Entscheidungsstichwort (Thema)
gewerbsmäßiges Einschleusem von Ausländern
Leitsatz (amtlich)
Zur Strafbarkeit der Einschleusung von Ausländern, die zwar ein Touristenvisum besitzen, aber zum Zwecke der Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreisen.
Normenkette
AuslG 1990 § 92a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1, Abs. 1 Nrn. 1, 6, § 58 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Das Verfahren wird auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StPO hinsichtlich der Fälle II. A. 1 – 3 des angefochtenen Urteils eingestellt.
Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 21. Oktober 1998 dahin geändert, daß die Angeklagten jeweils wegen einer einheitlichen Tat, nämlich wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 24 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, Zuhälterei und Förderung der Prostitution in acht tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt werden.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Jeder Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 24 Fällen (II. B. 1 – 24), davon in acht Fällen (II. B. 9, 11, 12, 15 – 19) in Tateinheit mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution, wegen gemeinschaftlichen Einschleusens von Ausländern in zwei weiteren Fällen (II. A. 1, 2) sowie wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zu einem Vergehen nach § 92 Abs. 1 AuslG (Fall II. A. 3) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils drei Jahren verurteilt.
Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich der Taten II. A. 1 – 3 eingestellt.
Die Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen geringfügigen Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen holten die Angeklagten am 3. Dezember 1995 zwei aus der Ukraine zum Zweck der Erwerbstätigkeit eingereiste Frauen am Hauptbahnhof in B. ab und brachten sie in eine Bar, wo eine der Frauen in den folgenden Monaten, die andere nur kurze Zeit als Prostituierte tätig war. Die Angeklagten wußten, daß die Frauen nur im Besitz eines Touristenvisums waren und in Deutschland nicht erwerbstätig werden durften. Die Frauen zahlten zumindest teilweise den von den Angeklagten verlangten Betrag von 50 DM am Tag (A. 1 und 2). Ebenso verfuhren die Angeklagten mit einer am 3. Februar 1996 eingereisten Frau, wobei sich nicht aufklären ließ, ob sie von dieser Frau Geld erhielten (A. 3).
Die Angeklagten erkannten, daß mit der Vermittlung von Ukrainerinnen an Barbetriebe regelmäßige Einkünfte zu erzielen waren. Sie entschlossen sich deshalb dazu, eine unbestimmte Anzahl von Frauen aus der Ukraine, die mit einem Touristenvisum in das Bundesgebiet zum Zwecke der Erwerbstätigkeit einreisten, der Prostitution in verschiedenen Barbetrieben zuzuführen. Im Laufe der Zeit kamen sie in Kontakt mit M., die in S. in der Ukraine ein Reisebüro betrieb. Diese warb dort Frauen mit der Aussicht auf Arbeit an und besorgte ihnen gegen Zahlung erheblicher Geldbeträge Touristenvisa. Dabei handelte es sich um befristete Aufenthaltsgenehmigungen mit dem Verbot der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, deren das Visum bedarf, wenn ein Ausländer im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben will, wurde in keinem Fall eingeholt (UA S. 16). Frau M. gab den Frauen die Telefonnummer der Angeklagten A., mit der sie in telefonischem Kontakt stand, in D. an und kündigte dieser die Ankunft der Frauen an. Die Vermittlung der Frauen in die Barbetriebe war Aufgabe des Angeklagten F.. In den Fällen II. B. 1 – 4 holte er vier Frauen gemeinsam, im Fall II. B. 10 eine weitere Frau in St. ab und verbrachte sie mit dem PKW ins Bundesgebiet. In den übrigen Fällen holten die Angeklagten weitere neunzehn Frauen – zum Teil mehrere Frauen zusammen – an vereinbarten Treffpunkten im Inland ab. Sie brachten sechzehn der Frauen in verschiedene fremde Barbetriebe. Bei ihrer Ankunft teilte die Angeklagte A. den Frauen – wenn nicht schon bekannt – mit, daß sie der Prostitution nachgehen sollten, erklärte den Ablauf in den einzelnen Barbetrieben und legte gleichzeitig fest, daß wöchentlich 300 DM an die Angeklagten zu zahlen waren. Dieser Betrag wurde von den Frauen in der Regel auch bezahlt. Die von den Frauen bezahlten Gelder, denen keine Kosten für ihre Betreuung gegenüberstanden, stellten den wesentlichen Teil der Einkünfte der Angeklagten dar.
In den Fällen II. B. 9, 11, 12, 15 – 19 brachten die Angeklagten die Frauen entweder gleich nach ihrer Ankunft oder im Verlaufe ihres Aufenthalts in das von ihnen in Zusammenarbeit mit J. in der Zeit vom 1. September bis 16. Dezember 1997 betriebene Bordell (barähnlicher Betrieb) in W., wo sie der Prostitution nachgehen mußten. Die Angeklagten legten neben der Arbeitszeit – täglich außer sonntags von 14.00 Uhr bis Mitternacht – auch die Preise für die einzelnen Leistungen, die die Freier zu entrichten hatten, fest. Die Frauen mußten vom Verdienst für den Geschlechtsverkehr 50 % abgeben, zusätzlich pro Tag 10 DM für das Zimmer und 150 DM Kostenpauschale pro Woche. Frau J. überwachte den Betrieb als Angestellte der Angeklagten. Die Frauen sollten das Haus nur in Begleitung verlassen und mußten um Erlaubnis fragen, wenn sie einkaufen gehen wollten.
II.
Die von der Angeklagten A. erhobene Verfahrensrüge greift aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen nicht durch. Die Sachrügen führen zu einer Änderung des Schuldspruchs wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 92 a AuslG dahingehend, daß er anstelle der bisherigen Bezugsnorm des § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG auf die des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG gestützt wird und die Angeklagten nur wegen einer Tat zu verurteilen sind.
1. Die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AuslG in den unter II. B. 1 – 24 festgestellten Fällen begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Der Senat kann letztlich offen lassen, ob rechtswidrige Haupttaten der Ukrainerinnen nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG, an die die Kammer die Strafbarkeit der Angeklagten geknüpft hat, vorliegen. Die Angeklagten haben nämlich entweder den Ukrainerinnen oder der mit ihnen zusammenarbeitenden Frau M. vorsätzlich zu deren vorsätzlich und rechtswidrig begangenen Haupttaten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AuslG zumindest Hilfe geleistet, sich dafür einen Vermögensvorteil versprechen lassen und auch erhalten, sowie gewerbsmäßig gehandelt. Jedenfalls dies trägt den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern.
a) Der Senat neigt dazu, die vom Landgericht angenommene Strafbarkeit der Ukrainerinnen nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG zu verneinen. Nach diesen Vorschriften machen sich Ausländer strafbar, die entgegen § 58 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ohne die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung in das Bundesgebiet eingereist sind und sich entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG ohne Aufenthaltserlaubnis in diesem aufgehalten haben.
Eine Strafbarkeit nach den genannten Vorschriften wäre nur dann gegeben, wenn man die vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschiedene Frage bejaht, daß ein Ausländer, der – wie die Ukrainerinnen – nicht vom Erfordernis der Einholung einer Aufenthaltsgenehmigung in Form eines Visums vor der Einreise befreit ist (sog. Negativstaater), auch dann unerlaubt, also ohne „eine erforderliche Aufenthaltsgenehmigung”, nach Deutschland einreist, wenn er zwar ein Touristenvisum hat, aber bereits im Zeitpunkt der Einreise die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beabsichtigt und das Visum folglich gemäß § 11 Abs. 1 DVAuslG der Zustimmung der Ausländerbehörde bedurft hätte (so die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die überwiegende Kommentarliteratur, vgl. OVG Hamburg EZAR 622 Nr. 12; Urt. vom 22. März 1993 – Bs VII 18/93; VGH Kassel NVwZ-RR 1993, 213; InfAuslR 1993, 369; 1994, 349; 1996, 142 f; OVG Münster InfAuslR 1991, 232; 1994, 138; Urt. vom 24. Februar 1998 – 18 B 177/97; OVG Schleswig InfAuslR 1992, 125; VGH Mannheim InfAuslR 1993, 14; NVwZ 1993, 291; von der Weiden in GK-AuslR § 42 Rdn. 32; Funke-Kaiser in GK-AuslR § 58 Rdn. 4 – 6, 16 – 18 und § 69 Rdn. 26; Renner AuslR 7. Aufl. § 58 Rdn. 4, 5 und § 69 Rdn. 15, ders. NVwZ 1993, 729, 730 f; Kloesel/Christ/Häußer § 58 Rdn. 5, 7, § 92 Rdn. 36). Zur Begründung dieser Auffassung wird im wesentlichen auf den Wortlaut des § 58 Abs. 1 Nr. 1 AuslG und den Willen des Gesetzgebers abgestellt. Die Vorschrift verlange schon nach ihrem Wortlaut „eine erforderliche Aufenthaltsgenehmigung”, d.h. nicht nur eine formell scheinbar ordnungsgemäße, sondern die materiellrechtlich erforderliche Aufenthaltsgenehmigung (VGH Kassel InfAuslR 1994, 349, 350; 1996, 142; OVG Münster InfAuslR 1994, 138; OVG Hamburg, Urt. vom 22. März 1993 – Bs VII 18/93). Diese materiellrechtliche Betrachtungsweise entspreche der Intention der Regelungen des Ausländergesetzes über die Einreise von Ausländern. Dagegen vertritt der Bundesminister des Innern die Auffassung (Rundschreiben vom 20. Mai 1996, InfAuslR 1996, 317), daß ein Negativstaater nur dann unerlaubt einreist, wenn er ohne jegliches Visum die Grenze überschreitet (so auch Erlaß des Hessischen Ministeriums des Innern vom 16. Januar 1995 – II A 42 (0) – 23 d –; VG Düsseldorf InfAuslR 1993, 371; Westphal in Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, § 58 Rdn. 26 – 36; Stoppa in Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts § 92 Rdn. 159 f; Heldmann, Ausländergesetz, 2. Aufl. 1993 § 58 Rdn. 1; Hofmann InfAuslR 1991, 351; Pfaff ZAR 1992, 117; Ott ZAR 1994, 76, 78; Lüdke InfAuslR 1996, 276; Westphal/Stoppa NJW 1999, 2137, 2140; Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, S. 45 zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Danach wären die Ukrainerinnen ungeachtet des konkreten Aufenthaltszwecks erlaubt eingereist und hätten sich auch erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten, weil sie im Besitz von Touristenvisa waren, so daß eine Strafbarkeit nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG entfiele.
Der Senat neigt der Ansicht des Bundesministeriums des Innern aus folgenden Gründen zu:
aa) Der Wortlaut des § 58 Abs. 1 Nr. 1 AuslG läßt für beide Auslegungen Raum. Das Gesetz verlangt nicht eine dem konkreten Aufenthaltszweck entsprechende Aufenthaltsgenehmigung (vgl. Westphal aaO, § 58 Rdn. 29; vgl. zur Gegenmeinung Funke-Kaiser aaO § 58 Rdn. 5), sondern nur „eine erforderliche Aufenthaltsgenehmigung”. Der Begriff „erforderlich” kann auch dahin verstanden werden, daß der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis benötigt, also nicht zu dem Personenkreis gehört, der ohne Aufenthaltserlaubnis einreisen darf (vgl. Nr. 58.1.1.3.1. des Entwurfs einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz – AuslG-VwV –, BR-Drucks. 672/98, S. 352; Westphal/Stoppa NJW 1999, 2137, 2140). Aus § 3 AuslG ergibt sich, in welchen Fällen eine Aufenthaltsgenehmigung erforderlich ist, was durch die gesetzliche Überschrift „Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung” hervorgehoben wird. Vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung sieht die DVAuslG für bestimmte Gruppen von Ausländern – wie z.B. für Positivstaater in § 1 DVAuslG – Befreiungen vor.
bb) Den Gesetzesmaterialien läßt sich ein Wille des Gesetzgebers, § 58 Abs. 1 Nr. 1 AuslG im Sinne der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auszulegen, nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum Ausländergesetz 1990 zu § 58 Abs. 1 AuslG (BT-Drucks. 11/6321, S. 76) spricht zwar von materiell unerlaubter Einreise. Damit sollen aber nur die in § 58 Abs. 1 Nr. 1 – 3 AuslG abschließend definierten Fälle der unerlaubten Einreise von der lediglich formell unbefugten Einreise nach § 59 Abs. 1 AuslG, also formalen Verstößen beim Grenzübertritt, abgegrenzt werden (vgl. BT-Drucks. 11/6321 S. 76; Fraenkel aaO S. 24). Zu beachten ist ferner, daß der für den Gesetzesentwurf federführende Bundesminister des Innern eine am beabsichtigten Aufenthaltszweck orientierte Auslegung ablehnt. Vielmehr vertritt er weiterhin die Auffassung, daß eine unerlaubte Einreise nicht vorliege, wenn der Ausländer mit einem Visum einreise, das aufgrund seiner Angaben ohne die erforderliche Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt wurde, obwohl er bereits bei der Einreise einen Aufenthaltszweck beabsichtige, für den er ein Visum benötige, das nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt werden dürfe. Dies ergibt sich eindeutig aus Nr. 58.1.1.3.2. des unter Federführung des Bundesministers des Innern entstandenen Entwurfs der AuslG-VwV (BR-Drucks. 672/98, S. 353), dem der Bundesrat, soweit es um die hier zu beurteilende Frage geht, gemäß Art. 84 Abs. 2 GG zugestimmt hat (vgl. BR-Drucks. 350/99). Die AuslG-VwV wurden zwar noch nicht in Kraft gesetzt, so daß die Ausländerbehörden der Länder an die Auslegung noch nicht gebunden sind. Die Zustimmung des Bundesrats zeigt jedoch, daß sich diese Auslegung nicht nur bei den dem Bundesminister des Innern nachgeordneten Behörden, insbes. den Grenzschutzstellen, sondern auch bei den Ausländerbehörden der Länder durchgesetzt hat (vgl. auch den Erlaß des Hessischen Ministeriums des Innern vom 16. Januar 1995 – II A 42 (0) – 23 d).
cc) Die Auffassung des Bundesministers des Innern ist auch mit der Systematik des Ausländergesetzes und anerkannten verwaltungsrechtlichen Grundsätzen besser in Einklang zu bringen als die der Oberverwaltungsgerichte.
Das Ausländergesetz differenziert zwischen der Einreise ohne jegliches Visum und der Einreise mit einem Visum, das aufgrund der – unwahren – Angaben des Ausländers ohne die im Hinblick auf den wahren Aufenthaltszweck erforderliche Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde erteilt wurde. Dies zeigen unter anderem folgende Regelungen:
Die Aufenthaltsgenehmigung wird nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG versagt, wenn der Ausländer ohne erforderliches Visum eingereist ist. § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG sieht eine Versagung der Aufenthaltsgenehmigung vor, wenn der Ausländer mit einem Visum eingereist ist, das aufgrund seiner Angaben ohne die erforderliche Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt worden ist. Nach der Auslegung der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wäre § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG als Versagungsgrund überflüssig, da diese Fälle schon von § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erfaßt würden.
Nach § 60 Abs. 1 AuslG muß ein Ausländer zurückgewiesen werden, der unerlaubt einreisen will. § 60 Abs. 2 Nr. 2 AuslG bestimmt, daß ein Ausländer an der Grenze zurückgewiesen werden kann, wenn der begründete Verdacht besteht, daß der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient. Die Ermessensvorschrift des § 60 Abs. 2 Nr. 2 AuslG wäre zwar nicht überflüssig, wenn man in diesen Fällen zugleich eine unerlaubte Einreise nach § 60 Abs. 1 AuslG annähme (so aber Westphal aaO § 58 Rdn. 32; Pfaff ZAR 1992, 117, 118; Lüdke InfAuslR 1996, 276). Die zwingende Zurückweisung nach § 60 Abs. 1 AuslG kommt nämlich nur in Betracht, wenn das Fehlen der erforderlichen Aufenthaltsgenehmigung offensichtlich ist, während § 60 Abs. 2 Nr. 2 AuslG an einen deutlich geringeren Verdachtsgrad anknüpft. Daß ein Negativstaater tatsächlich keine Besuchsreise sondern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder einen Daueraufenthalt anstrebt, wird sich bei einer Grenzkontrolle aber nur in seltenen Ausnahmefällen mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen lassen. Wegen dieser Erfahrung der grenzpolizeilichen Praxis wurde die Zurückweisungsmöglichkeit nach § 60 Abs. 2 Nr. 2 AuslG in das Ausländergesetz eingefügt (BT-Drucks. 11/6321 S. 77). Gegen die Auslegung durch die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung spricht deshalb, daß § 60 Abs. 1 AuslG in solchen Fällen ohnehin so gut wie nie anwendbar wäre, während mit § 60 Abs. 2 Nr. 2 AuslG eine diese Fälle abdeckende Sonderregelung existiert.
Die Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde nach § 11 Abs. 1 DVAuslG, bei deren Verweigerung die Auslandsvertretung das Visum nicht erteilen darf, ist ein Verwaltungsinternum. Das Zustimmungserfordernis bestimmt nicht den Inhalt des Touristenvisums. Es ist nicht geeignet, den Begriff „erforderliche Aufenthaltsgenehmigung” zu modifizieren (Westphal aaO § 58 Rdn. 34). Das Fehlen der Zustimmung macht den die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet gestattenden Verwaltungsakt nicht unwirksam, sondern nur rechtswidrig, wie sich aus § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG des Bundes ergibt (Westphal aaO; Renner aaO § 3 Rdn. 28; Funke-Kaiser aaO § 3 Rdn. 71). Der Umstand, daß über den wahren Aufenthaltszweck getäuscht und damit unter Umgehung des Zustimmungserfordernisses die Aufenthaltsgenehmigung erschlichen wurde, macht die Aufenthaltsgenehmigung nicht unwirksam; sie kann lediglich gemäß § 48 VwVfG des Bundes zurückgenommen werden.
dd) Verneint man eine Strafbarkeit nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG, treten auch keine Strafbarkeitslücken auf. Das Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung durch einen Ausländer oder einen anderen für ihn durch unrichtige Angaben über den wahren Aufenthaltszweck und das Gebrauchmachen von einer solchen Urkunde wird durch die Strafvorschrift des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfaßt und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, also einer schärferen Strafe als in § 92 Abs. 1 AuslG, der nur Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vorsieht, bedroht. Da § 92 a AuslG die Beteiligung an rechtswidrigen Haupttaten nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG ebenso erfaßt wie an solchen nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 AuslG, kann auch – wie der vorliegende Fall zeigt – gegen die Schleuserkriminalität wirksam vorgegangen werden. Ferner steht mit § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG eine weitere Strafvorschrift zur Verfügung, wenn der Ausländer im Inland einer vollziehbaren Auflage, die ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit verbietet, zuwiderhandelt.
b) Die Entscheidung dieser Grundsatzfrage kann aber letztlich dem hierzu in erster Linie berufenen Bundesverwaltungsgericht vorbehalten bleiben.
Für die Strafbarkeit der Angeklagten nach § 92 a AuslG kann der Senat nämlich auch an eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat der Ukrainerinnen oder der mit ihnen zusammenarbeitenden Frau M. nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AuslG anknüpfen. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Täter nach dieser Vorschrift kann also nicht nur der Ausländer sein, der unrichtige Angaben macht, um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen, sondern auch derjenige, der falsche Angaben macht, um für einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Bei der Visaerteilung ist der Tatbestand regelmäßig erfüllt, wenn gegenüber der deutschen Auslandsvertretung als der nach § 63 Abs. 3 AuslG zuständigen Behörde eine Touristenreise oder Besuchsabsicht vorgetäuscht, in Wirklichkeit aber eine Erwerbstätigkeit angestrebt wird (Stoppa aaO § 92 Rdn. 213).
aa) Nach den Feststellungen warb die in Kontakt zu den Angeklagten stehende Frau M. in der Ukraine Frauen mit der Aussicht auf Arbeit an und besorgte ihnen gegen die Zahlung erheblicher Geldbeträge Touristenvisa. Es bleibt offen, ob die Ukrainerinnen die Angaben in den Visaanträgen selbst gemacht haben oder ob Frau M. für sie das gesamte Antragsverfahren, also das Ausfüllen und das Unterzeichnen der Anträge übernommen hat. Dies gefährdet den Bestand des Urteils nicht, da in beiden Fällen eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vorliegt, zu der die Angeklagten zumindest Hilfe geleistet haben.
Die Ukrainerinnen oder Frau M. haben zumindest insoweit unrichtige Angaben gemacht, als auf die entsprechende, vom Antragsteller zu beantwortende Frage im Visumsantrag nicht der wahre Aufenthaltszweck „Aufnahme einer Erwerbstätigkeit”, sondern Besuchs- oder touristische Zwecke angegeben wurden. Dies ist zwar nicht ausdrücklich festgestellt, ergibt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Danach wurden in allen Fällen Touristenvisa mit dem Verbot der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erteilt. Die Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, deren das Visum gemäß § 11 Abs. 1 DVAuslG bedarf, wenn der Ausländer im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben will, wurde in keinem Falle eingeholt (UA S. 16). Bei Angabe des wahren Aufenthaltszwecks wären die Visa – soweit von vornherein die Absicht der Prostitutionsausübung bestand – überhaupt nicht erteilt worden. In den anderen Fällen der Absicht der Aufnahme der Erwerbstätigkeit hätte die Auslandsvertretung – da ein Ausnahmefall des § 11 Abs. 2 DVAuslG offensichtlich nicht gegeben ist – vor Erteilung des Visums die Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde einholen müssen. Dies hätte zur Folge gehabt, daß das Visum nicht bewilligt worden wäre.
bb) Die jeweilige Haupttäterin, gleichgültig ob es Frau M. oder eine der ukrainischen Frauen war, hat auch in jedem der abgeurteilten Fälle vorsätzlich und in der Absicht gehandelt, sich oder einem anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen.
Dies liegt auf der Hand, wenn die jeweils das Visum begehrende Ukrainerin oder Frau M. die unrichtigen Angaben gegenüber der deutschen Auslandsvertretung selbst gemacht, also die Visaanträge, in denen nach dem Aufenthaltszweck gefragt wird, selbst ausgefüllt und unterzeichnet haben. Aber auch dann, wenn die Ukrainerinnen von Frau M. ausgefüllte Anträge unterschrieben haben, ohne diese durchzulesen, liegt der Vorsatz auf der Hand, weil die Frauen die Touristenvisa – anstatt sie kostengünstig selbst zu beantragen – von M. besorgen ließen und hierfür erhebliche Geldbeträge bezahlten.
c) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 92a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AuslG liegen vor:
aa) Die Angeklagten haben entweder den Ukrainerinnen oder aber Frau M. vorsätzlich zu deren vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Haupttaten nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AuslG zumindest Hilfe geleistet. Als Beihilfehandlung i.S.d. § 27 StGB kommt jede denkbare Hilfeleistung in Betracht, sofern sie dazu beiträgt, daß der Haupttäter unrichtige Angaben macht, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen (vgl. Senat NStZ 1999, 464, 465; BGH NStZ 1990, 443; BayObLG NStZ 1999, 627; Nissen in GK-AuslR § 92 a Rdn. 5 AuslG; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze § 92 a Rdn. 4 AuslG; Stoppa aaO § 92 a Rdn. 23; Hailbronner, Ausländerrecht § 92 a Rdn. 9 f AuslG). Das Erschleichen der Touristenvisa durch Frau M. oder die Frauen haben die Angeklagten – wie der Senat dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen entnimmt – dadurch unterstützt, daß sie für die Frauen Unterkünfte und Arbeitsstellen besorgt hatten und auch der Transport der Frauen in die verschiedenen Barbetriebe durch die Angeklagten erfolgen sollte.
bb) Die Angeklagten haben – entgegen der Rechtsansicht der Revision – einen Vermögensvorteil für ihre Hilfeleistungen hinsichtlich des Erschleichens der Aufenthaltsgenehmigung, also „dafür” im Sinne von § 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG erhalten. Deshalb kann offen bleiben, ob die Angeklagten auch wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern gehandelt haben i.S.d. § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG.
Zwischen der Förderung des illegalen Verhaltens des Ausländers und dem Erhalten oder Sichversprechenlassen des Vermögensvorteils muß ein kausaler und finaler Zusammenhang bestehen. Dabei reicht es aus, daß die Einschleusung des Ausländers als Mittel zur Erlangung des Vermögensvorteils dienen soll. Vom wem der Schleuser den Vermögensvorteil erhalten soll oder erhält, ist gleichgültig (BGHSt 36, 124, 128 f; Nissen aaO § 92 a Rdn. 6, 7; Renner aaO § 92 a Rdn. 7; Hailbronner aaO § 92 a Rdn. 15, 16; Senge aaO § 92 a AuslG Rdn. 6; Stoppa aaO § 92 a Rdn. 28, 29). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die der Einschleusung dienenden Tathandlungen und das Erzielen von Vermögensvorteilen bildeten sowohl wirtschaftlich als auch aus der Sicht der Angeklagten eine Einheit. Durch die geschilderten Unterstützungshandlungen sollten die Frauen in den Besitz eines Touristenvisums gelangen, das ihnen die Einreise in das Bundesgebiet und die Prostitutionsausübung während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet ermöglichen sollte. Aus diesen Einnahmen mußten sie dann 300 DM wöchentlich bzw. – soweit sie im eigenen Bordell der Angeklagten beschäftigt waren – die Hälfte des Entgelts aus der Prostitutionsausübung und 150 DM pro Woche an die Angeklagten abführen.
cc) Die Angeklagten haben auch gewerbsmäßig gemäß § 92 a Abs. 2 Nr. 1 AuslG gehandelt. Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefaßten Tathandlungen als gewerbsmäßig zu werten (BGHR AuslG § 92 b Einschleusen 1; vgl. auch Senat, Urt. vom 23. Juni 1999 – 3 StR 169/99, S.7). Nach den Feststellungen (UA S. 7 f.) haben sich die Angeklagten zur Erzielung regelmäßiger Einkünfte dazu entschlossen, eine unbestimmte Anzahl von Ukrainerinnen, die mit einem Touristenvisum zum Zwecke der Erwerbstätigkeit in das Bundesgebiet einreisten, der Prostitution in verschiedenen Barbetrieben zuzuführen. Sie haben den erstrebten Vermögensvorteil auch erhalten.
d) Das Landgericht hätte die Angeklagten aber nur wegen einer Tat statt wegen 24 Taten des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilen dürfen, da die Fälle B. 1 – 24 zu einer Tat verknüpft werden.
Die Frage, ob das Verhalten eines Tatbeteiligten eine Einheit oder Mehrheit von Handlungen bildet, richtet sich nicht nach der Haupttat, sondern nach dem Tatbeitrag, den der Beteiligte geleistet hat. Beziehen sich mehrere Hilfeleistungen auf eine Tat, liegt nur eine Beihilfe vor. Fördert der Gehilfe durch eine Handlung mehrere Haupttaten eines oder mehrerer Haupttäter, liegt ebenfalls nur eine einheitliche Beihilfe vor (BGH NStZ 1999, 513, 514; BGH, Urt. vom 20. August 1998 – 4 StR 328/98; BGH NStZ 1996, 203; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 27 Rdn. 36; Roxin in LK 11. Aufl. § 27 Rdn. 54 f; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff Rdn. 58). Der Senat kann nach den Feststellungen nicht ausschließen, daß die Angeklagten die Haupttaten nur durch eine Handlung, nämlich durch die Zusage an Frau M. gefördert haben, den Ukrainerinnen Arbeit und Unterkunft zu besorgen und für ihren Transport zu sorgen. Deshalb war zugunsten der Angeklagten von einer Tat auszugehen. Der Senat hat den Schuldspruch selbst geändert, da er ausschließt, daß ein anderer Tatrichter neue oder zusätzliche Feststellungen treffen kann, die zu einer anderen – den Angeklagten nachteiligeren – rechtlichen Würdigung führen würden.
e) Der Einwand der Revision, das deutsche Strafrecht sei nicht anwendbar, weil die falschen Angaben bei der Visaantragstellung gegenüber der deutschen Auslandsvertretung im Ausland gemacht worden seien, sich die Geltung des deutschen Strafrechts also weder aus § 3 StGB noch aus den §§ 4 – 7 und 9 StGB ergebe (vgl. Stoppa aaO Rdn. 214; Senge aaO Rdn. 36; Lutz InfAuslR 1997, 384, 388), greift nicht durch. Dieses Problem stellte sich allenfalls für die Haupttaten der Ukrainerinnen oder von Frau M. gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AuslG. Für die Angeklagten als Teilnehmer an diesen Haupttaten liegt gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 StGB ein die deutsche Gerichtsbarkeit nach § 3 StGB begründender Tatort im Inland vor, da sie ihre Beihilfehandlungen, also das Organisieren von Arbeitsstellen, Unterkünften und Transport und die Zusage dieser Leistungen, im Inland erbrachten. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, gilt für die Teilnahme gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 StGB sogar dann das deutsche Strafrecht, wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist (vgl. Gribbohm in LK 11. Aufl. § 9 Rdn. 29 ff).
2. Es begegnet auch keinen Bedenken, daß die Kammer die Angeklagten in den Fällen II. B. 9, 11, 12 und 15 – 19 tateinheitlich zum gewerbsmäßigen Einschleusen von Ausländern wegen Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 StGB in Tateinheit mit Förderung der Prostitution gemäß § 180 a Abs. 1 StGB verurteilt hat.
a) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Zuhälterei. Der Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt in allen Begehungsweisen eine bestimmende Einflußnahme auf die Prostitutionsausübung voraus; eine bloße Unterstützung reicht nicht aus (BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Dirigieren 2). Das Verhalten muß geeignet sein, die Prostituierte in Abhängigkeit vom Täter zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, sie zu nachhaltigerer Prostitutionsausübung anzuhalten oder in ihrer Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Dirigieren 2; BGH NJW 1986, 596; Laufhütte in LK 11. Aufl. § 181 a Rdn. 5; vgl. auch BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 1 Ausbeuten 1). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Angeklagten um ihres Vermögensvorteils willen die Frauen bei der Prostitutionsausübung überwacht und Ort (Bordell), Zeit (werktäglich von 14.00 bis 0.00 Uhr) und andere Umstände (Festsetzung der Preise, der abzuführenden Quote, der weiteren Unkosten) bestimmt i.S.v. § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 StGB. Diese von den Angeklagten festgesetzten Bedingungen waren geeignet, die Frauen zu nachhaltigerer Prostitutionsausübung anzuhalten (lange Anwesenheitspflicht, über 50 % Abgaben). Auch der Umstand, daß die Frauen nur in Begleitung das Haus verlassen sollten, beeinflußte ihre Entscheidungsfreiheit erheblich, da ihr Aufenthalt im Betrieb auf diese Weise sichergestellt war und das Kennenlernen von Männern außerhalb des Milieus und damit die Möglichkeit, sich aus der Prostitution zu lösen, erheblich erschwert wurde. Die im Hinblick auf die Prostitutionsausübung unterhaltenen Beziehungen gingen auch über den Einzelfall hinaus, waren also auf eine gewisse Dauer angelegt (vgl. Laufhütte aaO Rdn. 4).
b) Es gefährdet den Bestand des Urteils nicht, daß die Kammer nicht dargelegt hat, auf welche Tatbestandsalternative des § 180 a Abs. 1 StGB sie die Verurteilung gestützt hat. Erfüllt sind nämlich sowohl die Voraussetzungen des § 180 a Abs. 1 Nr. 1 StGB als auch die Voraussetzungen der gegenüber dieser Tatbestandsalternative zurücktretenden Vorschrift des § 180 a Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. BGHR StGB § 180 a Abs. 1 Konkurrenzen 1). Die Angeklagten haben gewerbsmäßig einen Betrieb unterhalten, in dem Personen der Prostitution nachgingen. Das Tatbestandsmerkmal „Betrieb” ist erfüllt, da sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen ergibt, daß die Tätigkeit mindestens zweier Prostituierter organisatorisch zusammengefaßt war (BGHR StGB § 180 a Abs. 1 Nr. 1 Abhängigkeit 1), also immer mindestens zwei der Ukrainerinnen gleichzeitig in dem Bordell beschäftigt waren. Es liegt bei einem Bordell bzw. einem barähnlichen Betrieb, der zudem von einer fremden Kraft geleitet wird, auch auf der Hand, daß mehrere Prostituierte gleichzeitig tätig waren. Die Frauen wurden von den Angeklagten auch in persönlicher Abhängigkeit gehalten, da die Angeklagten – wie bereits dargelegt – Ort, Zeit und Entgelt für die Leistungen und die abzuführende Quote bestimmt haben und die Ukrainerinnen nur in Begleitung das Bordell verlassen durften und es ihnen dadurch erschwert wurde, sich aus dem Betrieb zu lösen (vgl. Laufhütte in LK 11. Aufl. § 180 a Rdn. 8, 9).
Die Angeklagten haben die Prostitutionsausübung auch gemäß § 180 a Abs. 1 Nr. 2 StGB durch Maßnahmen gefördert, welche über das bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt und die damit üblicherweise verbundenen Nebenleistungen hinausgehen, indem sie für die Frauen deren Arbeitszeiten und die von diesen zu fordernden Preise festgelegt haben.
3. In den Fällen II. B. 9, 11, 12, 15 – 19 stehen das gewerbsmäßige Einschleusen von Ausländern, die Zuhälterei und die Förderung der Prostitution in Tateinheit zueinander.
Tateinheit wird nicht nur durch die zumindest teilweise Identität der objektiven Ausführungshandlungen begründet. Auch erst in der Beendigungsphase begangene weitere Gesetzesverletzungen stehen zu der rechtlich bereits vollendeten Tat im Verhältnis der Tateinheit, wenn sie mit Handlungen zusammenfallen, die dazu dienen, die Deliktsbeendigung herbeizuführen (BGH NStZ 1995, 588 f; Rissing-van Saan aaO § 52 Rdn. 19 f). In den Fällen II. B. 9, 11, 12, 15 – 19 dienten die die dirigierende Zuhälterei und die Förderung der Prostitution erfüllenden Ausführungshandlungen der Vollendung, zumindest aber – wenn der Tatbestand des § 92 a Abs. 1 AuslG schon durch ein wiederholtes Handeln oder ein Handeln zugunsten von mehreren Ausländern vollendet war – der Beendigung des Einschleusens von Ausländern, da die Angeklagten erst aufgrund der von ihnen bestimmten und überwachten Ausübung der Prostitution durch die Frauen in ihrem Bordell den Vermögensvorteil i.S.d. § 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG erhielten. § 92 a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 AuslG verklammert als schwereres Delikt die in den Fällen II. B. 9, 11, 12, 15 – 19 hierzu in Tateinheit stehenden minderschweren Straftaten nach § 180 a Abs. 1 und § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu einer Tat.
4. Der Änderung des Schuldspruchs und dem Anknüpfen der Strafbarkeit der Angeklagten an Haupttaten der Ukrainerinnen oder von Frau M. gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AuslG steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Der Senat hat auf den zuletzt genannten rechtlichen Gesichtspunkt in der Revisionshauptverhandlung hingewiesen. Im übrigen schließt er aus, daß sich die geständigen Angeklagten anders als geschehen hätten verteidigen können.
5. Die Änderung des Schuldspruchs hat zur Folge, daß die festgesetzten Einzelstrafen entfallen. Der Senat läßt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die verhängten Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils drei Jahren als Einzelstrafen bestehen. Er schließt aus, daß die Kammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses und Berücksichtigung des Wegfalls der drei für die Taten II. A. 1 – 3 festgesetzten Geldstrafen von zweimal 50 und einmal 30 Tagessätzen auf niedrigere Gesamtstrafen erkannt hätte. Durch die geänderte rechtliche Bewertung bleibt der Unrechts- und Schuldgehalt der Taten II. B. 1 – 24 unverändert. Angesichts der Summe der von der Kammer verhängten Einzelstrafen von 14 Jahren für die Taten II. B. 1 – 24 kommt dem Wegfall dreier Geldstrafen für die Gesamtstrafenbildung nach der Gewichtung der Taten durch die Kammer keine Bedeutung zu.
In der Änderung des Schuldspruchs liegt kein Teilerfolg der Revision im kostenrechtlichen Sinne.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Miebach, Pfister, von Lienen
Fundstellen
Haufe-Index 556736 |
NJW 2000, 1732 |
NStZ 2000, 657 |
Nachschlagewerk BGH |
InfAuslR 2000, 342 |
ZAR 2000, 275 |
StV 2000, 357 |
FA-BGS 2000, 12 |