Leitsatz (amtlich)
›Zur Frage, ob das Antwortschreiben des Maklerkundens auf einen unverlangt gegebenen Nachweis als Antrag auf Abschluß eines Vermittlungsvertrages angesehen werden kann.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beklagte will die von der Klägerin verlangte Maklerprovision für den Nachweis zum Kauf eines Miethauses nicht zahlen.
Die Klägerin hatte schon früher der am Ankauf von Miethäusern interessierten Beklagten "Verkaufsaufgaben" geschickt, in denen das jeweilige Objekt beschrieben wurde. Nachdem sie sich Kenntnis davon verschafft hatte, daß das hier fragliche Haus für 1,9 Mio. DM verkauft werden sollte, übersandte sie der Beklagten eine Verkaufsaufgabe darüber mit Schreiben vom 16. August 1982. In diesem Schreiben heißt es unter der Überschrift "Nachweistätigkeit" unter anderem "Die Maklercourtage ist nur im Erfolgsfalle von Ihnen zu zahlen" und in kleiner Schreibweise vorgedruckt am unteren Rand:
"Das Anfordern unserer Angebote bedeutet Auftragserteilung (Maklerauftrag). Das Verwenden unserer Angebote bedeutet Akzeptieren unserer Bedingungen ... Bei Vertragsabschluß über die nachgewiesene Gelegenheit oder bei Ersatzgeschäften hat uns der Käufer eine Erfolgsprovision von 5,25% ... zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen."
Die Beklagte antwortete am 24. August 1982 darauf:
"Zur oben genannten Verkaufsaufgabe möchten wir grundsätzlich Interesse bekunden. Unsere Wertermittlung aufgrund der vorliegenden Daten läßt allerdings einen Erwerb zu dem von Ihnen genannten Kaufpreis nicht zu. Sollten jedoch auf der Basis von DM 1,5 Mio Verhandlungsgespräche möglich sein, würden wir uns freuen, in dieser Angelegenheit wieder von Ihnen zu hören."
Eine Kopie dieses Schreibens sandte die Klägerin zwei Tage später an den Ehemann der Grundstücksverkäuferin und bat dabei um Mitteilung eines Termins für den Fall, daß Bereitschaft zu einem Gespräch "auf der Basis von DM 1,5 Mio ... mit unserem Kunden" bestehe.
In der Folgezeit kam es bis Oktober 1982 telefonisch und schriftlich zu einer Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Verkäuferseite darüber, ob die Klägerin sich die Nachweiskenntnis erschlichen habe, und ob sie berechtigt gewesen sei, die von der Verkäuferin als zum Teil unrichtig bezeichnete Verkaufsaufgabe herauszugeben. Danach ging die Beklagte, die immer nur direkt mit der Verkäuferin verhandelt hatte, in ihrem Schreiben vom 2. November 1982 an die Verkäuferin davon aus, daß sie keine Maklercourtage zu zahlen habe. Sie kaufte am 3. Januar 1983 das Haus für 1.535.000,-- DM. Nachdem sie die Courtagerechnung der Klägerin am 28. Januar 1983 erhalten hatte, ließ die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 31. März 1983 mitteilen, sie fechte eine etwa im Schreiben vom 24. August 1982 enthaltene Annahme- oder Angebotserklärung an.
Die Beklagte ist vom Landgericht antragsgemäß verurteilt worden, 91.025,50 DM nebst Zinsen zu zahlen; ihre Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil das Berufungsgericht nicht bedacht hat, daß die von ihm als Vertragsannahme gewertete Erklärung der Beklagten auf einen Vermittlungsvertrag gerichtet sein kann. Zur notwendigen tatrichterlichen Aufklärung in dieser Hinsicht muß die Sache zurückverwiesen werden.
1. Die Parteien und das Berufungsgericht haben sich bislang damit befaßt, ob ein Nachweismaklervertrag zustandegekommen und der Nachweis ursächlich gewesen ist, ob die Klägerin sich die dafür erforderlichen Tatsachen von der Verkäuferin erschlichen hat, und ob das als Verstoß gegen § 9 AGBG oder als sittenwidrig gemäß § 138 BGB anzusehen ist.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe sich die für ihre Verkaufsaufgabe erforderliche Kenntnis von der Gelegenheit dadurch verschafft, daß sie der Verkäuferin das Vorhandensein eines ernsthaften Interessenten vorgespiegelt hatte. Dieses vom Berufungsgericht als aggressive Einwerbungspraxis bezeichnete Vorgehen der Klägerin mag anstößig sein. Für die rechtliche Wirksamkeit eines später mit dem Maklerkunden geschlossenen Maklervertrages ist es jedoch ohne Bedeutung, auf welche Weise sich der Makler die Kenntnis der Gelegenheit verschafft hat.
Wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, kommt auch ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Ziff. 2 AGBG nicht in Betracht. Als Geschäftspartner des Maklers können der Verkäufer und der Käufer dem Makler gegenüber von vornherein und sogar mit Wirkung für beide Parteien des Hauptvertrages die Provisionszahlungspflicht abbedingen oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen (vgl. Senatsurteil vom 12.12.1984 - IVa ZR 89/83 - WM 1985, 359, 360 unter 3).
b) Die Beklagte hat als Empfängerin des Maklerangebotes der Klägerin dieses nicht nur entgegengenommen und davon Kenntnis erhalten. Sie hat vielmehr der Klägerin gegenüber reagiert und "grundsätzlich" Interesse bekundet. Das mag die Klägerin angesichts des Wortlauts ihres Angebotsschreibens vom 16. August 1984 und des beiliegenden Nachweises von ihrem Empfängerhorizont aus dahin verstanden haben, daß die Beklagte einen Maklervertrag abzuschließen bereit war. Die Beklagte hat eben nicht nur von dem ihr damit bereits bekannten Nachweis Gebrauch gemacht, z.B. unter Übergehen der Klägerin sich direkt an die Verkäuferin gewandt. Hätte sie auf diese Weise die gleichzeitig mit dem Provisionsverlangen erhaltene Kenntnis verwertet, dann wäre fraglich, ob sie allein dadurch einen Maklervertrag geschlossen hätte; das könnte nämlich dazu führen, daß für einen Kaufinteressenten, der einen unverlangten, aber mit einer Provisionsforderung verbundenen Nachweis von einem oder gar von mehreren Maklern erhält, der Erwerb des nachgewiesenen Objektes von vornherein unausweichlich mit der Provisionszahlung an einen oder mehrere Makler belastet wäre. Hier aber hat die Beklagte sich unter Bekundung ihres Interesses - also auch dem Makler gegenüber abschlußbereit - an die Klägerin gewandt.
c) Die Revision will entscheidend darauf abstellen, die Beklagte habe bei Erhalt des Nachweises davon ausgehen müssen, daß die Klägerin bereits Verkäufermaklerin gewesen sei. Das Berufungsgericht hat aber die Verkaufsaufgabe und das Begleitschreiben der Klägerin vom 16. August 1982 rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, daß "derartiges" daraus nicht zu erkennen oder auch nur zu vermuten gewesen sei. Überdies hatte die Klägerin nicht nur zweifach im Text des Begleitschreibens, sondern zusätzlich noch einmal in der Verkaufsaufgabe vermerkt, daß allein der Käufer die Maklerprovision zu tragen habe. Angesichts dieser eindeutigen Provisionsforderung (dazu Senatsurteil vom 12.2. 1981 - IVa ZR 105/80 - WM 1981, 495 = LM BGB § 354 Nr. 7 - NJW 1981, 1444) wurde die Beklagte provisionspflichtig, wenn sie vorbehaltlos auf das Angebot einging.
2. Fraglich ist aber gerade - und das hat das Berufungsgericht Übersehen - ob die Beklagte auf das Angebot der Klägerin zum Abschluß eines Nachweismaklervertrages mit ihrem Schreiben vom 24. August 1982 vorbehaltlos eingegangen ist.
a) Die Beklagte hat darin zwar "grundsätzlich" Interesse bekundet und sich damit abschlußbereit gezeigt. Sie hat jedoch der Klägerin gegenüber unmißverständlich deutlich gemacht, daß sie den Nachweis zum genannten Kaufpreis von 1,9 Mio DM ablehnte, daß sie nur auf der Basis von 1,5 Mio DM zu Verhandlungen bereit war. Damit hat sie möglicherweise das Angebot zum Abschluß eines Nachweismaklervertrages abgelehnt. Der letzte Satz ihres Schreibens kann nämlich dahin verstanden werden, daß sie sich an einem Bemühen der Klägerin interessiert zeigte, durch das ihr die Möglichkeit zu Verhandlungsgesprächen auf der Grundlage eines um gut 20% herabgesetzten Preises geboten wurde; damit hätte sie von der Klägerin mehr als die - hier bereits verschaffte - Kenntnis der Verkäuflichkeit des Miethauses erwartet.
Die Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung des Angebotes, die ihrerseits mit einem neuen Antrag verbunden ist, § 150 Abs. 2 BGB.
Da möglicherweise die Beklagte unter Ablehnung des bislang erhaltenen Vertragsangebotes von der Klägerin ein Tätigwerden erwartete, welches die Verkäuferin zur Herabsetzung der Preisforderung veranlassen sollte, damit auf diese Weise später der Hauptvertrag doch noch zustande kommen konnte, kann sie der Klägerin den Abschluß eines Vermittlungsmaklervertrages angetragen haben.
Dafür ergeben sich weitere Anhaltspunkte aus dem Schriftwechsel der Beteiligten. Die Klägerin hat in ihre sofortigen Schreiben an den Ehemann der Verkäuferin vom 26. August 1982 nicht nur versucht, eine Herabsetzung de Kaufpreises zu erreichen. Sie bat weiter darum, daß ihr selbst der Termin für die Verhandlung mit der Beklagten bekanntgegeben werde. Sie wollte offenbar an den Verhandlungen weiter beteiligt sein, also möglicherweise vermitteln. Die Verkäuferin bestritt in ihrem ersten, anscheinend schon nach Fühlungnahme mit der Beklagten gefertigten Schreiben an die Klägerin vom 29. September 1982 dieser das Recht, "den Verkauf ... zu vermitteln". Die Beklagte, mit der die Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 24. August 1982 unstreitig nicht mehr in Kontakt getreten ist, wies die Nachweisrechnung der Klägerin mit den Worten zurück, daß "in dieser Angelegenheit kein Vermittlungsauftrag" bestanden habe.
Allerdings brauchte die Klägerin nicht ausdrücklich zu erklären, daß sie den Antrag des Beklagten auf Abschluß eines Vermittlungsmaklervertrages annehme, § 151 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 13.3.1985 - IVa ZR 152/83 -). Ihre Annahme kann jedenfalls in dem sofortigen Schreiben an den Ehemann der Verkäuferin vom 26. August 1982 liegen.
b) Ein solcher Vertrag wäre nicht durch Anfechtung seitens der Klägerin vernichtet worden. Die Irrtumsanfechtung war jedenfalls nicht unverzüglich im Sinne von § 121 BGB. Die Beklagte und die Verkäuferin rechneten schon bei Abschluß des Kaufvertrages mit einer Provisionsforderung der Klägerin. Das geht aus § 8 des notariellen Kaufvertrages und der zusätzlichen Vereinbarung vom 3. Januar 1983 hervor, in welcher die Verkäuferin eine etwa fällige Maklercourtage übernommen hat. Die Beklagte wußte spätestens seit Erhalt der Rechnung am 28. Januar 1983, daß die Klägerin sie als Auftraggeberin ansah. Grundlage für diese Ansicht der Klägerin konnte nur das Schreiben der Beklagten vom 24. August 1982 sein. Wurde dieses erst zwei Monate nach dem spätesten Zeitpunkt der Kenntniserlangung angefochten, dann war die Anfechtung schuldhaft verzögert.
c) Daß das Schreiben der Klägerin vom 26. August 1982 die Tätigkeit eines Vermittlungsmaklers erfüllte, nämlich so gestaltet war, daß zu beiden Parteien des Hauptvertrages Beziehungen angeknüpft und mit dem Vertragsgegner in dem Sinne eines bewußt auf Vertragsschluß zielenden Wirkens verhandelt wurde (vgl. MünchKomm/Schwerdtner, § 652 Rdn. 50 m.w.N. ), kann aber den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebensowenig entnommen werden wie die Ursächlichkeit dieses Schreibens für den notariellen Vertrag.
Das Berufungsgericht hat insoweit - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - sich auf die Rechtsprechung des Senats zur Ursächlichkeit des Nachweises bezogen (Urteil vom 20.4.1983 - IVa ZR 232/81 - WM 1983, 794 = LM BGB § 652 Nr. 83) und festgestellt, daß die Beklagte durch das Schreiben der Klägerin nebst Verkaufsaufgabe den Anstoß bekommen hat, sich konkret um das nachgewiesene Objekt zu bemühen. Wenn die Klägerin Vermittlungsmaklerin der Beklagten war, ist jedoch entscheidend, ob sie zumindest auch auf die Willensbildung der Verkäuferin Einfluß genommen hat. Diese Einflußnahme muß den Abschluß des notariellen Vertrages vom 3. Januar 1983 in jedenfalls nicht unbedeutender Weise gefördert haben. Auch in diesem Zusammenhang wird es auf den in dem genannten Senatsurteil genannten Grundsatz ankommen, daß gerade die Einflußnahme des Maklers auf den Vertragsgegner für jenen der Anstoß war, den Hauptvertrag schließlich zu den für den Maklerkunden, hier die Beklagte, annehmbaren Bedingungen zustande kommen zu lassen.
d) Die Parteien haben bislang den Gesichtspunkt des Vermittlungsmaklervertrages nicht in ihren Vortrag einbezogen. Dazu ist ihnen nach der Zurückverweisung Gelegenheit gegeben (§ 278 Abs. 3 ZPO).
3. Kommt das Berufungsgericht aufgrund der erneuten Verhandlung und eventuell Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß die Vermittlungsmaklertätigkeit der Klägerin und deren Ursächlichkeit zu bejahen sind, dann wird die Beklagte dem Provisionsanspruch nicht einen Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der Verkäuferin entgegensetzen können. Einen solchen Anspruch aus § 823 BGB hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. § 826 BGB kann den Anspruch angesichts der Ausführungen oben unter 1. a) nicht stützen. Auch ein vertraglicher Anspruch scheidet aus. Ob es zu entsprechenden Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Verkäuferin überhaupt gekommen ist, kann offen bleiben. Schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten rechnete nämlich die Verkäuferin mit dem Entstehen einer Käuferprovision, wenn auch für einen seinerzeit angeblich bereits bekannten Käufer. Das Entstehen einer Käuferprovisionsverpflichtung konnte also der Verkäuferin keinen Schaden bringen. Jedenfalls aber hat die Verkäuferin sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ohne genaue Prüfung der Entstehung einer Provisionsverpflichtung für die Beklagte als Käuferin und ohne entsprechenden Verzicht der Klägerin eine etwaige Provisionsschuld der Beklagten einfach übernahm.
Fundstellen
Haufe-Index 2992803 |
NJW 1986, 50 |
DRsp I(138)489a |
WM 1985, 1232 |
MDR 1986, 36 |