Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Vereinbarung der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, mit welcher der Eintritt einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen wird.
Normenkette
HGB § 161 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Kläger wird die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Februar 2000 und Abänderung des Urteils des Landgerichts München I, 8. Kammer für Handelssachen, vom 14. Juni 1999 verurteilt, die G. Geschäftsführungs-GmbH, gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführer H., Ge. und I. G., als persönlich haftende Gesellschafterin der K. G. T. Ke. KG zum Handelsregister des Amtsgerichts M. anzumelden und des weiteren anzumelden, daß die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter H. und Ge. G. als persönlich haftende Gesellschafter ausscheiden und zukünftig Kommanditisten sind.
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Februar 2000 wird insoweit zurückgewiesen, als darin die Verurteilung der Beklagten abgelehnt wird, zum Handelsregister anzumelden, daß die Klägerin zu 2 als Kommanditistin der K. G. T. Ke. KG ausscheidet und statt dessen der Kläger zu 1 eintritt.
Im übrigen wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Februar 2000 auf die Revisionen der Parteien aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsstreits, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger zu 1 ist der Bruder, die Klägerin zu 2 die Mutter der Beklagten. Die Beklagte und der Kläger zu 1 sind persönlich haftende Gesellschafter der K. G. T. Ke. KG (im folgenden: KG) mit einem Anteil von jeweils 36.500,00 DM, die Klägerin zu 2 ist die einzige Kommanditistin mit einem Anteil von 27.000,00 DM. Gesellschaftszweck der KG ist der Betrieb einer Tennisanlage in Ke., welcher zunächst von K. G., dem geschiedenen Ehemann der Klägerin zu 2 und Vater der Beklagten und des Klägers zu 1, aufgebaut und bis zum 31. Dezember 1983 als Einzelfirma betrieben wurde.
Im Berufungsrechtszug des zwischen der Klägerin zu 2 und K. G. laufenden Scheidungsverfahrens kam es zwischen beiden zu einem gerichtlichen Vergleich, dem der Kläger zu 1 beitrat. In diesem Vergleich traten die damaligen Gesellschafter der KG – K. G., der Kläger und die Beklagte – zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zusammen und änderten im Beschlußwege den Gesellschaftsvertrag u.a. in Nr. 9 „Umwandlung in GmbH & Co. KG” folgendermaßen ab: „Der persönlich haftende Gesellschafter K. G. kann unter Umwandlung seiner Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter in eine solche als Kommanditist … eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Vermögensbeteiligung in die KG eintreten lassen. Zur diesbezüglichen Auswechslung des persönlich haftenden Gesellschafters genügt eine schriftliche Mitteilung des persönlich haftenden Gesellschafters K. G. an die Kommanditisten … Auch für den Fall des Todes des persönlich haftenden Gesellschafters K. G. soll eine GmbH die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafterin übernehmen. Zu diesem Zwecke wird die KG im Laufe des Jahres 1996 den einzigen von Herrn D. A. gehaltenen Geschäftsanteil an der G.-Geschäftsführungs-GmbH … übernehmen. Sollte die Übernahme, aus welchen Gründen auch immer, nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 1996 erfolgen, so wird die Gesellschaft eine neue GmbH gründen und zur Eintragung ins Handelsregister anmelden”.
Nach dem Tod von K. G. am 12. Februar 1996 traten die Beklagte und der Kläger zu 1 als seine Erben in seine Komplementärstellung je zur Hälfte ein. Die Klägerin zu 2 übernahm die Stellung einer Kommanditistin. Die Beklagte und der Kläger zu 1 leiteten die Kommanditgesellschaft anfangs ohne erhebliche Schwierigkeiten. Im Laufe der Zeit kam es jedoch zunehmend zu Auseinandersetzungen.
Am 2. September 1998 übertrug die Klägerin zu 2 ihren Kommanditanteil mit notariellem Vertrag an den Kläger zu 1. Die Beklagte stimmte der Anmeldung dieser Rechtsänderung zum Handelsregister nicht zu. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1998 berief der Kläger zu 1 als einer der Geschäftsführer der G. Geschäftsführungs GmbH eine Gesellschafterversammlung dieser Gesellschaft zum 23. Dezember 1998 ein. Hierzu wurde die Beklagte mit Schreiben vom 14. Dezember 1998, das sie am 15. Dezember 1998 erhielt, persönlich geladen. In der Gesellschafterversammlung faßten der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 den Beschluß, daß die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin in die KG eintreten sollte. Die Beklagte war zu der Versammlung nicht erschienen.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die G. Geschäftsführungs GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG sowie den Umstand, daß die bisher persönlich haftenden Gesellschafter H. und Ge.G. zukünftig Kommanditisten der KG sind, zum Handelsregister anzumelden. Gleichzeitig haben sie begehrt, die Beklagte dazu zu verurteilen, zum Handelsregister anzumelden, daß die Klägerin zu 2 aus der KG ausscheidet und an ihre Stelle der Kläger zu 1 tritt. Hilfsweise beantragen sie, der Beklagten die Befugnis, die Geschäfte der KG zu führen und diese Gesellschaft zu vertreten, zu entziehen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Hauptanträgen ebenfalls nicht stattgegeben, aber dem Hilfsantrag insoweit entsprochen, als es der Beklagten die Alleingeschäftsführungs- und Alleinvertretungsbefugnis für die KG entzogen hat. Hiergegen richten sich die beiderseitigen Revisionen der Parteien.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision der Kläger stand, soweit es feststellt, die Übertragung des Kommanditanteils der Klägerin zu 2 auf den Kläger zu 1 sei nicht wirksam. Im übrigen führen die Revisionen der Parteien zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A. Die Revision der Kläger.
I. Das Berufungsgericht hält die Beklagte nicht für verpflichtet, die Anmeldung der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG und die Umwandlung ihrer Komplementärstellung sowie der des Klägers zu 1 beim Handelsregister vorzunehmen. Dies greift die Revision mit Erfolg an.
1. Das Berufungsgericht geht im Grundsatz zutreffend davon aus, daß die Gesellschafter der KG einen wirksamen Gesellschafterbeschluß gefaßt haben, der – für den Fall des Todes des ehemaligen Allein-Komplementärs K. G. – den Eintritt der GmbH in die KG vorsieht. Es nimmt zutreffend an, die KG habe in dem gerichtlichen Vergleich vom 21. November 1994 ein bindendes Vertragsangebot abgegeben, das unter der aufschiebenden Bedingung des Todes von K. G. stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedurfte der Eintritt der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG jedoch nicht eines gesonderten, der KG mitzuteilenden Eintrittsbeschlusses der GmbH. Nach dem Inhalt des gerichtlichen Vergleichs ist der Eintritt der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin für zwei verschiedene Fälle geregelt: Zu Lebzeiten von K. G. sollte der Wechsel in der Komplementärstellung allein von dessen freier Willensentscheidung abhängen; es genügte eine von keinen einschränkenden Bedingungen abhängige schriftliche Mitteilung von K. G. an die Kommanditisten. Für die Zeit nach seinem Tode war demgegenüber der Eintritt der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin bindend bestimmt, wie schon die gesellschaftsvertragliche Regelung zeigt, wenn die Übernahme – aus welchen Gründen auch immer – nicht bis zum 31. Dezember 1996 erfolge, werde die Gesellschaft eine neue GmbH gründen und zur Eintragung in das Handelsregister anmelden.
2. Voraussetzung für den Eintritt der GmbH als Komplementärin war allein, daß die KG bis spätestens 31. Dezember 1996 den Geschäftsanteil an der GmbH erwarb. Die GmbH war ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden, in der KG die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters zu übernehmen (§ 1 der Satzung). Eine Entschließungsfreiheit über ihren Eintritt stand ihr deshalb nicht zu; eines Beschlusses bedurfte es nicht. Mit dem Erwerb der Geschäftsanteile an der GmbH durch die KG haben die KG und die hinter ihr stehenden Gesellschafter dokumentiert, daß sie gewillt sind, den im gerichtlichen Vergleich getroffenen Anordnungen Rechnung zu tragen. Damit waren sämtliche Voraussetzungen für den Eintritt der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin erfüllt. Die von dem Berufungsgericht erwähnten Unwägbarkeiten, die den Erwerb des GmbH-Anteils bis zum vorgesehenen Zeitpunkt vereiteln konnten, sind in dem gerichtlichen Vergleich schon in der Weise berücksichtigt, daß dann anstelle der bereits bestehenden Geschäftsführungs-GmbH von der KG eine neue GmbH gegründet werden sollte.
3. Selbst wenn man der Auffassung des Berufungsgerichts folgen wollte, zum Eintritt der GmbH habe es eines gesonderten Eintrittsbeschlusses bedurft, wäre ein solcher Beschluß von der GmbH jedenfalls in der Gesellschafterversammlung vom 23. Dezember 1998 gefaßt worden. Dieser Beschluß ist nicht angefochten worden.
a) Die Kläger haben unbestritten vorgetragen, der von ihnen unterzeichnete Beschluß sei der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden. Damit steht fest, daß beide Komplementäre der KG von dem Beschluß der GmbH und ihrem Eintritt Kenntnis erlangt haben. Damit hatte auch die KG von ihm Kenntnis. Weiterer Annahmeerklärungen bedurfte es nicht.
b) Eine unzulässige Rechtsausübung ist nicht ersichtlich.
Der Eintritt der GmbH beruht auf verbindlichen Absprachen und Beschlüssen, denen die Beklagte zugestimmt hat und an die sie auch dann gebunden ist, wenn sie in der Gesellschafterversammlung der GmbH von ihrem Bruder und ihrer Mutter überstimmt werden kann.
II. Dagegen hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand, soweit es feststellt, die Übertragung des Kommanditanteils der Klägerin zu 2 auf den Kläger zu 1 sei nicht wirksam.
Der Gesellschafterwechsel – auch in der Form der Übertragung des Geschäftsanteils – ist bei einer Personenhandelsgesellschaft rechtlich möglich, bedarf aber zu seiner Wirksamkeit des Einverständnisses der Mitgesellschafter, falls nicht der Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen enthält. Solche abweichende Bestimmungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Beklagte hat ihr Einverständnis verweigert. Darin liegt keine Verletzung der Treuepflicht. Die Beklagte durfte zumindest in dem Maße, in dem die Kläger auf ihr eigenes Interesse Bedacht nahmen, in ihrem eigenen Interesse, das dem der KG zudem nicht zuwiderlief, handeln; dadurch erlitt die Gesellschaft keinen Nachteil.
III. Soweit das Berufungsgericht dem Hilfsantrag der Kläger, der Beklagten die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis für die KG vollständig zu entziehen, nicht entsprochen hat, ist ihre Revision begründet. Insoweit wird auf das Senatsurteil vom 10. Dezember 2001 (II ZR 139/00) verwiesen (dort: Entscheidungsgründe A.).
B. Die Revision der Beklagten.
Das Berufungsgericht hat dem Antrag der Beklagten, die Klage abzuweisen, nicht stattgegeben, weil es auch auf Seiten der Beklagten ein pflichtwidriges Verhalten zugrunde legt. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
I. Da die von dem Berufungsgericht für angemessen erachtete „teilweise” Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Beklagten von den Klägern nicht beantragt war, hätte das Berufungsgericht in eine Abwägung eintreten müssen, ob die beantragte vollständige Entziehung nicht auch unter Berücksichtigung der den Klägern selber angelasteten Pflichtverletzungen auszusprechen gewesen wäre.
II. Die Revision der Beklagten muß überdies deshalb Erfolg haben, weil das Berufungsgericht die der Beklagten zur Last gelegten Verstöße nicht frei von Verfahrensfehlern festgestellt hat.
1. Der Widerspruch der Beklagten gegen die Kündigung des Betriebsleiters der KG, A., war jedenfalls dann beachtlich, wenn ein Grund, den Arbeitsvertrag mit A. zu beenden, nicht gegeben war; ansonsten wäre er pflichtwidrig gewesen (zur Pflichtwidrigkeit Hopt, HGB 30. Aufl. § 115 Rdn. 3 m.w.N.; Schlegelberger/Martens, HGB 5. Aufl. § 155 Rdn. 14). Das Berufungsgericht stellt dazu fest, A. habe Arbeitnehmer auf der 600,00 DM Basis geführt, obwohl dem wirkliche Arbeitsverhältnisse in diesem Umfang nicht zugrunde gelegen hätten; dies habe eine Nachforderung der Landesversicherungsanstalt O. in Höhe von 87.000,00 DM zur Folge gehabt.
Diese Feststellungen rechtfertigen zwar die Annahme eines wichtigen Kündigungsgrundes. Das Berufungsgericht hat dabei jedoch den Sachvortrag der Beklagten (teilweise) übergangen. Die Beklagte hat vorgetragen, daß die Entlohnung der Arbeitnehmer auf einer betrieblichen Übung beruhte, die bereits K. G. eingeführt habe. Zudem sei A., der seit über 20 Jahren im Betrieb tätig gewesen sei, bei den Angestellten äußerst beliebt gewesen; außerdem habe das kreditgebende Institut auf seine Tätigkeit besonderen Wert gelegt. Auf diese Tatsachenbehauptungen geht das Berufungsgericht nicht ein, obwohl sie für die Gesamtabwägung von Bedeutung sind.
2. Einen weiteren Pflichtverstoß der Beklagten sieht das Berufungsgericht darin, daß sie den Konten der KG Steuerrückerstattungsbeträge entnommen und die Hälfte für sich behalten hat. Eine Pflichtverletzung gegenüber der KG liegt hierin nicht. Die Forderung und damit der ausgezahlte Betrag stand – so unterstellt das Berufungsgericht – der Miterbengemeinschaft zu. Die Entnahme dieses Betrages aus dem Vermögen der KG und seine anschließende Verwendung fielen damit nicht in den Pflichtenkreis der Beklagten als Gesellschafterin.
3. Hinsichtlich des Mietvertrages wird unter Beweisantritt vorgetragen, daß die Vermietungs GmbH mehr als zwei Jahre lang „keine einzige Mark” an Mietzins abgeführt habe, weshalb die Miterbengemeinschaft das Mietverhältnis fristlos gekündigt habe.
C. Soweit der Senat nicht selber abschließend entscheiden kann, ist der Rechtsstreit auf die Revisionen der Parteien unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es auf der Grundlage der von ihm nachzuholenden Feststellungen in die erforderliche Gesamtabwägung eintreten kann, ob ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Beklagten vorlag.
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Henze, Kurzwelly, Kraemer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 10.12.2001 durch Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
DStR 2002, 1187 |
DStZ 2002, 579 |
BGHR 2002, 375 |
NJW-RR 2002, 756 |
NZG 2002, 279 |
WM 2002, 387 |
WuB 2002, 451 |
ZIP 2002, 571 |
KÖSDI 2002, 13407 |
ZNotP 2002, 148 |