Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestechlichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Konkurrenzen zwischen Bestechlichkeit und Untreue.
2. Bei Bestechlichkeit und Untreue stehen Ansprüche des durch die Untreue Verletzten der Verfallsanordnung entgegen, wenn der Bestechungslohn zugleich den durch die Untreue zugefügten Vermögensnachteil darstellt.
Normenkette
StGB §§ 332, 266, 52, 73 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 1. März 2000 aufgehoben, soweit eine Verfallserklärung unterblieben ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben
- in den Fällen 1 bis 14 und 16 der Urteilsgründe,
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
3. Die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen bleiben aufrechterhalten.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in 17 Fällen und wegen Untreue in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Summe der 17 Einzelstrafen wegen Bestechlichkeit beträgt 35 Jahre, die der 15 Einzelstrafen wegen Untreue 25 Jahre. Hiergegen richten sich die Revision des Angeklagten, die sachlichrechtliche Bedenken insbesondere gegen die Annahme von Tatmehrheit zwischen der Bestechlichkeit und der Untreue erhebt, sowie die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte und auf die Nichtanordnung des Verfalls beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung in 15 Fällen sowie zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Die wirksam auf die Verletzung der Vorschriften über den Verfall beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
I. Revision des Angeklagten
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte 1973 bei der „Gebühreneinzugszentrale – Verwaltungsgemeinschaft der Deutschen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland” (GEZ) als Organisationsprogrammierer eingestellt und schon 1975 zum Systemanalytiker und Projektleiter u.a. für die gesamte Formblattorganisation der GEZ hochgestuft worden. Er hatte ab 1977 im Teilbereich „Formulare” eine sachgerechte, wirtschaftliche Versorgung mit den für den Rundfunkgebühreneinzug erforderlichen Vordrucken sicherzustellen. Zu seinen Aufgaben gehörte dabei u.a., die in Frage kommenden Anbieter vorzuschlagen, die Angebote zu prüfen und über die Aufträge zu entscheiden. Unter dem Einfluß eines der Geschäftsführer der GEZ suchte der Angeklagte von Anfang an engen Kontakt mit Betrieben der Druckindustrie, um Unterstützung bei der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zu finden. Er ließ später nur Unternehmen, zu denen er enge Kontakte geknüpft hatte, als mögliche Auftragnehmer der GEZ zu. Er billigte, daß diese als „Partnerfirmen” bezeichneten Unternehmen in ihre Preise Nebenkosten mit einrechneten, die durch die Bewirtung und Beschenkung eines Kreises von Mitarbeitern der GEZ entstanden waren. Neben den aufwendigen Arbeitsessen, Gala-Diners, Neujahrsessen, Betriebsfesten und Vatertagsausflügen, an denen der Angeklagte zusammen mit anderen teilnahm, ließ sich der Angeklagte auch für sich allein teuere Geschenke machen, Hotelaufenthalte bezahlen oder forderte Barzahlungen ein. Über diese allgemeinen Zuwendungen hinaus erlangte der Angeklagte für sich allein weitere Geldzahlungen als Gegenleistung für bestimmte Aufträge der GEZ, an deren Zustandekommen er unter Verletzung seiner Pflicht, die Aufträge auszuschreiben und dem Anbieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag zu erteilen, maßgeblich mitgewirkt hatte. Teilweise traf er mit Unternehmen Vereinbarungen über Provisionen für jeden Auftrag, teilweise ließ er sich Einzelzahlungen geben oder einzelne Gegenstände, wie z.B. das Reitpferd für seine Tochter, bezahlen. Ab Mitte der 80er Jahre entwickelte der Angeklagte zusammen mit dem Handelsvertreter F. und einer Reihe von Druckunternehmen ein Preisabsprachesystem, das es ihm ermöglichte, den Betrieben Aufträge zu erteilen, obwohl deren Angebote über eine Vollkostenkalkulation hinaus so kalkuliert waren, daß sie auch die an F. und den Angeklagten zu erbringenden Provisionen beinhalteten. Der Angeklagte erhielt von F. 3 % bis 5 % der Auftragssumme als Provision. Die Zahlungen erfolgten zur Verschleierung an das Organisations-Studio der Ehefrau des Angeklagten. Diese Vereinbarung wurde am 1. Mai 1990 auf Drängen des Angeklagten sogar schriftlich fixiert. Vertragsparteien waren auf der Seite F. s dessen Ehefrau als Geschäftsführerin der 1989 als Nachfolgeunternehmen der Firma Orga-Systeme gegründeten OSG Orga-Systeme GmbH und auf der Seite des Angeklagten dessen Ehefrau als Inhaberin der Firmen Organisations-Studio bzw. Orga-Studio KHB [… H.] GmbH. Vereinbart wurde eine Provision von 5 % für jedes vermittelte Geschäft, für separat zu berechnende Satz-, Film- und Montagearbeiten eine Provision von 17,5 %. Abgerechnet wurde zu Beginn eines Monats auf der Basis der bis zum Ende des vergangenen Monats bei der Orga-Systeme eingegangenen Zahlungen. Von 1988 bis 1993 erhielten die Gesellschaften der Ehefrau des Angeklagten auf Veranlassung F. s auf diese Weise mehr als 1,5 Mio DM Provisionszahlungen. Der Schaden, den die GEZ (und damit die hinter ihr stehende Gemeinschaft der Rundfunkanstalten) dadurch erlitt, daß sie Aufträge zu deutlich überhöhten Preisen erteilte, betrug allein für die 14 über F. vermittelten Aufträge ca. 3,8 Mio DM. Nach Aufdeckung der Straftaten sank der Haushalt der GEZ von 5 Mio DM für 1993 auf 2,6 Mio DM für 1994.
2. Gegenstand des Schuldspruchs wegen Bestechlichkeit und wegen Untreue sind zum einen 14 Druckaufträge der GEZ an die K. GmbH unter Vermittlung von F. (Fälle 1 bis 14 des Urteils), zum anderen ein Druckauftrag an die Fi. GmbH (Fall 16 des Urteils), während die Fälle 15 und 17 den Abschluß von Vordrucklagerverträgen betreffen und ausschließlich als Bestechlichkeit abgeurteilt worden sind. Die Feststellungen hierzu beruhen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Landgerichts. Nicht zu beanstanden ist, daß das Landgericht in den eingangs genannten Fällen neben Bestechlichkeit auch Untreue in Form des Treubruchstatbestands zum Nachteil der GEZ und der hinter ihr stehenden Rundfunkanstalten angenommen hat. Ihr gegenüber bestand eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten, der die Angebote zur Herstellung von Vordrucken für den Gebühreneinzug auch auf die Angemessenheit der Preise zu überprüfen hatte. Der Vermögensnachteil bestand bereits in der jeweiligen Auftragsvergabe, durch die die GEZ verpflichtet wurde, zu überhöhten Preisen Druckleistungen abzunehmen (vgl. BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1). Wegen des pflichtwidrigen Verhaltens des Angeklagten entging ihr der Vorteil, die Druckarbeiten zu marktgerechten, niedrigeren Preisen erledigen zu lassen.
Die Ansicht des Landgerichts, zwischen den Tatbeständen der Bestechlichkeit und der Untreue bestünde jeweils Tatmehrheit, wird von den Feststellungen indes nicht belegt (nachstehend a)). Es ist vielmehr möglich, daß bei den einzelnen Fällen diese Delikte jeweils in Tateinheit zueinander stehen (nachstehend b)); die bisherigen Feststellungen lassen auch die Möglichkeit offen, daß durch die tatsächliche Abwicklung der einzelnen Aufträge mehrere der einzeln abgeurteilten Fälle zu einer Tat der Bestechlichkeit zusammengefaßt werden (nachstehend c)); möglich ist schließlich auch, daß in einzelnen Auftragsfällen jeweils mehrere Taten der Bestechlichkeit vorliegen (nachstehend d)).
a) Das Landgericht hat seine Auffassung, zwischen der Bestechlichkeit und der Untreue bestünde jeweils Tatmehrheit, allein mit dem Satz begründet, die Begehung der pflichtwidrigen Diensthandlung gehöre nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit (UA S. 138). Dies läßt die Besonderheiten des Einzelfalles außer acht und greift deshalb zu kurz. Möglicherweise hat das Landgericht die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mißverstanden. Soweit der Bundesgerichtshof zwischen Bestechlichkeit und einer Straftat, die Bestandteil der von dem Amtsträger vorgenommenen pflichtwidrigen Diensthandlung ist, Tatmehrheit angenommen hat, hat er abstrakt darauf abgehoben, daß die pflichtwidrige Diensthandlung nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit gehört (BGH NStZ 1987, 326, 327 [in BGHR StGB § 332 I Konkurrenzen 2 insoweit nicht abgedruckt]; BGH, Urt. vom 4. Oktober 1994 – 5 StR 503/94 [= NStE Nr. 49 zu § 52 StGB; zuletzt BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 – 5 StR 571/00 – S. 13]). Das trifft zu, denn die Bestechlichkeit ist bereits vollendet, sobald der Amtsträger einen Vorteil gefordert hat; zu der pflichtwidrigen Diensthandlung muß es nicht kommen. Dies wiederum folgt aus dem Normzweck der Bestechungstatbestände, die das Vertrauen in die Nichtkäuflichkeit von Diensthandlungen und nicht den Staatswillen vor einer Verfälschung schützen sollen (BGHSt 30, 46, 48 m.w.Nachw.; BGHR StGB § 73 Verletzter 2; Letzgus NStZ 1987, 309, 311). Hieraus läßt sich aber nur ableiten, daß eine Dienstpflichtwidrigkeit, die zugleich den Tatbestand einer strafbaren Handlung verwirklicht, regelmäßig in Tatmehrheit zur Bestechlichkeit stehen wird (so auch BGH GA 1959, 176, 177). Der allgemeine Grundsatz, daß Tateinheit zwischen zwei Delikten besteht, wenn die Verwirklichung beider Tatbestände wenigstens in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 19 m.w.Nachw.), wird dadurch für die Bestechlichkeit und die mit ihr zusammentreffenden Delikte jedoch nicht in Frage gestellt (so auch BGHSt 7, 149, 152; BGH MDR (H) 1985, 627).
b) Ist damit Tateinheit zwischen Bestechlichkeit und einer Straftat, die Bestandteil der von dem Amtsträger vorgenommenen pflichtwidrigen Diensthandlung ist, grundsätzlich möglich, so bedarf die Entscheidung über das rechtliche Zusammentreffen einer genaueren Feststellung des Tatgeschehens, als dies bislang geschehen ist.
(1) Nach den bisherigen Feststellungen hat der Angeklagte in den Fällen 1 bis 14 des Urteils jeweils bereits vor der Ausschreibung des Druckauftrags durch die GEZ mit F. besprochen, daß die Druckerei K. den Auftrag erhalten sollte. Der Angeklagte und F. bewirkten sodann mit Hilfe von anderen Druckereien, die zur Abgabe von Scheinangeboten bereit waren, daß die K. GmbH in der Ausschreibung jeweils der günstigste Anbieter war, obwohl sie ihrer Kalkulation nicht nur die Lohn- und Materialkosten sowie die üblichen Gewinnaufschläge zugrundegelegt, sondern auch noch einen von F. gewünschten Aufschlag hinzugesetzt hatte, aus dem heraus sodann hohe Provisionen für F. gezahlt wurden.
(2) Im Fall 16 des Urteils verabredete der Angeklagte mit dem im Vertrieb von Druckereileistungen tätigen He., einen Druckauftrag der GEZ an die in M. ansässige Fi. GmbH zu vergeben, weil die Geschäftsleitung der GEZ die Berücksichtigung eines in den neuen Bundesländern ansässigen Unternehmens beschlossen hatte. Tatsächlich sollte jedoch eine G. Druckerei den Auftrag erledigen. Der Angeklagte und He. veranlaßten die Fi. GmbH mit der Zusicherung von erheblichen Provisionen zur Abgabe eines Angebots mit überhöhten Preisen und erreichten, daß diese gleichwohl im Dezember 1991 den Auftrag zum Druck von 1 Mio Vordrucken bekam. Die GEZ zahlte der Fi. GmbH auf Rechnung insgesamt ca. 525.000 DM. He. erhielt von der Fi. GmbH als Provision ca. 116.000 DM und von dem den Auftrag tatsächlich ausführenden Unternehmen ca. 169.000 DM. An den Angeklagten überwies er in vier Teilbeträgen über 137.000 DM.
(3) Diese Feststellungen lassen es als nicht fernliegend erscheinen, daß die tatbestandlichen Ausführungshandlungen von Bestechlichkeit und Untreue zumindest teilweise zusammengetroffen sind. So könnten die Absprache des Angeklagten mit F., einen zur Ausschreibung anstehenden Auftrag an die K. GmbH zu vergeben und zu diesem Zweck das Preisabsprachesystem zu nutzen, bzw. die Verabredung mit He. über die Vortäuschung einer Auftragsvergabe an ein Unternehmen im Beitrittsgebiet sowohl den Beginn des Treubruchs als auch den Abschluß der Unrechtsvereinbarung darstellen. Dies hat das Landgericht – allerdings ohne die rechtlich gebotenen Konsequenzen zu ziehen – im Ansatz auch erkannt, wie die Ausführungen bei der rechtlichen Würdigung (UA S. 120), der Angeklagte habe „gleichzeitig” mit der Bestechlichkeit eine Untreue begangen, und bei der Gesamtstrafenbildung (UA S. 149), die Taten der Bestechlichkeit und der Untreue hätten sich „weitgehend überschnitten”, zeigen.
Die Untreue besteht in der vorsätzlichen Verletzung der Pflicht zur Betreuung fremder Vermögensinteressen und der damit verbundenen Zufügung eines Vermögensnachteils. Nachdem der Versuch der Untreue nicht unter Strafe gestellt ist, tritt Strafbarkeit erst mit dem Erwachsen des Vermögensnachteils, hier demnach mit dem Abschluß des nachteiligen Vertrages, ein. Tatbestandliche Ausführungshandlungen können jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen worden sein, nämlich wenn der Täter bereits eine Handlung ausgeführt hat, die seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Es kommt deshalb auf die Einzelheiten der Gespräche an, bei denen der Angeklagte jeweils erstmals einen Vermögensvorteil für sich gefordert hat. In der bloßen Ankündigung, sich pflichtwidrig verhalten zu wollen, läge eine Verletzungshandlung i.S.d. § 266 StGB noch nicht. Sie wäre aber anzunehmen, wenn der Angeklagte in dem Gespräch bereits Einzelheiten der Preisabsprache oder der Manipulation des Auftrags im Fall 16 des Urteils konkret verabredet hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß es sich bei dem zwischen dem Angeklagten und F. in den Fällen 1 bis 14 praktizierten Verfahren um ein eingespieltes System gehandelt hat. Je sicherer nach der Entscheidung des Angeklagten, einem bestimmten Betrieb den nächsten Druckauftrag zuzuspielen, das Preisabsprachesystem funktioniert hat, desto geringere Anforderungen wird man hinsichtlich einer möglichen konkreten Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht an den Inhalt des ersten, den jeweiligen Auftrag vorbereitenden Gesprächs stellen müssen. Zu beurteilen ist dabei das gesamte Gespräch. Unerheblich ist insoweit, daß der Angeklagte, sobald er sich seinem Gesprächspartner gegenüber als zur Durchführung einer vorgespiegelten Ausschreibung gegen eine Geldzahlung bereit erklärt hat, bereits den Tatbestand der Bestechlichkeit vollendet hat. Alles in diesem jeweils ersten Gespräch Gesagte ist bei natürlicher Betrachtungsweise Teil eines einheitlichen Geschehens.
c) Die bisherigen Feststellungen lassen aber auch die Möglichkeit offen, daß in den Fällen 1 bis 14 des Urteils mehrere Fälle der Bestechlichkeit tateinheitlich zu einer Tat zusammentreffen könnten.
Danach erhielt F. im Zuge der gestaffelten Abwicklung der 14 Aufträge von der K. GmbH die Provisionen (insgesamt 3.881.315 DM) und leistete entsprechend gestaffelt Zahlungen an den Angeklagten (Zahlungen von insgesamt 448.903 DM; weitere 65.000 DM, die F. hätte vereinbarungsgemäß zahlen sollen, leistete er nicht). Für jeden der Fälle hat das Landgericht den Zeitpunkt des Druckauftrags, die Anzahl der Teilrechnungen der K. GmbH an die GEZ, die Rechnungssumme, die Summe der Zahlungen an F. und an den Angeklagten sowie den Zeitpunkt der letzten Zahlung F. s an den Angeklagten festgestellt. Der früheste Vertragsabschluß erfolgte am 1. Dezember 1989 (Fall 2 – UA S. 44), der letzte am 26. November 1992 (Fall 14 – UA S. 48), die erste Zahlung leistete F. am 7. Februar 1990 (Fall 1 – UA S. 44), die letzte am 10. Februar 1993 (Fall 14 – UA S. 48). Hieraus ergibt sich, daß seit Ende 1989 bis Februar 1993 zeitlich ineinander verzahnt die Vorbereitungen für die Erteilung von Druckaufträgen und die Abwicklung der Provisionszahlungen erfolgten.
Die Feststellung, daß die Zahlungen F. s in der Weise erfolgten, „daß er dem Angeklagten Schecks übergab oder Überweisungen auf das Konto der Firma Organisations-Studio vornahm und jeweils durch ‚Schnellbriefe’ im einzelnen darlegte, worauf sich die Provisionszahlung bezieht und wie sie sich errechnet” (UA S. 39), läßt die Möglichkeit offen, daß durch eine Zahlung Provisionen für mehrere Unrechtsvereinbarungen geleistet wurden. Enthält der Bestochene die Zahlungen aus mehreren Unrechtsvereinbarungen aber durch jeweils eine einheitliche Geldzahlung, so führt dies zur Annahme von Tateinheit zwischen den dadurch abgegoltenen, einzelnen Taten der Bestechlichkeit (BGHR StGB § 332 I Konkurrenzen 5).
d) Es ist zuletzt nicht ausgeschlossen, daß in den Handlungen des Angeklagten mehr als 15 Taten der Bestechlichkeit zu sehen sind.
Die Bestechlichkeit kann auf verschiedene Weise, nämlich durch Fordern, Sichversprechenlassen oder Annahme eines Vorteils durch den Amtsträger begangen werden. Jede einzelne der Tatvarianten reicht für sich allein aus. Bei der Begehungsform des Forderns ist die Tat mit der Kenntnisnahme seitens des Aufgeforderten vollendet (BGHSt 10, 237, 243). Beim Sichversprechenlassen genügt es für die Vollendung, wenn der Amtsträger durch sein Verhalten gegenüber dem Versprechenden seine Bestechlichkeit nach außen zu erkennen gibt; bei der Annahme reicht die Entgegennahme des Vorteils (Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 331 Rdn. 31). Das Delikt kann deshalb im Einzelfall sehr unterschiedliche Erscheinungsformen haben. Der Angeklagte hat, indem er F. unter Bezug auf die zwischen ihnen bestehenden Vereinbarungen ankündigte, daß ein Auftrag an die K. GmbH erteilt werden solle, zumindest konkludent einen Vorteil gefordert. Indem er, nachdem F. sein Einverständnis zur Mitwirkung an der Preisabsprache und zur Provisionszahlung signalisiert hatte, mit den Vorbereitungen fortfuhr, hat der Angeklagte weiterhin seine Bestechlichkeit nach außen zu erkennen gegeben. Zuletzt hat er die vereinbarten Vorteile auch entgegengenommen. Es liegt deshalb die Erscheinungsform der Bestechlichkeit vor, in der der Täter alle Alternativen des Tatbestandes verwirklicht. Dies gilt auch für die Tat im Fall 16 der Urteilsgründe.
Wie diese verschiedenen Begehungsformen rechtlich zueinander stehen, hat den Bundesgerichtshof schon in mehreren Entscheidungen beschäftigt. Er hat dabei ausgesprochen, daß zwar das durch das Fordern des Vorteils bereits vollendete Verbrechen durch die Annahme des Vorteils fortgesetzt und mit ihr beendet wird, aber beide Begehungsformen der Bestechlichkeit eigenen rechtlichen Voraussetzungen unterliegen (BGHSt 10, 237, 243). Er hat weiter ausgeführt, daß die Begehungsform des Forderns – und ebenso die des Sichversprechenlassens – nicht in der Annahme von Vorteilen aufgeht, sondern selbständig neben den beiden anderen Begehungsarten der Bestechlichkeit steht (BGHSt 11, 345, 346) und daß die Beendigung erst mit der Annahme des letzten Vorteils eintritt (BGHSt 11, 345, 347). Eine tatbestandliche Handlungseinheit hat der Bundesgerichtshof jedoch nur anerkannt, wenn die Annahme auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1 und Bestechung 1; BGHR StGB § 332 I 1 Unrechtsvereinbarung 5; BGH, Urt. vom 4. Oktober 1994 – 5 StR 503/94 [= NStE Nr. 49 zu § 52 StGB]; so auch BGHSt 41, 292, 302 für die Bestechung; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff Rdn. 27). Eine genaue Festlegung des Vorteils bei der Unrechtsvereinbarung ist hier nicht festgestellt. Bei ihrem Zustandekommen war allenfalls der Prozentsatz vereinbart, den der Angeklagte erhalten sollte. Das genaue Volumen des Auftrags lag noch nicht fest. Dies reicht jedenfalls dann nicht für die Annahme eines bei der Unrechtsvereinbarung genau festgelegten Vorteils, wenn – wie hier – die für die einzelnen Fälle festgestellten Zahlungen nicht einmal mit den vereinbarten Provisionsprozentsätzen betragsmäßig in Einklang zu bringen sind.
3. In den Fällen 1 bis 14 und 16 des Urteils ist die Verurteilung deshalb aufzuheben. Die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen sind von dem Fehler, der allein in der nicht ausreichenden Klärung der Konkurrenzverhältnisse besteht, nicht beeinflußt. Der Senat hat sie deshalb aufrechterhalten. Der neue Tatrichter kann und muß ergänzende Feststellungen dazu treffen.
4. Unberührt von dem Fehler sind auch die Schuldsprüche in den Fällen 15 und 17 des Urteils. Das Landgericht hat den Angeklagte jeweils (nur) wegen Bestechlichkeit verurteilt, weil er gegen Geldzahlungen veranlaßte, daß jeweils ein bestimmtes Unternehmen den Auftrag zur Lagerung von Vordrucken der GEZ erhielt, obwohl es gegenüber den Konkurrenten nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Der Angeklagte ist zumindest nicht dadurch beschwert, daß das Landgericht in diesen Fällen lediglich eine Tat der Bestechlichkeit angenommen hat, obwohl der Angeklagte aufgrund einer jeweils einheitlichen Unrechtsvereinbarung nicht nur laufende Zahlungen erhielt sondern auch noch Einzelzuwendungen entgegennahm, die nicht von vorneherein festgelegt waren (vgl. BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1 und Bestechung 1; BGH NStZ-RR 1998, 269). Ein etwaiger Fehler zum Vorteil des Angeklagten ist unerheblich, weil die Staatsanwaltschaft ihre Revision auf die Anordnung des Verfalls beschränkt hat. Die Möglichkeit eines Zusammenfallens dieser Taten mit den übrigen Taten ist ausgeschlossen, da es sich um andere bestechende Unternehmer handelt als in den Fällen 1 bis 14 und 16 des Urteils. Die Einzelstrafen können bestehen bleiben. Der Angeklagte hat im Fall 15 einen Bestechungslohn von insgesamt 26.500 DM entgegengenommen. Für einen Teil der Zahlungen gab er dem bestechenden Unternehmer Quittungen, die er von seiner Tochter über angeblich geleistete Aushilfsarbeiten hatte unterschreiben lassen. Die Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten hierfür ist zur Überzeugung des Senats ebensowenig von den aufgehobenen Strafen beeinflußt wie die Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für den Fall 17, bei dem der Angeklagte innerhalb von drei Jahren Vorteile von mehr als 340.000 DM in der Weise erhielt, daß Leistungen an seine Tochter, an seine Ehefrau oder an seine Geliebte erfolgten.
5. Der neue Tatrichter ist dadurch, daß allein der Angeklagte zum Schuldspruch Revision eingelegt hat, nicht gehindert, eine höhere Anzahl von Bestechungstaten festzustellen. Das Verschlechterungsverbot stünde nur der Verhängung einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe entgegen.
Im übrigen erscheint es angezeigt, im neuen Verfahren von den Möglichkeiten der Beschränkung des Prozeßstoffes nach § 154 Abs. 2, § 154 a Abs. 2 StPO Gebrauch zu machen.
II. Revision der Staatsanwaltschaft
1. Die Entscheidung, von einer Verfallsanordnung abzusehen, ist aufzuheben, weil das Landgericht ohne Erörterung, ob die Voraussetzungen des Verfalls (§ 73 Abs. 1 StGB) vorliegen, sogleich angenommen hat, daß darin jedenfalls eine unbillige Härte für den Verurteilten liegen würde (§ 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB). Die bisherigen Feststellungen belegen dies – wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt hat – nicht ausreichend (vgl. dazu BGHR StGB § 73 c Härte 3 und 4; BGH NStZ 2000, 589; BGH NStZ-RR 2000, 365; BGHR StGB § 73 c Wert 2).
2. Der neue Tatrichter wird bei der vorrangigen Prüfung, ob überhaupt ein Verfall angeordnet werden kann, das Folgende zu beachten haben:
a) Die dem Angeklagten zugeflossenen Bestechungsgelder sind durch eine Straftat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt und unterliegen deshalb grundsätzlich dem Verfall. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der Verfall jedoch dann ausgeschlossen, wenn aus der Tat dem Verletzten ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Damit soll die Erfüllung des Ausgleichsanspruches gewährleistet und zugleich sichergestellt werden, daß der Täter nicht zweimal zahlen muß (BGHR StGB § 73 Anspruch 1 und Verletzter 3). Da Schutzgut der Amtsdelikte das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist (BGHSt 30, 46, 47 f.; BGHR StGB § 73 Verletzter 2), kommt der Dienstherr (hier: die GEZ) bei den Bestechungsdelikten regelmäßig nicht als Verletzter in Betracht. Soweit die GEZ Verletzte der durch den Angeklagten begangenen Untreuehandlungen war, könnte einer Anwendung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, daß der Angeklagte aus diesen Delikten wiederum nichts unmittelbar erlangt hat (vgl. BGHR StGB § 73 Verletzter 2). Soweit allerdings der Bestechungslohn zugleich den Vermögensnachteil im Rahmen der Untreuehandlung ausmachen und damit der Untreueschaden spiegelbildlich mit dem Vermögenszuwachs, den der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, korrespondieren würde, würde die Realisierung eines Schadensersatzanspruchs der GEZ den Vermögensvorteil des Angeklagten abschöpfen. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß der Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in derartigen Fällen gebietet, eine Doppelinanspruchnahme auszuschließen (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 – 5 StR 571/00 – zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB § 73 Verletzter 4). Dem tritt der Senat im Grundsatz bei. Sofern demnach der Bestechungslohn des Angeklagten vollständig in die Kalkulation des anbietenden Druckunternehmens eingeflossen ist, die GEZ demnach (zumindest) um den Bestechungslohn des Angeklagten überhöhte Preise zahlen mußte, besteht eine Identität zwischen Bestechungslohn und Untreueschaden mit der Folge, daß der Verfall ausgeschlossen ist. Bei lediglich teilweiser Identität, etwa wenn der Druckunternehmer nur einen Teil des Bestechungslohns auf den Preis aufgeschlagen und den anderen Teil aus seiner sonst üblichen Gewinnspanne bezahlt hätte, erfordert der Gesichtspunkt des Doppelbelastungsverbots nicht die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; übermäßige Belastungen des Angeklagten könnten vielmehr durch die Härteklausel nach § 73 c StGB vermieden werden (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 – 5 StR 571/00 – zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB § 73 Verletzter 4).
Für die Frage, ob Bestechungslohn und Untreueschaden identisch sind und ob deshalb die GEZ Verletzter i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist, kommt es nicht darauf an, ob die beiden Tatbestände zueinander in Tateinheit oder in Tatmehrheit stehen. Grenze für die innere Verknüpfung ist allerdings die prozessuale Tat. Der Anspruch muß als Folge der Tat im Sinne des § 264 StPO erwachsen sein (Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 40). Der weitergehenden, für dessen Entscheidung (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 – 5 StR 571/00 – zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB § 73 Verletzter 4) nicht erheblichen Auffassung des 5. Strafsenats schließt sich der Senat nicht an. Eine Ausdehnung über die Grenze der prozessualen Tat hinaus würde den Unterschied zwischen dem Verfall und dem erweiterten Verfall nach § 73 d StGB verwischen.
b) Der neue Tatrichter wird auch zu beachten haben, daß in den Fällen 1 bis 3, 5, 6, 8 und 9 die Zahlungen vor dem 7. März 1992 abgeschlossen waren, in den Fällen 4, 7, 10 und 11 die Unrechtsvereinbarung vor diesem Zeitpunkt, die letzte Zahlung aber danach erfolgt ist und in den Fällen 12 und 14 bereits die Unrechtsvereinbarung nach diesem Zeitpunkt getroffen worden ist. Zu diesem Zeitpunkt ist durch den Gesetzgeber bei der Entscheidung über den Verfall das Nettoprinzip durch das Bruttoprinzip ersetzt worden.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Pfister, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 613457 |
BGHSt |
BGHSt, 22 |
NJW 2001, 2560 |
NStZ 2001, 479 |
Nachschlagewerk BGH |
wistra 2001, 466 |
PStR 2001, 11 |
StV 2001, 680 |
LL 2001, 870 |