Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 14.11.1963) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. November 1963 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Tatbestand
Aus der Ehe des am 3. Mai 1955 verstorbenen Carl V. und der am 13. November 1961 im Alter von 82 Jahren verstorbenen Anna Malwine V. stammen vier runder, nämlich die beiden Kläger, der Beklagte und ein weiter er Sohn August. Die Eheleute V. waren je zur Hälfte Eigentümer eines mehrere Flurnummern umfassenden Grundbesitzes an der F.straße (nunmehr Fa.straße) in M. im Ausmaß von etwa 2,375 qm. Da Carl V. keine anderen Einkünfte hatte, lebten die Eheleute aus den Erträgnissen des auf dem vorbezeichneten Besitz stehenden Miethauses. Dieses wurde am 11. November 1944 durch einen Luftangriff schwer beschädigt. Die Eheleute V. waren weder in der Lage, das Haus aus eigenen Mitteln wieder aufzubauen, noch, ihren Unterhalt selbst zu bestreiten. Sie lebten deshalb zum Teil von Zuwendungen ihrer Kinder, zum Teil von Mitteln der öffentlichen Fürsorge und später von Leistungen nach dem Sozialhilfegesetz und dem Lastenausgleichgesetz.
Die Klägerin baute nach dem Kriege das erste Obergeschoß des Anwesens aus eigenen Mitteln auf und bezahlte bis zum Jahre 1953 an ihre Eltern eine monatliche Miete von 60,- DM. Der Beklagte trug aus eigenen Mitteln zum Wiederaufbau des Hauses, zur Begleichung von Hypothekenschulden und zum Unterhalt seiner Eltern bei.
Carl V. setzte durch ein eigenhändiges Testament vom 1. Januar 1950 seine Enkel Karl Dieter D. und Anna Maria D., die Kinder der Klägerin, zu seinen alleinigen Erben ein. Den Enkeln wurde vom Nachlaßgericht ein dementsprechender Erbschein erteilt. Sie wurden als Eigentümer der von Carl V. hinterlassenen Grundstücksanteile im Grundbuch eingetragene Pflichtteilsansprüche sind gegen sie nicht geltend gemacht worden.
Anna Malwine V. setzte durch ein eigenhändiges Testament vom 20. Juli 1961 den Beklagten als Alleinerben ein. In der Urkunde heißt es unter anderem:
"Hiermit setze ich meinen Sohn Herbert als alleinigen Erben ein ... Herbert hat uns allein in der schweren Zeit geholfen. Auch meine ganze Einrichtung im Hause vermache ich ihm ...".
Am 3. August 1961 übereignete Anna Malwine V. ihren Grundstückshälfteanteil zu Urkunde des Notars Dr. H. in M., UR-Nr. 2006/61, dem Beklagten. In Ziffer II 1) der Urkunde heißt es:
"Die Überlassung erfolgt unentgeltlich. Die Überlassung zu Alleineigentum erfolgt als Entschädigung für die von Herbert V. bisher geleisteten Unterhaltsleistungen und als Entschädigung für die bisher von Herrn Herbert V. zur Erhaltung des Besitzes aufgebrachten Leistungen. Insbesondere jedoch nachdem die mündlichen Unterhaltsabmachungen vom Jahre 1945 und der Unterhaltsvertrag vom 6. Oktober 1947 mit den vorbezeichneten Erben infolge der Währungsumstellung und deren Bestimmungen nicht nach Treu und Glauben abgewickelt werden konnten, wobei Herrn Herbert V. erhebliche Vermögensnachteile entstanden sind und Herbert V. fast den gesamten Kriegsschaden seiner Eltern getragen hat.
Lediglich schuldrechtlich wird hierzu noch vereinbart: Die Überlassung in das Alleineigentum erfolgt außerdem unter der Bedingung und zu dem Zweck, daß das Anwesen zusammenbleibt und dadurch dem schwer Körperbehinderten Erwerber zu einer späteren neuen Existenzgrundlage dienen kann.
Für den Fall, daß das nicht verwirklicht werden kann, behält sich die Übergeberin vor, schriftlich Anweisungen zu hinterlassen."
Der Beklagte übernahm die Lasten des Grundstücks, "insbesondere etwaige Hypothekenschulden" und räumte seiner Mutter ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnrecht ein, das zur Gebührenbemessung mit jährlich 500,- DM veranschlagt wurde.
Die Parteien haben den Wert des Gesamtgrundstückes im Zeitpunkt des Todes der Witwe V. übereinstimmend mit 356.250,- DM und dementsprechend den Wert des dem Beklagten übertragenen Grundstückhälfteanteils mit 178.125,- DM angegeben.
Die Kläger machen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch von zunächst je 15.000,- DM geltend. Sie tragen vor: Die unentgeltliche Überlassung des Grundstückshälfteanteils an den Beklagten stelle weder eine Gegenleistung für die vom Beklagten seinen Eltern gewahrte Unterstützung, noch eine dem Anstand oder einer sittlichen Verpflichtung entsprechende Schenkung dar. Der Beklagte sei selbst großenteils arbeitslos und ohne nennenswertes Vermögen gewesen; er habe deshalb seinen Eltern nur unerhebliche Beträge zur Verfügung stellen können. Zeitweise habe sich der Beklagte sogar von seinen Eltern unterstützen lassen küssen. Die von ihm in der Urkunde vom 3. August 1961 Übernommenen Verpflichtungen seien mit 7.360,- DM zu bewerten. Bei einem Grundstückswert von 178.125,- DM bleibe demnach ein Betrag von 170.000,- DM offen, dem keine Gegenleistung des Beklagten gegenüberstehe. Außer dem Grundstückshälfteanteil habe die Erblasserin fast nichts besessen. Die verlangten Teilbeträge von je 15.000,- DM entsprächen einer ergänzungspflichtigen Schenkung von nur 120.000,- DM. Selbst wenn alle vom Beklagten behaupteten, von den Klägern aber bestrittenen Leistungen erbracht worden wären, ergebe sich noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch von mindestens je 15.000,- DM.
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zur Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses der Anna Malwine V. sowie zur Bezahlung von je 15.000,- DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, die Butter habe den Klägern den Pflichtteil nach § 2333 Nr. 4 BGB entzogen, weil sie die ihnen den Eltern gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt hätten. Im übrigen habe die Übertragung des Grundstückshälfteanteils eine echte Gegenleistung für die vom Beklagten den Eltern gewährte Hilfe dargestellt. Selbst wenn eine Schenkung angenommen werde, habe diese doch einer sittlichen Verpflichtung der Erblasserin zur Dankbarkeit gegenüber dem Beklagten entsprochen, weshalb nach § 2330 BGB ein Pflichtteilsergänzungsanspruch entfalle.
Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren der Kläger durch ein rechtskräftig gewordenes Teilurteil entsprochen. Es hat der Klage auch im übrigen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Die Kläger bitten, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Der Beklagte will das Testament der Erblasserin vom 20. Juli 1961 dahin ausgelegt wissen, daß seinen Geschwistern der Pflichtteil wegen böswilliger Verletzung der ihnen gegenüber den Eltern gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht entzogen sei (§ 2333 Nr. 4 BGB). Er will diesen Ausschluß aus den im Tatbestand wiedergegebenen Sätzen des Testamentes herleiten. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, diese Bestimmungen enthielten nicht wie in § 2336 BGB vorgeschrieben, eine klare Erklärung darüber, daß der Pflichtteil entzogen werde, und eine Begründung dafür, warum er entzogen sei. Der Pflichtteil sei den Klägern daher nicht rechtswirksam entzogen.
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung gehört im wesentlichen dem dem Tatrichter vorbehaltenen Gebiete der Tatsachenwürdigung an und kann vom Revisionsrichter nur im Rahmen der erhobenen Rügen daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände beachtet und nicht gegen die Verfahrensregeln, die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Die eingehende Begründung des Berufungsurteils weist keinen solchen Fehler auf.
1)
Die Revision meint, das Berufungsgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, zur Auslegung des Testamentes die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 2084 BGB heranzuziehen und den wahren Willen der Erblasserin durch Erhebung angebotener Zeugenbeweise und Berücksichtigung anderer, zum Teil ebenfalls als Testamente zu wertender Urkunden zu erforschen (Verstoß gegen § 286 ZPO, § 2247 BGB). Es bedarf keiner Untersuchung, ob und unter welchen Voraussetzungen die erleichternde Auslegungsbestimmung des § 2084 BGB auf einen Fall wie den vorliegenden überhaupt angewendet werden kann, in dem es nicht darum geht, unter mehreren möglichen Auslegungen einer letztwilligen Verfügung diejenige zu wählen, bei der die Verfügung Erfolg hat, in dem vielmehr eine Partei eine an sich klare und wirksame Verfügung - die Erbeinsetzung - dahin ausgelegt haben will, daß sie in Wahrheit eine weitere Verfugung - die Pflichtteilsentziehung - enthalte. Voraussetzung für die wirksame Entziehung des Pflichtteils ist in jedem Falle, daß in der letztwilligen Verfügung selbst die betroffene Person bezeichnet, die Entziehung des Pflichtteils verfügt und der Grund hierfür angegeben ist (§ 2336 Nr. 1 und 2 BGB); der nicht in dieser Form erklärte Wille des Erblassers ist rechtlich ohne Bedeutung. Mit gutem Grunde hat der Gesetzgeber die schwerwiegende und demütigende Maßnahme der Pflichtteilsentziehung an strenge Voraussetzungen sowohl in förmlicher wie in sachlich-rechtlicher Beziehung geknüpft. Dementsprechend müssen testamentarische Bestimmungen, die die Entziehung des Pflichtteils aussprechen, ihrem Inhalt nach klar und eindeutig sein, wenn es auch nicht erforderlich ist, daß sie sich der Worte des Gesetzes bedienen. Das Berufungsgericht hat mit Recht die Erfordernisse des § 2336 Nr. 1 und 2 BGB nicht als erfüllt erachtet. In der Verfugung über den gesamten Nachlaß ist selbst dann regelmäßig nicht die Entziehung des Pflichtteils der nichtbedachten, nach § 2303 BGB pflichtteilsberechtigten Personen zu sehen, wenn der Erblasser nicht nach Quoten verfugt, sondern die einzelnen Nachlaßgegenstände aufgeteilt hat; die bloße Nichtbedenkung ist - jedenfalls in der Regel - lediglich ein Ausschluß von der gesetzlichen Erbfolge (Staudinger-Ferid, BGB 11. Aufl. § 2336 Anm. 4). Die Revision zeigt nicht auf, daß das Berufungsgericht Anhaltspunkte übersehen hätte, die hier eine andere Beurteilung geboten.
Wie es sich verhielte, wenn der Erblasser ausdrücklich bestimmt hatte, die Geschwister des Beklagten sollten nichts aus der Erbschaft erhalten, bedarf keiner Untersuchung. Denn eine solche Bestimmung enthält das Testament nicht.
2)
Ebensowenig ist in dem Satze des Testamentes "Herbert hat uns ... allein geholfen" eine den Erfordernissen des § 2336 Nr. 2 BGB genügende Bezeichnung des Pflichtteilsentziehungsgrundes zu erblicken. Zwar muß dieser Grund nicht mit den Ausdrucken des Gesetzes bezeichnet, auch nicht in allen Einzelheiten angeführt werden; es genügt die Anführung eines Sachverhaltkerns (BGH LM Nr. 1 zu § 2336 BGB mit nachweisen). Es muß sich aber zweifelsfrei erkennen lassen, daß die Entziehung auf einem bestimmten der in § 2333 BGB genannten Gründe beruht. Aus dem angeführten Satze ergibt sich zwar mittelbar der allgemeine Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung, nicht aber der der böswilligen Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht (§ 2333 Nr. 4 BGB); der Tatbestand, auf den sich die nach Ansicht des Beklagten vorliegende Entziehung gründet, ist nicht wie erforderlich speziell und hinreichend deutlich angegeben (Staudinger-Perid a.a.O. Anm. 11).
Einen etwa bestehenden Willen, den Klägern den Pflichtteil zu entziehen, hat die Erblasserin demnach nicht wirksam zum Ausdruck gebracht. Deshalb bestand entgegen der Ansicht der Revision auch nicht die Notwendigkeit, den Willen der Erblasserin auf Grund sonstiger Umstände zu erforschen. Daher geht die Rüge fehl, das Berufungsgericht hätte in diesem Zusammenhange weitere Urkunden berücksichtigen und Zeugen vernehmen müssen. Soweit die Revision geltend macht, bei diesen Urkunden handele es sich zum Teil um Testamente, hat sie - auch auf Frage in der Revisionsverhandlung - nicht aufgezeigt und ist nicht ersichtlich, daß darin den Pflichtteil betreffende Verlegungen enthalten seien. Auch auf diese Urkunden kommt es daher nicht an.
II.
1)
Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt: Unstreitig hätten am 3. August 1961 die in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Grundstücksbelastungen nicht mehr in ihrer nominellen, sondern nur noch in geringer Höhe bestanden. Der Kläger habe diese Belastungen übernommen und seiner damals 82jährigen Mutter ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an den von ihr bis dahin genutzten Räumen und das Nutzungsrecht an einem Garten best eilt. Die Kläger hätten den Wert der vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen ohne dessen Widerspruch auf 7.360,- DM geschätzt. Da der Gesamtwert des Grundstückshälfteanteils 178.125,- DM betragen habe, habe der Beklagte einen Wert von über 170.000,- DM unentgeltlich, d.h. ohne Gegenleistung erhalten. Seine Behauptung, das Grundstück sei ihm als Gegenleistung für die seinen Eltern früher gewährte Hilfe überlassen worden, finde in der notariellen Urkunde keine ausreichende Stütze. Wohl sei die Überlassung mit den Leistungen des Beklagten für seine Eltern begründet worden. Aus dem Vertragstext ergebe sich aber weder die Höhe dieser Leistungen, noch daß diese auch nur ungefähr den Wert des überlassenen Grundstückes erreicht hätten. Es könne dem Vertrage deshalb nicht entnommen werden, daß die Überlassung des Grundstückes nur zum Zwecke geschehen sei, eine bestehende Schuldverpflichtung der Mutter zu tilgen. Der Sachvortrag des Beklagten hierzu reiche nicht aus, auch nur annähernd brauchbare Zahlen zu gewinnen. Auch wenn der gesamte Sachvortrag des Beklagten als richtig unterstellt werde, folge daraus nur, daß er einige wenige Tausend Reichsmark und geringfügige Summen in Deutscher Mark seinen Altern zur Verfugung gestellt habe. Der Senat schätze - mangels genauerer Bezifferung durch den Beklagten - diese Summe auf höchstfalls 10.000,- RM/DM. Nicht in diesen in Geld ausdrückbaren Leistungen des Beklagten seien seine Dienstleistungen enthalten. Über diese habe der Beklagte aber wiederum nur ganz allgemeine Angaben gemacht (er habe zugunsten seiner Litern auf die Errichtung eines eigenen Hausstandes verzichtet; er habe die Verhandlungen mit Hypothekengläubigern und Wohlfahrtsbehörden gefuhrt; er sei seinen Eltern ständig mit Rat und Tat zur Seite gestanden), die so unbestimmt seien, daß sie einer Bezifferung durch den Senat nicht zugänglich seien. Selbst wenn diese Dienstleistungen in Geld ausgedrückt werden konnten, wurde es sich nur um eine geringfügige summe handeln können, Es müsse deshalb für die Entscheidung davon ausgegangen werden, daß dem Beklagten nach Abzug aller von ihm erbrachten bezifferbaren und nichtbezifferbaren Leistungen ein Mehrwert des Grundstückshälfteanteils von weit über 120.000,- DM ohne Gegenleistung überlassen worden sei. Selbst wenn die Erblasserin - was nicht festgestellt habe werden können - die Absicht gehabt haben sollte, den Beklagten für seine früheren Dienste und Hilfeleistungen durch die unentgeltliche Überlassung des Grundstückshälfteanteils nicht nur zu entschädigen, sondern auch zu belohnen und wenn der Beklagte die Übertragung des Hälfteanteils in der selben Meinung angenommen haben sollte, läge keine rein belohnende Schenkung, sondern eine Schenkung im Übermaß vor. Übermäßige Schenkungen seien aber im Rahmen des Übermaßes ergänzungspflichtig. Das Übermaß der Schenkung betrage - wie vorher schon dargestellt - mehr als 120.000,- DM Da die Pflichtteilsansprüche der Kläger je 1/8 des Nachlasses betrugen, beliefen sich ihre Pilichtteilsergänzungsansprüche auf mindestens je 15.000,- DM. Die Klaganträge seien deshalb auch der Höhe nach ausreichend begründet.
2)
Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Überlassung der Grundstücksanteile handele es sich um eine (gemischte) Schenkung, wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg mit materiell- und verfahrensrechtlichen Rügen.
Zwar ist der in § 2325 BGB verwendete begriff der Schenkung kein anderer als der in § 516 BGB entwickelte; Voraussetzung für das Vorliegen einer Schenkung ist, daß beide Teile über die Unentgeltlichkeit einer Zuwendung einig sind, durch die der eine Teil den anderen aus seinem Vermögen bereichert. Unterscheiden sich bei einem gegenseitigen Vertrage Leistung und Gegenleistung im Werte, dann kann eine sogenannte gemischte Schenkung vorliegen. Aus dem Grundsatze der Vertragsfreiheit folgt weiter, daß die Beteiligten in der Bewertung ihrer Leistungen grundsätzlich frei sind. Wie die Revision zutreffend vorbringt, muß selbst bei einem groben Mißverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen nicht in jeden Falle eine (gemischte) Schenkung angenommen werden; selbst dann ist es nicht ausgeschlossen, daß die Beteiligten die Leistungen als gleichwertig behandeln und bei dem verlierenden Teil der zur Annahme einer Schenkung erforderliche Wille fehlt, dem anderen unentgeltlich etwas zuzuwenden. Eine willkürliche Bewertung der beiderseitigen Leistungen wäre allerdings unbeachtlich und nicht geeignet, Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach § 2325 BGB die Grundlage zu entziehen (BGH LM Nr. 1 zu § 2325 BGB = NJW 1961, 604).
Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht indessen entgegen der Ansicht der Revision nicht verstoßen. Es stellt fest, daß die Zahlungen und die Dienste, die der Beklagte für seine Eltern geleistet hat, insgesamt nur so hoch zu bewerten seien, daß dem Beklagten ein Mehrwert des Grundstückshälfteanteils von weit über 120.000,- DM ohne Gegenleistung überlassen worden sei, und daß dem Übergabevertrag nicht entnommen werden könne, die Überlassung des Grundstücks sei nur zu dem Zwecke geschehen, um eine bestehende Schuldverpflichtung der Mutter zu tilgen. Das Berufungsgericht geht also davon aus, daß beim Abschluß des Übergabevertrages die beiderseitigen Leistungen von den Vertragschließenden entsprechend der Sachlage nicht als gleichwertig angesehen worden seien.
3)
Diese Feststellung beruht nicht auf verfahrensrechtlichen Fehlern.
a)
Sie entspricht der Erfahrung, daß bei der Übergabe von Grundstücken durch Eltern an Kinder etwaige Gegenleistungen im Werte hinter dem der Grundstücke in der Regel zurückbleiben und die Beteiligten das wissen und wollen. Für die Feststellung des Berufungsgerichts spricht daher bereits eine gewisse tatsächliche Vermutung. Verstärkt wird diese Vermutung, wenn sich die beiderseitigen Leistungen im Wert stark unterscheiden. Es war daher sachgemäß, daß das Berufungsgericht auf den Wert der beiderseitigen Leistungen abgestellt hat. Es hat auch bei der Erörterung des Wert es der Leistungen des beklagten nicht gegen Verfahrensregeln verstoßen. Den Vortrag des Beklagten, das Grundstück sei ihm als Gegenleistung für die seinen Altern früher geleistete Hilfe überlassen worden, hat es eingehend geprüft. Es hat insbesondere nicht übersehen, daß nach dem Wortlaut des Vertrages die Überlassung des Grundstückes an den Beklagten als Entschädigung für bisher geleistete Unterhaltsleistungen und für die zur Erhaltung des Besitzes aufgebrachten Leistungen und zum Ausgleich hierdurch erlittener Vermögensnachteile erfolgt ist. Laß das Berufungsgericht zu den Ergebnis gelangt ist, die Vertragschließenden hätten die beiderseitigen Leistungen nicht als gleichwertig angesehen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die Folgerung, daß die Übergeberin in der Absicht gehandelt habe, den Beklagten einen Mehrwert unentgeltlich zu überlassen.
b)
Die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte den Notar Dr. H. als Zeugen vernehmen müssen. Dieser war als Zeuge nicht, wie die Revision sagt, dafür benannt, mit dem Wort "unentgeltlich" im Vertrage sei keineswegs eine Schenkung gemeint, sondern dafür, mit dem Worte "unentgeltlich" sei lediglich gemeint gewesen, daß der Beklagte für die Grundstücksüberlassung künftig nicht etwa noch weitere Unterstützungszahlungen an die Klägerin leisten solle. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dieser Vortrag der Feststellung hätte entgegenstehen können, daß die Vertragspartner ihre Leistungen nicht als gleichwertig angesehen haben. Es liegt deshalb kein Rechtsverstoß darin, daß das Berufungsgericht diesem auf die Feststellung eines Beweisanzeichens dienenden Beweisantrag nicht stattgegeben hat (BGH LM Nr. 1 zu § 539 ZPO).
c)
Ohne Erfolg bleibt auch die Büge, das Berufungsgericht habe die Leistungen des Beklagten zu niedrig bewertet, und sei zu diesem Ergebnis auf Grund von Verfahrensverstößen gelangt.
Das Berufungsgericht hat, insoweit von der Revision nicht angegriffen, den Wert der den Beklagten von der Erblasserin übertragenen Grundstücksanteile mit 178.125,- DM angesetzt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hat der Beklagte nicht unter Angabe von Wahlen vorgetragen, daß seine Leistungen an und für seine Eltern auch nur entfernt diesen Wert erreicht hätten. Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Bewertung der Leistungen des Beklagten verschiedene Umstände übersehen. Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Einen bestimmten Wert für seine Leistungen hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht angegeben. Er hat auch nicht etwa vorgetragen, daß dieser den Betrag von 50.000,- DM überschreite. Dieser Betrag ist deshalb von Bedeutung, weil der Wert des Grundstücksanteils mit 178.125,- DM angesetzt ist und die Leistungen des Beklagten mit 7.360,- DM bewertet sind, so daß rund 170.000,- DM verbleiben wurden. Da die Kläger ihrem Anspruch nur eine Schenkung von 120.000,- DM zugrundegelegt haben (Pilichtteilsanspruch von je 1/8 = 15.000,- DM), könnten die Leistungen des Beklagten daher den Pflichtteilsanspruch - dessen Begründetheit im übrigen vorausgesetzt nur vermindern, wenn sie den von den Klägern zugestandenen Betrag von 7.360,- DM um mehr als 50.000,- DM überstiegen hätten. Es hätte deshalb nahegelegen, daß der Kläger den Wert der Leistungen, die er den Eltern erbracht hat, mit über 50.000,- DM beziffert hätte, wenn ihm dies möglich gewesen wäre. Da er dies nicht getan hat, konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß der Wert der Leistungen, die der Beklagte an und für die Eltern erbracht hat, hinter diesem Betrage zurückbleibe; es war unter diesen Umständen nicht, wie die Revision meint, verpflichtet, auf die einzelnen Leistungen weiter einzugehen, als es dies getan hat.
Ist das Berufungsgericht aber ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, die Leistungen des Beklagten seien insgesamt mit weit unter 50.000,- DM anzusetzen, so ist auch seine Folgerung, beim Abschluß des Vertrages vom 3. August 1961 hatten die Beteiligten die beiderseitigen Leistungen nicht als gleichwertig erachtet, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Revision meint zwar, die Vertragschließenden hätten die vom Beklagten erbrachten Leistungen nach dem Wert der überlassenen Grundstückshälfte bewerten können. Denn sei diese Grundstückshälfte, wie Beklagter mehrfach geltend gemacht habe, nur seiner Hilfe zu danken, so sei auch sachlich diese Hilfe diese Grundstückshälfte wert gewesen. Damit dringt die Revision nicht durch. Denn das Berufungsgericht geht, wie ausgeführt, ohne Rechtsverstoß gerade davon aus, daß die Vertragsteile die Leistungen nicht als gleichwertig angesehen hätten.
III.
Die Revision ragt weiter, das Berufungsgericht habe übersehen, daß die Überlassung des Grundstücksanteils zu dem Zwecke erfolgt sei, dem schwer körperbehinderten Beklagten zu einer neuen Existenzgrundlage zu verhelfen (Ausstattung). Der Revision ist einzuräumen, daß das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob die Übertragung des Grundstücksanteils einem der in § 1624 Abs. 1 BGB genannten Zwecke dient und deshalb als Ausstattung anzusehen und nur insoweit als Schenkung zu werten ist, als sie das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen der Butter entsprechende Maß überstiegen hat. Daraus ergibt sich jedoch nicht ein dem Berufungsgericht unterlaufener Rechtsfehler. Der Beklagte hat sich nämlich in den Tatsacheninstanzen nicht auf das Vorliegen einer Ausstattung berufen, auch nicht Tatsachen vorgetragen, aus denen sich greifbare Anhaltspunkte für die den Umständen nach nicht eben naheliegende Möglichkeit ergeben hätten, er habe die Grundstücksanteile aus einem der in § 1624 Abs. 1 BGB genannten Gründe erhalten. Er hat vielmehr geltend gemacht, die Grundstücksübertragung sei die Vergütung seiner Leistungen für die Eltern, allenfalls die Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung derselben. Zwar ist in dem Übergabevertrage auch von der Schaffung einer neuen Existenzgrundlage für den Beklagten die Rede. Der Beklagte hat diesen Absatz der Urkunde auch zusammen mit deren vorhergehenden Inhalt vorgetragen. Er hat indessen niemals etwas darüber vorgetragen, daß und inwiefern die Grundstücksübertragung einem der in § 1624 Abs. 1 BGB genannten Zwecke diene. Erstmals die Revision hat hierauf abgestellt. Das Berufungsgericht war unter diesen Umständen nicht in der Lage, der Vertragsurkunde eine Einwendung zu entnehmen, für die der zur Schlüssigkeit weiter erforderliche Sachvortrag fehlte.
Danach erweist sich die Revision des Beklagten als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen