Leitsatz (amtlich)
Die Verpflichtung des Vermittlers von Londoner Warenterminoptionen, die Optionskäufer über die Höhe der Londoner Optionsprämie aufzuklären und auf deren Bedeutung und die wirtschaftlichen Zusammenhänge hinzuweisen, kann grundsätzlich nur schriftlich und nicht ausschließlich fernmündlich erfüllt werden (Ergänzung zu BGHZ 80, 80).
Normenkette
BGB § 276
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 28.09.1987) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. September 1987 aufgehoben, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist und dem Kläger deswegen Kosten auferlegt worden sind.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von den Kosten der Revision, soweit über sie nicht schon durch Beschluß vom 30. Mai 1988 entschieden worden ist, trägt der Kläger 1/8 der Gerichtskosten und 1/3 seiner eigenen außergerichtlichen Kosten; die Entscheidung über die restlichen Kosten des Revisionsverfahrens trifft das Berufungsgericht.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, Studierender des Wirtschaftsingenieurwesens, nimmt die Beklagte zu 1, die MSC M. Commodity Service GmbH (MSC) und deren Geschäftsführerin, die Beklagte zu 2 auf Schadensersatz in Anspruch, weil er bei einem Warentermingeschäft Verlust erlitten hat.
Die Beklagte zu 1 vermittelte bis zur Geschäftsaufgabe im Jahre 1986 über die in London ansässige Beklagte zu 3 Warentermingeschäfte. Mit ihren Kunden trat sie regelmäßig durch Telefonverkäufer in Verbindung, die von der Beklagten zu 2 eingewiesen und geschult wurden. Im Sommer 1985 rief ein Telefonverkäufer den Vater des Klägers an, der jedoch kein Geschäft abschloß. Die Beklagte zu 1 kam dabei aber mit dem Kläger in Verbindung, der am 15. August 1980 fernmündlich eine Option über „25 t Zink, 3 Monate, call” in Auftrag gab. Die Beklagte zu 1 übersandte dem Kläger noch am selben Tage eine Auftragsbestätigung mit den auf der Rückseite aufgedruckten Vertragsbedingungen nebst Doppel und einen Prospekt. Der Kläger sandte der Beklagten zu 1 das unterschriebene Doppel der Auftragsbestätigung am 16. August 1985 zurück und legte einen Überweisungsauftrag über die Gesamtprämie von 7.087,11 DM bei. Nach Weiterleitung des Überweisungsauftrags an das beauftragte Kreditinstitut gab die Beklagte zu 1 den Kaufauftrag fernmündlich an die Beklagte zu 3 weiter. Diese bestätigte der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 20. August 1985 den Eingang und die Durchführung des Auftrags.
Mit Schreiben vom 21. November 1985 teilte die Beklagte zu 1, die zuvor eine entsprechende Nachricht von der Beklagten zu 3 erhalten hatte, dem Kläger mit, daß seine Option wertlos verfallen sei. Nach Rückzahlung eines nicht verbrauchten Rests des Einzahlungsguthabens von 81,69 DM beträgt der Verlust des Klägers 7.005,42 DM.
Diesen Betrag nebst Zinsen verlangt der Kläger mit der Klage und macht dazu im wesentlichen geltend, er sei über die wirtschaftliche Bedeutung der Londoner Prämie und den Aufschlag der Beklagten zu 1 nicht aufgeklärt worden. Der Telefonverkäufer habe ihm vielmehr einen sicheren Gewinn versprochen. Für die fehlende Aufklärung sei die Beklagte zu 2 verantwortlich, weil sie als Geschäftsführerin in sittenwidriger Weise es unterlassen habe, für eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kunden zu sorgen.
Die Beklagten zu 1 und 2 haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei durch den Prospekt und die Geschäftsbedingungen ausreichend aufgeklärt worden. Außerdem sei er vom Telefonverkäufer nochmals auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen der Londoner Optionsprämie und ihrem Aufschlag hingewiesen worden. Die Beklagte zu 2 habe die Verkäufer in diesem Sinne geschult.
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 bis auf einen geringfügigen Zinsbetrag stattgegeben und die Klage gegen die Beklagte zu 3 als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3 blieb erfolglos. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wurde die Klage gegen diese abgewiesen. Die Beklagte zu 1 hat ihre Berufung zurückgenommen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger nach Rücknahme des Rechtsmittels gegen die Beklagte zu 3 nur noch seine Klage gegen die Beklagte zu 2 weiter und beantragt insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte zu 2 war im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat allerdings einen Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 2 aus Verschulden bei Vertragsschluß rechtlich fehlerfrei verneint, weil die Beklagte zu 2 sich an den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger nicht selbst beteiligt und auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
II. Nicht aufrechterhalten läßt sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 hafte auch nicht gemäß § 826 BGB für den Schaden des Klägers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats fügt der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Londoner Warenterminoptionen vermittelt und hohe Provisionen in die vom Kunden zu zahlende Prämie einbezieht, dem Optionskäufer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise dann vorsätzlich Schaden zu, wenn er veranlaßt oder bewußt nicht verhindert, daß die Gesellschaft den in die Einzelheiten der Geschäftsabwicklung nicht eingeweihten Optionserwerber über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken des Optionsgeschäfts, insbesondere über Höhe und Bedeutung der an der Londoner Börse zu zahlenden Optionsprämie nicht aufklärt (vgl. zuletzt umfassend Sen. Urt. v. 11. Januar 1988 – II ZR 134/87, WM 1988, 291).
1. Erste Voraussetzung für die Haftung der Beklagten zu 2 nach § 826 BGB ist sonach, daß die Beklagte zu 1 ihre Aufklärungspflicht dem Kläger gegenüber nicht erfüllt hat. Die Beklagte zu 1 war als gewerbliche Vermittlerin von Warenterminoptionen aufgrund eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses verpflichtet, den Kaufinteressenten die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzten, den Umfang des ihnen aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu gehört nicht nur die Bekanntgabe der Höhe der Londoner Prämie, sondern auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Warenterminoptionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluß auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muß darauf hingewiesen werden, daß sich die Börsenoptionsprämie durch Annäherung von Gebot und Gegengebot bildet und deswegen den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet, weil die Option nach Einschätzung der Kursentwicklung durch den Börsenfachhandel eine Gewinnchance hat, die den Optionspreis wert ist und somit die Höhe dieses Preises den noch als realistisch angesehenen, wenn auch bereits weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Es muß ferner dargelegt werden, ob und in welcher Höhe ein Aufschlag genommen wird und daß jeder Aufschlag auf die Londoner Börsenoptionsprämie die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen (vgl. Sen. Urt. v. 11. Januar 1988 a.a.O. m.w.N.).
Diese Aufklärungspflicht kann, wenn sie ihren Zweck nicht verfehlen soll, grundsätzlich nur schriftlich und nicht ausschließlich fernmündlich erfüllt werden. Da der von den Warenterminvermittlungsfirmen erstmals angesprochene Personenkreis typischerweise im Warenterminhandel unerfahren ist, kann nur durch eine schriftliche Belehrung erreicht werden, daß die Kaufinteressenten in die Lage versetzt werden, die schwierigen wirtschaftlichen Zusammenhänge zu begreifen. Dadurch wird auch vermieden, daß zwar die Aufklärung mündlich erteilt, sie aber so beschönigt wird, daß ihre Wirkung im Ergebnis vereitelt wird. Aus diesen Gründen gebieten es Treu und Glauben, daß Kaufinteressenten für Londoner Warenterminoptionen grundsätzlich schriftlich aufgeklärt werden müssen. Dem (Fern-)Gespräch mit dem Telefonverkäufer verbleibt, was die Aufklärung betrifft, insbesondere die Aufgabe, die für die Bewertung des konkreten Geschäfts maßgeblichen Zahlen bekanntzugeben und durch die schriftliche Aufklärung hervorgerufene Zweifel des Kaufinteressenten zu besprechen und aufzuklären.
a) Würden die Aufklärungshinweise in der Auftragsbestätigung und dem Prospekt der Beklagten zu 1 den Anforderungen an die gebotene Aufklärung entsprechen, hätte die Beklagte zu 1 vorliegend ihre Verpflichtung erfüllt. Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsurteils hing die Durchführung des Geschäfts trotz vorhergehender telefonischer Einigung von der Rücksendung des vom Kläger unterzeichneten Doppels der Auftragsbestätigung und der Zahlung der Prämie ab. Der Kläger hätte also noch nach Kenntnisnahme von Auftragsbestätigung und Prospekt das Geschäft, ohne Nachteile zu erleiden, verhindern können. Die Aufklärung wäre also noch rechtzeitig gewesen. Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht nehme fehlerhaft an, der Kläger habe den Prospekt schon vor der Absendung des Überweisungsauftrags in Händen gehabt. Nach dem unstreitigen Tatbestand des Berufungsurteils, dessen Berichtigung der Kläger nicht erwirkt hat, hat die Beklagte zu 1 dem Kläger den Prospekt zusammen mit der Auftragsbestätigung übersandt. Dieser Sachverhalt ist für die Revisionsinstanz bindend. Deshalb läßt die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger den Prospekt zusammen mit der Auftragsbestätigung, die ihm unstreitig zugegangen ist, erhalten hat, keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügen die in der Auftragsbestätigung, in den auf ihrer Rückseite abgedruckten Vertragsbedingungen und im Prospekt enthaltenen Aufklärungshinweise den Anforderungen an eine pflichtgemäße Aufklärung nicht.
Die Auftragsbestätigung hat den aus der nachstehenden Ablichtung der Originalurkunde ersichtlichen Inhalt:
Daraus ergibt sich, daß – wenn man von dem kleingedruckten Hinweis über der Unterschriftsleiste absieht – lediglich ein Erfordernis der Aufklärungspflicht erfüllt wird, nämlich die getrennte Bekanntgabe der Londoner Optionsprämie von 1.000 englischen Pfund „Börsenprämie”), der Broker-Commission mit 121,88 englischen Pfund und dem Aufschlag der Beklagten zu 1 in Höhe von 700 englischen Pfund „MCS-Prämie”). Allerdings ist diese Angabe teilweise irreführend. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts setzt sich der als „Broker-Commission” bezeichnete Betrag aus der (Vermittlungs-)Provision der Beklagten zu 3 und der eigentlichen Broker-Commission zusammen. Dadurch wird der falsche Eindruck erweckt, als handle es sich hier um die notwendigerweise mit dem Erwerb einer Warenterminoption an der Londoner Börse verbundene Broker-Commission. Irreführend ist auch die in § 13 der in der Auftragsbestätigung in Bezug genommenen Vertragsbedingungen enthaltene Behauptung, die Optionsbestätigung enthalte alle für den Kunden wichtigen Informationen. Dies ist falsch, weil die Angabe des Strike-Price, also des Einstiegskurses, fehlt, ohne den der Erwerber nicht ermessen kann, auf welche absolute Höhe der Kurs der Ware steigen muß, damit die Option in die Gewinnzone gelangt. Was es mit der Angabe „Optionszone 72,88 £/t” auf sich hat, wird nirgendwo erläutert, auch nicht in dem Prospekt der Beklagten zu 1, der gemäß §§ 2 und 16 der Vertragsbedingungen Bestandteil des zwischen dem Kunden und der MCS geschlossenen Vertrages ist. Dort werden unter der Überschrift „Wie erfolgt die Gewinnrealisierung?” in einem Schaubild die Begriffe Prämienzone bzw. Teilverlustzone ohne Hinweis darauf verwendet, daß diese Begriffe der sogenannten Optionszone entsprechen. Der Laie ist also nicht in der Lage, ohne weitere Erläuterungen die Bedeutung der Optionszone zu verstehen. Im übrigen fehlt jeder Hinweis auf die oben beschriebenen wirtschaftlichen Zusammenhänge, deren Kenntnis dem Erwerber erst die Möglichkeit verschafft, das ihm durch den Aufschlag auf die Börsenprämie aufgeladene Risiko abzuschätzen. Mehr als der Hinweis, daß Warentermingeschäfte nach deutscher Rechtsauffassung dem Bereich Spiel und Wette zugeordnet werden (§ 4 der Vertragsbedingungen) und die „Bestätigung” des Kunden, daß er das Geschäft verstanden hat und über das mögliche Risiko eines eventuellen Verlustes seines gesamten eingesetzten Kapitals informiert ist sowie die weitere Mitteilung, daß durch den Erwerb der Option das gesamte eingesetzte Kapital zunächst einmal verloren ist und zurückerwirtschaftet werden muß, bevor ein Gewinn entsteht (§ 16), wird zur Risikolage nichts gesagt. Die tatsächlichen Grundlagen dafür, daß der Kunde abschätzen kann, welche Chancen für ihn bestehen, das eingesetzte Kapital „zurückzuerwirtschaften” und sogar noch Gewinn zu erzielen, werden ihm vorenthalten.
c) Der Prospekt der Beklagten zu 1 enthält in seinem gedruckten Teil nicht einmal den Hinweis, daß die Beklagte zu 1 auf die Londoner Prämie einen Aufschlag erhebt, geschweige denn Ausführungen über die Höhe der Prämie und des Aufschlags und über deren wirtschaftliche Bedeutung. Der Kunde wird lediglich allgemein darauf hingewiesen, daß es sich bei den Warentermingeschäften um spekulative Kapitalanlagen handelt, bei denen der Einsatz verloren gehen kann.
Deshalb wird zum Beispiel empfohlen, daß niemand spekulieren sollte, der einen entsprechenden Verlust nicht auch verkraften könne, ohne Familie und Existenz zu gefährden. An anderer Stelle wird geraten, spekulative Engagements in der Regel zu meiden, solange keine ausreichende Vermögensgrundlage geschaffen ist, um Notfällen und Bedürfnissen gerecht zu werden, und solange keine angemessenen Vermögensteile in Bereichen mit Wachstumscharakter angelegt sind. Unter der Überschrift: „Welche Risiken beinhaltet die Rohstoff-Option?” heißt es: „Ihr Risiko ist im voraus genau abgegrenzt und limitiert. Es beschränkt sich ausschließlich auf die einbezahlte Prämie. Die Erfahrung zeigt, daß Optionen mit längeren Laufzeiten weniger Risiken in sich bergen als Optionen mit kürzeren Laufzeiten. Das Risiko wird im weiteren auch durch unser gut eingespieltes Informationssystem eingeschränkt.” Mit all diesen Hinweisen wird lediglich das mit jeder Spekulation verbundene allgemeine Risiko dargestellt, nicht aber die durch die Aufschläge auf die Londoner Prämie geschaffene besondere Risikolage. Der ursprüngliche Text der Drucksachen der Beklagten zu 1 entspricht nach allem auch nicht annähernd den Anforderungen, die an den Inhalt der von der Beklagten zu 1 geschuldeten Aufklärung zu stellen sind. Er hat vielmehr die deutliche Tendenz, die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu verschleiern und die Risiken zu verniedlichen.
d) Daran ändert der in die Auftragsbestätigung nachträglich eingedruckte und in den Werbeprospekt mit einem Aufkleber eingefügte Zusatz nichts: „Die Kosten für die zu erwerbende Option setzen sich zusammen aus Börsenprämie – dies ist der Preis, den Fachleute aufgrund der allgemeinen Marktlage für angemessen halten – aus der Commission für den englischen Broker und der MCS-Prämie. Aufschläge auf die Börsenprämie, genannt Londoner Prämien, (einschließlich der üblichen Broker-Commission) verschlechtern die Gewinnaussichten, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel für realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen.”
Dieser Passus entspricht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kaufinteressenten von Warenterminoptionen zu stellen sind. Schon von seiner Gestaltung her ist er nicht geeignet, dem Kunden deutlich zu machen, welche Bedeutung die in ihm enthaltenen Angaben für die wirtschaftliche Bewertung des angebotenen Geschäfts haben. Dies betrifft zum einen den Umstand, daß es sich im Verhältnis zum sonstigen Schriftbild um einen besonders kleinen Druck handelt. Nach der Lebenserfahrung bringt damit der Verwender zum Ausdruck, daß es sich um unwichtige, für das Verständnis der Zusammenhänge nicht notwendige Mitteilungen handelt, die deshalb nicht gelesen zu werden brauchen. Zum ändern steht dieser Satz in der Auftragsbestätigung und im Prospekt räumlich und inhaltlich in keinem Zusammenhang mit dem übrigen Text. Im Prospekt ist, wie aus der nachfolgenden Ablichtung zu ersehen ist, ein bedruckter Aufkleber auf der ersten Seite über dem Anschriftenfeld angebracht, obwohl diese Seite keinerlei Informationen über das Warentermingeschäft im allgemeinen und die Warenterminoption im besonderen enthält.
Auch inhaltlich ist dieser Satz nicht geeignet, einen mit der Technik des Optionsgeschäfts nicht Vertrauten in der gebotenen Weise aufzuklären. Er enthält lediglich eine gedrängte und stark verkürzte Zusammenfassung der Ergebnisse der Rechtsprechung über den Inhalt der Aufklärungspflicht. Aus sich heraus ist er für einen Laien nicht verständlich, weil die wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht erklärt werden. Mit solchen Hinweisen kann der Zweck der Aufklärung nicht erreicht werden. Sie dienen ganz offensichtlich auch nicht der Aufklärung der Kunden, sondern stellen einen Versuch dar, der von der Rechtsprechung geforderten Pflicht zur Aufklärung rein formal zu genügen, ohne jedoch den Kaufinteressenten sachkundig zu machen.
Nach allem ist festzustellen, daß die Beklagte zu 1 ihre Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger nicht erfüllt hat. Das Berufungsurteil, in dem die gegenteilige Auffassung vertreten wird, kann daher nicht aufrechterhalten werden.
2. Das Berufungsgericht läßt die Haftung der Beklagten zu 2 gemäß § 826 BGB noch aus einem anderen Grunde scheitern: Wie die Beklagte zu 2 im einzelnen ausgeführt habe und vom Zeugen Beckel als damaligem Verkaufsleiter der Beklagten zu 1 bestätigt worden sei, seien die Telefonverkäufer ordnungsgemäß geschult worden. Ihnen seien die notwendigen Unterlagen an die Hand gegeben worden, aus denen sich die jeweilige Börsenprämie und die Broker-Commission ergeben hätten. Die durch Preisaufschläge der Beklagten zu 2 und 3 minimierten Gewinnchancen seien den Telefonverkäufern klar gemacht worden, so daß sie die jeweiligen Kunden insoweit ordnungsgemäß hätten beraten können. Aus diesen, nur noch für den Vorsatz der Beklagten zu 2 bedeutsamen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß es den Zeugen Be. für glaubwürdig hält. Um dies feststellen zu können, hätte sich das Berufungsgericht jedoch gemäß § 286 ZPO mit der Aussage des Zeugen B., des Vaters des Klägers, auseinandersetzen müssen. Nach dessen, mit den Angaben des Klägers bei seiner Anhörung im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen hat der Telefonverkäufer, der den Zeugen angerufen hat, keine Angaben über die Risiken der Warenterminoptionsgeschäfte gemacht, sondern sichere Gewinne versprochen. Dies steht im krassen Gegensatz zu den Aussagen des Zeugen Be. vor dem Landgericht, wonach alle Verkäufer die Kunden mündlich aufgeklärt hätten. Bei dieser Sachlage hätte es einer Begründung bedurft, warum das Berufungsgericht dem Zeugen Beckel glaubt, der am Ausgang des Rechtsstreits zugunsten der Beklagten, zu 1 und 2 nicht uninteressiert war, weil auch gegen ihn ein Kunde der Beklagten zu 1 Klage erhoben hatte. Das Berufungsurteil kann daher in diesem Punkte schon wegen des Verfahrensfehlers nicht aufrechterhalten werden, ohne daß es noch eine Rolle spielt, daß eine lediglich mündlich erklärte Aufklärung nicht ausreicht.
III. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, das den gesamten Prozeßstoff von Grund auf unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte neu würdigen muß. Dabei kann die Frage, ob die Beklagte zu 1 die Telefonverkäufer geschult und angewiesen hat, die Kunden über die Höhe und die wirtschaftliche Bedeutung der Londoner Optionsprämie aufzuklären, für die Beurteilung des Vorsatzes der Beklagten eine Rolle spielen, obwohl die lediglich mündliche Aufklärung nicht ausreicht, denn dies war zu der hier maßgeblichen Zeit von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Dabei wird das Berufungsgericht beachten müssen, daß die Beklagte zu 2 die Darlegungslast dafür trägt, daß sie die Verkäufer zur Aufklärung angehalten hat. Zwar hat der Kläger alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB zu beweisen. Dies kann er aber nur, wenn er nachweist, daß die Beklagte zu 2 die Telefonverkäufer nicht ordnungsgemäß geschult und zur Aufklärung angehalten hat. Er muß also einen negativen Umstand beweisen. Obliegt einer Partei der Beweis von Negativen, kehrt sich die Beweislast nicht um. Vielmehr sind die Umstände zu widerlegen, die nach dem substantiierten Vortrag der anderen Partei für das Positive, hier also die Schulung der Verkäufer und die Anweisung zur Aufklärung, spricht (vgl. BGH, Urt. v. 13. Dezember 1984 – III ZR 20/83, NJW 1985, 1774, 1775). In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob die bisherige Darstellung der Beklagten zu 2 den Anforderungen an die Substantiierungspflicht genügt. Von der Beklagten zu 2 muß verlangt werden, daß sie nicht nur allgemein behauptet, die Verkäufer geschult und auf ihre Aufklärungspflicht hingewiesen zu haben, sondern dazu konkrete Einzelheiten über Art, Umfang und Inhalt der Schulung und der Anweisung zur Auskunftserteilung vorträgt. Auch der Inhalt des Verkaufsleitfadens, den die Beklagte zu 2 angeblich den Telefonverkäufern zur Verfügung gestellt hat, könnte für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sein. Für die Frage, ob die Beklagte zu 2 bei Abfassung der schriftlichen Unterlagen, in denen den Kunden die gebotene Aufklärung vorenthalten wird, vorsätzlich gehandelt hat, könnte ferner von Bedeutung sein, daß sie diese erst im Jahre 1984 angefertigt hat, zu einer Zeit also, als die Rechtsprechung die Aufklärungspflicht der Warenterminvermittlungsfirmen schon längst statuiert hatte.
Da die ordnungsgemäß geladene Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vertreten war, ergeht die Entscheidung antragsgemäß als Versäumnisurteil.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Zurücknahme der Revision gegen die Beklagte zu 3 beruht auf §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO.
Unterschriften
Dr. Kellermann, Bundschuh, Dr. Hesselberger, Röhricht, Dr. Henze
Fundstellen
Haufe-Index 1553565 |
BGHZ |
BGHZ, 108 |
NJW 1988, 2882 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1988, 1098 |