Entscheidungsstichwort (Thema)
Unrichtige Rentenauskunft. Vorzeitiger Rentenantrag. Haftung Rentenversicherungsträger
Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der Haftung des Rentenversicherungsträgers für eine unrichtige Rentenauskunft nach § 109 SGB VI, die den Versicherten bewogen hat, Rentenantrag zu stellen und vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden.
Normenkette
BGB § 839
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 04.04.2002) |
LG Freiburg i. Br. |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des OLG Karlsruhe - 19. Zivilsenat in Freiburg - v. 4.4.2002 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels und der Anschlussrevision der Klägerin teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Zahlungsansprüche zu 1) und 2) der Berufungsanträge sind dem Grunde nach mit der Maßgabe gerechtfertigt, dass der Schadensersatzanspruch der Höhe nach durch das Interesse begrenzt wird, das sich ergibt, wenn die der Klägerin erteilten Auskünfte mit ihrem Inhalt richtig gewesen wären.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1.1.2004 den aus den falschen Rentenauskünften v. 13.12.1996, 25.6.1998, 8.2.1999 und v. 14.4.1999 resultierenden weiteren Schaden zu ersetzen, der Höhe nach begrenzt durch das Interesse, das sich ergibt, wenn jene Auskünfte richtig gewesen wären.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag der Ansprüche und über die Kosten des Revisionsrechtszuges an das LG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, die seit dem 1.10.1999 von der Beklagten, einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Altersrente für Frauen (§ 39 SGB VI a. F.) bezieht, nimmt diese aus Amtshaftung auf Ersatz von Vermögensnachteilen in Anspruch, die ihr nach ihrer Behauptung dadurch entstanden sind, dass sie sich auf die Richtigkeit von Rentenauskünften verlassen hat, die ihr unter dem 13.12.1996, 25.6.1998, 8.2.1999 und 14.4.1999 erteilt worden sind. In diesen Auskünften waren die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs auf Grund des Ehescheidungsurteils v. 13.7.1981, in dem - auf das Ehezeitende 31.10.1980 bezogen - Rentenanwartschaften von 249,31 DM auf dem Versicherungskonto der Klägerin begründet wurden, unrichtig angegeben: Versehentlich wurde der Ausgleichsbetrag doppelt berücksichtigt, so dass die Auskünfte 9,1026 Entgeltpunkte (das entspricht zum 1.7.2003 einem Rentenbetrag von 237,85 Euro) mehr aufwiesen, als der Klägerin tatsächlich zustanden.
Mit der Behauptung, im Hinblick auf die erteilten Auskünfte habe sie sich entschlossen, ihre berufliche Tätigkeit als Pharmareferentin aufzugeben und nach der Vollendung ihres 60. Lebensjahres im Mai 1999 ab dem 1.10.1999 die Altersrente für Frauen in Anspruch zu nehmen, verlangt die Klägerin mit ihren Hauptanträgen, ab 1.10.1999 so gestellt zu werden, als könne sie noch über ihren Arbeitsverdienst bei ihrer früheren Arbeitsstelle verfügen. Ab dem 1.1.2004 begehrt sie darüber hinaus Ersatz für den Verlust ihrer betrieblichen Altersversorgung, die zu diesem Zeitpunkt unverfallbar geworden wäre, und weiterer Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, die sie bei einer Fortdauer ihres Arbeitsverhältnisses erworben hätte. Hilfsweise beansprucht sie als Ersatz die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Rente und der Rente, die sie erhalten hätte, wenn die Auskünfte mit dem erteilten Inhalt richtig gewesen wären.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Hauptanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und - bezogen auf die ab 1.1.2004 geltend gemachten Schadenspositionen - festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den aus den unrichtigen Rentenauskünften resultierenden weiteren Schaden zu ersetzen habe. Im Übrigen hat es die insoweit weiter gehenden Anträge als unzulässig abgewiesen. Der Senat hat auf Beschwerde der Beklagten die Revision zugelassen, mit der diese die Abweisung der Klage begehrt. Mit ihrer Anschlussrevision verfolgt die Klägerin ihre abgewiesenen Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Beklagte ist der Klägerin dem Grunde nach zwar nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zu Schadensersatzleistungen verpflichtet. Die Klägerin kann schadensersatzrechtlich indes im Ergebnis nicht besser gestellt werden, als wären die erteilten Auskünfte ihrem Inhalt nach richtig gewesen. Damit erweist sich ihre Anschlussrevision zugleich als unbegründet.
I.
1. Die Beklagte hat der Klägerin auf der Grundlage des § 109 SGB VI Auskünfte über die Höhe der Regelaltersrente und der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erteilt, in denen die Auswirkungen des durchgeführten Versorgungsausgleichs nicht richtig dargestellt worden sind. Dass die für diesen Fehler verantwortlichen Sachbearbeiter der Beklagten insoweit schuldhaft gehandelt haben, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Auskünfte enthalten den Hinweis, die Rentenanwartschaft sei nach den geltenden Bestimmungen errechnet worden, Änderungen kämen insbesondere beim Bezug einer Unfallrente, bei Anwendung über- oder zwischenstaatlichen Rechts oder bei Wohnsitz im Ausland in Betracht und Abweichungen könnten sich auch aus künftig wirksam werdenden neuen Rechtsvorschriften ergeben; sie seien deshalb nicht rechtsverbindlich. Insoweit nehmen die Auskünfte - bezogen auf hervorgehobene Fallgruppen, in denen typischerweise mit Änderungen gerechnet werden muss - nur die allgemein formulierte gesetzliche Regelung des § 109 Abs. 4 S. 2 SGB VI auf, mit der klargestellt wird, dass eine Auskunft nicht den Charakter eines das Rentenversicherungsverhältnis regelnden Bescheides oder Verwaltungsaktes hat, sondern als schlichtes Verwaltungshandeln anzusehen ist (vgl. BSG BSGE 44, 114 [119] zu einer Auskunft des Unfallversicherungsträgers; v. 31.1.1980 - 11 RA 2/79, BSGE 49, 258 [260]; v. 12.11.1980 - 1 RA 65/79, BSGE 50, 294 [296] zu § 104 Abs. 2 AVG), das den nach § 109 SGB VI Auskunftsberechtigten über die Höhe seiner Anwartschaften informieren soll. Hieraus folgt, dass die bloße Auskunft dem Versicherten keine Ansprüche vermittelt, die ihm nach dem anzuwendenden Rentenrecht nicht zustehen (vgl. BSG SGb 1997, 214). Dies ist Ausdruck des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der sich nicht nur auf die rentenrechtlichen Ansprüche der Klägerin auswirkt, sondern auch den Vertrauensschutz des von einer unrichtigen Auskunft Betroffenen begrenzt (vgl. BSG BSGE 44, 114 [121]; v. 12.11.1980 - 1 RA 65/79, BSGE 50, 294 [296]; BGH, Urt. v. 9.10.1997 - III ZR 4/97, BGHZ 137, 11 [17] = MDR 1998, 45). Die Klägerin kann daher auch im Rahmen der Amtshaftung grundsätzlich nicht verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie Rentenanwartschaften aus dem Versorgungsausgleich in der nicht zutreffenden doppelten Höhe erworben. Dies liefe auf einen Erfüllungsanspruch hinaus, der sich aus den erteilten - nicht rechtsverbindlichen - Auskünften für sie gerade nicht ergab (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.1989 - III ZR 100/87, MDR 1990, 419 = NVwZ 1990, 403 [406]; v. 26.10.2000 - III ZR 53/99, BGHReport 2001, 18 = NVwZ 2001, 709 [712], jeweils zu Amtshaftungsansprüchen aus unverbindlichen Zusagen).
2. Die mangelnde Rechtsverbindlichkeit der Auskünfte im dargestellten Sinne bedeutet nicht, wie die Revision meint, dass diese nicht Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin sein könnten.
a) Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe sich nur mit der Regelung des § 109 Abs. 4 S. 2 SGB VI befasst und übersehen, dass in den Rentenauskünften ausdrücklich auf deren Unverbindlichkeit hingewiesen worden sei, verkennt sie den Inhalt der Amtspflichten der Beklagten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats müssen Auskünfte, die ein Beamter erteilt, dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, d. h. vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243). Dies gilt namentlich dann, wenn die Pflicht, eine Auskunft zu erteilen, wie hier im Rentenversicherungsrecht seit langem gesetzlich ausgeformt ist (vgl. zum früheren Recht § 104 AVG, § 1325 RVO) und ein enger Zusammenhang zu den Beratungs- und Betreuungspflichten des Trägers (vgl. § 14 SGB I) besteht. Vor diesem Hintergrund können die Hinweise auf die mangelnde Rechtsverbindlichkeit der Auskünfte, die einer Unverbindlichkeit im umgangssprachlichen Sinn nicht ohne weiteres gleichzusetzen ist, nur so verstanden werden, dass mit ihnen eine verbindliche Regelung des Rentenversicherungsverhältnisses noch nicht verbunden ist. Wollte sich die Beklagte, wie die Revision zu vertreten scheint, darüber hinausgehend durch einen pauschalen, nicht auf bestimmte Elemente der Auskunft begründeterweise bezogenen Hinweis auf die Unverbindlichkeit gewissermaßen von einer Haftung für die Richtigkeit der erteilten Auskünfte freizeichnen, fehlte es an einer dementsprechenden rechtlichen Grundlage (a. A. offenbar Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI, § 109 Rz. 11, der eine Vertrauensgrundlage verneint, wenn auf die fehlende Rechtsverbindlichkeit hingewiesen wird). Auch das BSG stellt nicht in Frage, dass die Versicherungsträger verpflichtet sind, Auskünfte vollständig, eindeutig und vor allem richtig zu erteilen, weil sich der Auskunftsbegehrende grundsätzlich auf die Richtigkeit der Auskunft verlassen darf und er einen Anspruch hat, in seinem Vertrauen hierauf geschützt zu werden (vgl. BSG BSGE 44, 114 [121]), notfalls amtshaftungsrechtlich, wenn keine öffentlich-rechtlichen (sozialrechtlichen) Ausgleichsansprüche zur Verfügung stehen (vgl. BSG v. 31.1.1980 - 11 RA 2/79, BSGE 49, 258 [260]; v. 12.11.1980 - 1 RA 65/79, BSGE 50, 294 [297]).
b) Auch im Übrigen macht die Revision vergeblich geltend, die Auskünfte hätten kein schutzwürdiges Vertrauen für die Klägerin begründen können.
aa) Soweit sie sich darauf bezieht, die Auskünfte begründeten ebenso wenig wie allgemein eine Erklärung, zu einem späteren Zeitpunkt werde der zuständige Beamte einen bestimmten Verwaltungsakt erlassen, ein schutzwürdiges Vertrauen dahin, dass der Verwaltungsakt auch tatsächlich erlassen werde, lässt sie den Sinn des Auskunftsanspruchs nach § 109 SGB VI außer Betracht, den Versicherten zu informieren und ihm, was seine Altersvorsorge angeht, Grundlagen für eine Planung zu geben (vgl. Polster in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 109 SGB VI Rz. 3, 8; Terdenge in Hauck/Noftz, § 109 Rz. 1; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Teil II, § 109 SGB VI Rz. 32).
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Klägerin habe bei den ausführlichen Rentenauskünften v. 13.12.1996 und 14.4.1999 ohne weiteres auffallen müssen, dass der Versorgungsausgleich mit zweimal 249,31 DM berücksichtigt worden sei, auch wenn ihr der genaue Betrag des mit Scheidungsurteil v. 13.7.1981 zugesprochenen Betrags nicht auf Anhieb erinnerlich gewesen sein sollte. Einen Rechtsfehler zeigt die Revision hiermit nicht auf. Die Klägerin war nicht verpflichtet, die Anlage 5 zur Rentenauskunft anhand des Scheidungsurteils zu überprüfen. Sie musste auch nicht positiv zur Kenntnis nehmen und hinterfragen, weshalb der Ausgleichsbetrag von 249,31 DM zweimal aufgeführt und damit verdoppelt wurde. Die Überlegung der Revision, hier habe die Auskunft nicht auf fehlerhafter Anwendung einschlägiger Gesetzesbestimmungen, sondern ausschließlich auf einem Versehen hinsichtlich der tatsächlichen Bemessungsgrundlage beruht, es sei um sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten gegangen, denen die Klägerin näher gestanden habe als der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten, beachtet die verfahrensrechtlichen Abläufe nicht und stellt an die Kenntnisse und Pflichten des Versicherten übertriebene Anforderungen. Der Klägerin hätte sich die doppelte Berücksichtigung nur aufdrängen können, wenn ihr der genaue Ausgleichsbetrag bekannt gewesen wäre oder sie die familienrechtliche Entscheidung zur Hand gehabt hätte. Eher hätte sich insoweit ein Sachbearbeiter der Beklagten darüber wundern müssen, dass ein und derselbe Betrag als "ohne Beitragsentrichtung begründete" Rentenanwartschaft zweimal aufgeführt war. Es kommt hinzu, dass es nach Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung nach § 83b Abs. 2 i. V. m. § 83a Abs. 1 AVG (vgl. jetzt § 76 SGB VI) Sache des zuständigen Rentenversicherungsträgers war, die begründeten Rentenanwartschaften in Werteinheiten umzurechnen. Die Beklagte hat selbst vorprozessual darauf hingewiesen, die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs seien in einer Anlage zu einem Versicherungsverlauf v. 1.12.1987 zutreffend mit einem Bonus von 910,26 Werteinheiten (das entspricht 9,1026 Entgeltpunkten nach neuem Recht; § 264 SGB VI) ausgewiesen worden. Wenn man davon ausgeht, dass ein Versicherter die nach Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung in nahem zeitlichen Zusammenhang bei ihm eingehende Mitteilung des Rentenversicherungsträgers über die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs möglicherweise darauf überprüfen sollte, ob der Ausgleichsbetrag zutreffend übernommen wurde, kann er sich jedenfalls dann, wenn diese Prüfung zu Beanstandungen keinen Anlass geboten hat, darauf verlassen, dass dieses Element seiner Rentenberechtigung in seinem Versicherungskonto gespeichert und im Hinblick auf seine Klärung bis zu einer anderweiten Entscheidung des FamG, wie sie durch ein Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG veranlasst sein kann, nicht mehr verändert wird. Dies kann ein Versicherter mit Blick auf die seit dem 1.1.1992 geltende Regelung des § 149 SGB VI über die Führung eines Versicherungskontos erwarten. Aber auch für die Zeit davor darf er davon ausgehen, dass das Ergebnis abgeschlossener Klärungen, wie sie insbesondere rechtskräftigen Entscheidungen der Familiengerichte innewohnen, der weiteren Tätigkeit des Rentenversicherungsträgers zu Grunde gelegt wird.
c) Für die Annahme eines mitwirkenden Verschuldens der Klägerin ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Raum.
3. Das Berufungsgericht hat auf Grund der persönlichen Anhörung der Klägerin die Überzeugung gewonnen, sie habe sich im Vertrauen auf die Richtigkeit der ihr erteilten Auskünfte entschlossen, ihre Arbeitsstelle zum 30.9.1999 aufzugeben.
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Klägerin kommen für die Frage, welche Dispositionen sie im Hinblick auf die erteilten Auskünfte getroffen hat, die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute (vgl. BGH, Beschl. v. 26.5.1988 - III ZR 77/87, Jurisdokument Nr. KORE 558929200). Das Gericht entscheidet danach unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Es bleibt seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit es in eine förmliche Beweisaufnahme eintritt (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte die Klägerin mindestens als Partei vernehmen müssen (§§ 447, 448 ZPO), ist daher nicht begründet.
Soweit die Revision darauf aufmerksam macht, die Klägerin habe ihren Entschluss nicht allein unter ökonomischen Gesichtspunkten getroffen, stellt dies die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in Frage. Das Berufungsgericht hat sich hiermit ausdrücklich auseinander gesetzt und es der Klägerin geglaubt, im Hinblick auf ein nach den erteilten Rentenauskünften erwartetes Einkommen die persönliche Entscheidung getroffen zu haben, auf weitere - durchaus erhebliche - Arbeitseinkünfte mit dem damit verbundenen Gewinn an Freizeit zu verzichten. Die Revision zeigt auch keine Rechtsfehler auf, soweit sie der Auffassung ist, die Klägerin sei im Hinblick auf ihre gesundheitliche Verfassung nicht mehr erwerbsfähig gewesen und wäre daher ohnehin aus dem Arbeitsleben ausgeschieden.
4. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne als Schadensersatz die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Altersrente für Frauen und dem Einkommen verlangen, das sie bei einer Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit erzielt hätte. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt, dass die Klägerin bei einer Amtspflichtverletzung so zu stellen ist, als hätte sich die Beklagte amtspflichtgemäß verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.2001 - III ZR 111/99, BGHZ 147, 381 [392] = BGHReport 2001, 591 = MDR 2001, 1053). Damit ist in den Blick zu nehmen, wie sich die Vermögenslage der Klägerin entwickelt hätte, wenn die Beklagte zutreffende Auskünfte erteilt hätte. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Klägerin dann ihre Berufstätigkeit fortgesetzt und wegen der für sie nicht ausreichend bemessenen Altersbezüge die Stellung eines Rentenantrags zurückgestellt, um den Eintritt der Unverfallbarkeit ihrer betriebsrentenrechtlichen Anwartschaft abzuwarten. Auch der Schutzzweck der verletzten Amtspflicht steht dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden nicht ohne weiteres entgegen. Der Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass dem Auskunftsberechtigten mit der Auskunft nicht nur eine Information über die erworbene Rentenanwartschaft gegeben, sondern zugleich eine Grundlage vermittelt werden soll, sich darüber klar zu werden, ob und unter welchen Bedingungen er in den Ruhestand einzutreten wünscht. Das wird häufig Überlegungen einschließen, die sich auch in anderen Bereichen der sozialen Sicherung des Auskunftsberechtigten auswirken.
b) Bei wertender Betrachtung muss aber berücksichtigt werden, dass die Entscheidung der Klägerin, ihre Arbeitsstelle aufzugeben, auch von Erwägungen geleitet war, für die die erteilten Auskünfte letztlich nicht von Bedeutung waren. Die Auskünfte waren für den Entscheidungsprozess der Klägerin nur insoweit erheblich, als sie sich auf dieser Grundlage Gewissheit verschaffen wollte, mit welchem Einkommen sie bei einer Verrentung rechnen konnte. Die weitere Entscheidung, aus dem aktiven Erwerbsleben auszuscheiden und damit - bei gewonnener Freizeit - auf ein erhebliches Mehreinkommen zu verzichten, baute zwar auf den Rentenauskünften auf, bedurfte aber als solche einer gesonderten Entschließung über die weitere Lebensgestaltung, die für sich gesehen mit den erteilten Auskünften nichts mehr zu tun hatte. Wären die Auskünfte mit dem erteilten Inhalt richtig gewesen, hätte sich die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit diesem Renteneinkommen zufrieden gegeben und bewusst darauf verzichtet, durch Einsatz ihrer Arbeitskraft ein höheres Einkommen zu erzielen, weitere Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben und die Voraussetzungen für eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung zu erfüllen. Unter diesen Umständen ist ihr Schadensersatzanspruch zur Vermeidung einer Besserstellung auf die Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Rente und dem Betrag begrenzt, auf den sie nach den erteilten Auskünften vertrauen durfte (vgl. BGH v. 3.12.1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209 [213 f.] = MDR 1992, 342; LG Karlsruhe v. 21.7.1995 - 6 O 352/94, VersR 1996, 607 [608]; a. A. OLG München v. 5.8.1999 - 1 U 2459/99, OLGReport München 1999, 330 = MDR 2000, 213).
c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Klägerin müsse die nachstehend erörterten weiteren Begrenzungen ihres Schadensersatzanspruchs hinnehmen.
aa) Die Revision meint, im Rahmen der Schadensberechnung sei die Bestimmung des § 48 Abs. 3 SGB X zu berücksichtigen. Nach dieser Bestimmung ist bei der rechtswidrigen Bewilligung einer Leistung, die aus Vertrauensgründen nicht wieder entzogen werden darf, der weitere Zuwachs, wie er hier beispielsweise mit den regelmäßigen Rentenanpassungen verbunden ist, so weit und so lange ausgeschlossen, bis der Inhalt des Bescheids und die wahre Sach- und Rechtslage wieder übereinstimmen. Der nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmende Leistungsbestandteil wird damit auf die Höhe der erstmaligen Festsetzung "eingefroren", bis das materielle Recht nachgewachsen ist. Die Revision verkennt nicht, dass eine unmittelbare Anwendung dieser Bestimmung - allerdings im Rentenversicherungsverhältnis - nur dann in Betracht käme, wenn auch der Bescheid über die Altersrente für Frauen den Versorgungsausgleich versehentlich doppelt berücksichtigt hätte und der Fehler von der Beklagten erst nach der Bestandskraft des Bescheids entdeckt worden wäre. Die Revision meint aber, der Rechtsgedanke dieser Bestimmung sei - erst recht - heranzuziehen, wenn es nur um den Ersatz des Vertrauensschadens infolge einer unrichtigen Auskunft gehe. Dem folgt der Senat nicht. § 48 Abs. 3 SGB X ist eine auf die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung zugeschnittene Vorschrift bei einer Änderung der Verhältnisse. Die Klägerin befindet sich von vornherein nicht in der Lage, dass zu ihren Gunsten ein rechtswidriger Bescheid erlassen worden wäre. Sie ist amtshaftungsrechtlich auch nicht so zu stellen, als hätte sie Anspruch auf eine doppelte Berücksichtigung der Auswirkungen des Versorgungsausgleichs. Nur dann müsste man erwägen, ob ihr Schadensersatzanspruch seine Grenze an § 48 Abs. 3 SGB X fände. Demgegenüber liegt der Schaden der Klägerin darin, dass sie sich infolge der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit nicht mehr das Einkommen verschaffen kann, das ihr durch die Auskünfte der Beklagten als den laufenden Rentenanpassungen unterliegendes in Aussicht gestellt war und das nur aus Gründen der Begrenzung der Haftung der Beklagten in die Betrachtung einzubeziehen ist.
bb) Zu Unrecht macht die Revision auch geltend, bei der Bemessung des Schadens müsse wegen der hinzugewonnenen Freizeit ein angemessener Abschlag gemacht werden. Unabhängig von der Frage, inwieweit Freizeit als vermögenswertes Gut anzusehen ist, hat sich die Klägerin diesen Vorteil durch den Verzicht auf wesentlich höhere Einkünfte erkauft, für die die Beklagte haftungsrechtlich nicht einstehen muss. Dann besteht aber auch kein Anlass, sie von ihrer Schadensersatzpflicht zu entlasten.
II.
Da die Schadensersatzansprüche der Höhe nach durch das Interesse begrenzt werden, das sich ergibt, wenn die erteilten Auskünfte mit ihrem Inhalt richtig gewesen wären, muss der Anschlussrevision der Klägerin im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben. Der Senat kann daher offen lassen, ob die Klageanträge, die auf Ersatz einer Betriebsrente und weiterer Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1.1.2004 gerichtet sind, zulässig sind.
III.
Nach allem ist der Amtshaftungsanspruch der Klägerin, soweit er sich auf die Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Rente und den in den Auskünften aufgeführten Beträgen ergibt, dem Grunde nach gerechtfertigt, während die darüber hinausgehende Klage unbegründet ist. Die Feststellung des Berufungsgerichts zur weiteren Ersatzpflicht bleibt mit der Maßgabe bestehen, dass die Beklagte auch für die Zeit nach dem 31.12.2003 nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen zu haften hat.
Zur Höhe des Anspruchs ist die Sache an das LG zurückzuverweisen, weil die genauen Beträge nicht feststehen. Nach dem gegenwärtigen Stand kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die von der Beklagten geschuldete Differenz dem Fehler bei der Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs entspricht. Jedenfalls bleibt die der Klägerin zuerkannte Rente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur um 359,27 DM hinter der Auskunft v. 14.4.1999 zurück, was zum Teil allerdings darauf beruht, dass sich der aktuelle Rentenwert des Rentenbescheids gegenüber demjenigen der genannten Auskunft erhöht hatte. Andererseits hat die Klägerin nach dem Rentenbescheid insgesamt 8,1415 Entgeltpunkte weniger erworben als die fiktive Auskunft v. 14.4.1999 zu Grunde legt. Es wird daher noch genauer zu klären sein, welche relevanten Unterschiede zwischen dem Rentenbescheid und den Auskünften bestehen, auf deren Richtigkeit die Klägerin vertraut hat. Soweit die Klägerin zwischenzeitlich eine Tätigkeit mit einem Einkommen aufgenommen hat, das sich im Rahmen der für die in Anspruch genommene Rente zulässigen Hinzuverdienstgrenze bewegt, ist eine Anrechnung auf ihren Schadensersatzanspruch nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 962592 |
BGHZ 2004, 354 |
BB 2003, 2234 |
NJW 2003, 3049 |
BGHR 2003, 1066 |
EBE/BGH 2003, 268 |
FamRZ 2003, 1382 |
EWiR 2003, 917 |
EzA-SD 2005, 13 |
JA 2004, 360 |
JuS 2004, 258 |
MDR 2003, 1416 |
VersR 2004, 606 |
ZfS 2003, 495 |
DVBl. 2004, 43 |
FamRB 2003, 344 |
LMK 2003, 218 |
V&S 2003, 8 |