Tenor
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger füllte für die beiden Fußballspieltage vom 17. und 18. April 1949 drei Wettscheine der beklagten S. T. GmbH R. P. aus und übergab sie mit seinem Einsatz von 15. DM der Inhaberin der Gaststätte. Sc. in K. St., G. straße. Frau Sc., die von der Beklagten nicht als Annahmestelle bestellt, sondern von dem Annehmer der Beklagten W. in We. bei Kö. mit der Entgegennahme von Wetten beauftragt war, nahm die Wettscheine entgegen und versah sie mit den Wertmarken und dem Stempel der Beklagten. Sie händigte, dem Kläger die für den Wetteilnehmer bestimmten A-Abschnitte der Scheine aus. Die für die Beklagte bestimmten Abschnitte B und C brachte sie für zwei Wetten zur Absendung. Die Abschnitte der dritten ... Wette blieben bei ihr liegen und wurden nach Abschluß der Wettabrechnung bei ihr vorgefunden. Auf diese dritte Wette ist ein Gewinn von 22. 500 DM entfallen. Mit Einschreibebrief vom 22. April 1949 übersandte der Kläger den in seinem Besitz befindlichen Wettabschnitt A dieser Wette an die Beklagte und verlangte Auszahlung des auf ihn entfallenden Gewinnes. Die Beklagte weigerte sich zu zahlen, weil die Wettabschnitte B und C nicht fristgemäß entsprechend den vereinbarten Wettbestimmungen bei ihrer Zentrale in Ko. eingegangen und durch ihre Kontrolle gelaufen seien.
Die auf der Rückseite der Wettscheine auszugsweise abgedruckten damaligen Wettbestimmungen lauten:
"Art. 5. Wenn nicht in besonderen Fällen anders lautende Bestimmungen getroffen werden, müssen Einsatz und Wettschein bis späte stehe am Freitag, 18 Uhr, im Besitz der S.-T.-Annahmestelle sein. Alle verspätet eingegangenen Wettscheine sind ungültig.
Art. 8. Risiko und Gefahr für das richtige Eintreffen der Wettscheine bei der S.-T. GmbH trägt ausschließlich der Teilnehmer.
Art. 9. Vom Wettbewerb scheiden ohne Einspruchsrecht aus, Wettscheine, die
Art. 13. Einsprüche gegen die Feststellung der Gewinne müssen 10 Tage nach dem Wettag bei der Zentrale eingegangen sein ..."
Diese Bestimmungen sind später geändert worden.
Der Kläger erhob Klage auf Zahlung eines Teilbetrages von 6. 100 DM
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie beruft sich darauf, daß Voraussetzung eines Gewinnanspruches der Eingang der Wettabschnitte bei ihrer Ko. Zentrale sei, für den der Wetteilnehmer jedes Risiko und die Gefahr trage. Der Eingang bei der Annahmestelle genüge nicht, Frau Sc. sei von ihr auch nicht zur Entgegennahme von Wetten bevollmächtigt gewesen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß zwischen den Parteien ein gültiger Wettvertrag zustande gekommen sei. Es läßt dahingestellt, ob die Gaststätte Schmitz eine von der Beklagten anerkannte Annahmestelle gewesen sei, ob die Beklagte die Errichtung von Unterannahme stellen allgemein verboten und von der Tätigkeit der Frau Sc. nichts gewußt habe. Es stellt vielmehr fest, daß die Beklagte jedenfalls die von Frau Sc. mit ihrem Stempel und ihren Wertmarken versehenen Wettscheine angenommen und als gültig behandelt habe. Bö folgert daraus, daß die Beklagte den dadurch erweckten Rechtsschein einer Vertretungsmacht gegen sich gelten lassen müsse.
Auch den rechtzeitigen Eingang des Wettscheines des Klägers im Sinne des Art. 5 der Wettbestimmungen unterstellt das Berufungsgericht, meint aber, daß ein Gewinnanspruch des Klägers entfalle, weil die Voraussetzung des Art. 9 c) nicht eingetreten sei, da der Wettabschnitt nicht bei der Zentrale der Beklagten rechtzeitig eingegangen sei.
Den Gesichtspunkt des Schadensersatzes für Verschulden des Erfüllungsgehilfen hält das Berufungsgericht unter Hinweis auf Art. 8 der Wettbestimmungen nicht für gegeben. Der Wetteilnehmer habe jedes Risiko und die Gefahr für das rechtzeitige Eintreffen der Wettscheine bei der Beklagten übernommen. Damit habe die Beklagte jede Haftung für Erfüllungsgehilfen bei der Übermittlung ausgeschlossen.
Wird zunächst mit dem Berufungsrichter das Bestehen eines Rechtsscheines einer. Vollmacht der Gastwirtin Sc. und damit der Abschluß eines rechtsgültigen Wettvertrages unterstellt, so kann der Auslegung der maßgebenden Wettbestimmungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung gründet, nicht beigepflichtet werden. Es handelt sich dabei um typische Vertragsbedingungen, die von der Beklagten ohne Unterschied allen Wettverträgen formularmässig zu Grunde gelegt werden. Sie unterliegen deshalb der freien Würdigung des Revisionsgerichts.
Hat die Gastwirtin Sc. als bevollmächtigte Annahmestelle der Beklagten zu gelten, so erstreckte sich ihre mutmaßliche Vollmacht mangels ausdrücklicher Beschränkung auf die Entgegennahme aller Erklärungen, die der Beklagten, gegenüber abzugeben waren und auf die Vornahme aller Handlungen, die Voraussetzungen des Gewinnanspruches waren. Eine Beschränkung der Vollmacht kann insbesondere nicht daraus gefolgert werden, daß die Beklagte in Art. 5, 8, 9 ihrer Wettbestimmungen als Empfänger der Wettscheine bald die. S.-T. Annahmestellen bald die S.-T.-GmbH nennt, Denn ein Wille zur Unterscheidung zwischen diesen Empfängern ist nicht erkennbar zum Ausdruck gekommen. Vielmehr ist gerade in Art. 5 die Annahmestelle zur Entgegennahme des ganzen Wettscheines mit allen Abschnitten ermächtigt, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat. Nur in Art. 15 ist die Ausschlußfrist für die Erhebung von Einsprüchen eindeutig auf deren Eingang bei der Zentrale abgestellt worden.
Eine hinreichend klare Unterscheidung kann auch nicht daraus entnommen werden, daß bei Annahme der Gleichstellung zwischen den T.-Annahmestellen und der. T.-GmbH sich die Bestimmungen der Art. 5, 8 und 9 teilweise überdecken würden. Allgemeine Vertragsbedingungen dieser Art beruhen nicht immer auf einer einwandfreien rechtlichen Durcharbeitung und rechtfertigen daher nicht ohne weiteres die Anwendung streng logischer Auslegungsgrundsätze, wie sie bei der Auslegung gesetzlicher. Vorschriften geboten sind. Sie wenden sich an weite Kreise meist rechtsungewandter Vertragsgegner und müssen, daher auch ohne Anwendung logischer Schlußfolgerungen eindeutig und klar sein. Es kommt hinzu, daß dem Art. 9 c neben dem Art. 5 auch bei Gleichstellung der T.-Annahmestellen mit der T.-GmbH ein Anwendungsgebiet verbleibt, nämlich für die Fälle, die von der allgemeinen Regelung des Art. 5 ausgenommen waren, und daß auch Art. 8 seine Bedeutung behält für solche Fälle, in denen sich der Wetteilnehmer zur Übermittlung der Wettscheine nicht der Annahmestellen bediente. Jedenfalls läßt der Wortlaut des Art. 8 nicht einwandfrei erkennen, daß die Beklagte mit dieser Bestimmung jede Haftung für eigenes Verschulden und das ihrer Erfüllungsgehilfen für die Beförderung der Wettscheine ausschließen wollte, die sie selbst übernommen hatte und auf deren Durchführung der Wetteilnehmer keinerlei Einfluß mehr hätte. Sollte die Beklagte einen anderen Inhalt dieser Bestimmungen gewollt haben, so ist dieser Wille nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Einen etwa möglichen Zweifel müßte die Beklagte gegen sich auslegen lassen, da sie sich klarer hätte ausdrücken können (vgl. RGZ Anm 3 zu § 157 9. Aufl Seite 343; RGZ 120, 18 [20]; RGZ 145, 21 [26]). Nach dem vorliegenden Wortlaut der Wettbestimmungen konnte jedenfalls der Wetteilnehmer annehmen, daß er mit der rechtzeitigen Einreichung der Wettscheine bei der Annahmestelle alle Voraussetzungen eines Wettanspruches erfüllt habe.
Trotzdem ist der Klageanspruch zur Entscheidung im Sinne der Revision noch nicht reif. Zunächst wird die Rechtsgültigkeit des Wettvertrages nachzuprüfen sein an Hand der Bestimmungen des Landesgesetzes von Rheinland-Pfalz über Sportwetten vom 11. August 1949 (GVBl S. 337). Das Gesetz ist zwar erst nach Abschluß der streitigen Wette erlassen, legt aber in § 13 verschiedenen Vorschriften rückwirkende Kraft seit dem 1. Januar 1949 bei. Das Revisionsgericht ist nicht in der Lage, Folgerungen aus der Nichtzulassung von Wettannahmestellen außerhalb des Landes Rheinland-Pfalz (§ 2 Abs. 2) zu ziehen, weil § 9 Abs. 2 des Gesetzes, der solche Folgerungen anscheinend festlegen sollte, in der Nr. 45 des Gesetz- und Verordnungsblattes nicht vollständig abgedruckt ist, so daß Zweifel an der ordnungsmässigen Verkündung des Gesetzes bestehen. Außerdem aber reichen die Feststellungen, des Berufungsgerichts nicht aus, eine Vollmacht der Gastwirtin Schmitz kraft Rechtsscheines zu belegen.
Auf den Rechtsschein der Vollmacht kann sich der. Geschäftsgegner des Vertretenen in solchen Fällen berufen, in denen er nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Vertreters. Daß diese Voraussetzung hier für den Kläger gegeben war, der von der Gastwirtin Sc. nicht nur die Wettscheine erhielt, sondern sie auch im Besitz der Weltmarken und des Entwertungsstempels der Beklagten sah, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum angenommen. Es übersieht aber, daß eine weitere Voraussetzung auf Seiten des Geschäftsherrn erfüllt sein mußte, daß dieser nämlich bei pflichtgemäßer Sorgfalt das Verhalten des Vertreters hätte erkennen müssen und verhindern können (vgl. RG HRR 31 S. 529; Düringer-Hackenburg HGB I, 479; Staudinger 10. Aufl. Anm. 9 zu § 167 BGB).
In dieser Richtung war einerseits die Behauptung des Klägers erheblich, daß er bereits vordem zahlreiche Wetten mit der Beklagten durch die Gastwirtin Sc. abgeschlossen und die Beklagte alle diese Wetten als rechtswirksam behandelt habe, andererseits die Gegenbehauptung der Beklagten, sie habe die Bestellung von Unternehmern verboten und habe ferner aus den von der Gastwirtin Sc. eingereichten Wettscheinen nicht entnehmen können, daß sie von einer Unterannahmestelle und nicht vielmehr von der Hauptannahmestelle des Willmsen herrührten. Es wird insbesondere zu prüfen sein, wie sich der Verkehr zwischen der Gastwirtin Sc. und Willmsen und zwischen Willmsen und der Beklagten abgewickelt hat und ob die von der Gastwirtin Sc. abgeschlossenen Wetten ihre Namensunterschrift auf den Abschnitten B und C trugen, Erst an Hand dieser Prüfung wird sich eine Entscheidung darüber gewinnen lassen, ob nach den Grundsätzen von Treu und Glauben der Schutz des Rechtsscheins der Beklagten zumutbar ist.
Die Sache war daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018501 |
BGHZ, 111 |