und zu verwerten.
Die Klägerin beauftragte durch Vertrag vom 24. März 1976 den Beklagten zu 2, der seinerzeit noch bei der Firma N. AG als Programmierer tätig war, mit der Erstellung eines Inkasso-Programms. Das Programm sollte dazu dienen, die beim Inkassoverfahren anfallenden Arbeitsvorgänge unter Einsatz eines zuvor von der Klägerin erworbenen Computer-Systems 8870/2 abzuwickeln. Für die Erstellung des Programms einschließlich des Pflichtenhefts sowie für die Einweisung des Bedienungspersonals war ein Festpreis von 20.000,– DM vereinbart.
Der Beklagte zu 2 Führte seine Arbeiten für die Klägerin am Feierabend und an den Wochenenden fast ausschließlich im Betrieb der Klägerin durch.
Er formulierte das zu entwickelnde Programm zunächst in seinen Grundzügen in einem Pflichtenheft. Endgültiges Arbeitsergebnis ist das von der Klägerin als Anlage A (sogenannte S.-Version) mit der Klage im Druck vorgelegte „SW.-Inkasso-Programm”. Dieses der Klägerin im Quellencode überlassene Programm ist bei ihr seit Ende 1978 in Betrieb. Das Programm ist in der Computersprache COBOL abgefaßt. Für seine Arbeiten stellte die Klägerin dem Beklagten zu 2 Informationen und Unterlagen zur Verfügung. Teile des Programms (so u.a. die Postleitzahl-, Gerichts- und Schuldnerdatei) sind im Betrieb der Klägerin erarbeitet worden.
Im Frühjahr 1979 überließ die Klägerin aufgrund eines Lizenzvertrages die Nutzung des SW.-Inkassoprogramms im Objektcode für 80.000,– DM der Firma M.-GmbH in M. Der Copyright-Vermerk des lizenzierten Programms lautet auf die Klägerin, als Autor wird der Beklagte zu 2 genannt. Der Beklagte zu 2 führte die zur Anpassung des Programms an den Betrieb der Firma M. erforderlichen Installationsarbeiten durch. Außerdem entwickelte er für die Firma M. unter Einsatz des dem Inkasso-Programm der Klägerin zugrundeliegenden Quellenprogramms weitere Zusatzprogramme. Er erhielt für diese Zusatzarbeiten von der Firma M. ca. 5.000 DM. Die Klägerin hatte sich dem Beklagten zu 2 gegenüber zur Zahlung von 10.000,– DM verpflichtet. Der Beklagte zu 2 betrachtet diese Geldleistung als Entgelt für sein Einverständnis mit der Lizenzierung; die Klägerin sieht darin eine Vergütung für die zusätzlichen Programmierungsarbeiten des Beklagten zu 2 bei der Firma M. Das bei der Firma M. eingerichtete Inkasso-Programm hat die Klägerin ausgedruckt als Anlage B (sogenannte M.-Version) ihrer Klage beigefügt.
Die Klägerin trat im Jahre 1979 weiter in Lizenzverhandlungen zur Firma E.-Inkasso und Handelsauskunftei in M. Mit Schreiben vom 24. Juli 1979 teilte ihr die Firma Inkasso mit, daß sie vor. ihrem Angebot Abstand nehme. Einige Tage vorher, am 19. Juli 1979, hatte die Firma E.-Inkasso mit dem Beklagten zu 2 einen Lizenzvertrag über ein EDV-Programmpaket „integrierte Inkassoabrechnung” in der COBOL-Sprache für das N.-Computer-System 8870 geschlossen. Von der vereinbarten Vergütung von 45.000,– DM haben die Beklagten nach ihren Angaben bislang 41.000,– DM erhalten. Das von dem Beklagten zu 2 im Herbst 1979 installierte Programm begann ab Januar 1980 bei der Firma E.-Inkasso zu laufen. Die Unterlagen für dieses Programm wurden am 13. März 1980 bei einer Durchsuchungsaktion im Rahmen eines auf eine Anzeige der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg beschlagnahmt. Das bei der Firma E.-Inkasso vorhandene Programm wurde vom Landeskriminalamt auf eigene Platten überspielt. Es handelt sich dabei um das von der Klägerin ausgedruckt als Anlage C (sogenannte Euro-Version) mit der Klage vorgelegte Programm.
Während seiner Arbeiten im Betrieb der Klägerin, die er im November 1979 einstellte, hatte der Beklagte zu 2 Programmkopien für sich erstellt. Am 13. Oktober 1979 hatte er das gesamte SW-Inkasso-Programm einschließlich der Postleitzahl- und Amtsgerichtsdatei auf eine mitgebrachte Magnetplatte überspielt.
Die Klägerin hält die Verwertung des für sie erstellten Inkasso-Programms durch die Beklagten aus urheberrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und vertraglichen Gründen für unberechtigt und nimmt sie auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz sowie auf Vernichtung von Datenträgern in Anspruch.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe an dem Inkasso-Programm, das als urheberrechtsschutzfähiges Werk zu beurteilen sei, ein ausschließliches Nutzungsrecht erworben. Zur Schutzfähigkeit hat sie ausgeführt, bei Computerprogrammen seien in der Grobeinteilung die Analysephase, die Projektierungs- oder Designphase und die Programmierungsphase zu unterscheiden. Das Ergebnis der Analysephase, das schriftlich in einem Pflichtenheft niedergelegt sein könne, sei als Sprachwerk, die graphisch gestalteten Datenflußpläne als Darstellungen technischer Art und die codierten Programme wiederum als Sprachwerk urheberrechtsschutzfähig. Die schöpferische Individualität ihres Programms sei schon durch die insgesamt 30.000 Einzelbefehle geprägt; das codierte Programm weise einen eigenartigen Programmierstil und die für den Werkcharakter notwendige Gestaltungshöhe auf. Dies zeige sich in der leistungsfähigen Verknüpfung vielfältiger Merkmale und Möglichkeiten, die durch die ausgedruckten Programmlisten sichtbar gemacht sei und bereits bei der Formulierung der Problemlösung im Pflichtenheft sowie bei den späteren Schritten der Programmierung ihre besondere Form gefunden habe.
Die Klägerin sieht sich zumindest als Miturheber des Programms, da sie mit ihren Mitarbeitern bei der Entwicklung des Programms den weit überwiegenden Anteil geleistet habe; und zwar nicht nur in der Analyse- und Designphase, sondern auch in der Programmierphase. Der Beklagte zu 2 habe von insgesamt 63 Einzelprogrammen lediglich 34 codiert.
Bei Abschluß der Vereinbarung vom 24. März 1976 sei sie – die Klägerin – sich mit dem Beklagten zu 2 darüber einig gewesen, daß sie Eigentümerin des Programm: werden und zu dessen ausschließlicher Verwertung berecht solle; durch die Erstellung des Programms habe sich einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber ihren wollen. Auch bei der Abwicklung des Vertrages habe der Beklagte zu 2 wiederholt versichert daß sämtliche Verwertungsrechte bei ihr liegen sollten. Sie erstmals im Frühjahr 1978 eine kommerzielle Verwertung des Programms ins Auge gefaßt habe, habe der Beklagte zu 2 ihre Berechtigung dazu mündlich bestätigt und im Mai 1978 einen Copyright-Vermerk codiert, der in branchenüblicher Weise zum Ausdruck bringe, daß die Verwertungsrechte bei ihr lägen. Dafür spreche auch, daß der Beklagte zu 2 das Programm in für sie verwertbarem Quellencode erstellt habe.
Ihr – der Klägerin – stehe ein Unterlassungsanspruch zu, weil sich die Beklagten berühmten, zur Vermarktung des vom Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise kopierten SW-Inkasso-Programms berechtigt zu sein. Die Beklagten hätten auch bereits unzulässige Verwertungshandlungen vorgenommen. So habe der Beklagte zu 2 der Firma M. ohne ihr Einverständnis das Quellenprogramm überlassen und dort Zusatzprogramme gegen Zahlung einer Vergütung installiert; das der Firma M. übergebene Programm (Anlage B) sei mit dem Programm identisch. Weiter sei der Beklagte zu 2 auch nicht zum Abschluß eines Lizenzvertrages mit der Firma E.-Inkasso und zur Überlassung des als Anlage C ausgedruckten Programms berechtigt gewesen. Der Unterlassungsanspruch sei im übrigen auch aus wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten (§§ 1, 17 Abs. 2, 18 UWG) begründet, da der Beklagte zu 2 vertragswidrig Dokumentationsunterlagen und Programmlisten, deren Inhalt geheim gewesen sei, mitgenommen und verwertet habe.
Aufgrund des Verhaltens der Beklagten zu 1 und 2 sei ihr – der Klägerin – bereits jetzt ein bezifferbarer Schaden von 48.936,60 DM entstanden. Durch den Abschluß des Lizenzvertrages mit der Firma E.-Inkasso sei ihr ein Gewinn einschließlich Mehrwertsteuer von 45.200,– DM entgangen. Außerdem habe sie für ein Rechtsgutachten zur Klärung der urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Fragen ein Honorar von 3.736,60 DM zahlen müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Computerprogramme und Dateien mit einem integrierten Inkasso-, Bearbeitungs- und Abrechnungssystem für außergerichtliche und gerichtliche Mahnfälle sowie für die gesamte Zwangsvollstreckung, gleich in welcher Programmablauffolge, unabhängig von der benutzten Programmierungssprache und dem verwandten Computersystem anzubieten, feilzuhalten, zu verkaufen, zu verwerten und/oder dafür zu werben, und zwar,
Computerprogramme gemäß Anlage B
(ausgedruckte sogenannte …M-Version)
und/oder
Computerprogramme gemäß Anlage C
(ausgedruckte sogenannte …E-Version)
und/oder
Computerprogramme, bei …Erstellung verkörperte Dokumentationsunterlagen oder Programmlisten gemäß Anlage A
(ausgedruckte sogenannte S-Version) benutzt werden,
- festzustellen, daß gier Beklagte zu 2 verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer 1 in nicht verjährter Zeit bis einschließlich 31.8.1979 entstanden ist und daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer 1 seit 1.9.1979 entstanden ist und noch entstehen wird,
- den Beklagten zu 2 zu verurteilen, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft über alle Handlungen gemäß Ziffer 1 in nicht verjährter Zeit bis einschließlich 31.8.1979 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft über alle Handlungen gemäß Ziffer 1 für die Zeit ab 1.9.1979 zu erteilen, und zwar jeweils insbesondere Auskunft über die Zahl der angebotenen, feilgehaltenen oder verkauften Programme gemäß, Ziffer 1, das Datum des Angebots, Feilhaltens oder Verkaufs, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie Käufer von Programmen gemäß Ziffer 1. Den Beklagten bleibt vorbehalten, nach ihrer Wahl die Namen und Anschriften von Angebotsempfängern oder Käufern nicht der Klägerin, sondern einem von ihnen benannten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob der Name und die Anschrift eines bestimmten Angebotsempfängers oder Käufers in der Auskunft enthalten ist, sowie die Herstellungskosten und Verkaufspreise der angebotenen, feilgehaltenen oder verkauften Programme gemäß Ziffer 1,
- die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 48.936,60 DM nebst 13 % Zinsen hieraus seit 4. Mai 1981 sowie 13 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu bezahlen,
- die Beklagten zu verurteilen, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Datenträger, insbesondere Magnetplatten und ausgedruckte Computerprogramme, welche Computerprogramme gemäß Ziffer 1 verkörpern oder enthalten, zu vernichten, oder, soweit es sich um Magnetplatten handelt, physisch zu löschen.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 2 sei alleiniger Urheber des für die Klägerin erstellten Inkasso-Programms; die Klägerin habe lediglich Anregungen gegeben und Gehilfentätigkeit entfaltet. Der Beklagte zu 2 habe als Programmierer mit dem Aufbau der Stammdaten und der Datendivision die eigentlich schöpferische Leistung erbracht. Zu den Stammdaten gehörten die für erforderlich erachteten persönlichen Daten des Schuldners, die Datendivision betreffe die Festlegung, wie die einzelnen Bausteine und Sätze des Programmierers aussehen. Hieraus folge die Gliederung. der Felder, die Zuordnung von Buchstaben, Zahlen und sonstigen Symbolen zu bestimmten örtlichen Punkten auf dem Speicher oder auf dem Bildschirm.
Der Beklagte zu 2 habe der Klägerin an dem SW-Inkasso-Programm lediglich ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt, so daß es ihnen – den Beklagten – unbenommen sei, dieses Programm durch Vergabe von Lizenzen zu verwerten. Bei Abschluß des Vertrages über die Erstellung des Inkassoprogramms habe man an eine Vermarktung noch nicht gedacht und demzufolge – was unstreitig ist – in dem schriftlichen Vertrag die Nutzungsfrage nicht geregelt. Gegen die Übertragung einer ausschlichen Nutzungsbefugnis auf die Klägerin spreche auch die Höhe des gezahlten Entgelts.
Im übrigen haben die Beklagten bestritten, das SW-Inkasso-Programm zu verwerten. Sie setzten ein erheblich verbessertes Programm ein.
Die Beklagten sind weiter der Ansicht, daß ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Die Verwendung des SW-Inkasso-Programms durch die Klägerin habe sich inzwischen auf die Bearbeitung von mehr als 200.000 laufenden Inkassofällen ausgeweitet und mache nach § 36 UrhG eine Anpassung der Vergütung des Beklagten zu 2 erforderlich.
Das Landgericht hat der Klage mit den Anträgen Zu 1 – 4 stattgegeben und sie mit dem Antrag zu 5 abgewiesen. Es hat die Urheberrechtsschutzfähigkeit des SW-Inkasso-Programms verneint, seine Verwertung durch die Beklagten aber nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig beurteilt.
Nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 3 aus der Beklagten zu 1 haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit sich die Anträge zu 2 und 3 bezüglich des Beklagten zu 3 auf einen über den 24. April 1981 hinausgehenden Zeitraum beziehen und soweit sich der Antrag zu 5 auch gegen den Beklagten zu 3 richtet.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (Urteil abgedruckt in GRUR 1983, 300 ff.) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen die Verurteilung zur Unterlassung gemäß dem Klageantrag zu 1 wie folgt beschränkt und neu gefaßt:
Den Beklagten wird … untersagt, im geschäftlichen Verkehr Computer-Programme und Dateien mit einem integrierten Inkasso-, Bearbeitungs- und Abrechnungssystem für außergerichtliche und gerichtliche Mahnfälle sowie für die gesamte Zwangsvollstreckung, gleich in welcher Programmablauffolge, unabhängig von der benutzten Programmiersprache und dem verwandten Computersystem einzusetzen oder sonstwie zu vervielfältigen, anzubieten oder in Verkehr zu bringen, und zwar
Computer-Programme gemäß Anlage A
(ausgedruckte sogenannte Version) und
Computer-Programme gemäß Anlage C.
Den weitergehenden Antrag der Klägerin, in die Verurteilung zu 1
Computer-Programme gemäß Anlage B
(ausgedruckte sogenannte M-Version)
und/oder Computer-Programme, bei deren Erstellung verkörperte Dokumentationsunterlagen oder Programmlisten gemäß Anlage A
(ausgedruckte sogenannte S-Version)
auch mittelbar, benutzt wurden und/oder werden
einzubeziehen, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen; die Verurteilung zur Zahlung nebst Zinsen (Antrag zu 4) hat das Berufungsgericht ohne Auferlegung der Mehrwertsteuer aufrechterhalten. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht auch dem Klageantrag zu 5 in der vor der Klägerin in der Berufungsinstanz geänderten Fassung wie folgt stattgegeben:
Die Beklagten zu 1 und 2 werden verurteilt, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Datenträger, wie insbesondere ausgedruckte Computer-Programme, zu vernichten, oder, soweit diese in ihrem Eigentum stehen, wie insbesondere Magnetplatten, zu löschen oder unlesbar zu machen, sofern diese Datenträger Computer-Programme gemäß dem Antrag zu 1 enthalten.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Unterlassungsantrag zu 1, soweit er teilweise abgewiesen worden ist, weiter. Die Beklagten begehren mit ihrer Revision die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Die Parteien haben wechselseitig die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage abweichend vom Landgericht nicht wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten, sondern wegen Urheberrechtsverletzung (§§ 97, 98 i.V.m. §§ 15 Abs. 1, 16, 17, 23, 31 Abs. 3 UrhG) überwiegend für begründet erachtet. Es hat das SW-Inkassoprogramm als ein urheberrechtlich geschütztes Werk beurteilt und die nach § 2 Abs. 2 UrhG notwendige persönliche geistige Schöpfung in der Sammlung und Anordnung des verarbeiteten Stoffes gesehen. Dabei hat es offengelassen, auf welcher Stufe der Entwicklung zum betriebsfertigen Programm schutzfähige Leistungen erbracht worden sind; ebenso hat es dahinstehen lassen, ob der Beklagte zu 2 als Allein- oder als Miturheber anzusehen ist. Darauf komme es nicht an, weil der Beklagte zu 2 der Klägerin in jedem Falle das ausschließliche Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 3 UrhG) an dem Inkasso-Programm eingeräumt habe. Die Beklagten seien daher zur Verwertung des Programms nicht berechtigt. Neben dem gegen alle drei Beklagten gerichteten urheberrechtlichen Anspruch auf Verbot der Verwertung des Inkassoprogramms stehe der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 auch ein entsprechender vertraglicher Anspruch zu.
Da die Beklagten sich einer Verwertungsberechtigung berühmten, sei das Unterlassungsbegehren der Klägerin begründet. Das Verbot erstrecke sich allerdings nur auf die ausgedruckt als Anlagen A und C zur Klage vorgelegten Computer-Programme; nicht dagegen – mangels einer rechtswidrigen Verwertungshandlung – auf das Programm gemäß Anlage B und – mangels eines ausschließlichen Bearbeitungsrechts der Klägerin – auch nicht auf die mittelbare Benutzung der Dokumentationsunterlagen und Programmlisten gemäß Anlage A.
Der Auskunfts-, Schadensersatz- und Vernichtungsanspruch sei, soweit die Beklagten gegen das Verbot der Verwertung der Programme gemäß den Anlagen A und C verstoßen haben, in vollem Umfang begründet. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe dem Beklagten zu 2 nicht zu.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung insoweit stand, als der Beklagte zu 2 gemäß den Anträgen zu 1 – 4 (Unterlassung, Feststellung, Auskunft und Schadensersatz) verurteilt worden ist. Im übrigen führt die Revision der Beklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Vertragliche Ansprüche
Gegen den Beklagten zu 2 ist die Klage überwiegend (mit den Anträgen zu 1 – 4) bereits aufgrund der zwischen ihm und der Klägerin bestehenden vertraglichen Beziehungen begründet. Der Beklagte zu 2 hat die vertragliche Nebenpflicht verletzt, sich jeder Verwertung des SW-Inkassoprogramms zu enthalten.
a) Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist ausschließlich die Klägerin und nicht auch der Beklagte zu 2 berechtigt, das SW-Inkasso-Programm zu verwerten. Das Berufungsgericht hat seine Feststellungen insoweit zwar im Rahmen der urheberrechtlichen Frage getroffen, ob der Beklagte zu 2 der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 und 3 UrhG eingeräumt hat; es hat daran anschließend aber zutreffend darauf hingewiesen (BU 34), der Klägerin stehe neben dem urheberrechtlichen Anspruch auf Verbot der Verwertung des SW-Inkasso-Programms durch die Beklagten auch ein entsprechender vertraglicher Anspruch gegenüber dem Beklagten zu 2 zu.
Ein solches Verbot ist in der schriftlichen Vereinbarung vom 24. März 1976, die das Berufungsgericht zu Recht als Werkvertrag beurteilt hat, zwar nicht ausdrücklich enthalten. Dies schließt aber nicht aus, daß es entweder mündlich oder aufgrund eines stillschweigend-schlüssigen Verhaltens vereinbart worden ist. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aufgrund der Umstände des Vertragsabschlusses und der Vertragsdurchführung unter Berücksichtigung des von der Klägerin mit der Erstellung des Inkasso-Programms verfolgten Zwecks ohne Rechtsverstoß gefolgert, die Vertragsparteien seien sich darüber einig gewesen, daß der Beklagte zu 2 von der Verwertung des Programms ausgeschlossen sein sollte. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Beklagte zu 2 habe das Programm zu einer Zeit erstellt, als er angestellter Programmierer bei der Firma N. gewesen sei und eine Eigennutzung für ihn ferngelegen habe. im übrigen ergebe sich aus den Bekundungen der Zeugen, daß die Vertragsparteien sowohl bei den Vertragsvorverhandlungen als auch bei der Vertragsdurchführung von der alleinigen Verwertungsberechtigung der Klägerin ausgegangen seien; der Beklagte zu 2 habe darauf hingewiesen, kein Interesse daran zu haben, das Arbeitsergebnis oder die bei der Programmerarbeitung erlangten Kenntnisse für sich oder Dritte zu verwerten. Er habe u.a. geäußert, das Programm werde „exklusiv” für die Klägerin erstellt, es „gehöre … ausschließlich” der Klägerin, diese habe die Eigentumsrechte, bzw. die Klägerin könne die Entwicklungskosten durch Lizenzierung und Verwertung des Programms auf dem Markt wieder hereinholen, sie könne mit dem Programm machen, was sie wolle. Einen zusätzlichen Hinweis darauf, daß ausschließlich die Klägerin zur Verwertung des Programms berechtigt sein solle, hat das Berufungsgericht weiter darin gesehen, daß der Geschäftsführer der Komplementärgesellschafterin der Klägerin in dem Lizenzvertrag mit der Firma Merkur als Lizenzgeber bezeichnet ist und daß der in dem Programm eingearbeitete Copyright-Vermerk die Klägerin als Vervielfältigungsberechtigte nenne.
Diese vom Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbare tatrichterliche Vertragsauslegung und Beweiswürdigung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit die Revision der Beklagten meint, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß für die Vollständigkeit des schriftlichen Vertrages eine Vermutung spreche und daß auch der Zweckübertragungsgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG – seine Anwendung hier unterstellt (vgl. zur Anwendung des Urheberrechts nachfolgend unter II 2) – der Annahme einer ausschließlichen Nutzungsberechtigung der Klägerin entgegenstehe, beachtet sie nicht ausreichend, daß beide Gesichtspunkte nur zum Tragen kommen, wenn bei der Auslegung Zweifel am Inhalt der Vereinbarung bleiben.
Das ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen aber nicht der Fall. Auch die Rüge der Revision greift nicht durch, das Berufungsgericht habe aus der von den Zeugen wiedergegebenen Erklärung des Beklagten zu 2, das Inkasso-Programm „gehöre” der Klägerin bzw. sie sei „Eigentümerin”, keine Schlüsse ziehen dürfen. Nach der Lebenserfahrung kann nicht davon ausgegangen werden, die Vertragsparteien könnten mit der Erklärung gemeint haben, es gehe allein um das Sacheigentum an den beim Programmieren verwendeten oder entstandenen Dokumentationsunterlagen und Datenträgern; zumal die Vertragspartner im EDV-Bereich nicht unerfahren sind und der Beklagte zu 2 in seiner Berufungsbegründung selbst eingeräumt hat, ihm sei aufgrund seiner damaligen Stellung bekannt gewesen, daß Software-Entwicklungen vermarktet werden. Nach dem Sachvortrag der Parteien und dem Inhalt der Zeugenaussagen ist anzunehmen, daß bei den Vertragspartnern ungeachtet der von ihnen verwendeten Begriffe zumindest die laienhafte Vorstellung bestanden hat, daß die Klägerin das Inkasso-Programm – unter Ausschluß des Beklagten zu 2 – allein verwerten sollte.
In diesem Zusammenhang konnte das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung auch berücksichtigen, daß der mit der Programmerstellung verfolgte Zweck, der Klägerin einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen., nur erreichbar war, wenn die Nutzung des Programms ausschließlich in den Händen der Klägerin lag und es dem Beklagten zu 2 verwehrt war, es selbst durch Vergabe von Lizenzen zu verwerten; es konnte sich weiter darauf stützen, daß der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Klägerin gegenüber der Firma M. als Lizenzgeber bezeichnet worden ist, daß der vom Beklagten codierte Copyright-Vermerk die Klägerin als Vervielfältigungsberechtigte auswies und daß für den damals bei der Firma N. angestellten Beklagten zu 2 eine eigene Verwertung fernliegend war. Soweit die Revision der Beklagten die Zeugenaussagen abweichend vom Berufungsgericht würdigt, ist dies revisionsrechtlich unbeachtlich.
Nach alledem ist einer vertraglichen Nebenpflicht des Inhalts auszugehen, daß dem Beklagten zu 2 die Verwertung des SW-Inkasso-Programms untersagt ist.
b) Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu 2 auch ohne Rechtsverstoß in dem aus dem Urteilsausspruch zu 11 ersichtlichen Umfang zur Unterlassung verurteilt.
Es hat dabei zutreffend angenommen, daß die für die Begründetheit der (vorbeugenden) Unterlassungsklage notwendige Begehungsgefahr bereits aufgrund der Berühmung in dem Schreiben des späteren Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 23. November 1979 besteht, mit der die Beklagten gegenüber der Klägerin das Recht zur Nutzung des Inkasso-Programms für sich allein in Anspruch genommen haben und von der sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch im Laufe des Rechtsstreits nicht abgerückt sind. Die Revision der Beklagten greift das Berufungsurteil insoweit nicht an. Darüber hinaus ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 aber auch deshalb begründet, weil der Beklagte zu 2 nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen unrechtmäßige Verwertungshandlungen vorgenommen hat (vgl. dazu nachfolgend unter II 1 c aa) und Wiederholungsgefahr besteht.
aa) Das Berufungsgericht hat das Unterlassungsgebot auch zutreffend auf die Inkasso-Programme gemäß den Anlagen A (sogenannte S-Version) und C erstreckt. Das als vertragliche Nebenpflicht vereinbarte Verwertungsverbot umfaßt zwar in erster Linie nur das der Klägerin zur ausschließlichen Nutzung überlassene Inkasso-Programm (Anlage A). Nach seinem oben unter II 1 a herausgestellten Zweck ist das Verwertungsverbot aber dahin auszulegen, daß dem Beklagten nicht nur die identische, sondern auch die im wesentlichen identische Übernahme des Programms gemäß der Anlage A verboten werden sollte; davon ist auch das Berufungsgericht – wenn auch in anderem Zusammenhang – ausgegangen. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, das sich insoweit bedenkensfrei auf das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen J. stützen konnte, ist das in den Programmlisten der Anlage C ausgedruckte Inkasso-Programm, wie es der Beklagte zu 2 der Firma E.-Inkasso im Rahmen des Lizenzvertrages überlassen hatte, mit dem der Anlage A im wesentlichen identisch. Soweit die Revision der Beklagten vorbringt, das bei der Firma E.-Inkasso letztlich eingerichtete Inkassoprogramm sei mit demjenigen der Klägerin nicht identisch, läßt sie unbeachtet, daß Gegenstand des Klageantrags und des Urteilsausspruchs nicht das tatsächlich bei der Firma E.-Inkasso eingesetzte Programm ist, sondern lediglich die beschlagnahmte konkrete Programmfassung gemäß Anlage C (BU 40).
bb) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Revision der Klägerin, daß das Berufungsgericht den Unterlassungsanspruch nicht such auf Programme gemäß Anlage B (sogenannte M-Version) und des weiteren auf Programme erstreckt hat, bei deren Erstellung verkörperte Dokumentationsunterlagen oder Programmlisten gemäß Anlage A auch mittelbar benutzt worden sind oder benutzt werden. Insoweit hat das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagten zu 1 – 3 zu Recht abgewiesen.
Bei dem Inkasso-Programm gemäß Anlage B handelt es sich nach dem unstreitigen Sachverhalt um ein Programm, das aus dem SW-Inkasso-Programm der Klägerin und weiteren vom Beklagten zu 2 für die Lizenznehmerin entwickelten Zusatzprogrammen besteht. Soweit es das für die Klägerin gefertigte Programm enthält, wird das von der Klägerin erstrebte Verbot bereits durch die Untersagung der Verwertung von Programmen gemäß der Anlage A erfaßt. Die Verwertung der vom Beklagten zu 2 zusätzlich gegen besonderes Entgelt bei der Lizenznehmerin eingerichteten Programme kann die Klägerin nicht verbieten, da diese Zusatzprogramme nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht von der Klägerin herrühren und sie daran auch keine Rechte erworben hat. Die Frage, ob der Beklagte zu 2 – wie die Revision der Klägerin meint – bei der Erstellung der sogenannten M-Version nicht lizenzierte Teile des Programms der Klägerin verwertet hat, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich; es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, daß diese Programme nicht schon von dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verbot der Verwertung von Programmen gemäß Anlage A erfaßt werden.
Die vorstehenden Erwägungen, die gegen das Bestehen eines Verwertungsverbots bezüglich der Programme gemäß Anlage A/B sprechen, gelten im übrigen nicht nur für die aus den vertraglichen Abreden zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 herzuleitenden Unterlassungsansprüche, sondern auch für etwaige Ansprüche aus dem Urheberrecht – die Urheberrechtsschutzfähigkeit des Programms der Klägerin unterstellt (vgl. dazu nachfolgend unter II 2) – und dem Wettbewerbsrecht. Das Berufungsgericht hat daher die Klage mit dem Unterlassungsanspruch bezüglich des Programms gemäß Anlage B zu Recht gegen alle drei Beklagten abgewiesen.
Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage aber auch insoweit abgewiesen, als die Klägerin das Verbot der Verwertung von Computer-Programmen verlangt hat, bei deren Erstellung verkörperte Dokumentationsunterlagen oder Programmlisten gemäß Anlage A auch mittelbar benutzt worden sind oder benutzt werden. Der von der Klägerin insoweit geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheitert bereits daran, daß es an entsprechenden Verletzungshandlungen fehlt; bei der von der Klägerin angeführten Überlassung von Programmlisten des Originalprogramms an die Firma L. und der – von den Beklagten bestrittenen – Vorführung von Originalausdrucken des SW-Inkasso-Programms in der Geschäftsstelle in H. handelt es sich nicht um eine mittelbare Benutzung von Listen und Unterlagen im Sinne des Klageantrags zu 1 in der ihm von der Klägerin in der Berufungsinstanz gegebenen Fassung. Es fehlt aber auch an der für eine vorbeugende Unterlassungsklage notwendigen (Erst-) Begehungsgefahr; der oben angeführten Berühmung in dem Schreiben vom 23. November 1979 kann nicht entnommen werden, daß die Beklagten auch eine nur mittelbare Benutzung beabsichtigten. Darüber hinaus könnte dem auf ein Verbot der mittelbaren Benutzung verkörperter Dokumentationsunterlagen oder Programmlisten gerichteten Unterlassungsantrag aber auch deshalb nicht entsprochen werden, weil er die Unterlagen und Listen nicht konkret bezeichnet und daher nicht hinreichend bestimmt ist.
Etwas anderes … nur dann gelten, wenn das Verwertungsverbot sich auf alle bei der Erstellung des SW-Inkasso-Programms verwendeten Dokumentationsunterlagen und auf alle Programmlisten erstrecken würde. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da das Programm der Klägerin eine Vielzahl von allgemein zugänglichen und verwertbaren Daten enthält, wie z.B. die Postleitzahl- und die Gerichtsdatei sowie einfach gestaltete Formulare. Vorstehende Erwägungen stehen dem auf ein Verbot der mittelbaren Benutzung von Dokumentationsunterlagen und Programmlisten gerichteten Unterlassungsanspruch unabhängig davon entgegen, ob er aus Vertrag, Urheberrecht (§§ 97, 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 16, 17, 31 Abs. 3 UrhG) oder aus Wettbewerbsrecht (§ 1 UWG oder §§ 17, 18 UWG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB) herzuleiten wäre. Es kann deshalb auch hier dahingestellt bleiben, ob überhaupt Urheberrechts- und Wettbewerbsansprüche bestehen (vgl. nachfolgend unter II 2 und 3). Der auf ein Verbot der mittelbaren Benutzung gerichtete Unterlassungsantrag erweist sich daher schon jetzt gegen alle drei Beklagten als unbegründet, so daß die Revision der Klägerin insoweit ungeachtet der gebotenen Teilaufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung zurückzuweisen ist. Der aus dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 abgeschlossenen Vertrag herzuleitende Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu 2 würde überdies auch daran scheitern, daß das vereinbarte Verwertungsverbot dem Beklagten zu 2 nur eine identische oder im wesentlichen identische Übernahme verbietet (vgl. dazu oben unter II 1 b aa). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Vertragsauslegung des Inhalts rechtfertigen könnten, daß dem Beklagten zu 2 nach dem beiderseitigen Parteiwillen auch eine nur mittelbare Benutzung sämtlicher Dokumentationsunterlagen und Programmlisten verboten werden sollte. Auch einem etwaigen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch ständen zusätzliche Gründe entgegen. Denn handelte es sich bei der mittelbaren Benutzung des SW-Inkassoprogramms um eine abhängige Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG, so wäre diese bereits von einem Verbot der Verwertung des Programms gemäß Anlage A umfaßt. Im Falle einer freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG könnten urheberrechtliche Ansprüche ohnehin nicht geltend gemacht werden.
c) Das Berufungsgericht hat weiter ohne Rechtsverstoß die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 2 festgestellt (Urteilsausspruch zu I 2) und den Beklagten zu 2 zur Auskunftserteilung (Urteilsausspruch zu I 3) und zur Zahlung eines Schadensersatzes von 48.936,60 DM (Urteilsausspruch zu I 5) verurteilt.
aa) Der Schadensersatzanspruch ist aus positiver Vertragsverletzung begründet, da der Beklagte zu 2 das vertraglich vereinbarte Verbot einer Verwertung des SW-Inkasso-Programms schuldhaft verletzt hat.
Zur Begründung der, geltend gemachten Ansprüche reicht vorliegend bereits die vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffene Feststellung aus, daß der Beklagte zu 2 durch den Abschluß und die Erfüllung des Lizenzvertrages mit der Firma E.-Inkasso- und Handelsauskunftei … KG in M. das bestehende Verwertungsverbot fahrlässig verletzt hat. Die vom Berufungsgericht insoweit; getroffene Feststellung, das von dem Beklagten zu 2 der Firma E.-Inkasso angebotene Programm sei mit dem SW-Programm der Klägerin im wesentlichen identisch, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird gestützt durch das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten J., aus dem hervorgeht, daß das der Firma E.-Inkasso überlassene und bei ihr beschlagnahmte Programm (Anlage C) mit dem der Klägerin „in Programm-Design und Programmierung” im wesentlichen gleich ist. Entgegen der Ansicht der Revision des Beklagten läßt sich aus der Regelung des Leistungsumfangs im Lizenzvertrag mit der Firma E.-Inkasso nichts Gegenteiliges herleiten. Denn dort heißt es lediglich, Gegenstand des Lizenzvertrages solle auch sein, die Firma E.-Inkasso bei der Anpassung ihres Betriebes an das angebotene Programm zu beraten und diese zu ändern, sofern das erforderlich werde. Daß nach dem Vorbringen der Beklagten bei der Firma E.-Inkasso letztlich ein anderes als das Programm gemäß Anlage C eingesetzt worden sein soll, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn maßgebend ist die vom Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei getroffene Feststellung, daß es ohne das zeitlich später erfolgte Angebot eines mit dem Programm im wesentlichen identischen Programms durch den Beklagten zu 2 zu einem erfolgreichen Abschluß eines Lizenzvertrages der Klägerin mit der Firma E.-Inkasso gekommen wäre. Da die Klägerin nach den insoweit unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Konkurrenz und die Firma E.-Inkasso an einem Inkasso-Programm der vorliegenden Art interessiert war und bis zum Dazwischentreten des Beklagten zu 2 auch ernsthafte Vertragsverhandlungen mit der Klägerin geführt hatte, ist die Annahme des Berufungsgerichts durchaus naheliegend, jedenfalls aber nicht erfahrungswidrig. Ihr gegenüber kann sich die Revision der Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, das Programm der Klägerin habe zur Anpassung an die Gegebenheiten des Betriebes der Firma E.-Inkasso einer Neubearbeitung bedurft. Dieser Umstand steht der Beurteilung des Berufungsgerichts deshalb nicht entgegen, weil auch der Beklagte eine solche Anpassung vorgenommen hat und weil eine derartige Umgestaltung der Klägerin, wie die Ausführung des Lizenzvertrages mit der Firma M. zeigt, ebenfalls – sei es auch unter Einschaltung eines Programmierers – möglich gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten widerlegt auch der Inhalt des Schreibens der Firma E.-Inkasso an die Klägerin vom 24. Juli 1979 nicht die Annahme des Berufungsgerichts. Dieses kurz nach Abschluß des Lizenzvertrages der Firma E.-Inkasso mit dem Beklagten zu 2 gefertigte Schreiben dem die Lizenznehmerin der Klägerin mitteilt, sie habe sich für ein anderes Programm entschieden, sagt nichts Zuverlässiges über die eigentlichen Gründe für das Scheitern der Vertragsverhandlungen mit der Klägerin; das Schreiben ist unter den gegebenen Umständen in dem Sinne zu verstehen, daß sich die Firma E.-Inkasso für ein anderes Angebot, nämlich das des Beklagten, entschieden hat.
Auch die im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2 habe fahrlässig gehandelt, hält den Revisionsangriffen stand. Der Beklagte zu 2, der wußte, daß Software-Entwicklungen vermarktet werden, hätte unter den gegebenen Umständen erkennen können, daß er vertraglich von der Verwertung des SW-Programms ausgeschlossen war, die umfassende Nutzungsbefugnis vielmehr allein bei der Klägerin lag. Dafür sprechen die bei Abschluß des Vertrages mit der Klägerin abgegebenen Erklärungen, der mit der Erstellung des Inkasso-Programms von der Klägerin verfolgte Zweck, der am ehesten bei Einräumung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis erreichbar war, sowie der Copyright-Vermerk und die Benennung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH der Klägerin als Lizenzgeber gegenüber der Firma M.
bb) Steht nach alledem eine schuldhafte Verletzung des Verwertungsverbots fest und ist mit weiteren Verletzungsfolgen zu rechnen, so bestehen gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2 und seine Verurteilung zur Auskunftserteilung (§ 242 BGB) durch das Berufungsgericht keine Bedenken.
cc) Die Revision der Beklagten wendet sich weiter gegen die Höhe des der Klägerin zugesprochenen Schadens von 48.936,60 DM. Ihre insoweit vorgebrachten Rügen haben jedoch keinen Erfolg.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des der Klägerin infolge des Scheiterns des Lizenzvertragsabschlusses mit der Firma E.-Inkasso entgangenen Gewinns von 40.000,– DM (= 45.200,– DM einschließlich Mehrwertsteuer) lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die bei einer Schadensfeststellung nach § 287 ZPO, wie sie vorliegend das Berufungsgericht getroffen hat, maßgebenden Erwägungen des Tatrichters können vom Revisionsgericht nur auf eine Überschreitung der Grenzen der Ermessensausübung nachgeprüft werden (vgl. BGHZ 39, 198, 219). Ein solcher Ermessensfehler ist dem Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision nicht unterlaufen. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß die Klägerin mit dem von ihr angebotenen Inkasso-Programm ohne Mitbewerber war; die Firma E.-Inkasso mußte infolge dessen, wenn es ihr auf ein Inkasso-Programm der vorliegenden Art ankam, mit der Klägerin abschließen. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß es hierbei der Klägerin gelungen wäre, einen Preis zu erzielen, der einen Gewinn in der geltend gemachten Höhe ermöglicht hätte, widerspricht nicht der Lebenserfahrung. Sie wird durch den Umstand bestätigt, daß die Klägerin mit der Firma M. als Gegenleistung für die Einräumung der Nutzungsrechte an ihrem Inkasso-Programm eine Vergütung in Höhe von 80.000,– DM vereinbart hatte, also einen Betrag, von dem angenommen werden kann, daß er einen Gewinn in der vom Berufungsgericht festgestellten Höhe ermöglicht hätte. Auch insoweit kann sich die Revision nicht auf den Inhalt des Schreibens der Firma E.-Inkasso an die Klägerin stützen; die dort nach Abschluß des Lizenzvertrages mit dem Beklagten zum Ausdruck gebrachte Preisvorstellung läßt eine Aussage darüber, ob diese Vorstellung tatsächlich bestand, und Bejahendenfalls, ob daran ein Vertrag mit der Klägerin gescheitert wäre bzw. ob die Firma Inkasso ihre Preisvorstellung hätte durchsetzen können, nicht zu.
Es begegnet ebenfalls keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Beklagten zu 2 zur Erstattung der Kosten des Rechtsgutachtens von 3.736,60 DM verurteilt hat. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß derartige Kosten zumindest dann als außerhalb des Kostenerstattungsverfahrens geltend zu machende Folgeschäden (§ 249 BGB) anzusehen sind, wenn sie die Folge eines rechtswidrigen Verhaltens sind und eine allgemeine rechtsgutachtliche Klärung erforderlich erscheint, ohne daß die Kosten ausschließlich zur Vorbereitung eines bestimmten Verfahrens aufgewendet werden. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei festgestellt. Für die – nicht unter Beweisgestellte – Behauptung des Beklagten, das Gutachten habe ausschließlich der Vorbereitung einer Strafanzeige gegen den Beklagten zu 2 gedient, lassen sich keine Anhaltspunkte finden; sie entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.
d) Der vom Berufungsgericht gem. § 98 UrhG für begründet erachtete Anspruch der Klägerin auf Vernichtung bzw. Löschung der im Besitz des Beklagten zu 2 befindlichen Datenträger kann ihr jedenfalls aufgrund der Verletzung des vertraglichen Verwertungsverbots nicht in dem begehrten Umfang zugesprochen werden. Dabei kann offenbleiben, ob ein solcher Anspruch als Folge der vertraglichen Schadensersatzverpflichtung überhaupt in Betracht kommt. Der Antrag, den Beklagten zu 2 zu verurteilen, sämtliche seinem Besitz befindlichen Datenträger, wie insbesondere ausgedruckte Programme, zu vernichten oder, soweit diese in seinem Eigentum stehen, wie insbesondere Magnetplatten, zu löschen oder unlesbar zu machen, sofern diese Datenträger Computer-Programme gemäß dem Antrag zu l enthalten, ist in dieser Allgemeinheit zu weitgehend und daher nicht hinreichend bestimmt. Wie bereits vorstehend unter II 1 b bb) ausgeführt, ist davon auszugehen, daß die Datenträger auch eine Vielzahl von allgemein. zugänglichen und verwertbaren Daten enthalten, auf die sich das vertragliche Verwertungsverbot der Klägerin nicht erstreckt, sofern sie nicht als Bestandteil und im Zusammenhang mit dem SW-Inkasso-Programm der Klägerin in seiner Gesamtheit erscheinen.
Das Berufungsgericht wird der Klägerin ggfs. im Rahmen der erneuten Verhandlung (vgl. dazu nachfolgend unter II 2) Gelegenheit zu geben haben, ihren Antrag näher zu konkretisieren.
e) Dem Beklagten zu 2 steht auch gegenüber den Ansprüchen der Klägerin auf Unterlassung, Feststellung, Auskunft und Schadensersatz kein Zurückbehaltungsrecht zu. Der Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht darauf, er habe einen Anspruch auf angemessene Beteiligung nach § 36 UrhG. Er hat – die Anwendung des Urheberrechtsgesetzes unterstellt – einen solchen Anspruch nicht schlüssig dargetan. Dafür genügt es nicht, daß die Klägerin, wie der Beklagte behauptet hat, zu ihrem bisherigen Bestand von 46.000 Mandanten weitere 150.000 Mandate durch die Bearbeitung von Aufträgen eines Versandhauses erhalten hat. Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt unter den Begriff der Erträgnisse im Sinne des § 36 UrhG Einnahmen fallen, die aus einer bestimmten Benutzung des Werks im eigenen Betrieb des Berechtigten herrühren, oder ob die Erträgnisse, wie die Revisionserwiderung meint, Einnahmen aus der Vermarktung des Werkes sein müssen. Selbst wenn insoweit der Ansicht des Beklagten beizutreten wäre, könnte ein Anspruch des Beklagten nicht bejaht werden, weil nicht dargetan und auch nicht ersichtlich ist, ob und in welchem Umfange gerade der Einsatz des Inkasso-Programms und nicht etwa die allgemeine Erfahrung und die Kenntnisse der Klägerin auf dem Gebiet des Inkassowesens für die Zunahme der Auftragszahlen ursächlich war.
2. Urheberrechtliche Ansprüche
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Urheberrechtsschutzfähigkeit des im Streit befindlichen SW-Inkasso-Programms halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat Computerprogramme zwar zu Recht als grundsätzlich urheberrechtsschutzfähig angesehen. Die von ihm getroffenen Feststellungen reichen indessen nicht aus, die Urheberrechtsschutzfähigkeit des SW-Inkasso-Programms zu bejahen. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
a) Computerprogramme gehören zum Bereich der Wissenschaft im Sinne des § 1 UrhG und sind daher dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich zugänglich. In Betracht kommt – je nachdem, ob eine (symbol) sprachliche oder eine graphische Darstellung verwendet wird – ein Schutz als Schriftwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG).
aa) Der Werkbegriff des § 2 UrhG setzt voraus, daß das Werk in seiner konkreten Gestalt der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich ist. Dies trifft nicht erst auf das vollendete Werk in Form des betriebsfertigen Computerprogramms zu. Bei Werken, die – wie dies bei Computerprogrammen in aller Regel der Fall ist – stufenweise entstehen, treten für die Schutzfähigkeit erforderliche konkrete Formgestaltungen auch schon in vorausgehenden Entwicklungsstadien auf. Für die urheberrechtliche Beurteilung bedarf es keiner näheren Differenzierung der einzelnen Entwicklungsphasen, die in der EDV-Literatur unterschiedlich eingeteilt werden (vgl. dazu Wittmer, Der Schutz von Computersoftware – Urheberrecht oder Sonderrecht, Bern 1981, Seite 38); denn für den Schutz als Schriftwerk oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art ist es unerheblich, in welchem Entstehungsstadium urheberrechtlich relevante Formgestaltungen wahrnehmbar werden. Für das Verständnis der bei der Erstellung eines Computerprogramms anfallenden Formgestaltungen reicht eine Grobeinteilung in drei Entwicklungsphasen aus.
In der ersten Phase erfolgt die generelle Problemlösung (auch Problem- oder Systemanalyse genannt). Sie beruht auf mathematischen Prämissen und einer logischen Beweisführung (vgl. näher Reimar Köhler, Der urheberrechtliche Schutz der Rechenprogramme, München 1968, Seite 11 f. m.w.N.). Das Ergebnis der Analysephase ist der Lösungsweg, der in einer Studie (auch Pflichtenheft genannt) beschrieben wird. Diese Beschreibung ist als eine unter den Begriff des Schriftwerks (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) fallende Gestaltungsform zu beurteilen. Der Umstand, daß neben der Umgangssprache mathematische Zeichen, Zahlen, Buchstaben und Symbole verwendet werden, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1958 – I ZR 15/58, GRUR 1959, 251 – Einheitsfahrschein); ebenso ist es unerheblich, daß derartige Zeichen und Symbole nicht allgemein verständlich sind, sondern nur für Fachleute.
In der zweiten Phase erfolgt die nähere Projektion der Problemlösung. In einem – bei einfachen Programmen entbehrlichen – Datenflußplan (Flußdiagramm) wird der aufgefundene Lösungsweg in Form einer graphischen Darstellung des Befehls- und Informationsablaufs so wiedergegeben, wie ihn eine EDV-Anlage erfordert. Der Geschehensablauf wird dabei in der Regel durch eine Folge von Blöcken, Weichen und Schleifen dargestellt, für die eine Anzahl von Sinnbildern zur Verfügung steht, die von dem Zeichner des Datenflußplanes entsprechend beschriftet werden (vgl. R. Köhler a.a.O. Seite 12). Der Datenflußplan gehört zu den Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG), da er als Ausdrucksmittel die graphische Darstellung benutzt. Die Verwendung mathematischer, technischer und graphischer Zeichenformen steht auch hier der Urheberrechtsschutzfähigkeit nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.1964 – Ib ZR 146/62, GRUR 1965, 45, 46 – Stadtplan). Nach dem Datenflußplan oder auch unmittelbar aufgrund der generellen Problemlösung wird der konkrete Programmablaufplan (Blockdiagramm) erstellt. Er zeigt, wie der Lösungsweg auf der in Frage stehenden konkreten Anlage verlaufen soll, und zwar in Form eines Symbolprogramms unter Verwendung – weitgehend normierter – bildlicher Symbole, kurzer Beschreibungen und Beschriftungen, die häufig schon der Sprache entnommen sind, in der das Programm abgefaßt werden soll (vgl. näher R. Köhler a.a.O. Seite 14 ff.). Er ist meist eine Mischform aus Schriftwerk und Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art.
In der dritten Phase erfolgt die eigentliche Kodierung des Programms. In ihr wird der Programmablaufplan nunmehr in eine dem Computer verständliche Befehlsfolge umgewandelt. Diese Kodierung wird in der Regel zunächst unabhängig von der Maschinensprache des zur Verfügung stehenden Computers in einer Programmiersprache vorgenommen; das Ergebnis ist das für den Fachmann lesbare sogenannte Primär- oder Quellenprogramm. Durch maschinelle Übersetzung des Quellenprogramms entsteht das sogenannte Objektprogramm, das der Maschinensprache direkt entspricht. Das endgültige codierte Programm wird auf einem Datenträger festgehalten (Magnetband, Diskette u.a.). Das fertige Computerprogramm wird als eine Folge von Befehlen definiert, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, daß eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. DIN 44.300; § 1 Abs. 1 der Mustervorschriften für den Schutz von Computersoftware, abgedruckt in GRUR Int. 1978, 290 = GRUR 1979, 306). Für das fertige Programm kommt Schriftwerkschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in Betracht. Die Benutzung von Sprachzeichen steht selbst dann nicht entgegen, wenn das Programm nur mit Hilfe der Maschine lesbar wird (v. Gamm WRP 1969, 96, 97).
Vorstehende Zusammenfassung der bei der Programmentwicklung regelmäßig anfallenden Formgestaltungen schließt nicht aus, daß in den Vorstufen weitere dem Urheberrechtsschutz zugängliche Arbeitsergebnisse entstehen (Beschreibungen, Dokumentationen, Unterprogramme u. ä.).
Ergänzend kann auch schutzfähiges Begleitmaterial hinzutreten, das neben den Computerprogrammen und den Programmbeschreibungen ebenfalls dem Oberbegriff der Computersoftware zugerechnet wird (vgl. dazu § 1 der Mustervorschriften in GRUR Int. 1978, 290 = GRUR 1979, 306 f.).
Die durch die stufenweise Entstehung des Computerprogramms bedingte differenzierte Beurteilung der Urheberrechtsschutzfähigkeit wird auch dann nicht entbehrlich, wenn man die moderne Software-Entwicklung als einen zielbewußten, ganz auf das fertige Programmprodukt ausgerichteten einheitlichen Schöpfungsprozeß der Werkvollendung begreift, bei dem alle für die Werkeigenschaft der Computerprogramme wichtigen Umstände und Merkmale früherer Entwicklungsstufen in das angestrebte Endprodukt, „das betriebsfertige Programm, einfließen (für ein solches Verständnis Wittmer a.a.O., Seite 39 ff., 43; E. Ulmer/Kolle, GRUR Int. 1982, 489, 493 f.). Zwar wird der eigentliche Streitgegenstand in den meisten Fällen das betriebsfertige Computerprogramm (im Quellen- oder Objektcode) sein. Gleichwohl wird eine Differenzierung u.a. dann bedeutsam, wenn sich Verletzungshandlungen auf die Übernahme nur einzelner Programmierungsphasen aus einem fremden Gesamtprogramm beschränken oder wenn Streit über die (Mit-)Urheberschaft bei mehreren Beteiligten mit unterschiedlichen Arbeitsleistungen entsteht.”
bb) Computerprogramme und ihre Vorstufen können grundsätzlich auch die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit nach § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche persönliche geistige Schöpfung aufweisen.
In den einzelnen Programmierungsphasen werden vom Systemanalytiker oder Programmierer Leistungen geistiger Art erbracht. Der geistige Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.1984 – I ZR 32/82, GRUB 1984, 659, 660 – Ausschreibungsunterlagen). Für die urheberrechtliche Beurteilung wissenschaftlicher oder technischer Werke scheidet ein geistig-schöpferischer Gehalt in der Gedankenführung und -formung des dargestellten Inhalts weitgehend aus; die wissenschaftliche Lehre und das wissenschaftliche Ergebnis sind urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich (BGH, Urt. v. 21.11.1980 – I ZR 106/78, GRUR 1981, 352, 353 – Staatsexamensarbeit; BGH, Urt. v. 27.2.1981 – I ZR 29/79, GRUR 1981, 520, 522 – Fragen-Sammlung); ihrer Darstellung und Gestaltung fehlt, soweit diese aus wissenschaftlichen Gründen in der gebotenen Form notwendig und durch die Verwendung der im fraglichen technischen Bereich üblichen Ausdrucksweise üblich sind, die erforderliche eigenschöpferische Prägung (BGH GRUR 1981, 352, 353 – Staatsexamensarbeit).
Dem Urheberrechtsschutz ist daher die in dem Computerprogramm berücksichtigte, sich auf einen vorgegebenen Rechner beziehende Rechenregel (der sogenannte Algorithmus) ebensowenig zugänglich, wie andere bei der Erstellung des Programms herangezogene mathematische oder technische Lehren oder Regeln, die als Bestandteil der wissenschaftlichen Lehre frei und jedermann zugänglich sein müssen.
Für den Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen und ihren Vorstufen kommt danach nur die Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials in Betracht. In diesem Bereich besteht ein hinreichender Spielraum für individuelle, eigenschöpferische Lösungsmöglichkeiten, und zwar in allen drei Entwicklungsphasen. Für die Problemanalyse, den Datenflußplan und Programmablaufplan ist dies heute überwiegend anerkannt (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 1983, 753, 755; OLG Frankfurt, BB 1985, 139, 141; BAG, GRUR 1984, 429, 431; v. Gamm WRP 1969, 96, 98; Kolle, GRUR 1974, 7, 9 und GRUR 1982, 443, 453; Sieber, BB 1981, 1547, 1551; Haberstumpf, GRUR 1982, 142, 147). Aber auch bei der eigentlichen Kodierung zumindest des Quellenprogramms wird sich eine eigenschöpferische Gestaltung nicht von vorneherein ausschließen lassen (vgl. BAG GRUR 1984, 429, 431, anders für das Objektprogramm;. Ulmer, Der Urheberrechtsschutz wissenschaftlicher Werke unter besonderer Berücksichtigung der Programme elektronischer Rechenanlagen, München 1967, Seite 17 f.; E. Ulmer, Anmerkung zu BAG GRUR 1984, 429, 433; Kolle. GRUR 1974, 7, 9 und GRUR 1982, 443, 453).
Es ist denkbar, daß im Einzelfall ein nicht hinreichend konkretisierter Programmablaufplan noch genügend Raum für eine individuelle Auswahl und Einteilung bei der Kodierung läßt.
Die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerprogrammen scheitert letztlich auch nicht am Erfordernis eines geistig-ästhetischen Gehalts. Ein ästhetischer Gehalt in einer den Schönheitssinn ansprechenden Bedeutung wird von § 2 Abs. 2 UrhG nicht verlangt. Soweit der Begriff der Ästhetik bei Sprachwerken im älteren Sinne des Wortes als eine aus geistiger Arbeit erwachsene, sinnlich wahrnehmbare eigenschöpferische Formgestaltung verwendet wird (so bei v. Gemm WRP 1969, 96, 97 f.; vgl. dazu E. Ulmer/Kolle, GRUR Int. 1982, 489, 493), deckt er sich mit der vorstehend vertretenen Auffassung.
cc) Ist damit die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerprogrammen grundsätzlich zu bejahen, so bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob das Programm und seine Vorstufen einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad im Sinne des § 2 Abs. UrhG erreichen. Die Frage ist nach den von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätzen zu beantworten. Danach bemißt sich die Frage des Eigentümlichkeitsgrades nach dem geistigschöpferischen Gesamteindruck der konkreten Gestaltung, und zwar im Gesamtvergleich gegenüber vorbestehenden Gestaltungen (vgl. BGHZ 27, 351, 356 f. – Kandida-Schrift Dieser Vergleich enthält keine – für die Urheberrechtsschutzfähigkeit unerhebliche – Neuheitsprüfung (vgl. BGHZ 18, 319, 322 – Bebauungsplan), sondern beantwortet die Frage, ob der konkreten Formgestaltung gegenüber den vorbekannten Gestaltungen individuelle Eigenheiten zukommen. Auszugehen ist von den vorbekannten Programmen und den Arbeitsergebnissen der einzelnen Entwicklungsstufen mit ihren jeweils bekannten und üblichen Anordnungen, Systemen, Aufbau- und Einteilungsprinzipien. Alle in deren Nähe bleibenden Gestaltungsformen besitzen keinen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad; auch die bloß mechanisch-technische Fortführung und Entwicklung des Vorbekannten bleibt in diesem Bereich (vgl. v. Gamm WRP 1969, 96, 99). Lassen sich nach Maßgabe des Gesamtvergleichs mit dem Vorbekannten schöpferische Eigenheiten feststellen, so sind diese dem Schaffen eines Durchschnittsprogrammierers gegenüberzustellen. Das Können eines Durchschnittsgestalters, das rein Handwerksmäßige, die mechanisch-technische Aneinanderreihung und Zusammenfügung des Materials liegt außerhalb jeder Schutzfähigkeit. Erst in einem erheblich weiteren Abstand beginnt die untere Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit, die ein deutliches Überragen der Gestaltungstätigkeit in Auswahl, Sammlung, Anordnung und Einteilung der Informationen und Anweisungen gegenüber dem allgemeinen Durchschnittskönnen voraussetzt (st. Rspr., zul. BGH GRUR 1984, 659, 661 – Ausschreibungsunterlagen). Eine individuelle Eigenart kann auch durch die Be-, Um- und Einarbeitung vorbekannter Elemente und Formen erzielt werden.
Für die Frage der schöpferischen Gestaltungshöhe kommt es grundsätzlich nicht auf den quantitativen Umfang des Programmes an; ebensowenig darauf, mit welchem Aufwand und welchen Kosten es konzipiert worden ist und ob die Aufgabenstellung neu war. Für die Werkqualität ist weiter nicht entscheidend, daß eine Vielzahl von Programmierern bei gleicher Aufgabenstellung unterschiedliche Programme entwickeln würde (vgl. OLG Frankfurt GRUR 1983, 753, 755).
Ergibt sich im Einzelfall, daß eine hinreichende schöpferische Gestaltungshöhe nur in der Anfangsphase der Programmentstehung (z.B. nur bei der generellen Problemlösung und dem Datenflußplan); nicht dagegen in den späteren Arbeitsphasen (beim Programmablaufplan und insbesondere auch nicht bei der Kodierung) festgestellt werden kann, so steht dies der Urheberrechtsschutzfähigkeit des vollendeten Werkes, des betriebsfertigen Programms, grundsätzlich nicht entgegen. Bei einem einheitlichen Werkschaffen gehen die schöpferischen Vorarbeiten in das endgültige Werk ein. Bei getrenntem Werkschaffen wäre die generelle Problemlösung als eigentliches Werk, der eigenschöpferisch gestaltete Datenflußplan als deren abhängige Bearbeitung (§ 3 UrhG) und der Programmablaufplan sowie die Kodierung als unfreie Benutzung in Form der Vervielfältigung (§ 16 UrhG) zu beurteilen. Sind an der Programmentstehung als einem einheitlichen Werk mehrere Urheber beteiligt, so wird – falls die Beteiligten nicht etwas Gegenteiliges wollten – ein gemeinsames Werkschaffen vorliegen (§ 8 UrhG), bei dem das betriebsbereite Computerprogramm das endgültige urheberrechtsgeschützte Werk darstellt.
b) Das Berufungsgericht ist im wesentlichen zutreffend von den dargelegten Grundsätzen ausgegangen. Seine Annahme, das in Streit befindliche Inkasso-Programm stelle eine schöpferische Leistung (§ 2 Abs. 2 UrhG) dar, wird jedoch von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Dies rügt die Revision der Beklagten zu Recht.
aa) Das Berufungsgericht hat zur schöpferischen Gestaltungshöhe ausgeführt: Die schöpferische Leistung bei der Gestaltung des Programms sei in der Sammlung und Zuordnung des verarbeiteten Stoffs zu erkennen. Dies zeige sich in der durch das ausgedruckte Programm vermittelten Darstellung des Inkassoverfahrens, der Anordnung der erforderlichen Verfahrensschritte und der Verwertung der Daten und ihrer Zuordnung zueinander, die über die von der Rechts- und. Verfahrensordnung vorgegebenen Anweisungen hinausgingen. Schon in dem vom Beklagten zu 2 erstellten Pflichtenheft werde die charakteristische Zuordnung von unterschiedlichen Dateien deutlich: Das Inkasso-Programm beschränke sich nicht lediglich auf die Abfolge vier einzelnen Verfahrensabschnitte bei der Durchführung des außergerichtlichen und des gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Stammdateien, wie Gläubiger-, Schuldner- und Amtsgerichtsdatei, die für sich genommen keine Hinweise für eigenschöpferische Leistungen in der Formgestaltung erkennen ließen, würden zusammen mit anderen Bausteinen, wie der Kosten-Nutzenanalyse (Deckungsbeitrags-Analyse), der Schuldnerstrukturanalyse und beispielsweise einem Programm mit variablen Tarifen für verschiedene Gläubiger verbunden. Die Statistik über die eidesstattliche Versicherung verbunden mit der Möglichkeit, den Gläubigern den Vorschlag zu unterbreiten, von der Beitreibung wegen voraussichtlicher Erfolglosigkeit abzusehen, die Verwaltung der Grenzkostentabelle, mit welcher bei jedem Bearbeitungsvorgang festgestellt werden könne, ob das Inkassobüro noch kostendeckend im Rahmen der mit dem Gläubiger vereinbarten Tarife arbeite, die Kostenübersicht je Schuldner, mit welcher das Inkassobüro die Wirtschaftlichkeit seines Betriebes sowohl hinsichtlich des einzelnen Auftrages als auch insgesamt feststellen könne, die Bearbeitungskartei, mit welcher jederzeit festgestellt werden könne, welchen Bearbeitungsstand jeder Auftrag aufweise, und auch die Postleitzahl- und Gerichtsdatei, über welche aus dem Wohnsitz des Schuldners das bei einem Widerspruch zuständige Gericht ermittelt werden könne, bildeten jeweils in ihrer Kombination miteinander das das SW-Inkasso-Programm der Klägerin prägende „Gewebe” individueller Leistung, dessen Form in der Darstellung eines Datenflußplans oder im Quellenprogramm ohne weiteres erkennbar würde und in Gestalt der ausgedruckten Programmlisten erkennbar gemacht worden sei. Ob auch einzelne Programmbausteine im Detail oder die Formularausdrücke die Qualität eigenschöpferischer Leistung aufwiesen und ob die Umsetzung von der Systemanalyse in das sogenannte Quellenprogramm selbst wieder von eigenschöpferischer Qualität sei, könne für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen.
bb) Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen indessen schon deshalb nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit aus, weil das Berufungsgericht sich im wesentlichen auf eine Beschreibung der Arbeitsvorgänge beschränkt hat, die das Inkasso-Programm der Klägerin zu leisten vermag. Die dargestellten Arbeitsvorgänge sind einem inhaltlichen Schutze nicht zugänglich. Sie können nicht für die Klägerin monopolisiert werden, sondern müssen für die Hersteller und Verwender anderer Inkasso-Programme freibleibend; zumal es sich überwiegend um Selbstverständlichkeiten des Inkassoverfahrens handelt (so u.a. die Erfassung der außergerichtlichen Mahnung, des gerichtlichen Mahnverfahrens, der Bearbeitungskartei und die Dateien). Dies hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt und die schöpferische Leistung in der Anordnung, Zuordnung, Verbindung und Kombination der einzelnen Leistungsmerkmale gesehen. Die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts sind indessen nur pauschal und ohne nähere Begründung getroffen worden.
Es ist nicht ersichtlich, worin das Charakteristische der Anordnung und Kombination zu sehen ist. Es fehlen Feststellungen darüber, daß die Anordnung und Verbindung der einzelnen Elemente nicht durch den normalen Ablauf des Inkasso-Programms vorgegeben ist und mehr als eine bloße technisch-mechanische Aneinanderreihung darstellt; ebenso bleibt ungeklärt, wodurch sich das in Streit befindliche Inkasso-Programm von vorhandenen Inkassoprogrammen abhebt. Der Senat vermag mangels entsprechender Feststellungen nicht zu überprüfen, ob eine deutlich über dem Durchschnitt liegende schöpferische Leistung vorliegt. Aufgrund des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und daher auch vom Revisionsgericht verwertbaren Pflichtenheftes gemäß Anlage K 8, das nach dem Parteivorbringen in der Folgezeit weiterentwickelt worden sein soll, lassen sich die fehlenden Feststellungen nicht nachholen; der dort wiedergegebenen Beschreibung läßt sich eine individuelle eigenschöpferische Leistung nicht hinreichend entnehmen. Soweit das Berufungsgericht anführt, die Anordnung und Verbindung der erforderlichen Arbeitsschritte lasse sich dem ausgedruckten Programm entnehmen, ist nicht ersichtlich, welche individuellen Züge das Berufungsgericht ihm entnehmen konnte.
Im Hinblick auf die nur pauschale Feststellung des Berufungsgerichts, die dargestellten Leistungsmerkmale (BU 28) seien in schöpferischer Weise miteinander kombiniert, bestehen überdies Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des ausgesprochenen Verwertungsverbots. Denn für die Beklagten wäre nicht ersichtlich, in welcher Anordnung und Einteilung die einzelnen – inhaltlich gemeinfreien – Arbeitsschritte des Inkassoverfahrens für die Klägerin geschützt wären.
Die Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit des SW-Inkasso-Programms bedarf nach alledem weiterer tatrichterlicher Aufklärung.
3. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche
Eine weitere Aufklärung durch den Tatrichter wäre nur dann entbehrlich, wenn sich die Klage mit den Klaganträgen zu 1 – 5 gegen die Beklagten zu 1 bzw. 3 und mit dem Klagantrag zu 5 auch gegen den Beklagten zu 2 aus § 1 UWG als begründet erwiese. Zu einer solchen Prüfung sieht sich der Senat jedoch nicht in der Lage, da das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – zur Frage eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten keine Feststellungen getroffen hat.
4. Soweit die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung des Beklagten zu 2 aufrechtzuerhalten war (vgl. oben unter II 1), greift letztlich auch nicht die von der Revision des Beklagten zu 2 erhobene Verfahrensrüge durch, das Urteil sei nicht ordnungsgemäß verkündet worden und auch nicht der inneren Rechtskraft fähig, weil die Computer-Programme gemäß Anlagen A und C dem Urteil nicht beigeheftet gewesen seien.
Es ist anerkannt, daß in der Urteilsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) auf schwer zu beschreibende Verbotsgegenstände, wie z.B. Konstruktionszeichnungen, Bezug genommen werden kann, indem diese als Anlage zum Urteil genommen und mit ausgefertigt werden (vgl. RG GRUR 1941, 472 ff. – Streckenanzeigevorrichtung; Baumbach-Hartmann, Kommentar zur ZPO, 43. Auflage 1985, § 313 Anm. 5).
Im Streitfall ist in dem Urteilstenor zu I 1 hinreichend deutlich auf „Computer-Programme gemäß Anlagen A und C” Bezug genommen. Allerdings sind die ausgedruckten Computerprogramme dem Urteil nicht beigeheftet und auch nicht mit ausgefertigt worden. Dies berührt jedoch allenfalls die Vollstreckung, nicht aber die Verkündung. Das Berufungsurteil ist vorliegend wirksam gem. § 311 Abs. 4 Satz 2 ZPO verkündet worden, indem die Verlesung der Urteilsformel durch die Bezugnahme auf die Urteilsformel – und damit auch auf die Computer-Programme gemäß den Anlagen A und C – ersetzt worden ist. Daß die genannten Computer-Programme bei der Verkündung vorgelegen haben und Bestandteil der Akten waren, wird auch von der Revision der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die fehlende körperliche Verbindung des Urteils mit der Anlage hat auf den Bestand des Urteils keinen Einfluß und ist revisionsrechtlich unbeachtlich.
III.
Nach alledem hat die Revision der Klägerin keinen und die Revision des Beklagten zu 2 nur hinsichtlich des Klageantrages zu 5 Erfolg. Im übrigen war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 749230 |
BGHZ |
BGHZ, 276 |
NJW 1986, 192 |
GRUR 1985, 1041 |
Nachschlagewerk BGH |