Leitsatz (amtlich)
Eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung wird nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (Anschluss an BGH, Urt. v. 16.12.2015 - IV ZR 71/14, juris Rz. 11).
Normenkette
BGB § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 5.8.2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Mainz vom 7.9.2015 wird auch insoweit zurückgewiesen, als auf sein Rechtsmittel die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 1.835,95 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.2.2014 zu zahlen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.
Rz. 2
Die Parteien schlossen am 22.3.2007 zwecks Finanzierung einer Immobilie einen (später in Teilbeträgen unter zwei Nummern geführten) Darlehensvertrag über 73.000 EUR zu einem für fünfzehn Jahre festen jährlichen Nominalzinssatz von 4,65 % p.a. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten diente ein Grundpfandrecht. In dem Darlehensformular war folgender, drucktechnisch nicht besonders hervorgehobener "Wichtiger Hinweis" mitabgedruckt: "Dieser Darlehensvertrag wird zunächst nur vom Darlehensnehmer unterzeichnet und stellt lediglich ein verbindliches Darlehensangebot seitens des Darlehensnehmers an die [...] [Beklagte] dar. Der Darlehensvertrag kommt erst durch Unterzeichnung durch die [...] [Beklagte] zustande; erst dann besteht der Anspruch auf Auszahlung des Darlehens". Die Beklagte belehrte den Kläger wie folgt über sein Widerrufsrecht:
Rz. 3
Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 24.4.2010 übernahm die E. (künftig: EAA) die vertraglichen Rechte und Pflichten aus bestimmten von der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen, zu denen nach dem Vortrag der Beklagten auch der mit dem Kläger geschlossene Darlehensvertrag gehörte. Im Mai 2010 teilten mit gesonderten Schreiben sowohl die Beklagte als auch die EAA dem Kläger sinngemäß mit, die vertraglichen Rechte und Pflichten der Beklagten aus dem Darlehensvertrag mit dem Kläger seien von der EAA übernommen worden. Die Beklagte führte weiter aus, für den Kläger ändere sich "[n]icht viel": Sein Vertrag werde "zu gleichen Bedingungen mit der gleichen Darlehensnummer fortgeführt und die Bearbeitung" erfolge "weiterhin" durch die Beklagte. Das Darlehenskonto betreffende Auszüge erhielt der Kläger anschließend jeweils von der Beklagten mit dem Zusatz "im Auftrag der E. (EAA)".
Rz. 4
Im Dezember 2013 erfragte der Kläger bei der Beklagten die Konditionen einer vorzeitigen Rückführung des Darlehens für den Fall der Veräußerung der Immobilie. Mit Schreiben vom 23.12.2013 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Briefkopf "W. Im Auftrag der EAA" mit, sie sei "[m]it der vorzeitigen Rückzahlung des o.g. Darlehens [...] bei Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung einverstanden, wenn das Finanzierungsobjekt verkauft" werde. Außerdem kündigte sie die Berechnung einer "Bearbeitungsgebühr" an. Wiederum unter dem Briefkopf "W. Im Auftrag der EAA" errechnete die Beklagte mit Schreiben vom 3.4.2014 eine "Vorfälligkeitsentschädigung" i.H.v. 7.827,75 EUR, die der Kläger mit dem Bearbeitungsentgelt i.H.v. 150 EUR an die Beklagte leistete.
Rz. 5
Mit Schreiben vom 5.6.2014 widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung und setzte der Beklagten "[f]ür die Abrechnung des Darlehens" eine Frist bis zum 19.6.2014. Mit einem Schreiben vom 1.7.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück. Mit Schreiben seines vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 12.8.2014 forderte der Kläger die Beklagte zu einer "Neuabrechnung bzw. -saldierung der Darlehen" bis zum 2.9.2014 auf. Hierzu nahm die Beklagte unter dem 1.10.2014 ohne Verweis auf eine Beauftragung durch die EAA abschlägig Stellung, wobei sie anführte, das Schreiben vom 12.8.2014 sei ihr "zur direkten Beantwortung zugeleitet worden".
Rz. 6
Die am 5.2.2015 zugestellte Klage auf Neuabrechnung der "Darlehensverträge", Zahlung des sich aus der Neuabrechnung zugunsten des Klägers ergebenden Differenzbetrags, Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts sowie Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten, hilfsweise Freistellung, weiter hilfsweise auf Zahlung von 11.246,76 EUR nebst Zinsen und "äußerst hilfsweise" auf Feststellung, dass "die Darlehensverträge [...] in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden" seien, hat das LG unter Verweis auf die Grundsätze von Treu und Glauben abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der er zuletzt noch Zahlung von 11.246,76 EUR, Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts, Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen, hilfsweise Freistellung, und "äußerst hilfsweise" die Feststellung des Zustandekommens eines Rückgewährschuldverhältnisses beansprucht hat, hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 11.246,76 EUR und weitere 150 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.9.2014 sowie "für die außergerichtliche Rechtsverfolgung an den Kläger 1.835,95 EUR" nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem "5.2.2014" zu zahlen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
Rz. 8
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 5.8.2016 - 8 U 1091/15, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Die Beklagte sei richtige Adressatin des Widerrufs vom 5.6.2014 und richtige Gegnerin der Ansprüche des Klägers aus dem Rückgewährschuldverhältnis. Dabei bedürfe keiner weiteren Aufklärung, ob auf der Grundlage des "Spaltungs- und Übernahmevertrags" vom 24.4.2010 der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten auf die EAA übertragen worden sei. Jedenfalls habe die Beklagte nicht hinreichend dazu vorgetragen, bei der EAA habe es sich, was Voraussetzung des Ausschlusses der Mithaftung der Beklagten gewesen sei, um eine "nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz [...] errichtete Abwicklungsanstalt" gehandelt. Im Übrigen müsse sich die Beklagte jedenfalls nach Rechtsscheingrundsätzen als richtige Adressatin des Widerrufs und Anspruchsgegnerin behandeln lassen. Der Kläger habe aufgrund der Schreiben der Beklagten vom 23.12.2013 und 3.4.2014 davon ausgehen dürfen, "sich mit seinem Rückzahlungsbegehren an seinen auch für die weitere Abwicklung nach wie vor zuständigen Vertragspartner gewandt zu haben". Der kleingedruckte Zusatz "Im Auftrag der EAA" im Briefkopf der Beklagten habe an diesem Befund nichts geändert. Erst recht sei der Eindruck, die Beklagte sei weiterhin Vertragspartnerin, durch ihr Schreiben vom 1.10.2014 bestärkt worden.
Rz. 10
Die Beklagte habe den Kläger unzureichend deutlich über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist belehrt. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung nach der maßgeblichen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten dem Muster nicht vollständig entsprochen habe. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung sei die Widerrufsfrist nicht angelaufen, so dass der Kläger den Widerruf noch 2014 habe erklären können. Dass die Parteien vor Ausübung des Widerrufsrechts einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, stehe weder dem Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen noch einem Anspruch auf Rückgewähr der erbrachten Leistungen entgegen.
Rz. 11
Der Kläger habe das Widerrufsrecht nicht verwirkt. Zwar sei eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten möglich, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Verhalten des Berechtigten habe schließen dürfen, dass der Berechtigte sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr habe zu rechnen brauchen und sich entsprechend darauf habe einrichten dürfen. Diese Voraussetzungen seien indessen nicht gegeben. Der Umstand, dass dem Berechtigten das ihm zustehende Recht unbekannt gewesen sei, stehe einer Verwirkung jedenfalls dann entgegen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten falle. Der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen habe, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, dürfe nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spreche zudem, dass er den Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden könne. Vom Vorliegen des Umstandsmoments sei auch nicht deshalb auszugehen, weil die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen hätten. Die beiderseitige vollständige Vertragserfüllung führe nicht zum Verlust des Widerrufsrechts und könne allein auch nicht ausreichen, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen. Der Kläger habe das Widerrufsrecht überdies nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Auf die Motive, die ihn zur Ausübung des Widerrufsrechts bewogen hätten, komme es nicht an.
Rz. 12
Auf der Grundlage des durch den Widerruf entstandenen Rückgewährschuldverhältnisses könne der Kläger seine Leistungen zurückverlangen. Verzugszinsen stünden dem Kläger zu, weil die Beklagte aufgrund der Fristsetzung mit Schreiben vom 12.8.2014 ab dem 3.9.2014 in Verzug geraten sei. Entsprechend sei die Beklagte - wenn auch in reduziertem Umfang - zur Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verpflichtet.
II.
Rz. 13
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 14
1. Im Ausgangspunkt richtig ist das Berufungsgericht freilich davon ausgegangen, der Kläger habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung gegenüber der Beklagten als richtiger Erklärungsgegnerin widerrufen. Aus dem von der Beklagten vorgelegten eigenen Schreiben vom Mai 2010 ergibt sich, dass die Beklagte auch nach einem Übergang des Darlehensverhältnisses auf die EAA weiter jedenfalls als deren Erklärungsempfängerin fungieren wollte und sollte. Damit war sie richtige Adressatin des vom Kläger erklärten Widerrufs.
Rz. 15
2. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Falle der wirksamen Ausübung des Widerrufsrechts die Beklagte für die Schuldnerin der aus dem Rückabwicklungsverhältnis resultierenden Ansprüche gehalten hat, weisen indessen Rechtsfehler auf.
Rz. 16
a) Eine Mithaftung der Beklagten gem. § 133 Abs. 3 UmwG, die auch für Verpflichtungen aufgrund eines nach Wirksamwerden der Spaltung erklärten Widerrufs gälte (vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 7. Aufl., § 133 Rz. 13; Seulen in Semler/Stengel, UmwG, 4. Aufl., § 133 Rz. 13), hat das Berufungsgericht, was die Revision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft angenommen.
Rz. 17
Die Beklagte hat vom Kläger bestritten im Rechtsstreit eingewandt, sie hafte nicht neben der EAA für aus dem Rückgewährschuldverhältnis folgende Ansprüche des Klägers, weil ihre Mithaftung nach § 8a Abs. 8 Nr. 5 FMStFG in der Fassung vom 17.7.2009 (künftig: a.F.) ausgeschlossen sei (vgl. auch Adolff/Eschwey, ZHR 177 [2013], 902, 927 ff.). Diesen Einwand durfte das Berufungsgericht anders als geschehen nicht als unsubstantiiert zurückweisen, ohne der Beklagten zuvor Gelegenheit zur weiteren Vertiefung ihres Vortrags zu geben.
Rz. 18
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH darf eine in erster Instanz siegreiche Partei grundsätzlich darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis erteilt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will. Das Berufungsgericht ist dann auch verpflichtet, der betroffenen Partei Gelegenheit zu geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen sowie ggf. Beweis anzutreten (BGH, Urt. v. 21.12.2004 - XI ZR 17/03, juris Rz. 11; BGH v. 15.2.2005 - XI ZR 144/03, juris Rz. 12; v. 15.6.2010 - XI ZR 318/09, WM 2010, 1448 Rz. 20). Ein rechtlicher Hinweis ist nur dann entbehrlich, wenn eine Partei in erster Instanz obsiegt hat, die dem ihr günstigen Urteil zugrunde liegende Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und das Berufungsgericht sich sodann der Auffassung des Berufungsklägers anschließt. In diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgreiche Partei von vornherein damit rechnen, dass das Berufungsgericht anderer Auffassung ist (Senat, Beschl. v. 10.1.2017 - XI ZR 365/14, BKR 2017, 164 Rz. 27).
Rz. 19
So liegt der Fall hier aber nicht. Die Frage, ob die Beklagte passivlegitimiert sei, spielte für die Entscheidung des LG keine Rolle. Das Berufungsgericht hätte mithin der Beklagten Gelegenheit geben müssen, zu den Voraussetzungen eines gesetzlichen Ausschlusses ihrer Mithaftung weiter vorzutragen.
Rz. 20
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Beklagten wegen eines zurechenbar gesetzten Rechtsscheins - so von der Revision zu Recht beanstandet - angenommen. Denn das Berufungsgericht hat dabei wesentlichen Prozessstoff außer Acht gelassen.
Rz. 21
Allerdings kann eine Haftung nach § 242 BGB unter bestimmten Umständen in Betracht kommen, wenn sich der in Anspruch Genommene zunächst auf den geltend gemachten Anspruch einlässt und sich erst später zum Nachteil des Anspruchstellers auf das Fehlen seiner Passivlegitimation beruft (BGH, Urt. v. 23.10.1986 - VII ZR 195/85, WM 1987, 110 f.; v. 11.6.1996 - VI ZR 256/95, NJW 1996, 2724 f. m.w.N.). Es handelt sich hierbei um Fälle der Rechtsscheinhaftung als Unterfall widersprüchlichen Verhaltens, in denen der in Anspruch Genommene zurechenbar den Rechtsschein gesetzt hat, Schuldner der behaupteten Forderung zu sein, und der vermeintliche Gläubiger gutgläubig darauf vertraut (vgl. BGH, Urt. v. 12.6.2012 - II ZR 256/11, WM 2012, 1629 Rz. 27; v. 5.7.2012 - III ZR 116/11, WM 2012, 1482 Rz. 22; Beschl. v. 21.12.2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rz. 7).
Rz. 22
Die Voraussetzungen einer Rechtsscheinhaftung hat das Berufungsgericht indessen nicht rechtsfehlerfrei hergeleitet. Zwar kann die Würdigung der konkreten Umstände anhand des § 242 BGB durch das Berufungsgericht vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rz. 18 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rz. 43 m.w.N.). Auch danach erweist sich die Folgerung des Berufungsgerichts indessen als rechtsfehlerhaft. Denn das Berufungsgericht hat, worauf die Revision zu Recht hinweist, isoliert einzelne Aspekte des in den Jahren 2013 und 2014 geführten Schriftverkehrs gewürdigt, ohne die Schreiben aus dem Mai 2010 und die Gestaltung des Briefkopfs der Beklagten in den Folgeschreiben bei seiner Bewertung miteinzubeziehen. Darauf, ob die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Rechtshandlungen der Beklagten im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrags vom Kläger als auf einer treuhänderischen Verwaltung der Beklagten für die EAA beruhend verstanden werden mussten, ist das Berufungsgericht nicht eingegangen.
Rz. 23
3. Die Folgerung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Kläger unzureichend über das ihm zukommende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen sei, hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
Rz. 24
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag - wie von der Beklagten behauptet - im Wege des Fernabsatzes zustande gekommen ist. Davon hängt aber, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils klargestellt hat, ab, ob die Widerrufsbelehrung der Beklagten fehlerfrei war oder nicht (vgl. einerseits BGH, Urt. v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 46 ff., andererseits BGH, Urt. v. 24.3.2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rz. 14; v. 16.5.2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rz. 22 ff.). Mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Parteien ein Fernabsatzgeschäft geschlossen haben. Unter diesen Umständen entsprach die Widerrufsbelehrung anders als vom Berufungsgericht angenommen den gesetzlichen Anforderungen (Senat, Urt. v. 21.2.2017, a.a.O.).
Rz. 25
Entgegen dem Vorbringen der Revisionserwiderung war die Widerrufsbelehrung - den Abschluss des Darlehensvertrags als Fernabsatzgeschäft unterstellt - auch nicht in einer Zusammenschau mit dem "Wichtige[n] Hinweis" undeutlich. Der vorformulierte Hinweis war aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden (BGH, Urt. v. 28.5.2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rz. 34 sowie v. 6.12.2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rz. 24 und - XI ZR 442/10, juris Rz. 31) verständlich. Darüber hinaus wird eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2015 - IV ZR 71/14, juris Rz. 11).
Rz. 26
4. Anhand der neueren Senatsrechtsprechung (BGH, Urt. v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rz. 40 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rz. 37; v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rz. 30 f.; v. 14.3.2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rz. 27 f.) als rechtsfehlerhaft erweisen sich außerdem die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint hat. Dass die Beklagte davon ausging oder ausgehen musste, der Kläger habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schloss entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts eine Verwirkung nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 27.6.1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 53; v. 16.3.2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940 Rz. 8). Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte "die Situation selbst herbeigeführt hat", weil sie eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht erteilt hat. Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (BGH, Urt. v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15, a.a.O., Rz. 41). Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senat, Urt. v. 11.10.2016, a.a.O., Rz. 30; Senatsbeschluss v. 12.9.2017 - XI ZR 365/16, n.n.v., Rz. 8).
Rz. 27
5. Das Berufungsgericht, das dem Kläger Verzugszinsen wie beantragt ab dem 3.9.2014 zugesprochen hat, hat schließlich übersehen, dass sich die Beklagte jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nach Maßgabe der mit Senatsurteil vom 21.2.2017 (XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 23 ff.) aufgestellten Grundsätze mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung i.V.m. §§ 346 ff. BGB nicht in Schuldnerverzug befand, so dass die Beklagte auch nicht zur Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verpflichtet war. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht - bei der Datierung "5.2.2014" handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler, gemeint ist der "5.2.2015" - dem Kläger unzutreffend aus § 291 BGB bereits ab dem Tage der Zustellung der Klageschrift Prozesszinsen zugesprochen. Die Pflicht zur Zinszahlung besteht in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB indessen erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (BGH, Urt. v. 4.7.2017 - XI ZR 562/15, WM 2017, 1643 Rz. 103, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).
III.
Rz. 28
Das Berufungsurteil unterliegt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Insoweit stellt es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Rz. 29
Soweit das Berufungsgericht auf die Berufung des Klägers die Beklagte zur Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verurteilt hat, ist die Sache zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein entsprechender Anspruch zusteht (BGH, Urt. v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 34 f.).
Rz. 30
Im Übrigen ist die Sache, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 11364219 |
BB 2017, 2818 |
NJW 2017, 10 |
NJW-RR 2018, 118 |
EWiR 2018, 97 |
WM 2017, 2248 |
WuB 2018, 117 |
ZIP 2017, 2457 |
JZ 2018, 80 |
MDR 2018, 44 |
VuR 2018, 77 |
ZBB 2018, 81 |