Entscheidungsstichwort (Thema)
Verabredung zur schweren Brandstiftung
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 17. November 1997 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Verabredung zur schweren Brandstiftung, des Diebstahls in zwei Fällen und des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzfeuerwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt, ihn vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen und des Einbruchsdiebstahls in zwei Fällen jedoch freigesprochen. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene, sich auf die Sachrüge stützende Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich – rechtswirksam beschränkt – lediglich gegen den freisprechenden Teil des Urteils.
Sie hat keinen Erfolg.
Die Begründung des Urteils genügt den an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen, § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß der Tatrichter bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen – wie er hier erfolgt ist – im Anschluß an Darlegungen, welche Anklagevorwürfe dem Angeklagten gemacht werden (vgl. BGHSt 37, 21, 22), grundsätzlich zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er in bezug auf den gegen den Angeklagten erhobenen Schuldvorwurf für erwiesen erachtet, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldvorwurf erforderlichen – zusätzlichen – Feststellungen nicht getroffen werden können (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 4, 5, 7, 10). Die Begründung muß dem Revisionsgericht die Prüfung erlauben, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, ob er also den festgestellten Sachverhalt erschöpfend gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze verstößt oder ob der Tatrichter an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt hat (st. Rspr. vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25; BGH NStZ RR 1997, 374 m.w.Nw.).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.
1. Nach den Urteilsgründen ist die Strafkammer davon überzeugt, daß der Banküberfall am 31. Januar 1984 im Bankgebäude der H. bank in W., der Banküberfall in die V. bank S. in B. am 29. Februar 1984 sowie die beiden Einbruchsdiebstähle zwischen dem 15. und 23. April 1995 in K. zum Nachteil der Geschädigten Bi. und am 6. Juni 1995 in T. zum Nachteil der Familie Bie. sich der äußere Tatablauf so wie in der Anklageschrift geschildert zugetragen haben. Zugleich wurden diejenigen Tatsachen – wenn auch in verkürzter Form – bezeichnet, die der Tatrichter für erwiesen gehalten hat. Lediglich von der Mittäterschaft des Angeklagten bei diesen Straftaten vermochte sich das Landgericht nicht zu überzeugen. Der Wiedergabe weiterer Zeugenangaben – wie etwa der Geschädigten – zu den einzelnen Taten bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Die Revision übersieht, daß die von ihr zitierten Anforderungen zum Umfang von Feststellungen bei freisprechenden Urteilen nicht schematisch angewandt werden dürfen (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 12). Erforderlichkeit und Umfang der Wiedergabe von Zeugenaussagen als Grundlage für weitere Feststellungen bestimmen sich auch bei freisprechenden Urteilen nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere auch nach dem Kriterium der revisionsrechtlichen Nachprüfbarkeit der Entscheidung. Zeugenäußerungen sind danach nur dann heranzuziehen und entsprechende Feststellungen anzuführen, wenn und soweit dies für die Überzeugungsbildung wesentlich ist. Die Zeugenaussagen und darauf beruhende ergänzende Feststellungen hätten vorliegend aber nicht zu einer Überzeugung der Kammer von der Mittäterschaft des Angeklagten an den ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten weiteren Taten geführt:
Das Landgericht stützt sich nämlich bei seiner Entscheidung, die Mittäterschaft des Angeklagten mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nicht feststellen zu können, auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung der Aussage eines Zeugen vom Hörensagen. Danach ist bei der Beweisführung ein strenger Maßstab anzulegen und Feststellungen dürfen auf ein solches Beweismittel regelmäßig nur dann gestützt werden, wenn sie in sich widerspruchsfrei sind und wenn der Beweisinhalt durch weitere Beweisanzeichen bestätigt worden ist (st. Rspr., BGHSt 17, 382, 385 f.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 27 m.w.Nw.).
Daran fehlt es aber in allen Fällen, in denen das Landgericht freigesprochen hat. Bei den zur Verurteilung des Angeklagten führenden Taten, der sich während der Hauptverhandlung zur Sache nicht geäußert und erst in seinem letzten Wort die Tatvorwürfe bestritten hatte, hat sich die Kammer nicht nur auf die übereinstimmenden Aussagen der früheren Mitangeklagten und späteren Zeugen Tr. und We. als Zeugen vom Hörensagen, sondern auch auf ein glaubhaftes Geständnis des früheren Mitangeklagten Wes., der in der Hauptverhandlung allerdings von seinem Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch gemacht hat, gestützt. Die Aussagen des Wes. hatten sich auf den tatsächlichen Ablauf des Geschehens beschränkt und die Mittäterschaft des Angeklagten war aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Tr. und We. abgeleitet worden. Letzteren gegenüber hatte der frühere Mitangeklagte Wes. den Angeklagten als Mittäter jener Taten bezeichnet. Hinzu traten weitere Beweisanzeichen, wie etwa im Falle II 3 das Auffinden eines DIN A4 Blattes, auf welchem die Beute verzeichnet war und im Falle II 1 und 2 markante Details, die die Zeugen vom Hörensagen übereinstimmend berichteten und die von weiteren Zeugen bestätigt wurden.
Die Beweislage in den Fällen, in denen der Angeklagte freigesprochen wurde, war anders: Auch hier hatte der Angeklagte in seinem letzten Wort die Vorwürfe bestritten, nachdem er zuvor keine Angaben zur Sache gemacht hatte. Den Angeklagten belastende objektive Umstände fehlten völlig. Wes. selbst hat in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten von seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch gemacht.
Zu den beiden Banküberfällen stand als Beweismittel dem Landgericht lediglich die Aussage des Zeugen Tr. zur Verfügung, demgegenüber Wes. von den beiden Überfällen erzählt und dabei den Angeklagten als Mittäter bezeichnet hatte. Bei dieser Beweislage hatte sich das Landgericht außerstande gesehen, selbst Wes. zu verurteilen, da es denkbar sei, dieser habe von den Taten während seiner langen Haftzeit von anderen Häftlingen erfahren. Zu den beiden Einbrüchen fehlte, anders als in den abgeurteilten Fällen, ein Geständnis Wes. s. Es liegen auch anders als dort keine übereinstimmenden Aussagen des Zeugen Tr. und We. vor. Zum Fall Bi. hat lediglich We. bekundet, Wes. habe ihm erzählt, diese Tat zusammen mit dem Angeklagten begangen zu haben. Zum Fall Bie. hat solches Tr. ausgesagt, während die Aussagen We. s dazu widersprüchlich waren.
2. Daß das Landgericht bei dieser Beweislage sich nicht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugen konnte, ist nicht zu beanstanden. Die Beweiswürdigung ist allein Sache des Tatrichters. Ihm kann grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen er zu einer bestimmten Überzeugung kommen muß oder nicht kommen darf (BGHSt 10, 208, 209; NStZ 1983, 277, 278; 1984, 180).
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung keine überspannten Anforderungen an eine zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt.
Dem Umstand, daß der Angeklagte bereits im Jahre 1983 mit dem früheren Mitangeklagten Wes. einen Einbruch in eine Klosterkirche ausgeführt hatte, mußte die Kammer keinen besonderen Wert beimessen. Da es allein auf die Frage der Mittäterschaft des Angeklagten bei dem ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Taten ankam, mußten aus diesem Umstand bei der vorgeschilderten Beweislage nicht notwendig weitere Folgerungen abgeleitet werden.
Bei der Beurteilung der Aussage der beiden Zeugen vom Hörensagen war besondere Vorsicht am Platze. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht deshalb im Falle der beiden Banküberfälle eine Verurteilung allein auf die Aussage des Zeugen Tr. nicht stützen wollte. Zwar handelte es sich bei den Angaben, die bezeugt wurden, nicht um diejenigen eines anonymen Gewährsmannes. Aber auch bei dem Gewährsmann, der wie hier der frühere Mitangeklagte Wes. bekannt ist, kann nichts anderes gelten. Dies jedenfalls dann, wenn dieser Gewährsmann sich auf ein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO beruft und erst recht, wenn er darüber hinaus in gemeinsame strafbare Handlungen verstrickt ist (vgl. BGH NStZ 1992, 141; BVerfG StV 1997, 1 f.). Wenn auch die von dem Zeugen Tr. zu den beiden Banküberfällen bekundeten Einzelumstände, die nur Tätern und Opfern bekannt gewesen sein konnten, dafür sprechen, daß der frühere Mitangeklagte Wes. (Mit-)Täter dieser Taten war, so mußte das Landgericht gleichwohl daraus nicht folgern, daß Wes. auch den Angeklagten zutreffend als Mittäter bei diesen Überfällen bezeichnet hat.
Die beim Landgericht darauf gegründeten Zweifel an den Angaben der beiden Zeugen vom Hörensagen ließen eine Verurteilung des Angeklagten deshalb nicht zu.
Unterschriften
Schäfer, Brüning, Miebach, Wahl, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 539639 |
StV 1999, 7 |