Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der bestimmten Angabe des Klagegrundes.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des KG in Berlin v. 13.3.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung des Kaufpreises i. H. v. insgesamt 14.585,18 DM für Sanitärartikel, welche die S. S. GmbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) gemäß mehreren Einzelrechnungen an die Beklagte verkauft und geliefert hatte. Sie macht geltend, die offenen Kaufpreisforderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte seien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an sie, die Klägerin, auf Grund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts im Voraus abgetreten worden. Für den Fall, dass die Vorausabtretung nicht eingreife, beruft sich die Klägerin hilfsweise auf eine ihr vom Insolvenzverwalter erteilte Ermächtigung, die Forderungen der Gemeinschuldnerin einzuziehen.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das KG die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Klage sei nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, weil sich aus ihr nicht ergebe, wem die Forderungen, die Gegenstand der Klage seien, eigentlich zustünden. Die Klägerin mache geltend, die Kaufpreisansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte, die als solche auch nicht streitig seien, stünden ihr auf Grund einer Vorausabtretung im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts zu. Dies setze jedoch voraus, dass die Gemeinschuldnerin die an die Beklagte verkauften Waren - über die Zwischenlieferantin Dr. G. GmbH - letztlich von der Klägerin bezogen habe. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden, weil es an entsprechenden Darlegungen seitens der Klägerin fehle. Der Klägerin helfe auch nicht, wenn sie sich hilfsweise auf die ihr vom Insolvenzverwalter eingeräumte Einziehungsermächtigung stütze. Zwar stehe danach fest, dass die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Kaufpreisforderung in jedem Fall - entweder auf Grund der Vorausabtretung oder auf Grund der Einziehungsermächtigung - aktivlegitimiert sei. Daraus folge aber nichts für die Bestimmtheit der Klageforderung. Die Klägerin mache ohne nähere Bestimmung Kaufpreisforderungen geltend, die entweder ihr, der Gemeinschuldnerin oder möglicherweise auch nicht bekannten Dritten zustünden, ohne klarzustellen, wem welcher Teil der geltend gemachten Forderungen zustehe. Dass sich im vorliegenden Fall bei der Prüfung der materiellen Begründetheit der Einwände der Beklagten Unterschiede möglicherweise nicht ergäben, sei unerheblich, weil die Frage der Zulässigkeit der Klage vorab zu klären sei und nicht von der materiellen Begründetheit der von der Beklagten im konkreten Fall erhobenen Einwände abhängen könne.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Klage ist zulässig. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift - neben einem Antrag, dessen Bestimmtheit hier nicht zweifelhaft ist - die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches enthalten. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substanziiert dargelegt worden ist; vielmehr ist es - entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Schuldner den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen - im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2003 - I ZR 295/00, BGHReport 2003, 1438 = MDR 2004, 219 = WRP 2003, 1458 unter II 3a m. w. N.; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 253 Rz. 12 a). Die gebotene Individualisierung der Klagegründe kann grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen (BGH, Urt. v. 17.7.2003 - I ZR 295/00, BGHReport 2003, 1438 = MDR 2004, 219 = WRP 2003, 1458 unter II 3a m. w. N.; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 253 Rz. 12 a). Diese Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageerhebung sind im vorliegenden Fall erfüllt.
1. Die Klägerin hat ihren Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 14.585,18 DM nebst Zinsen zu verurteilen, damit begründet, ihr stünden an sie als Vorbehaltslieferantin abgetretene Kaufpreisansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte zu, die sich aus den der Klagebegründung als Anlagen K 1 bis K 23 beigefügten Einzelrechnungen der Gemeinschuldnerin i. H. v. 17.010,87 DM ergäben; nach Abzug von Gutschriften auf die Rechnungen K 1 bis K 3i. H. v. 2.425,69 DM gemäß den Anlagen K 24 bis K 28 errechne sich die Klageforderung. Damit hat die Klägerin, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs hinreichend bestimmt. Mehr hatte die Klägerin nicht vorzutragen, um den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Klägerin im Einzelnen dargelegt hat, dass sich die der Klageforderung zu Grunde liegenden Rechnungen auf Waren beziehen, welche die Gemeinschuldnerin tatsächlich über einen Zwischenlieferanten von der Klägerin bezogen hatte. Ob die Klägerin diese Voraussetzung für den behaupteten Forderungserwerb substanziiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat, betrifft die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit ihrer Klage.
2. Daran ändert sich nichts dadurch, dass sich die Klägerin mit ihrem Hilfsvorbringen auf die ihr vom Insolvenzverwalter erteilte Einzugsermächtigung für den Fall stützt, dass die von ihr behauptete Vorausabtretung zu ihren Gunsten nicht eingreife. Der Bestimmtheit des Gegenstandes der Klage steht nicht entgegen, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Kaufpreisforderungen mit ihrem Hauptvorbringen als durch Abtretung erworbene eigene Forderungen geltend macht und sie diese mit ihrem Hilfsvorbringen im Wege einer Prozess-Standschaft als fremdes Recht im eigenen Namen einklagt.
Zu Unrecht meint demgegenüber das Berufungsgericht, die Klägerin hätte - als Voraussetzung für die Zulässigkeit ihrer Klage - darlegen müssen, ob und in welchem Umfang die Kaufpreisforderungen ihr oder dem Insolvenzverwalter zustünden. Auch dies ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage. Die unterschiedliche Rechtskraftwirkung einer Verurteilung der Beklagten entweder auf Grund des Haupt- oder aufgrund des Hilfsvorbringens der Klägerin ändert daran entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts. Das Berufungsgericht verkennt, dass die Klägerin nicht offen lässt, ob sie mit ihrer Klage ein (an sie abgetretenes) eigenes Recht oder ein fremdes Recht (im eigenen Namen) geltend macht. Durch das Eventualverhältnis ihres Vorbringens hat die Klägerin klargestellt, dass sie in erster Linie ein eigenes Recht einklagt und dass sie nur für den Fall, dass die behauptete Abtretung des Rechts an sie nicht eingreifen sollte, als weiteren Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1985 - VII ZR 15/85, MDR 1986, 312 = NJW 1986, 1046 unter 2b; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., Einleitung Rz. 75) ein fremdes Recht auf Grund einer ihr erteilten Einziehungsermächtigung im eigenen Namen geltend macht. Gegen die prozessuale Zulässigkeit eines solchen Hilfsvorbringens bestehen - auch nach Auffassung des Berufungsgerichts - keine Bedenken. Das Berufungsgericht ist an die von der Klägerin vorgegebene Reihenfolge ihres Begehrens gebunden und hat zunächst zu prüfen, ob ihr der Anspruch aus eigenem Recht zusteht. Erst wenn es dies verneint, hat es die Zulässigkeit und Begründetheit des in Prozess-Standschaft verfolgten Anspruchs der Gemeinschuldnerin zu untersuchen. Da Umfang und Reichweite der Rechtskraftwirkung davon abhängen, ob eine etwaige Verurteilung der Beklagten auf dem Hauptvorbringen oder auf dem Hilfsvorbringen der Klägerin beruht, hat sich aus den Entscheidungsgründen zu ergeben, ob und inwieweit das Berufungsgericht der Klägerin den Anspruch aus eigenem Recht oder aus dem Recht der Gemeinschuldnerin zugesprochen hat.
III.
Da das Berufungsgericht tatsächliche Feststellungen zur Begründetheit der Klage nicht getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1127085 |
BGHR 2004, 845 |
NJW-RR 2005, 216 |
WM 2004, 2228 |
JA 2004, 596 |
MDR 2004, 824 |
ZInsO 2004, 390 |