Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.01.1975) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Januar 1975 im Kostenausspruch sowie insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin auch hinsichtlich des Hilfsantrags auf Zahlung zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin wohnte seit 1945 mit ihrer Familie in dem Hause, das der Beklagten, ihrer Tante, sowie deren Ehemann je zur Hälfte gehörte, und zwar bis 1958 zu einem Mietzins von monatlich DM 20,-, danach mietfrei. Wegen der beengten Verhältnisse wurde das Haus durch einen An- und Umbau vergrößert. Die Bauarbeiten, an denen neben mehreren Handwerkern u.a. auch die Parteien und ihre Ehemänner beteiligt waren, begannen im Juni 1955 und dauerten bis 1956, Bauherren waren mit Zustimmung der Eigentümer die Klägerin und ihr Mann.
In einem gemeinschaftlichen Testament vom 4. November 1955 setzten sich die Beklagte und ihr Mann gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten die Klägerin als Schlußerbin. Nach dem Tode des Ehemannes der Beklagten im Jahre 1958 kam es zwischen den Parteien zu immer größeren Spannungen. Die Beklagte wandte sich deshalb mehr einer anderen Nichte und deren Sohn, ihrem Großneffen, zu. Im Dezember 1971 verlangte die Klägerin von der Beklagten wegen der durch den Umbau herbeigeführten Wertsteigerung des Grundstücks die Eintragung einer Grundschuld über DM 55.000,- oder die Bewilligung einer Vormerkung für einen Anspruch auf Eigentumsübertragung beim Tode der Beklagten. Durch notariellen Vertrag vom 24. Januar 1972 übertrug die Beklagte das Grundstück jedoch auf ihren Großneffen, der im März 1972 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. In einem weiteren Vertrag vom 28. Januar 1972 verpflichtete sich dessen Mutter, der Beklagten Wohnung, Pflege und Kost zu gewähren, wo für der Großneffe monatlich DM 215,- an seine Mutter zu zahlen versprach.
Mit der Klage hat die Klägerin in erster Linie die Feststellung der Unwirksamkeit des Übergabevertrages, hilfsweise Zahlung von DM 58.866,44 begehrt. Den Zahlungsanspruch hält sie unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes und der ungerechtfertigten Bereicherung für begründet. Die Beklagte habe einer eingegangenen Verpflichtung zuwidergehandelt, das Grundstück nicht zu veräußern, sondern dereinst ihr zukommen zu lassen. Nachdem sich diese Erwartung nicht erfüllt habe, müsse die Beklagte jedenfalls die auf Kosten der Klägerin erlangten Vorteile herausgeben. Die Klagesumme setzt sich aus Beträgen zusammen, die die Klägerin angeblich zur Begleichung von Handwerkerrechnungen über Bau- und Instandsetzungsarbeiten, für Material und Arbeitsleistungen aufgewendet oder zu erhalten hat. Die Beklagte hat die Ansprüche bestritten.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Hilfsantrag auf Zahlung weiter. Die Beklagte bittet, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Abweisung des Zahlungsanspruchs kann nicht bestehenbleiben, da sie auf einem Verfahrensverstoß beruht.
I.
Die Revision meint in erster Linie, der Klägerin stehe ein Schadenersatzanspruch zu, weil die Beklagte die unter Beweis gestellte Verpflichtung verletzt habe, nicht über das Grundstück zu verfügen. Ein auf Zahlung gerichteter Schadenersatzanspruch der Klägerin ist jedoch im gegenwärtigen Zeitpunkt auch dann nicht begründet, wenn man ein vertragliches Verfügungsverbot und seine schuldhafte Verletzung durch die Beklagte unterstellt.
Die Vereinbarung einer Verfügungsbeschränkung mit schuldrechtlicher Wirkung ist - auch stillschweigend möglich (§ 137 Satz 2 DGB). Ihre schuldhafte Verletzung verpflichtet zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (§§ 276, 280 BGB). Ein Anspruch auf Schadenersatz in Geld scheidet im vorliegenden Fall aber jedenfalls deshalb aus, weil die Klägerin noch keinen in Geld meßbaren Schaden hat. Bei einer Vereinbarung nach § 137 Satz 2 BGB hätte das Grundstück nicht veräußert werden dürfen, damit es beim Tode der Beklagten der Klägerin als deren Erbin zur Verfügung stehen würde. Eine gegenwärtige geldwerte Rechtsstellung oder ein Anspruch auf Einräumung irgendeines Rechts an dem Grundstück vor diesem Zeitpunkt steht der Klägerin nicht zu. Ihr Vermögen wird vielmehr erst beim Erbfall dadurch beeinträchtigt, daß sie das Grundstück dann nicht erwirbt.
Die Klägerin könnte Schadenersatz in Geld auch noch nicht wegen der gemachten Bauaufwendungen, fordern. Denn für diese Opfer hätte sie einen Ausgleich auch dann erst mit dem Erbfall erlangt, wenn die Beklagte sich an das unterstellte Verfügungsverbot gehalten hätte. Ob ein solches vereinbart wurde, ist für die Entscheidung somit unerheblich.
II.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt jedoch ein auf Zahlung gerichteter Bereicherungsanspruch der Klägerin nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB - teilweise i.V.m. § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB - in Betracht.
Das Berufungsgericht meint, ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung (§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 2. Alternative) scheide schon deshalb aus, weil der Zweck des Anbaus - Schaffung zusätzlichen Wohnraums für die Familie der Klägerin - erreicht worden sei. Ein Anspruch wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 1. Alternative, bestehe ebenfalls nicht. Zwar sei die Einsetzung der Klägerin als Schlußerbin durch die Veräußerung des Grundstücks praktisch beseitigt worden. Die Erbeinsetzung sei aber nicht Rechtsgrund für die Bauleistungen gewesen. Die Klägerin spreche selbst nur von einer Sicherung ihrer Ansprüche durch die Erbeinsetzung in Anerkennung der Bauleistungen. Auch sei mit den Bauarbeiten bereits "lange" vor Testamentserrichtung begonnen worden; wegen des großen Eigeninteresses der Klägerin wäre der Bau "sicherlich" auch ohne das Testament vollendet worden.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei dieser Würdigung wesentliches Vorbringen der Klägerin übergangen, ist begründet (§ 286 ZPO).
1.
Die Klägerin hatte vorgetragen (GA 222 f.), die Beklagte und ihr Ehemann hätten den Zeugen Held und Reichert erklärt:
" Es bleibt alles beisammen, das Haus und das Äckerchen bekommt nur Else (Klägerin). Es wird nichts zerrissen, sie hat ja auch schon viel Geld hineingesteckt ... wenn sie es sich nicht erhalten will, dann verfällt es für sie, sie weiß ja, daß sie es bekommt."
Ebenso habe sich die Beklagte nach dem Tode ihres Mannes insbesondere gegenüber dem Zeugen H. geäußert. Die Klägerin hatte unter Beweisantritt weiter behauptet (GA 146), ihre Befürchtungen, die Beklagte könnte nach dem Tod ihres Mannes anderweitig über das Grundstück verfügen, habe diese mit der Bemerkung zerstreut:
"Meinst Du, ich wäre so schlecht und würde nochmal was ändern, was der Jakob (Ehemann der Beklagten) gemacht hat; so ein mißtrauisch' Mensch."
Dem als Zeugen benannten Bauhandwerker H. soll die Beklagte in Gegenwart der Klägerin erklärt haben (GA 195):
"Sie (Klägerin) weiß ja, daß sie das Haus bekommt. Wie sie es macht, so hat sie es. Ich lasse nichts mehr machen."
Dieses Vorbringen der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt. Auf diesem Verfahrensverstoß beruht das angefochtene Urteil. Denn möglicherweise wäre das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Vorbringens im Zusammenhang mit dem übrigen Sachverhalt zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beklagten die Vorteile, die ihr durch Aufwendungen und Arbeiten der Klägerin für den Bau, für Instandsetzungen und dergleichen, insbesondere in Gestalt einer Wertsteigerung des Grundstücks zugeflossen sind, nach der tatsächlichen Willensübereinstimmung der Parteien nur dann endgültig zukommen und verbleiben sollten, wenn die Klägerin das Hausgrundstück dereinst als Erbin erwerben würde. Dann aber stünde der Klägerin - bei Fehlen eines vertraglichen Zuwendungsgrundes (siehe unten 2.) - ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB zu (teilweise über § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit die Bereicherung der Beklagten durch Verbindung im Sinne dieser Vorschrift eingetreten ist). Bei Bauarbeiten auf einem fremden Grundstück ist zwar in Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil umstritten, ob eine Leistungskondiktion wegen Zweckverfehlung oder eine Eingriffskondiktion wegen Bereicherung "in sonstiger Weise" und Fehlens oder Wegfalls des Rechtsgrundes gegeben ist. Das bedarf in vorliegendem Fall aber keiner Entscheidung.
a)
Geht man mit BGHZ 35, 356; 44, 321 davon aus, daß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 2. Alternative, uneingeschränkt auch in Fällen der vorliegenden Art - zumindest entsprechend (RGRK BGB 12. Aufl., § 812 Anm. 50, 96) - anwendbar ist, so bestünde unter den oben aufgezeigten Voraussetzungen ein Anspruch nach dieser Vorschrift. Die mit dem Anbau bezweckte Erweiterung und Verbesserung des Wohnraums ist zwar eingetreten. Das schließt aber nach Lage der Dinge nicht aus, daß damit noch ein darüber hinausgehender Erfolg erzielt werden sollte, nämlich der Übergang des Eigentums am Grundstück auf die Klägerin als Schlußerbin. Insoweit hätte hier derjenige Schwebezustand bestanden, der für die Fälle des § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 2. Alternative, kennzeichnend ist (vgl. auch BGHZ a.a.O.). Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, aufgrund dessen der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Ansicht angeführten Entscheidung in NJW 1968, 245 einen Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung verneint hat.
Der Erfolg im Sinne der genannten Vorschrift muß "nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts" bezweckt sein. Es ist keine vertragliche Bindung, sondern eine tatsächliche Willensübereinstimmung zwischen den Beteiligten erforderlich; die nur einseitige Erwartung des Leistenden genügt nicht. Auch stillschweigende Einigung ist möglich. Sie wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der eine Teil mit der Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt, der andere dies erkennt und durch die Annahme zu verstehen gibt, daß er die Zweckbestimmung billigt.
Daß die Klägerin, wie das Berufungsgericht ausführt, die "Sicherung ihrer Ansprüche durch die Erbeinsetzung in Anerkennung der Bauleistungen" im Auge hatte, spricht nicht gegen, sondern eher für eine dahingehende Willensrichtung. Damit wäre es durchaus vereinbar, daß mit den Bauarbeiten schon einige Monate vor der Testamentserrichtung begonnen wurde. Ob sie schließlich auch ohne diese vollendet worden wären, ist für die Ermittlung des beiderseitigen tatsächlichen Willens von geringerer Bedeutung als die Frage, ob die Klägerin damit ohne die Erwartung des Eigentumserwerbs am Grundstück überhaupt begonnen hätte. Aus ihrem Eigeninteresse an dem Umbau folgt das noch nicht, zumal nach ihrem teilweise sogar unbestrittenen Vorbringen (GA 2, 24) dadurch nicht nur für ihre Familie, sondern auch für die Beklagte und deren Ehemann mehr Raum geschaffen wurde. Die finanziell außerordentlich günstigen Bedingungen, zu denen die Klägerin mit ihrer Familie im Hause der Beklagten wohnte - seit 1945 teils zu einem Mietzins von DM 20,- monatlich, teils mietfrei -, stehen der Annahme nicht unbedingt entgegen, die Klägerin habe mit dem Bau und den sonstigen Aufwendungen in tatsächlicher Übereinstimmung mit der Beklagten den Erwerb des Grundstücks bezweckt. Es ist zwar möglich, daß die Beklagte und ihr Mann die ihnen daraus erwachsenen Vorteile nur als Ausgleich für diese Mietbedingungen entgegennehmen wollten und eine weitergehende Erwartung der Klägerin nicht billigten. Die unter Beweis gestellten mehrfachen Äußerungen der Beklagten, teilweise auch ihres Ehemannes, könnten jedoch Anzeichen für das Gegenteil sein, zumal die Beklagte und ihr Mann keine Abkömmlinge haben.
b)
Hält man § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 2. Alternative, bei Bauarbeiten auf einem fremden Grundstück nicht für anwendbar, weil die Bereicherung hier nicht durch Leistungen im Sinne des Bereicherungsrechts, sondern "in sonstiger Weise" eintrete, so stünde der Klägerin ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative, oder Satz 2, 1. Alternative, zu, sofern die durch die Klägerin hervorgebrachten Vermögensvorteile der Beklagten erkennbar nur unter der Voraussetzung des künftigen Erwerbs des Grundstücks durch die Klägerin endgültig zukommen und verbleiben sollten (vgl. z.B. Esser, Schuldrecht 4. Aufl., Band 2. § 103 II 2 c; Söllner, AcP 163 [1964], 30; Erman-Hefermehl, BGB-Kommentar 6. Aufl., § 951 Rdn. 4; Medicus, Bürgerliches Recht 7. Aufl., § 27 III 3 d). Dieser Erwerb aufgrund der Erbeinsetzung der Klägerin sollte gegebenenfalls der Rechtsgrund für die bezeichneten Vermögensvorteile sein.
c)
Auch für die Berechnung des etwaigen Bereicherungsanspruchs ist es hier ebenso wie in dem Falle von BGH NJW 1970, 136 unerheblich, auf welche der genannten Anspruchsgrundlagen die Entscheidung gestützt wird. In Betracht kommt hier nur Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB. Für die Wertbemessung ist in derartigen Fällen bei jeder dieser Anspruchsgrundlagen der Zeitpunkt maßgebend, in den feststeht, daß mit dem in Aussicht genommenen Erwerb des bebauten Grundstücks durch den Anspruchsteller nicht mehr zu rechnen ist (BGHZ 35, 356; BGH NJW a.a.O.). Denn bis dahin besteht der den Tatbestand des § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, 2. Alternative, kennzeichnende Schwebezustand unabhängig von der Anspruchsgrundlage. Im vorliegenden Fall wäre der etwaige Schwebezustand spätestens mit Abschluß des notariellen Vertrages vom 24. Januar 1972 beendet gewesen, durch den die Beklagte das Grundstück auf ihren Großneffen übertrug. Bei der Höhe des Anspruchs werden gegebenenfalls die der Klägerin und ihrer Familie eingeräumten günstigen Mietbedingungen zu berücksichtigen sein.
d)
Die Beklagte ist trotz der Veräußerung des Grundstücks noch insoweit bereichert, als sie von der Mutter ihres Großneffen versorgt, gepflegt und beköstigt wird, dadurch Aufwendungen erspart und diese Ersparnis darauf beruht, daß sie die gebenenfalls von der Klägerin geschaffene Wertsteigerung des Grundstücks an den Großneffen "weitergegeben" hat.
Aber auch soweit die Beklagte infolge der Grundstücksveräußerung nicht mehr bereichert ist, stünde § 818 Abs. 3 BGB einem etwaigen Bereicherungsanspruch der Klägerin nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ohne weiteres entgegen.
Auf den Wegfall der Bereicherung könnte sich die Beklagte nicht berufen, wenn er erst nach dem 25. Februar 1972, dem Tage, an dem der Zahlungsanspruch der Klägerin rechtshängig wurde, eingetreten ist. Die Bereicherung der Klägerin in ihrer ursprünglichen Form ist entfallen, als nach Auflassung des Grundstücks der Antrag auf Eintragung ins Grundbuch beim Grundbuchamt gestellt wurde. Zwar ging das Eigentum am Grundstück auf den Großneffen erst mit der Eintragung über. Mit der Stellung des Eintragungsantrags erlangte er jedoch eine gesicherte Rechtsposition, deren Entwicklung zu vollem Eigentum nicht mehr vom Handeln der Vertragschließenden abhing und ohne seinen Willen nicht mehr gestört werden konnte (vgl. § 17 GBO). Wurde der Eintragungsantrag nicht vor Eintritt der Rechtshändigkeit des Bereicherungsanspruchs gestellt, so würde die Beklagte der Klägerin nach den allgemeinen Vorschriften haften, § 818 Abs. 4 BGB. Es käme dabei nicht darauf an, ob die Beklagte, der mit Anwaltschreiben vom 1. Dezember 1971 für den Fall der Ablehnung einer Einigung binnen 10 Tagen die Zahlungsklage angedroht worden war, im Hinblick auf die bindende Auflassung (§ 873 Abs. 2 BGB) überhaupt ein Verschulden nach Rechtshängigkeit trifft, wie es die §§ 292, 989 BGB voraussetzen. Mit Eintritt der Rechtshängigkeit wäre sie, wenn sie sich nicht entlastete (§ 285 BGB), in Verzug geraten. Sie hätte deshalb auch einen unverschuldeten Wegfall der Bereicherung zu vertreten (§ 287 Satz 2 BGB). Das gleiche Ergebnis folgte aus den §§ 818 Abs. 2, 4; 279 BGB.
Ist die Bereicherung der Beklagten vor Rechtshängigkeit des etwaigen Bereicherungsanspruchs weggefallen, wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen einer Haftung nach § 819 BGB vorliegen. Bestand zwischen den Parteien die oben zu a) und b) erörterte tatsächliche Willensübereinstimmung, so könnte sich die Beklagte bewußt gewesen sein, daß sie der Klägerin bei Veräußerung des ihr zugedachten Grundstücks wegen der Umbau- und Instandsetzungsarbeiten einen Ersatz würde gewähren müssen. Das entspräche der Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes, unabhängig davon, welcher der in Betracht gezogenen Bereicherungsansprüche gegeben ist (vgl. BGHZ 35, 356, 361; RGRK BGB 12. Aufl., § 819 Anm. 5). In diesem Zusammenhang kann von Bedeutung sein, daß die Klägerin mit dem erwähnten Schreiben ihres Anwalts vom 1. Dezember 1971, also kurz vor der Veräußerung des Grundstücks, Ersatzansprüche an die Beklagte gestellt hatte.
2.
Sollte sich aufgrund der neuen Verhandlung etwa ergeben, daß für die Vermögensvorteile, die der Beklagten durch den Anbau und die sonstigen Aufwendungen der Klägerin zugeflossen sind, ein gegenüber der Erbschaftserwartung selbständiger Rechtsgrund bestand (z. B, gemischte Schenkung, entgeltlicher Vertrag eigener Art), so könnte ein Zahlungsanspruch der Klägerin möglicherweise auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen (vgl. Larenz, Schuldrecht 7. Aufl., 2. Band § 65 II, insbesondere S. 386 unter Hinweis auf von Caemmerer, Festschrift für Rabel 1954 Band I S. 347; Esser a.a.O. § 103 II 2 b). Voraussetzung dafür wäre, daß der Geschäftswille der Beteiligten auf der Inaussichtstellung des Grundstückserwerbs aufbaute und eine Anpassung der Rechtslage an die veränderten Umstände nach Treu und Glauben geboten wäre.
Fundstellen