Entscheidungsstichwort (Thema)
Schicksal von Versorgungsanwartschaften im Konkurs
Leitsatz (amtlich)
Unwiderrufliche Versorgungsanwartschaften, deren Erstarken zu einem Versorgungsanspruch noch vom Eintritt künftiger Ungewisser Ereignisse abhängt, berechtigen außerhalb des Anwendungsbereichs des Betriebsrentengesetzes nach § 67 KO nur zu einer Hinterlegung. Versorgungsrechte, die gem. § 9 Abs. 2 BetrAVG auf den Träger der Insolvenzsicherung übergehen, werden in entsprechender Anwendung des § 69 KO in einen Zahlungsanspruch umgewandelt (Abgrenzung zu BGHZ 113, 207).
Normenkette
KO §§ 67, 69; BetrAVG § 9 Abs. 2, § 17 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 20.06.1996) |
LG Hagen |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juni 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Kläger waren Gesellschafter der F. GmbH (nachfolgend: GmbH oder Gemeinschuldnerin) mit je hälftigen Anteilen und seit 1980 auch deren Geschäftsführer. Im Jahre 1984 erteilte die GmbH beiden Klägern Direktzusagen über ein lebenslängliches Ruhegeld von monatlich 1.500 DM für den Fall, daß sie „nach vollendetem 65. Lebensjahr oder infolge Berufsunfähigkeit … vor Erreichen dieses Alters” aus den Diensten der GmbH ausschieden. Abschnitt I Nr. 1 Satz 2 und 3 der Direktzusage bestimmte:
„Beziehen Sie vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, so können Sie die betriebliche Altersrente bereits von diesem Zeitpunkt an begehren. Aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme ermäßigt sich in diesem Falle die erdiente Altersrente … einschließlich der erdienten Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung um je 0,6 % pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme.”
Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens war vorgesehen:
„Scheiden Sie vor Eintritt des Versorgungsfalles aus unseren Diensten aus, dann bleiben die erdienten Ruhegeldansprüche erhalten. Als erdient gilt der Teil der Versorgungsleistungen, der dem Verhältnis der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Eintritt in die Firma bis … Vollendung des 65. Lebensjahres, entspricht. Ziff. 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.”
Zur Rückdeckung schloß die GmbH insgesamt fünf Lebensversicherungsverträge ab. Sie verpfändete sicherungshalber ihre Ansprüche auf die Erlebensfall- und Berufsunfähigkeitsleistungen aus den Versicherungen an die Kläger zu 1) (drei Verträge) und 2) (zwei Verträge); die Verpfändung zeigte sie alsbald dem Versicherer an.
Am 8. Februar 1994 wurde Konkurs über das Vermögen der GmbH eröffnet; der Beklagte ist der Konkursverwalter. Die Kläger (geboren 1938 bzw. 1941) verlangen von ihm die Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen. Mit diesem Antrag hatte ihre Klage – die vom Landgericht abgewiesen worden war – vor den Berufungsgericht Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Kläger könnten gemäß §§ 48 KO, 1282 BGB die Abtretung der Ansprüche aus den ihnen verpfändeten Lebensversicherungen verlangen. Auf die Kläger fänden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung. Die Direktzusage sei rechtswirksam und unwiderruflich. Eine Auslegung ergebe, daß den Klägern die Ansprüche auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden sofort zuwachsen sollten. Dies ebenso wie die Verpfändung mache nur im Falle der Unwiderruflichkeit Sinn. Ein Widerruf gemäß § 242 BGB wegen wirtschaftlicher Notlage des verpfändenden Unternehmens komme bei dessen Liquidation infolge Konkurses nicht in Betracht.
Das Pfandrecht sei wirksam, ein Widerruf der Bezugsberechtigung aus den Lebensversicherungsverträgen nicht dargetan. Die Verpfändung sei nicht anfechtbar, weil eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der GmbH nicht zu erweisen sei. Die vorrangige Befriedigung der Kläger sei nach Pfandreife gemäß §§ 65 Abs. 1, 69 KO durch Abtretung der Versicherungsforderungen zu erfüllen. Ein vorrangiges Verwertungsrecht des Beklagten bestehe nicht (§ 127 Abs. 2 KO). Für eine Beschränkung der Abtretung auf den Wert der Versorgungsanwartschaft bestehe kein Anlaß, weil für eine Übersicherung der Kläger nichts dargetan sei.
Der Beklagte könne die von ihm geschuldete Leistung nicht zurückhalten. Er habe für einen Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG oder einen Schadensersatzanspruch wegen Konkursverschleppung gegen die Kläger nicht schlüssig vorgetragen.
II.
Dagegen dringt die Rüge der Revision durch, mangels Pfandreife komme eine Abtretung nicht in Betracht.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die den Klägern erteilte Versorgungszusage nicht den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung unterliegt. Dessen Vorschriften gelten für Arbeitnehmer. Sie sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG entsprechend anwendbar für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, denen aber Versorgungsleistungen aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Erforderlich ist aber stets die Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen. Personen, die selbst Unternehmer sind, genießen insoweit nicht den Schutz des Gesetzes, als sie für das eigene Unternehmen tätig sind. Eigener Unternehmer in diesem Sinne ist der Geschäftsführer einer GmbH jedenfalls dann, wenn er zusammen mit einem Mitgeschäftsführer mehr als 50 % der Geschäftsanteile hält (vgl. BGHZ 77, 233, 241 f; BGH, Urt. v. 9. März 1981 – II ZR 171/79, WM 1981, 647 f; v. 25. September 1989 – II ZR 259/88, GmbHR 1990, 72, 73; Höfer/Abt, BetrAVG 2. Aufl. § 17 Rdn. 76; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung 2. Aufl. § 7 BetrAVG Rdn. 466).
2. Die Kläger sollten vertragsgemäß das Ruhegeld erst nach vollendetem 65. Lebensjahr oder bei vorherigem Bezug von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder vorheriger Berufsunfähigkeit erhalten. Dem Kläger zu 1) war ferner für den Fall seines Todes eine Hinterbliebenenrente zugunsten der Ehefrau zugesagt, die mit ihm bis dahin in gültiger Ehe verheiratet war. Alle diese Voraussetzungen sind, soweit dargetan, bisher nicht eingetreten. Damit handelte es sich nicht um betagte Ansprüche im Sinne von § 65 KO. Vielmehr ist insbesondere das Erleben der Anspruchsvoraussetzungen eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 67 KO; dasselbe gilt für die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit oder eines vorzeitigen Altersruhegeldes. Forderungen unter aufschiebender Bedingung berechtigen gemäß § 67 KO nur zu einer Sicherung. Die auf den bedingten Anspruch entfallende Konkursdividende wird bei der Verteilung zwar grundsätzlich berücksichtigt (§ 154 KO), aber zurückbehalten und anschließend hinterlegt (§§ 168 Nr. 2, 169 KO). Fällt die Bedingung später aus, ist der Betrag nach Maßgabe des § 166 KO zur nachträglichen Verteilung zu bringen. Für die Folge, daß der Gläubiger einer aufschiebend bedingten Leistung nur Sicherstellung, nicht aber Zahlung oder eine entsprechende Erfüllungshandlung – wie Abtretung – verlangen kann, ist es unerheblich, ob der Gemeinschuldner, wie hier, eine juristische Person ist, die infolge des Konkurses liquidiert werden wird (a.M. anscheinend Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 69 Rdn. 3 c). In diesem Falle werden die Anwartschaftsberechtigten durch die Hinterlegung genauso sichergestellt wie im Konkurs einer natürlichen Person. Für die Frage, ob dem Anwärter das Abwarten seiner Berechtigung zugemutet werden kann, ist die Person des Gemeinschuldners bedeutungslos, wie gerade der vorliegende Fall zeigt: Die Kläger sind zugleich die alleinigen Gesellschafter der in Konkurs gefallenen GmbH und die Anwartschaftsberechtigten. Die Hinterlegung kommt so gut wie nie dem Gemeinschuldner selbst zugute, wenn die Anspruchsberechtigung später endgültig ausfällt. Vielmehr wächst dann der hinterlegte Betrag den übrigen Konkursgläubigern zu. Mit Zumutbarkeitsgesichtspunkten darf deren Berechtigung schon wegen des Gebots zur Gleichbehandlung aller Gläubiger im Konkurse nicht zugunsten einzelner geschmälert werden.
Die Möglichkeit des Berechtigten, seine Befugnis nach § 15 Nr. 4 ALB auszuüben, wird durch die Hinterlegung nicht beeinträchtigt.
a) Allerdings vertritt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, im Konkursfall verwandele sich die Versorgungsanwartschaft von Arbeitnehmern in einen Zahlungsanspruch; der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angewachsene Wert der Anwartschaft sei nach § 69 KO zu schätzen (BAGE 24, 204, 211; BAG DB 1978, 941, 942; ZIP 1983, 1095, 1096; 1989, 319, 320; 1990, 400, 401; zust. Blomeyer/Otto, BetrAVG § 9 Rdn. 48; Grub ZIP 1992, 159, 161; Molkenbuhr EWiR 1991, 389, 390). Zwar stellen die Versorgungsanwartschaften auch nach dieser Ansicht lediglich bedingte Ansprüche dar. Die abweichende Rechtsfolge wird allein mit dem Hinweis auf eine bessere Praktikabilität und Zumutbarkeitserwägungen begründet. Dem wird aber mit Recht entgegengehalten, daß die Kritik an der Zweckmäßigkeit einer eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht die Gerichte befugt, eine eigene, abweichende Losung zu entwickeln (BGHZ 113, 207, 212 f; Senatsurt. v. 23. Januar 1992 – IX ZR 94/91, ZIP 1992, 342, 343; Weber AP § 61 KO Nr. 9 Bl. 7 Rücks.). Die Bestimmung des § 67 KO ist eindeutig und vom Gesetzgeber so gewollt:
„So lange die Bedingung schwebt, ist die Forderung auf den bedingt geschuldeten Gegenstand noch nicht entstanden … Deshalb kann nie der bedingte Gläubiger auf seine mögliche Forderung von den Wertheilungen der Masse Etwas ausgezahlt erhalten … Das in der bedingten Forderung schon vorhandene Recht hat nur den Inhalt, daß der Gegenstand der Forderung bei Eintritt der Bedingung vom Gläubiger nicht vereitelt werde. Derselbe kann daher nichts anderes verlangen als: Sicherstellung.”
(Materialien zur Konkursordnung, amtliche Begründung zu § 60 des Entwurfs, S. 280).
b) Jedoch ist der Gesetzgeber in der Begründung zum heutigen § 9 Abs. 2 BetrAVG davon ausgegangen, daß der „Träger der Insolvenzsicherung … im Konkursverfahren auch den nach § 69 der Konkursordnung zu kapitalisierenden Zahlungsanspruch geltend machen (kann), der für Versorgungsanwartschaften im Falle des Konkurses entsteht (vgl. BAG …)” (Bericht des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung zu § 6 c Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, BT-Drucks. 7/2843 S. 10). Art. 91 Nr. 4 Buchst. b EGInsO fügt mit Wirkung ab 1. Januar 1999 dem § 9 Abs. 2 BetrAVG folgenden neuen Satz 3 an:
„Die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übergegangenen Anwartschaften werden im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderungen nach § 45 der Insolvenzordnung geltend gemacht.”
Die Gesetzesänderung soll klarstellen, daß gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts „auch nach der Insolvenzordnung” aus Gründen der Praktikabilität „die auf den Träger der Insolvenzsicherung übergegangenen Versorgungsanwartschaften nach Umrechnung … bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt werden können, ohne daß die Umwandlung der Versorgungsanwartschaft in einen Versorgungsanspruch abgewartet werden muß” (amtl. Begr. der Bundesregierung zu Art. 94 Nr. 4 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/3803 S. 112).
Der Senat nimmt dies als gesetzgeberische Klarstellung hin, daß bereits jetzt § 9 Abs. 2 BetrAVG den Träger der Insolvenzsicherung im Konkurs begünstigen soll, soweit Versorgungsansprüche und -anwartschaften auf diesen übergehen. Dies betrifft die große Masse aller derartigen Rechte, deren verfahrensmäßige Abwicklung im Konkurs erleichtert werden soll. Darin liegt eine hinreichende gesetzliche Grundlage für einen Ausschluß des § 67 KO hinsichtlich der kraft Gesetzes insolvenzgeschützten Anwartschaften. Für diesen Bereich stimmt der Senat dementsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu. Für dessen Zuständigkeitsbereich (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 5 und 6 ArbGG) besteht danach keine Divergenz, so daß sich eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes erübrigt.
c) Gerade der Umstand, daß der Gesetzgeber nicht die Konkurs- oder Insolvenzordnung, sondern nur das Betriebsrentengesetz geändert hat, bedeutet umgekehrt, daß die rein insolvenzrechtliche Ausgangslage gleichbleibt. Dementsprechend bestimmen auch die §§ 191 Abs. 1, 198 InsO, daß der auf aufschiebend bedingte Forderungen entfallende Anteil nicht ausgezahlt, sondern hinterlegt wird; § 203 Abs. 1 Nr. 1 InsO ordnet die Nachtragsverteilung an, wenn derart zurückbehaltene Beträge später für die Verteilung freiwerden.
Dies ist – entgegen einem in der Literatur teilweise aufgetretenen Mißverständnis (Paulsdorff, a.a.O. § 9 BetrAVG Rdn. 34) – nicht lediglich eine Frage der „Begriffsjurisprudenz”. Vielmehr ist wirtschaftlich die Frage zu entscheiden, wer die Gefahr zu tragen hat, daß der Anspruchsberechtigte künftig die Voraussetzungen der Rentenberechtigung nicht erfüllen wird. Das Gesetz erlegt das Risiko eindeutig dem einzelnen Anwartschaftsberechtigten auf. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingegen begünstigt diesen und nimmt statt dessen der Masse der ungesicherten Konkursgläubiger die Chance, daß die Berechtigung – wie gerade im Falle BGHZ 113, 207 f – nicht eintritt. Eine solche Verletzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung bedarf der gesetzlichen Grundlage.
Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (Hess/Kropshofer, KO 5. Aufl. § 69 Rdnr. 5 unter 3.) geht es ferner nicht um ein Rangverhältnis zwischen § 67 und § 69 KO. Vielmehr sind beide Vorschriften nebeneinander anzuwenden: § 69 KO regelt allein die Umwandlung unbestimmter Forderungen in einen bestimmten Geldbetrag, soweit es darauf ankommt. Nach dieser Vorschrift ist hier also derjenige Betrag zu kapitalisieren, der auf die Anwartschaften der Kläger entfällt. Allein § 67 KO bestimmt hingegen, daß der so geschätzte Betrag nicht auszuzahlen, sondern zu hinterlegen ist.
Für Versorgungsanwartschaften derjenigen Berechtigten, die – wie die Kläger – nicht in den persönlichen Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes fallen, bleibt es folglich dabei, daß jene nur zu einer Sicherstellung, nicht zu einem Zahlungsanspruch führen können. Da es sich um Personen handelt, die selbst als Unternehmer gelten, besteht ein sachlicher Unterschied, der es aus gesetzgeberischer Sicht rechtfertigen kann, sie weniger zu begünstigen als den Pensions-Sicherungs-Verein, der die Ansprüche der abhängig beschäftigen Arbeitnehmer vorab zu befriedigen hat. Die nicht kraft Gesetzes insolvenzgeschützten Anwartschaften sind zudem nicht so zahlreich, daß sie die Abwicklung von Konkursverfahren wesentlich erschweren würden. Es besteht auch keine Gefahr, daß die Versorgungsanwartschaft mit Verwaltungskosten belastet werden könnte: Sollten infolge einer Hinterlegung unvermeidliche Kosten entstehen, so sind diese bei der Schätzung des zu hinterlegenden Betrages gemäß § 69 KO als Ausgleich für anfallende Zinsen zu berücksichtigen.
3. Weitergehende Ansprüche der Kläger bestehen zur Zeit auch nicht aufgrund ihres – akzessorischen – Pfandrechts an der Versicherungsforderung. Der Pfandgläubiger ist gemäß § 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB erst bei Fälligkeit der gesicherten Forderung zur Einziehung des verpfändeten Rechts befugt. Gesichert sind die Versorgungsanwartschaften der Kläger. Da jene bisher nicht fällig sind, steht das Verwertungsrecht nach §§ 48, 127 Abs. 1 KO dem Beklagten zu. Die Kläger können Sicherstellung ihrer Versorgungsansprüche aus dem Erlös verlangen. Dieser ist vorab für die Kläger zu verwenden; den für ihre Versorgungsanwartschaften zu schätzenden Betrag (§ 69 KO) hat der Beklagte aus dem Erlös der Versicherungsforderungen vorrangig zu hinterlegen. Da die Kläger sich selbst jedoch nur Ruhegeldansprüche von monatlich 591 DM bzw. 258 DM errechnen (S. 4 ihres Schriftsatzes vom 18. Oktober 1995 = Bl. 25 GA), kommt ernsthaft in Betracht, daß die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen wesentlich höher sind als die zur Sicherung solcher Forderungen nötigen Beträge. Wie im Revisionsrechtszug nicht in Zweifel gezogen worden ist, betrug der Rückkaufswert der zugunsten der Kläger abgeschlossenen Versicherungen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung zusammen 92.846,10 DM.
III.
Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus sonstigen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Andererseits ist der Senat nicht zu einer eigenen abschließenden Entscheidung in der Lage (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Klage kann mindestens teilweise Erfolg haben.
1. Allerdings entsprechen nicht einmal die Hilfsanträge der Kläger ihrem materiell-rechtlich allein bestehenden Anspruch auf Sicherstellung aus dem Verwertungserlös. Auf eine sachdienliche Antragstellung hat aber der Tatrichter gemäß § 139 Abs. 1 ZPO hinzuwirken. Dabei kann auch den übrigen von der Revision insoweit erhobenen Bedenken gegen die Bestimmtheit des Antrags (S. 8 u. 9 d. RB = Bl. 30 f Bd. II GA) Rechnung getragen werden.
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Versorgungsanwartschaften seien nicht frei widerruflich gewesen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Sinn einer solchen Versorgungszusage, und deren Wortlaut enthält hier keinerlei Einschränkungen. Der Umstand, daß die Kläger zugleich die Gesellschafter der GmbH waren, steht nicht entgegen. Zwar lag es in der Hand der Kläger selbst, die Zusage nicht zu widerrufen, solange sie die beherrschende Stellung innehatten. Die Mehrheitsverhältnisse konnten sich aber später ändern. Unabhängig davon hatten die Kläger als Geschäftsführer ein Interesse an einer gesicherten Rechtsstellung.
3. Einen betriebsbedingten Widerruf der Versorgungsanwartschaften hat das Berufungsgericht mit Recht für unwirksam gehalten. Es hat sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestützt, daß nach einer Stillegung des Betriebes gemäß § 242 BGB kein Grund mehr bestehe, von den Pensionären Zugeständnisse zu erwarten (BAG DB 1984, 137, 138). Ob diese Rechtsprechung – wie die Revision meint – für bloße Versorgungsanwartschaften von Gesellschafter-Geschäftsführern einzuschränken ist, braucht hier nicht allgemein entschieden zu werden. Denn jedenfalls könnte die GmbH, welche die Versorgung versprochen hat, gemäß § 242 BGB äußerstenfalls eine Rücksichtnahme für die Zukunft, also eine zeitweilige Freistellung von laufenden Zahlungsverpflichtungen für die Dauer eines Sanierungsversuchs verlangen. Die Vorschrift gestattet es nicht, auch den Rückkaufswert von Versicherungen anzugreifen, der durch Einzahlungen in vergangenen, besseren Zeiten gebildet worden ist. Der Grundsatz von Treu und Glauben allein legt nicht einmal Gesellschafter-Geschäftsführern eine solche Rücksichtaufnahme auf die anderen Gesellschaftsgläubiger auf, daß sie deswegen auf bereits erworbene Rechte verzichten müßten. Vielmehr zieht insoweit die Konkursordnung die Grenzen zwischen den Rechten der einzelnen Gläubiger sowie dem Schutz der Gesamtheit aller Gläubiger.
4. Allerdings hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, die Möglichkeit eines verhaltensbedingten Widerrufs nicht geprüft. Ist eine Versorgungsanwartschaft unwiderruflich, so können im aktiven Dienst begangene Pflichtverletzungen den Anspruch auf eine versprochene Altersversorgung dann – und nur dann – ausschließen, wenn sie besonders schwer wiegen, insbesondere wenn sie einen auf andere Weise nicht wiedergutzumachenden Schaden angerichtet haben (BGH, Urt. v. 22. Juni 1981 – II ZR 146/80, WM 1981, 940, 941; v. 25. November 1996 – II ZR 118/95, WM 1997, 68).
Insoweit kommt das Vorbringen des Beklagten in Betracht, gegen beide Kläger sei eine Anklage wegen strafbaren Bankrotts (§ 283 StGB) erhoben worden. Über Inhalt und Gewicht der Vorwürfe im einzelnen sowie den Umfang eines dadurch entstandenen Schadens hat der darlegungsbelastete Beklagte jedoch nichts dargetan. Sein weiterer Vorwurf gegen den Kläger zu 1), er sei in der letzten Zeit vor Konkurseröffnung nicht mehr in der Gemeinschuldnerin tätig geworden, ist für einen Widerrufsgrund nicht hinreichend substantiiert; er Läßt weder den Zeitraum noch das Ausmaß einer Pflichtverletzung, geschweige denn einen hierdurch entstandenen Schaden erkennen. Der Vorwurf, beide Kläger seien nicht gegen die Angestellte vorgegangen, die rund 200.000 DM zu Lasten der GmbH unterschlagen hatte, genügt aus Rechtsgründen ebenfalls nicht. Die Kläger haben am 21. Oktober 1993 ein Schuldanerkenntnis dieser Angestellten erwirkt. Es ist nicht dargetan, daß sie bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 8. Februar 1994 daraus nennenswerte Beträge bei der Angestellten hätten beitreiben können.
Danach verbleibt allein das Vorbringen gegen den Kläger zu 2), er habe einen Scheck unterschlagen und versucht, Geschäfte der GmbH auf sich selbst umzuleiten. Auch dieses Verhalten wäre nicht rechtswidrig, falls der Mitgesellschafter es gebilligt und der Beklagte zu 2) nicht gegen § 30 GmbHG verstoßen hat. Da hierzu tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, ist der Senat zu einer eigenen, abschließenden Entscheidung nicht in der Lage. Darüber hinaus wird der Tatrichter abzuwägen haben, ob die Vorwürfe von einen solchen Gewicht sind, daß sie den Ausschluß oder die Einschränkung von Versorgungsansprüchen rechtfertigen.
5. Die Anfechtungseinrede des Beklagten wird durch den von ihm vorgetragenen Sachverhalt nicht gestützt.
a) Die Versorgungszusage selbst ist den Klägern fast zehn Jahre vor der Konkurseröffnung erteilt worden (§ 30 KO). Der Beklagte hat auch nicht dargetan, daß die versprochene Versorgungsrente etwa unangemessen hoch wäre (§ 31 KO).
b) Die Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen sind schon bei Erteilung der Versorgungszusage, also weit vor der Zahlungseinstellung der Versicherungsnehmerin verpfändet worden. Nach Eintritt ihrer wirtschaftlichen Krise könnte sie allenfalls die letzten Versicherungsprämien entrichtet haben; soweit sie hierdurch den Rückkaufswert der Versicherungen noch gesteigert hätte, käme eine Anfechtung in Betracht. Zur Prämienzahlung hat der Beklagte jedoch nichts vorgetragen.
Der Umstand allein, daß die Verpfändung als Sicherheit vor allem bei Zahlungsschwierigkeiten des Verpfänders wirtschaftlich bedeutsam wird, begründet noch nicht ohne weiteres die Vermutung, daß eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 31 KO beabsichtigt gewesen sei und der Pfandnehmer dies gewußt habe. Der Senat hat derartiges nur angenommen, wenn eine Sicherheit gezielt für den Insolvenzfall bestellt war (BGHZ 124, 76, 82; BGH, Urt. v. 18. Februar 1993 – IX ZR 129/92, WM 1993, 738, 739; so auch BAG AP § 30 KO Nr. 4). Bei einer sofort wirksamen und unbedingten Sicherheitenbestellung entscheidet demgegenüber, ob der Sicherungsgeber den Eintritt seiner Insolvenz während der Dauer des Sicherungsgeschäfts konkret für wahrscheinlich hielt. Dafür ist hier nichts dargetan. Die Sicherheitenbestellung ist – entgegen Arteaga (ZIP 1996, 2008, 2010) – allgemein schon deswegen sinnvoll, weil sich die Mehrheitsverhältnisse im schuldenden Unternehmen ändern könne. Ferner verstößt das Bestreben eines Geschäftsführers, seine sachlich angemessene Versorgungsanwartschaft mit zulässigen Mitteln insolvenzfest zu sichern, nicht schon deswegen gegen den Konkurszweck, weil er zugleich mitbeherrschender Gesellschafter ist: Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger verbietet es diesem Geschäftsführer nicht schlechthin, seinen Anspruch auf die geschuldete Gegenleistung für einen eigenen, gleichwertigen Einsatz rechtzeitig insolvenzfest zu sichern.
IV.
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit der Frage eines verhaltensbedingten Widerrufs der Versorgungszusage (oben III 4) befassen und gegebenenfalls die Höhe des zugunsten der Kläger zu hinterlegenden Betrages (oben II) bestimmen müssen. Hierbei erhält der Beklagte zugleich Gelegenheit, seine Ausführungen zu Gegenansprüchen zu erneuern, auf die er ein Zurückbehaltungsrecht gegen das Klagebegehren stützen will.
Unterschriften
Brandes, Kirchhof, Kreft, Stodolkowitz, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 714237 |
BGHZ |
BGHZ, 220 |
NJW 1998, 312 |
KTS 1998, 106 |
NZA 1997, 1113 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1997, 1596 |
VersR 1998, 329 |