Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob ein Schalterangestellter einer Sparkasse grob fahrlässig handelt, wenn er die Berechtigung des Einreichers eines Inhaberverrechnungsschecks nicht überprüft, obwohl der Scheck, der erkennbar kaufmännischen Zwecken dient, auf ein Sparkonto eingezogen werden soll.
Normenkette
ScheckG Art. 21; BGB §§ 939, 990
Verfahrensgang
OLG Bremen (Urteil vom 29.05.1986) |
LG Bremen |
Tenor
Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 29. Mai 1986 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerinnen verlangen von der verklagten Sparkasse Schadensersatz, weil diese bei der Hereinnahme von Verrechnungsschecks zum Einzug grob fahrlässig nicht erkannt habe, daß ihnen die Schecks abhanden gekommen waren.
Die Klägerin zu 1 ist eine Fleischergenossenschaft; die Klägerin zu 2, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1, firmiert als „Fleischerdienst GmbH”. Die durch gemeinschaftliches Personal geführten Klägerinnen haben unter dem Datum vom 28. Dezember 1984 auf die Volksbank Braunschweig e.G. gezogene Verrechnungsschecks ausgestellt, um damit offene Lieferantenrechnungen zu bezahlen. Ein Scheck der Klägerin zu 1 über 132.174,09 DM war auf die „Zentrag Frankfurt/Main oder Überbringer” zahlbar gestellt und enthielt in der Rubrik „Verwendungszweck” den Hinweis: „Auszug Nr. 50 vom 20.12.1984”. Die Unterschrift war durch handschriftliche Zeichnung des Firmenstempels der Klägerin zu 1 hergestellt. Die Klägerin zu 2 hat einen Scheck über 12.544,81 DM auf „Ro., Helmut, Geflügel-Feinkost, L. Str. …, Sp.” und einen weiteren über 9.571,49 DM auf „Sie …-Gl., Fleisch + Wurstw. Ver., S.-str. …, Ron. oder Überbringer” zahlbar gestellt. Auch ihre Ausstellerunterschrift wurde durch Zeichnung des Firmenstempels hergestellt. In allen Schecks waren die Angaben über den Ausstellungsort („Braunschweig”), das Datum, die jeweilige Ausstellerin und die Empfänger mit Schreibmaschine geschrieben und deutlich lesbar.
Am 31. Dezember 1984 wurden diese und eine Anzahl weiterer Schecks durch Angestellte der Klägerinnen in einen Briefkasten der Deutschen Bundespost in Braunschweig geworfen. Auf dem Postwege zu den Empfängern wurde ein Teil der Schecks, darunter auch die vorstehend erwähnten, gestohlen.
Der Scheck über 132.174,09 DM wurde am 3. Januar 1985 am Schalter der Zweigstelle Bremen-Walle der Beklagten zur Gutschrift auf dem Sparkonto eines Harald Rücker, das 1980 bei einer anderen Zweigstelle der Beklagten eröffnet worden ist, eingereicht. Die Beklagte verbuchte den Scheck vorläufig auf einem Zwischenkonto, zog ihn ein und schrieb den Scheckbetrag dem Sparkonto mit Wertstellung zum 15. Januar 1985 gut. Am 16. Januar 1985 hob Rücker 2.000 DM, am 17. Januar 1985 zunächst 30.000 DM und später 100.000 DM unter Vorlage des Sparbuchs bis auf einen Restbetrag von 177,07 DM ab.
Die beiden Schecks der Klägerin zu 2 wurden ebenfalls am 3. Januar 1985 am Schalter der Zweigstelle 5 (W. straße) der Beklagten zum Einzug eingereicht. Umstritten ist, ob sie gleichzeitig von einer Person oder nacheinander von verschiedenen Inhabern eingereicht worden sind. Die Einreicherformulare tragen den Eingangsstempel der Beklagten mit aufeinanderfolgenden Nummern.
Der Scheck über 12.544,81 DM wurde über das Sparkonto eines Ralf Schi. eingezogen. Schi. hob am 16. Januar 1982 2.000 DM ab. Bis zu der von der Klägerin zu 2 veranlaßten Kontosperre sind weitere Beträge nicht abgehoben worden.
Der Scheck über 9.571,49 DM wurde der Beklagten zum Einzug auf das Girokonto von Frau Na. eingereicht.
Die Kontoinhaberin hat, nachdem der Scheck eingezogen und gutgeschrieben war, den Scheckbetrag abgehoben.
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Umstände bei der Einreichung der Schecks seien so auffällig gewesen, daß sie die Bediensteten der Beklagten hätten veranlassen müssen, die Berechtigung des jeweiligen Einreichers nachzuprüfen. Der Schalterangestellte We. in der Zweigstelle Bremen-Walle habe die Einreichung des Schecks über 132.174,09 DM auch nicht als typischen, unauffälligen Vorgang gewertet und behandelt. Da Rü. das Sparguthaben bereits am 16. Januar teilweise und am 17. Januar 1985 fast vollständig abgehoben habe, müsse schon bei der Scheckeinreichung darüber gesprochen worden sein, wann der Scheckbetrag zur Verfügung stehe.
Der Klägerin zu 1 sei einschließlich der Aufwendungen für die nahezu ergebnislose Rechtsverfolgung gegen Rü. ein Schaden in Höhe von 136.488,86 DM entstanden, der Schaden der Klägerin zu 2 betrage insgesamt 11.244,24 DM. Diese Beträge nebst Zinsen machen die Klägerinnen mit der Klage geltend.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Bediensteten treffe keine Schuld. Sie hatten die Verschiedenheit zwischen Scheckeinreicher und Scheckinhaber nicht erkannt, weil sie die Inhaberschecks lediglich darauf geprüft hätten, ob sie unterschrieben seien, ob ein bestimmter Geldbetrag angegeben und die sonstigen notwendigen Scheckmerkmale vorhanden seien. Keinesfalls könnten die Klägerinnen aber ihren vollen Schaden ersetzt verlangen. Sie treffe ein Mitverschulden, weil sie die Inhaberschecks durch einfachen Brief und nicht „eingeschrieben” und außerdem die Schecks nicht als Orderschecks versandt hätten. Eine weitere Mitverursachung des Schadens liege darin, daß sie, obwohl ihnen – unstreitig – schon am 9. Januar 1985 mitgeteilt worden war, daß ein weiterer am 31. Dezember 1984 versandter Scheck von einem Nichtberechtigten erfolglos bei der Commerzbank in Bremen vorgelegt worden sei, dies nicht zum Anlaß für eine sofortige Nachforschung nach den anderen Schecks genommen hätten.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin zu 1 die Hälfte des Schadens zu ersetzen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Berufungen der Klägerinnen das landgerichtliche Urteil geändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Mit den Revisionen, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet.
A. Revision der Klägerin zu 1
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Bank dem Eigentümer eines Verrechnungsschecks nach §§ 990, 989 BGB i.V.m. Art. 21 ScheckG auf Schadensersatz haftet, wenn sie beim Erwerb des Schecks aus grober Fahrlässigkeit nicht wußte, zum Besitze des Schecks nicht berechtigt zu sein, und ihn nicht mehr herausgeben kann. Es ist jedoch der Ansicht, die Beklagte habe bei der Entgegennahme des Schecks über 132.174,09 DM zum Einzug ihre Sorgfaltspflichten nicht grob fahrlässig verletzt. Bei näherer Prüfung des Scheckinhalts hätten sich allerdings deutliche Hinweise darauf ergeben, daß der Scheck abhanden gekommen sein konnte. Die Angaben über die Ausstellerin und die Zahlungsempfängerin hätten diese als kaufmännische Unternehmen ausgewiesen. Daraus sei zu entnehmen, daß der Scheck im kaufmännischen Geschäftsverkehr begeben worden sei. Wenn dieser, wegen der Höhe des Betrages kaum zum Umlauf geeignete, am 28. Dezember 1984 in Braunschweig zu Gunsten eines Empfängers in Frankfurt ausgestellte Scheck schon am 3. Januar 1985 zur Gutschrift auf dem Sparkonto eines dem Bankangestellten unbekannten Empfängers in Bremen eingereicht worden sei, handle es sich um ein ungewöhnliches Geschäft, das Zweifel an der Berechtigung des Einreichers hätte auslösen müssen. Dies setze aber voraus, daß der den Scheck hereinnehmende Schalterbeamte seinen Inhalt vollständig zur Kenntnis genommen habe. Das sei nicht der Fall gewesen. Der Bankangestellte We. der Beklagten habe den Scheck vielmehr entsprechend der Übung bei der Beklagten nur daraufhin überprüft, ob er unterschrieben sei, einen eindeutig lesbaren Betrag und keine Änderungen oder Radierungen aufweise und sonst formal in Ordnung sei. Dabei könne ihm zwar nicht entgangen sein, daß der Scheck über einen besonders hohen Betrag laute. Da der Bankangestellte außerdem gewußt habe, daß der Scheck über ein Sparkonto eingezogen werden sollte, hätten bei ihm zwar erste Zweifel aufkommen können, die Anlaß gegeben hätten, den Scheckinhalt einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Wenn der Bankangestellte diesen Verdachtsmomenten nicht nachgegangen sei, so treffe ihn jedenfalls nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Ohne volle Kenntnis des Scheckinhalts sei der Verdacht, der Scheck könne abhanden gekommen sein, nicht so naheliegend gewesen, daß er sich dem Schalterangestellten hätte aufdrängen müssen, und zwar auch dann nicht, wenn – wie die Klägerin behauptet – der Scheckeinreicher sich sogleich nach dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit des Scheckbetrages erkundigt haben sollte. Dem kann nicht gefolgt werden.
I. Die Revision rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe aus den Umständen bei der Hereinnahme des Schecks fehlerhaft nicht auf grobe Fahrlässigkeit des Schalterbeamten geschlossen. Ob die Unkenntnis von der mangelnden Verfügungsbefugnis des Scheckeinreichers im Einzelfall auf grober Fahrlässigkeit beruht, ob also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was jedem hätte einleuchten müssen, ist im wesentlichen eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die im Revisionsrechtszuge grundsätzlich nur in beschränktem Umfange nachgeprüft werden kann. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht alle, für die Prüfungspflicht der Beklagten wesentlichen Umstände gewürdigt und deshalb verkannt, daß die dem Schalterangestellten We. bekannten Umstände ausreichten, um das Geschäft als ungewöhnlich erscheinen zu lassen. Deshalb hat es fehlerhaft das Verhalten des Bankangestellten allenfalls als leicht fahrlässig beurteilt.
1. Allerdings entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß das Kreditinstitut, das einen Scheck zur Einziehung hereinnimmt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Berechtigung des Scheckinhabers nachzuprüfen, denn nach dem Gesetz wird die Verfügungsbefugnis über den Inhaberscheck schon durch den Besitz ausgewiesen (vgl. die Sen. Urt. v. 10.12.1973 – II ZR 138/72, WM 1974, 154; v. 27.1.1977 – II ZR 5/75, WM 1977, 1019, 1021 und v. 21.1.1980 – II ZR 111/79, WM 1980, 891, 892). Die Verpflichtung, die Berechtigung des Einreichers zu überprüfen, beginnt erst, wenn ganz besondere Umstände, vor allem in der Person des Inhabers oder der Ungewöhnlichkeit des Geschäfts nach der allgemeinen Lebenserfahrung den Verdacht nahelegen, der Scheck könne abhanden gekommen sein. Daraus kann aber eine Pflicht der Bank zur Suche nach Auffälligkeiten, die sich aus der Verschiedenheit von Einreicher und dem im Scheck genannten Empfänger ergeben könnten, nicht hergeleitet werden. Darin läge eine Überspannung der Sorgfaltspflicht des Kreditinstituts. In der Regel ist die Verschiedenheit von Einreicher und Scheckempfänger kein Umstand, der Verdacht erregen müßte, da es jedenfalls im kaufmännischen Verkehr nicht ungewöhnlich ist, daß der erste Schecknehmer, der im Scheckformular aufgeführt ist, den Scheck nicht sogleich zum Einzug einreicht, sondern ihn Zahlungshalber wieder in den Verkehr gibt. Die Identitätsprüfung würde daher bei der Masse der Schecks keinen Hinweis auf verdachterregende Umstände erbringen (vgl. Sen. Urt. v. 21.1.1980 aaO). Entgegen der Ansicht der Revision durfte das Berufungsgericht daher ohne Rechtsfehler davon ausgehen, daß die Inkassobank grundsätzlich nicht verpflichtet ist, bei der Hereinnahme eines Inhaberschecks festzustellen, wer als Empfänger angegeben und ob dieser mit dem Einreicher identisch ist. Dies ändert sich dann, wenn es aufgrund der übrigen Umstände, die der Bank bei der Hereinnahme des Schecks bekannt sind, für einen ordentlichen Bankkaufmann ohne weiteres naheliegt zu prüfen, ob Scheckeinreicher und Empfänger identisch sind. Dies war hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Fall.
2. Zutreffend sind die Erwägungen des Berufungsgerichts, daß sich aus dem Gesamtinhalt des Schecks deutliche Hinweise für sein Abhandenkommen ergeben. Aus den darin enthaltenen Angaben über Ausstellerin, Empfängerin und Verwendungszweck ergibt sich, daß der Scheck geschäftlichen Zwecken diente. Die Einreichung eines solchen Schecks zur Einziehung auf ein Sparbuch ist äußerst ungewöhnlich. Nach der Lebenserfahrung pflegen kaufmännische Unternehmen in der Regel die durch Schecks eingehenden Beträge nicht auf niedrig verzinslichen Sparkonten anzulegen, von denen sie günstigstenfalls ohne Kündigung während 90 Zinstagen nur 2.000 DM und darüber hinausgehende Beträge nur nach vierteljährlicher Kündigung oder unter Zahlung von Vorschußzinsen abheben können (§ 22 KWG). Ferner spricht die Lebenserfahrung bei einem Sparkonto dafür, daß es sich um das Konto einer Privatperson handelt. Sparkonten, die geschäftlichen Zwecken dienen sind selten. Weiter muß nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, daß in den meisten Fällen unterschlagene oder gestohlene Schecks über privat- und nicht über Geschäftskonten eingezogen werden. Wird also ein ersichtlich für den Geschäftsverkehr bestimmter Scheck von einem anderen Inhaber als dem in der Scheckurkunde angegebenen einer Bank zum Einzug auf ein Sparkonto eingereicht, liegt der Verdacht nahe, daß er dem wahren Berechtigten abhanden gekommen ist.
Nach den – von der Revision allerdings angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Schalterangestellte We. der Beklagten jedenfalls die Angaben über die Scheckempfängerin „Zentrag” nicht gelesen. Die ihm bekannten Umstände, daß es sich um eine hohe Summe handele und der Scheck über ein Sparkonto eingezogen werden sollte, hätten den Verdacht, daß der Scheck abhanden gekommen sein könnte, nicht so nahegelegt, daß er sich dem Bankangestellten der Klägerin ohne weiteres hätte aufdrängen müssen. Das Berufungsgericht hat dabei übersehen, daß dem Schalterangestellten We. bei der Prüfung des Schecks nicht entgangen sein konnte, daß Ausstellerin des Schecks eine Fleichergenossenschaft, also ein kaufmännisches Unternehmen war. Nach den Darlegungen des Berufungsgerichts ist es unstreitig, daß der Scheck unter anderem darauf überprüft wurde, ob er unterschrieben war. Da die Firmenbezeichnung der Ausstellerin deutlich lesbar war, konnte sie dem Bankangestellten bei seiner Prüfung nicht entgehen (BU 3). Wenn das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt, die Klägerin habe dem klarstellenden Hinweis seines Vorsitzenden in der Berufungsverhandlung nicht widersprochen, daß der Schalterangestellte den Scheck unstreitig nicht gelesen habe, so ist, wie sich aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt, damit nur gemeint, Weiser habe den Scheckinhalt nicht vollständig, insbesondere nicht die Empfängerbezeichnung zur Kenntnis genommen. Das ist der Sachverhalt, der den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zugrundeliegt und von dem auch die Beklagte stets, selbst noch in der Revisionsinstanz, ausgegangen ist.
Wußte der Schalterbeamte aber, daß Scheckaussteller ein kaufmännisches Unternehmen war, mußte er nach der Lebenserfahrung davon ausgehen, daß der Scheck kaufmännischen Zwecken diente und daß es deshalb außergewöhnlich war, daß er über ein aller Voraussicht nach privates Sparbuch eingezogen werden sollte. Unter diesen Umständen hätte es für einen ordentlichen Bankkaufmann ohne weiteres nahegelegen, den Scheck nunmehr einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Dabei hätte er festgestellt, daß Schecknehmer ebenfalls ein kaufmännisches Unternehmen ist. Alsdann hätte sich ihm ohne weiteres der Verdacht des Abhandenkommens aufdrängen müssen. Der Schalterangestellte der Beklagten hat also bei der Hereinnahme des Schecks grob fahrlässig gehandelt. Deshalb ist die Beklagte der Klägerin grundsätzlich zum Ersatz ihres Schadens verpflichtet.
II. Der Senat kann über den Schadensersatzanspruch der Klägerin jedoch nicht selbst entscheiden. Die Sache muß vielmehr an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es prüfen kann, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange der Klägerin ein mitwirkendes Verschulden an der Entstehung des Schadens anzulasten ist. Nach dem Vortrag der Beklagten kommt ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin unter anderem deshalb in Betracht, weil sie schon am 9. Januar 1985 davon Kenntnis erlangte, daß ein ebenfalls am 31. Dezember 1984 mit der Post versandter Scheck bei der Commerzbank in Bremen von einem Unbefugten vorgelegt worden ist. Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob, wie die Beklagte behauptet, durch sofortige Nachforschungen der Klägerin bei den übrigen Scheckempfängern das Abhandenkommen des streitigen Schecks noch rechtzeitig vor der Abhebung des gutgeschriebenen Betrages hätte festgestellt und das Konto gesperrt werden können.
Der Senat sieht keinen Anlaß, im jetzigen Stadium des Verfahrens zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Übersendung eines Überbringerschecks durch einfachen Brief den Vorwurf mitwirkenden Verschuldens begründen kann.
B. Revision der Klägerin zu 2
I. Für die Haftung der Beklagten aus der Hereinnahme und Weitergabe des über das Sparkonto von Ralf Schi. eingezogenen Schecks über 12.544,81 DM gelten dieselben Grundsätze wie für den Scheck der Klägerin zu 1, da dem Schalterangestellten in der Zweigstelle 5 der Beklagten ebenfalls nicht entgehen konnte, daß es sich um einen im kaufmännischen Zahlungsverkehr ausgestellten Scheck handelt, der ungewöhnlicherweise über ein privates Sparkonto eingezogen werden sollte. Darauf, daß der Scheckbetrag hier erheblich niedriger ist, kommt es nicht an.
II. Anders ist dies grundsätzlich bei dem Scheck über 9.571,49 DM, der über das Girokonto von Frau Na. eingezogen worden ist. Da der Kontonummer nicht ohne weiteres anzusehen ist, daß es sich nicht um ein Geschäftskonto handelte, brauchte bei dem Schalterangestellten grundsätzlich auch dann kein Verdacht aufkommen, wenn er anhand der Ausstellerbezeichnung erkannte, daß es sich um einen Scheck im kaufmännischen Zahlungsverkehr handelt. Wenn dieser Scheck, wovon das Berufungsgericht ausgeht, nicht gleichzeitig und von derselben Person wie der Scheck über 12.544,81 DM vorgelegt worden ist, scheidet eine Haftung der Beklagten aus, da nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, daß dem Schalterbeamten es aufgefallen wäre, daß hintereinander Schecks desselben Ausstellers zum Einzug hereingegeben worden sind, zumal nach der Nummer des Eingangsstempels der Scheck über 9.571,49 DM zuerst vorgelegt worden ist.
Anders wäre es, wenn der Scheck, wie die Klägerin behauptet, gleichzeitig und durch denselben Einreicher mit dem Scheck über 12.544,81 DM vorgelegt worden ist. Hätte der Schalterangestellte bei diesem Scheck, wozu er verpflichtet war, die Berechtigung des Einreichers überprüft, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß er festgestellt hätte, der Scheck sei abhanden gekommen. In diesem Falle hätte auch der zweite Scheck überprüft werden müssen, was zum selben Ergebnis geführt hätte. Die Frage, ob die Schecks gleichzeitig und von ein und derselben Person vorgelegt worden sind, ist demnach entscheidungserheblich.
Die Revision rügt mit Recht als verfahrensfehlerhaft, daß das Berufungsgericht dem Beweisantrag der Klägerin zu 2 nicht nachgegangen ist, darüber den von der Beklagten zu benennenden Sachbearbeiter, der dieser unstreitig durch die Handzeichen in den Eingangsstempeln auf den Einreicherverzeichnissen bekannt ist, zu vernehmen. Das Berufungsgericht hat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe nur Beweis dafür angetreten, daß der Einreicher üblicherweise das Einreicherverzeichnis selbst ausfülle, woraus sich aufgrund derselben Schrift beider Verzeichnisse ergebe, daß die Schecks durch eine Person gleichzeitig vorgelegt worden seien. Mit diesem Beweisantritt könne nicht ausgeräumt werden, daß es hier ausnahmsweise anders gewesen sein könne und der Schalterangestellte selbst die Verzeichnisse ausgefüllt habe. Damit hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nicht zutreffend erfaßt. Diese hat auf Seite 9 ihrer Berufungsbegründung den Absatz, der mit dem Beweisantritt schließt, mit dem Satz eingeleitet, es komme zu den (vorhergehend) genannten Umständen hinzu, „daß diese beiden Schecks ausweislich der Scheckeinreichungen (Anl. K 2 B und K 13 der Klagschrift) zusammen bei der Beklagten eingereicht worden sind”. Alle weiteren Ausführungen, insbesondere auch die jenigen darüber, wer üblicherweise das Einreicherverzeichnis ausfüllt, dienen der Begründung dieses Obersatzes. Klarer kann eine Partei eine unter Beweis zu stellende Behauptung nicht aufstellen. Da der Klägerin der Name des Schalterbeamten der Beklagten nicht bekannt war, diese andererseits ihn ohne Schwierigkeiten ermitteln kann, hätte das Berufungsgericht die Beklagte auffordern müssen, den Bediensteten zu benennen; alsdann hätte es ihn vernehmen müssen. Damit dies nachgeholt werden kann, muß die Sache insoweit ebenfalls zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht wird sich ferner auf jeden Fall hinsichtlich des Schecks über 12.544,81 DM mit der Frage, ob die Klägerin zu 2 ein Mitverschulden trifft, auseinandersetzen müssen.
Unterschriften
Dr. Kellermann, Bundschuh, Brandes, Hesselberger, Röhricht
Fundstellen
Haufe-Index 1134334 |
BB 1987, 572 |
NJW 1987, 1264 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1987, 360 |