Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls soweit landende und startende Flugzeuge schon oder noch unterhalb der Mindestflughöhe fliegen, ist der von ihnen verursachte Fluglärm auch dem Landeplatzhalter als Störer zuzurechnen.
Eine Flugsportgemeinschaft, die einen als Verkehrsflugplatz zugelassenen Landeplatz betreibt, hat darzulegen, daß sie einen bestimmten Anspruch auf Abwehr von Fluglärmimmissionen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zu erfüllen vermag.
Auf den Klagantrag, Geräuschimmissionen über einen bestimmten Schallpegel hinaus zu unterlassen, kann nicht zu zeitlichen Einschränkungen des Flugbetriebs und zu Beschränkungen der Flugdichte pro Stunde verurteilt werden.
Zur Abgrenzung der Wesentlichkeit bestimmter Geräuschimmissionen können nicht die Interessen der Grundstücksnachbarn an einer bestimmten Nutzung ihres Grundstücks herangezogen und gegeneinander abgewogen werden.
Normenkette
BGB § 1004; LuftVG § 1; LuftVO § 6; LuftVZO §§ 49, 43; LuftVG § 11; BGB § 906; ZPO § 308
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Krefeld |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 1974 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines Wohngrundstücks in K…-T…. Der Beklagte betreibt den seit Jahrzehnten als Segelfluggelände bestehenden, im Jahre 1969 als, Verkehrslandeplatz im Sinne von § 49 LuftVZO genehmigten Flugplatz K…-E…. Das Grundstück des Klägers ist in der Luftlinie etwa 1.000 m von dem Flugplatz entfernt und liegt ungefähr in der westlichen Verlängerung seiner Start- und Landebahn. Die Mitglieder des Beklagten, verschiedene Luftsportgruppen und -vereine, betreiben hauptsächlich am Wochenende Segelflugsport, und zwar mit Segelflugzeugen und Motorseglern. Während die Segelflugzeuge früher ausschließlich mit Motorwinden hochgebracht wurden, werden sie seit einigen Jahren zum Teil von zwei auf dem Flugplatz stationierten Motorflugzeugen hochgeschleppt. Der Flugplatz wird auch von fremden Motorflugzeugen benutzt. Die Landebahn verläuft etwa von Westen nach Osten. Die Flugzeuge starten und landen jeweils gegen die Windrichtung entweder nach Westen oder nach Osten, so daß sie bei westlichem Wind in Richtung auf das Grundstück des Klägers starten.
Der Kläger fühlt sich durch die Geräusche belästigt, die von den nach dem Start und vor der Landung sein Grundstück überfliegenden Motorflugzeugen und Motorseglern ausgehen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Geräusche zu unterlassen, soweit diese vor den geöffneten Fenstern seines Hauses Einzelschalldruckpegel von 70 dB (A) überschreiten, hilfsweise, Geräusche zu unterlassen, durch die der äquivalente Dauerschallpegel von 50 dB (A) vor den geöffneten Fenstern seines Hauses überschritten wird.
Das Landgericht hat nach dem Hilfsantrag erkannt.
Beide Parteien haben Berufung eingelegt, der Kläger hat Hilfsanträge gestellt.
Das Oberlandesgericht hat unter Klagabweisung im übrigen „im Rahmen des Hauptantrags” der Beklagten untersagt, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen Starts mit Motorflugzeugen – ausgenommen Motorseglern – von ihrem Flugplatz in westlicher Richtung durchzuführen oder durchführen zu lassen
- vor 8 Uhr und nach 20 Uhr,
- zwischen 12 und 15 Uhr,
- in den Stunden von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 20 Uhr, soweit es sich um mehr als fünf Starts innerhalb der einzelnen Stunden handelt.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klagabweisung weiter.
Der Kläger bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht dem Beklagten etwas anderes zu unterlassen geboten hat, als der Kläger mit seinem Hauptantrag begehrt. Der Kläger hat mit der Berufung den Anspruch auf Unterlassung von Geräuschen insoweit weiterverfolgt, als die beim Betrieb des Landeplatzes auf sein Grundstück eindringenden Geräusche Einzelschalldruckpegel von 70 dB (A) überschreiten. Dagegen hat das Berufungsgericht die Unterlassung von Startbewegungen mit Motorflugzeugen an bestimmten Tagen während bestimmter Stunden geboten und an diesen Tagen während anderer Tageszeiten die Startbewegungen pro Stunde (Flugdichte) eingeschränkt.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um Geräusche mit zeitlich veränderlichen Schallpegeln. Die Lärmbelastung solcher vor allem im Verkehr auftretender Geräusche wird neuerdings mit dem äquivalenten Dauerschallpegel erfaßt (vgl. DIN-Norm 45 641, insbesondere 2.4; Kurze/Schmidt/Westphal, Physik und Technik der Lärmbekämpfung 2. Aufl. S. 14, 214; Vornorm DIN 18 005 unter 1.2; VDI-Richtlinie 2 058 unter 5.2; Senatsurteil vom 15. Juni 1977 – V ZR 44/75). Mit diesem errechneten Pegel werden in bestimmter Weise unter Zugrundelegung des Prinzips der Energieäquivalenz alle die Größen erfaßt, die intermittierende Geräusche in Bezug auf die Lästigkeit charakteristisch kennzeichnen. Da in die maßgebende Berechnungsformel neben anderen Größen auch der Zahlenwert der – in bestimmter Weise gemessenen –, höchsten Schallpegel und die Zahl der Geräusch – (hier also der Flug-) Ereignisse in der Bezugszeit eingehen, besteht im Blick auf die Langzeitbelastung der Bewohner des lärmbetroffenen Grundstücks ein innerer Zusammenhang zwischen der im Hauptantrag begehrten Einschränkung der maximalen Schallpegel und der vom Berufungsgericht zuerkannten Einschränkung der Flugdichte an bestimmten Tagen. Durch beide Arten von Einschränkungen wird sonach zwar im Ergebnis die Langzeitbelastung in einem bestimmten Bezugszeitraum gemindert. Dies rechtfertigt jedoch nicht, die eine Einschränkung als ein „Weniger” gegenüber der anderen anzusehen. Wollte man, abgesehen davon, die Minderung der Langzeitbelastung als maßgebliche Größe für den Unterlassungsanspruch ansehen, so wäre überdies nicht ohne weiteres ersichtlich, ob der angefochtene Unterlassungsanspruch in der Minderung der Langzeitbelastung weiterginge, als dies die Einschränkungen nach dem Klaganspruch bewirkt hätten. Beide Einschränkungen unterscheiden sich ihrer Art nach, und der Kläger bestimmt mit seinem Klagantrag, welchen Weg er zur Minderung der ihn treffenden Lärmlästigkeit beschritten sehen möchte.
Da es sich um Einschränkungen verschiedener Art handelt, kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichts allein aus dem Umstand, daß bei den derzeitig verwendeten Flugzeugtypen schalldämpfende Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen, nicht abgeleitet werden, daß die Parteien nur eine Maßnahme, nämlich eine zeitliche Beschränkung der Flüge, in Betracht gezogen hätten. Aus diesem Umstand allein ergibt sich aber auch noch nicht, daß zur Unterbindung der hier in Frage stehenden Immissionen nur eine teilweise Betriebseinstellung in Betracht käme.
Ob der äquivalente Dauerschallpegel im Nachbarrecht kein verwertbarer Maßstab ist, wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausführt, bedarf hier keiner näheren Prüfung, da das Revisionsgericht über einen entsprechenden Antrag nicht zu befinden hat. Jedenfalls braucht dieser Mittelungspegel nicht schon deshalb auszuscheiden, weil der Tatrichter entsprechend BGHZ 46, 35, 38 sich der Grenzen der akustischen Meßtechnik und des Aussagewerts der Meßergebnisse bewußt sein muß. Will er bei der Beurteilung der Wesentlichkeit einer Geräuscheinwirkung einen in bestimmter Weise errechneten Mittelungspegel verwenden, so ist allerdings darüber hinaus notwendig, daß er sich die in die Berechnungsformel eingegangenen Größen und ihre darin zum Ausdruck gebrachten Beziehungen zueinander vor Augen hält (vgl. dazu das genannte Urteil des Senats, vom 15. Juni 1977 zur Beurteilung der Unzumutbarkeit im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Schließlich setzt sich der Tatrichter auch nicht zu dem Senatsurteil in BGHZ 46, 35 in Widerspruch, wenn er bei einem Gebot auf Unterlassung bestimmter Geräusche auf eine bestimmte maximale Lautstärke, jetzt in der Regel gemessen in Dezibel unter Benützung der Bewertungskurve A – dB (A) –, abstellt. In dieser Entscheidung sind nur die Voraussetzungen dargelegt, die der Tatrichter im Hinblick darauf, daß neben der Lautstärke noch andere Faktoren die Lästigkeit eines Geräuschs bestimmen, bei der Verwendung von Meßgrößen dieser Art im Unterlassungsgebot beachten muß.
Da das Berufungsgericht sonach dem Kläger etwas zugesprochen hat, was er nicht beantragt hat, ist das angefochtene Urteil wegen Verstoßes gegen § 308 ZPO aufzuheben.
II.
Nach den bisherigen Feststellungen ist es nicht auszuschließen, daß der Hauptantrag, über den bislang nicht entschieden ist, begründet ist, möglicherweise unter zeitlichen Einschränkungen.
1. Das Berufungsgericht führt zur Begründung des angefochtenen Urteils aus, der Beklagte veranlasse in adäquat ursächlicher Weise durch die Einrichtung und Aufrechterhaltung der Landeplatzanlage stets auch den Fluglärm, der außerhalb des Landeplatzes, von den dort startenden und landenden Flugzeugen erzeugt werde, solange die Flugzeuge die nach § 6 LuftVO vorgeschriebene Mindesthöhe, hier also 150 m, nicht erreicht hätten.
Dieser Beurteilung ist zuzustimmen. Zwar werden die das Grundstück des Klägers beeinträchtigenden Einwirkungen unmittelbar von den das Grundstück überfliegenden oder den nahe daran vorbeifliegenden Flugzeugen erzeugt. Wie schon im Urteil vom 10. November 1972 (BGHZ 59, 378, 379 f.) ausgeführt ist, wird aber das Ausmaß der Einwirkung und damit der Umstand, der hier für die Beeinträchtigung maßgebend ist, entscheidend nicht durch das Überfliegen, wie dies im allgemeinen erlaubt ist (§ 1 LuftVG), sondern durch die niedrige Flughöhe und das stetige Überfliegen bewirkt, welche Umstände ihrerseits auf die Benutzung des nahegelegenen Geländes der Beklagten als Landeplatz zurückzuführen sind. Was den Flugbereich anbelangt, innerhalb dessen der Fluglärm dem Landeplatz entsprechend diesem Ursachenzusammenhang zuzurechnen ist, ist dem Berufungsgericht ebenfalls beizupflichten: Jedenfalls ist der durch die Konzentration der Flugbewegungen bedingte Fluglärm dem Landeplatzhalter solange als Störer objektiv zuzurechnen, solange die Flugzeuge beim Starten und Landen sich unter der Sicherheitsmindesthöhe im Sinne des § 6 LuftVO bewegen (Westermann, ZLR 1957, 259, 268 f, Festschrift für Karl Larenz S. 1011 Fußn. 13; Rinck, ZLW 1970, 98, 107 f; Hofmann, Luftverkehrsgesetz § 11 Rdnr. 4, S. 211 f; Ruhwedel, NJW 1971, 641, 646 f; vgl. auch Schleicher/Reymann/Abraham, Das Recht der Luftfahrt, 3. Aufl. § 11 LuftVG Anm. 7).
Die Eigenschaft des Beklagten als Störer im Sinne des § 1004 BGB entfällt entgegen der Meinung der Revision nicht schon deshalb, weil der Beklagte im Hinblick auf den Flugplatzzwang für die Luftfahrer (§ 25 LuftVG) einerseits und die Betriebspflicht des Landeplatzhalters (§§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 7, 45 Abs. 1 LuftVZO) sowie die Landeplatzgenehmigung (§ 6 LuftVG) andererseits keinen Einfluß auf Start, Kurs, Flughöhe und Lärmentwicklung der Flugzeuge habe und auch über keinerlei, rechtliche Möglichkeit verfüge, den Startlärm zu mindern (Hinweis auf Martin NJW 1972, 558, 562).
Soweit es sich um Lärmbeeinträchtigungen handelt, die durch das Hochschleppen von Segelflugzeugen durch Motorflugzeuge entstehen, ist nicht ersichtlich, daß der Einsatz dieser Motorflugzeuge nicht entscheidend auf Anordnung der beklagten Flugplatzgemeinschaft erfolgt. Der beklagte Verein hat vielmehr selbst vorgetragen, daß er im Interesse der Minderung von Lärmbeeinträchtigungen die neue Platzrunde verändert und auch Anordnungen über die Einhaltung der Mittagsruhe für den Segelflugbetrieb getroffen habe.
Soweit es sich aber um den Start und die Landung platzfremder Flugzeuge auf dem Verkehrslandeplatz handelt, die der Klagantrag erfassen will und die auch von dem angefochtenen Urteil ausdrücklich einbezogen worden sind (BU S. 24 unter d S. 24 Mitte und 25 Mitte), besteht zwar aufgrund der genannten Vorschriften eine öffentlich-rechtliche Betriebspflicht des Beklagten nach Maßgabe der Genehmigung. Der Beklagte hat jedoch nichts dafür vorgetragen, daß er hinsichtlich der für seinen Landeplatz zugelassenen Arten von Luftfahrzeugen im Rahmen der behördlich festgelegten An- und Abflugverfahren den nachbarrechtlichen Schranken seiner Grundstücksnutzung nicht Rechnung zu tragen vermöge oder, falls dies der Fall sein sollte, Einschränkungen dieser Betriebspflicht entsprechend diesen privatrechtlichen Schranken nicht bewirken könnte (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 LuftVZO; ferner BGH LM BGB § 1018 Nr. 14 Bl. 3; § 1004 Nr. 90 Bl. 2 R und Nr. 51 Bl. 2 = JZ 1961, 498 und Anm. Pleyer; BGH WM 1963, 920, 921 unter II). Wie er selbst (in der Klageerwiderung) nicht verkennt, wird die Genehmigung und damit die mit ihr verbundene Betriebspflicht im allgemeinen, abgesehen von § 11 LuftVG i.V.m. § 14 BImSchG, unbeschadet privater Rechte Dritter ausgesprochen. Ergäbe sich im übrigen schon allein aus der Genehmigung eines Flugplatzes und der mit ihr festgelegten Pflicht, den Flugplatz zu betreiben, in Verbindung, mit den flugbehördlichen Bestimmungen über das An- und Abflugverfahren zwingend, daß der Flugplatzhalter jeder rechtlichen Möglichkeit beraubt wäre, die Genehmigung den festgestellten Schranken seines Eigentums anzupassen und aus diesem Grund nicht Störer sein könne, so kämen §§ 11 LuftVG, 14 BImSchG keine Bedeutung zu, da eben diese Vorschriften (nur) für Flughäfen – auch für solche, die öffentlichen Zwecken dienen – privatrechtliche Abwehransprüche auch gegenüber dem Fluglärm dann ausschließen, wenn die Genehmigung unanfechtbar geworden ist.
2. Die Revision weist darauf hin, daß der frühere § 10 – jetzt § 11 – LuftVG bis zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes am 5. Dezember 1958 seinem damaligen – und bis zum 31. März 1974 unverändert gebliebenen – Wortlaut nach für alle „Ausgangs- und Endpunkte des gesamten Luftverkehrs” das Privileg des § 26 GewO geschaffen habe und kein Anhalt dafür bestehe, daß sich dieser Inhalt des § 11 LuftVG ohne Änderung seines Wortlauts nur deshalb zum Nachteil der Landeplätze geändert habe, weil bei jener Änderung in § 6 LuftVG die Flugplätze in Flughäfen und Landeplätze aufgeteilt, in § 11 das Wort „Flughäfen” aber stehengeblieben sei (vgl. Rinck ZLW 1970, 103; Wessels, Zum Kostenbeschluß des OLG Schleswig vom 31. August 1971, ZLW 1972, 31). Bleibe, macht die Revision geltend, bei der Neufassung eines Gesetzes eine Bestimmung unverändert, dann werde grundsätzlich davon auszugehen sein, daß auch der Inhalt dieser Bestimmung – hier also der Begriff des Flughafens im früheren, auch Landeplätze umfassenden Sinn – erhalten bleiben solle.
Der Revision kann nicht gefolgt werden. Es kann schon nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Begriff des Flughafens im Sinne des § 7 LuftVG a.F. auch Landeplätze erfaßt hätte (vgl. Schleicher/Reymann, Recht der Luftfahrt, 2. Aufl. LuftVG § 7 Anm. 1). Sollten jedoch bis zur Neufassung des § 11 LuftVG in § 70 Abs. 6 BImSchG noch begründete Zweifel daran bestanden haben, daß § 11 LuftVG seinem Wortlaut entsprechend nur Flughäfen und nicht Landeplätze betrifft, so sind solche Zweifel jedenfalls durch die genannte Neufassung im Bundesimmissionsschutzgesetz ausgeräumt worden. Es kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber diese in der Rechtsprechung und im Schrifttum aufgewiesene und erörterte Streitfrage bei der Neufassung des § 11 LuftVG übersehen hätte. Im übrigen sind keine Gründe dafür ersichtlich, daß auf die verkehrspolitisch weniger bedeutsamen Landeplätze zwingend eine entsprechende Anwendung des § 14 BImSchG geboten wäre (zutreffend Martin NJW 1972, 558, 560 links).
3. Zu billigen ist weiter die Ansicht den Berufungsgerichts, daß der in § 1 LuftVG niedergelegte Grundsatz der Freiheit des Luftraums das Verhältnis zum Luftfahrer und Luftfahrzeughalter betrifft. Soweit dagegen einem Flugplatzunternehmen der Fluglärm objektiv als Störer (§ 1004 BGB) zuzurechnen ist, ist die gegen den Lärm gerichtete Abwehr eine solche, die sich gegen benachteiligende Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück wendet (§ 11 LuftVG i.V.m. § 14 BImSchG). Der Abwehranspruch gegen das Flugplatzunternehmen richtet sich daher nach nachbarrechtlichen Grundsätzen (zutreffend Westermann ZLR 1957, 259, 264 ff.; Ruhwedel NJW 1971, 641, 644).
Entgegen der Meinung der Revision sind daher auch die aufgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 4 LuftVG in der Bekanntmachung des Luftfahrtbundesamts über Lärmgrenzwerte bei Propellerflugzeugen vom 12. April 1972 niedergelegten Emissionsgrenzwerte der einzelnen Flugzeuge für den vorliegenden nachbarrechtlichen Abwehranspruch gegen den Landeplatzhalter ohne Belang.
Die Lärmschutzbereiche, die aufgrund des Fluglämschutzgesetzes vom 2. März 1974 nach äquivalenten Dauerschallpegeln bestimmter Höhe abzugrenzen sind, spielen für den vorliegenden Abwehranspruch schon deshalb keine Rolle, weil dieses Gesetz auf den Verkehrslandeplatz des Beklagten keine Anwendung findet. Abgesehen davon sind die in diesem Gesetz bestimmten Dauerschallpegel dort als Grundlage für bestimmte planungsrechtliche Regelungen festgesetzt. Sie stellen keine Richt- oder Grenzwerte für die hier zu entscheidenden Fragen dar, ob und in welchem Umfang der Fluglärm unter dem Gesichtspunkt der Flughöhe einem Landeplatz objektiv zuzurechnen ist und ob die Lärmeinwirkung auf das Grundstück des Lärmbetroffenen wesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB ist (vgl. zur Abgrenzung der Unzumutbarkeit im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB das zum Abdruck in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 15. Juni 1977 – V ZR 44/75).
4. Die Revision macht weiter geltend, dem Landeplatzhalter dürfe jedenfalls keine weitere Lärmeinwirkung als Störer zugerechnet werden, als nicht schon durch die Einschränkung aufgrund der Verordnung über die zeitliche Einschränkung des Flugbetriebs mit Leichtflugzeugen und Motorseglern an Landeplätzen vom 16. August 1976 (BGBl. I S. 2216) ausgeschlossen werde. Nach der Begründung sei diese Verordnung in eingehenden Beratungen der nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 15 und Satz 5 des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Bundesressorts erarbeitet und dabei sowohl den Interessen der ruhesuchenden Bevölkerung als auch den Belangen des Motorflugsports Rechnung getragen worden.
Der Revision kann auch darin nicht gefolgt werden. Diese Verordnung zielt zwar auf einen allgemeinen Ausgleich zwischen den genannten widerstreitenden Interessen. Aus der darin verfügten Einschränkung des Flugbetriebs kann jedoch allein nicht geschlossen werden, daß die Lärmbeeinträchtigung, die von startenden und landenden Flugzeugen unter der Sicherheitsmindesthöhe ausgeht, dem Landeplatz außerhalb der in der Verordnung genannten Verbotszeiten nicht mehr als Störer zuzurechnen wäre.
5. Soweit das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seiner Abgrenzung der wesentlichen von unwesentlichen Geräuscheinwirkungen eine Abwägung der Interessen beider Parteien an der Benutzung ihrer Grundstücke (Ruhebedürfnisse auf der einen Seite und das Interesse an einer bestimmten Freizeitgestaltung auf der anderen Seite) vornimmt, ist es jedoch, wie der Revision einzuräumen ist, von irrigen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Eine solche Abwägung der beiderseitigen Interessen an, einer bestimmten Nutzung des jeweiligen Grundstücks ist in der Regel im Rahmen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zur Entscheidung der Frage geboten, ob die Benutzung eines Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt ist. Dagegen kann das Interesse an einer bestimmten Grundstücksnutzung bei der Entscheidung der Frage, ob eine Geräuscheinwirkung die Benutzung eines Grundstücks wesentlich oder nur unwesentlich beeinträchtigt, keine Rolle spielen. Die Entscheidung dieser Frage hängt vielmehr allein davon ab, inwieweit die Benutzung des betroffenen Grundstücks beeinträchtigt wird.
In dem Umfang, in dem das Berufungsgericht den Flugbetrieb als wesentliche Beeinträchtigung der klägerischen Grundstücksnutzung einschränkt, erkennt es ihn nicht als ortsüblich an. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen an der Würdigung des Berufungsgerichts insofern Bedenken, als keine Feststellungen getroffen sind, in welchem Umfang der Landeverkehr von nicht bodenständigen Flugzeugen zugenommen hat.
6. Das Berufungsgericht hat zur Unterlassung der Motorschleppflüge auch an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 12 bis 15 Uhr verurteilt, obwohl die Wiederholungsgefahr für die Zeit von 13 bis 15 Uhr nicht festgestellt worden ist. Fehlt aber die Wiederholungsgefahr, so ist der Unterlassungsanspruch schon aus diesem Grund unbegründet. Insbesondere darf ein Unterlassungsgebot nicht allein aus Gründen der Vollständigkeit oder der Klarheit, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, angeordnet werden.
7. Ob die häufige Wiederholung der Geräusche, die hier durch Motorflugbewegungen ausgelöst werden (Summierungseffekt), insofern als wesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB anzusprechen sind, als maximale Schallpegel von 70 dB (A) überschritten werden, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen, die auf eine anderweite Einschränkung der Lärmentwicklung abzielen, nicht abschließend beurteilt werden. Da diese Beurteilung wesentlich tatrichterlicher Würdigung unterliegt, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
III.
Sollte der Kläger einen Unterlassungsantrag im Sinne des angefochtenen Urteils stellen, so wäre eine Abstufung der wesentlichen von unwesentlichen Einwirkungen nach bestimmten Wochentagen oder Tageszeiten und auch eine Verringerung der Flugdichte für bestimmte Tage aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Dagegen bemängelt die Revision an der angefochtenen Entscheidung zu Recht, daß die stundenweise Verringerung der Flugdichte auf eine Reglementierung des Flugbetriebs hinausläuft, die einer Begründung entbehrt. Offenbar geht das Berufungsgericht bei dieser Überlegung davon aus, daß die Zahl der Flüge an Samstagen, Sonn- und Feiertagen zahlenmäßig einzuschränken sei und darüber hinaus die erlaubten Flüge möglichst gleichmäßig auf den ganzen Tag zu verteilen seien. Ob gerade diese Einschränkung der Flüge die Lästigkeit der Lärmeinwirkung entscheidend mindert, hätte einer näheren Begründung bedurft. Sollte es sich dabei um gesundheitliche Gesichtspunkte handeln, die der Kläger ebenfalls ins Feld geführt hat, wäre diese Frage schwerlich ohne medizinischen Sachverständigen zu entscheiden. Die Revision weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, daß der Straßenlärm tageszeitlich erheblichen Schwankungen unterliegt, ohne daß gerade darin ein Merkmal der Wesentlichkeit seiner Beeinträchtigung gesehen werden müßte. Bei der Würdigung dieses Umstands wird der Beklagte auch Gelegenheit haben, auf den nach seiner Meinung übergangenen Sachvortrag hinzuweisen, daß nur an etwa acht Wochenenden im Jahr überhaupt Flugbetrieb herrsche.
Fundstellen
Haufe-Index 609573 |
BGHZ, 118 |
NJW 1977, 1920 |
VerwRspr 1978, 155 |