Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg bei ausländischer OHG

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids, der von einer offenen Handelsgesellschaft nach französischem Recht ohne Sitz im Inland durch ihre rechtlich unselbständige Zweigniederlassung gestellt worden ist, ist das Amtsgericht Schöneberg ausschließlich zuständig.

 

Normenkette

ZPO § 689 Abs. 2

 

Tenor

Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin wird als das örtlich zuständige Gericht bestimmt (§ 36 Nr. 6 ZPO).

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Erstattung der sonstigen Kosten richtet sich nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine offene Handelsgesellschaft nach französischem Recht mit Hauptsitz in Toulouse, hat in Weiterstadt ihre Niederlassung für die Bundesrepublik Deutschland. Diese ist als Zweigniederlassung im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt eingetragen. Die Antragstellerin hat durch ihre Zweigniederlassung bei dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin gegen die Antragsgegnerin den Erlaß eines Mahnbescheids beantragt. Das Amtsgericht Schöneberg hat sich rechtskräftig für unzuständig erklärt. Es ist der Ansicht, zuständig sei das für Weiterstadt zuständige Amtsgericht, weil die Antragstellerin dort gemäß § 17 Abs. 1 ZPO ihren allgemeinen Gerichtsstand habe. Das Amtsgericht Hünfeld ist demgegenüber der Ansicht, die Handelsregistereintragung der Zweigniederlassung begründe keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland. Für den Erlaß des Mahnbescheids sei daher das Amtsgericht Schöneberg ausschließlich zuständig.

II.

Gemäß S. 36 Nr. 6 ZPO war als örtlich zuständiges Gericht das Amtsgericht Schöneberg zu bestimmen.

Nach § 689 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist das Amtsgericht Schöneberg für das Mahnverfahren – bis zur Erhebung des Widerspruchs (§ 696 Abs. 1 ZPO) bzw. bis zur Einlegung des Einspruchs (§ 700 Abs. 3 ZPO) – ausschließlich zuständig, wenn der Antragsteller im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn der Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids durch eine inländische Zweigniederlassung gestellt wird (BGH, Beschl. v. 7.10.1977 – I ARZ 494/77, NJW 1978, 321). So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin ist eine offene Handelsgesellschaft nach französischem Recht, die im Inland keinen Sitz hat. Die im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt eingetragene Zweigniederlassung führt zwar eine eigene Firma, besitzt aber keine eigene Rechtspersönlichkeit. Besondere Umstände, die es wie im Fall einer selbständigen inländischen Niederlassung eines ausländischen Versicherungsunternehmens rechtfertigen könnten, die Zuständigkeit des Amtsgerichts am Sitz der Niederlassung anzunehmen (BGH, Beschl. v. 6.4.1979 – I ARZ 386/78, NJW 1979, 1785), sind nicht ersichtlich.

III.

Durch diese Entscheidung sind Gerichtsgebühren nicht angefallen. Die Erstattung sonstiger Kosten bestimmt sich nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI609426

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