Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung der einem Teilhaber übertragenen Verwaltung gemeinschaftlichen Grundbesitzes
Leitsatz (amtlich)
Zur Kündigung einer Vereinbarung, durch welche die Verwaltung des gemeinschaftlichen Grundbesitzes auf die Testamentsvollstrecker übertragen worden war, die für eine zu den Miteigentümern gehörende Erbengemeinschaft den Nachlaß verwalten
Normenkette
BGB §§ 744-746, 2205
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. April 1981 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat.
Es wird weiter festgestellt, daß die in § 10 des notariellen Vertrages vom 10. Oktober 1978 - Urkundenrolle-Nr. 103/1978 des Notars Dr. Holschbach in Duisburg - getroffene Verwaltungsregelung auch nicht durch die Kündigung im Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981 beendet worden ist.
Die Anschlußrevision der Beklagten gegen das oben genannte Urteil wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten eine Vereinbarung über die Verwaltung mehrerer im gemeinschaftlichen Eigentum der Beklagten und der Erbengemeinschaft nach Josef E. stehender Grundstücke wirksam gekündigt haben.
Die Beklagte zu 1 war das einzige Kind des Anfang 1978 verstorbenen Kaufmanns Josef E. Dieser hatte sie als Vorerbin mit einer Quote von 52 % und für die restlichen 48 % ihre vier Kinder, zu denen der Beklagte zu 2 und der Kläger zu 2 gehören, als Erben eingesetzt. Wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung hat die Beklagte zu 1 die Erbschaft ausgeschlagen und den Pflichtteil verlangt. Zur Regelung dieses Anspruchs haben die Beklagte zu 1, ihre Kinder und die drei Testamentsvollstrecker (die Kläger) am 10. Oktober 1978 notariell vereinbart, daß die Beklagte zu 1 das hälftige Miteigentum an den Nachlaßgrundstücken sowie 50 % des sonstigen Nachlasses erhält. Zugleich haben die Vertragschließenden die Auseinandersetzung der Grundstückgemeinschaft bis zum Ende der Testamentsvollstreckung ausgeschlossen und in § 10 des Vertrages "für die Dauer der Testamentsvollstreckung bezüglich der Verwaltung des der Gemeinschaft gehörenden Grundbesitzes gemäß den §§ 745, 746 BGB" vereinbart, daß "die Verwaltung des gesamten der Gemeinschaft gehörenden Grundbesitzes den Testamentsvollstreckern als Vertretern der Erbengemeinschaft obliegt".
Die Beklagte zu 1 hat von ihrem Anteil an der Grundstückgemeinschaft 8,36 % auf den Beklagten zu 2 übertragen. Beide haben mit Schreiben vom 17. Oktober 1979 und 29. April 1980 die Verwaltungsvereinbarung jeweils fristlos gekündigt, weil das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und den Testamentsvollstreckern völlig zerstört sei. Auf deren Klage hat das Landgericht festgestellt, daß die Verwaltungsvereinbarung durch keines der genannten Schreiben beendet worden ist. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Ferner hat es "die mit der Berufung (gemeint ist: Anschlußberufung) erweiterte Klage" abgewiesen. Die Erweiterung bezieht sich auf Erklärungen im Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981, durch die nach Ansicht der Kläger die Verwaltungsregelung ebenfalls nicht beendet worden ist.
Mit der Revision beantragen die Kläger,
der Klage in vollem Umfange stattzugeben.
Die Beklagten erstreben mit der Anschlußrevision die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I.
Entgegen der Ansicht der Revision, die in der mündlichen Verhandlung auf die förmlichen Voraussetzungen der Anschlußberufung nicht zurückgekommen ist, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981 eine erneute Kündigung der Verwaltungsvereinbarung entnommen hat. Zwar ist es richtig, daß in dem Schriftsatz von "Kündigung" nicht ausdrücklich die Rede ist und es darin außerdem heißt, die Würdigung des geschilderten Verhaltens des Klägers zu 2 werde dem Gericht überlassen. Jedoch hinderte das das Berufungsgericht nicht, den Inhalt des Schriftsatzes dahin auszulegen, daß die Beklagten damit die Verwaltungsabrede nochmals gekündigt haben. Insoweit hat es offenbar für wesentlich angesehen, daß die Beklagten in dem Schriftsatz einen ganz neuen "Kündigungs"-Sachverhalt vorgetragen haben, der einen Vorfall betraf, der zeitlich nach den Kündigungen vom 17. Oktober 1979 und 29. April 1980 lag, damit für die Frage der Wirksamkeit dieser Kündigungen bedeutungslos war, und dem die Beklagten ein besonderes Gewicht für die Frage der Beendigung der Verwaltungsabrede beigemessen haben. Die Revision greift die Auslegung des Schriftsatzes der Beklagten vom 10. April 1981 durch das Berufungsgericht deshalb ohne Erfolg an.
II.
Es trifft zu, daß sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befaßt hat, ob die notarielle Vereinbarung vom 10. Oktober 1978 als ein einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen ist und welche Bedeutung das für die Wirksamkeit der Kündigung der Verwaltungsabrede durch die Beklagten haben kann. Das ist jedoch nicht, wie die Revision meint, zu beanstanden. Insoweit übersieht sie, daß auch die Kläger im Berufungsrechtszug vorgetragen haben, die Abrede habe bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar sein sollen.
III.
Nach Ansicht der Revision steht der Wirksamkeit einer Kündigung der Verwaltungsabrede durch die Beklagten weiter entgegen, daß diese nicht auch von den Mitgliedern der Erbengemeinschaft erklärt worden ist. Zu diesem - in den Vorinstanzen nicht weiter erörterten - Punkt ist zu bemerken:
Zweifellos kann die Kündigung eines von der Gemeinschaft bestellten Verwalters wirksam nur auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses (§ 745 Abs. 1 BGB) oder, sofern Einstimmigkeit vereinbart ist, durch alle Teilhaber erfolgen. Denn die Bestellung oder die Kündigung eines Verwalters gehört zu der Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes (MünchKomm - Karsten Schmidt §§ 744, 745 Rnr. 6). Ist allerdings die Verwaltung keinem Dritten, sondern einem der Teilhaber übertragen, so genügt, wenn ihm die anderen Teilhaber die Verwaltung aus wichtigem Grunde entziehen wollen, deren, gegebenenfalls auf einem Mehrheitsbeschluß dieser Teilhaber beruhende, Kündigung (vgl. BGHZ 34, 367, 371).
Hier sind nun die Kläger durch die Verwaltungsabrede zu Verwaltern der gemeinschaftlichen Grundstücke berufen worden. Das sind sie aber in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstrecker und insofern als Verwalter des Anteils der Erbengemeinschaft an der Grundstücksgemeinschaft (vgl. § 2205 BGB) geworden, wie sich auch aus dem Vertrage vom 10. Oktober 1978 ergibt. Insoweit kann aber nichts anderes als für einen Teilhaber gelten, dessen Verwaltungsbefugnis aus wichtigem Grunde gekündigt werden soll. So wie dieser gehindert ist, in einem solchen Falle sein Stimmrecht auszuüben (BGHZ 34, 367, 371), muß das auch für den zum Verwalter gemeinschaftlichen Grundbesitzes bestellten Testamentsvollstrecker gelten, der eine zu der Gemeinschaft gehörende Erbengemeinschaft vertritt, damit deren Stimmrecht ausübt, und dem aus wichtigem Grunde gekündigt werden soll. Deshalb genügt für eine solche Kündigung, daß sie - wie hier - von den anderen Teilhabern ausgesprochen wird.
IV.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die (erneute) Kündigung der Verwaltungsvereinbarung im Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981 wirksam. Die mündliche Verhandlung vom 28. April 1981 habe ergeben, daß nunmehr das Vertrauensverhältnis der Parteien irreparabel zerstört sei. Grund hierfür sei ein Schreiben des Klägers zu 2, das dieser am 18. März 1981 an den Kläger zu 1 mit der Bitte um Unterstützung gerichtet und dessen Inhalt der Kläger zu 1 dem für die Beklagte zu 1 tätigen Zeugen Dr. Rosen zur Kenntnis gebracht hatte. Dieses enthalte - jedenfalls vom Standpunkt der Beklagten zu 1 aus - eine widerrechtliche Drohung. In dem Schreiben hatte der Kläger zu 2 mitgeteilt, er habe Anlaß anzunehmen, daß sein Vater Vermögensverfügungen zu Gunsten seiner anderen Kinder mit dem Ziel vornehme, den Kläger zu 2 zu enterben; unter diesen Umständen könne er die von dem Kläger zu 1 für die Gemeinschaftsgrundstücke angesetzten und vom Finanzamt Essen bisher akzeptierten Einheitswerte nicht anerkennen; diese seien zu niedrig und würden bei höherer Bewertung (wegen des damit höheren Werts des Pflichtteils der Beklagten zu 1) seine Erbschaftssteuer senken (wogegen sich in diesem Falle die Erbschaftssteuer der Beklagten zu 1 nicht unbeträchtlich erhöhen konnte); er sei allerdings "kooperativ" und "verhandlungsbereit", wenn entweder "mein Erbschaftsanspruch in Höhe von 25 % sofort befriedigt" oder "ein Vertrag, der zu dem gleichen Ergebnis im Todesfalle meiner Eltern käme, unterschrieben wird".
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Kündigung der Verwaltungsvereinbarung im Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981 nicht wirksam.
Im Gegensatz zu gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Beziehungen kommt es bei Grundstücksgemeinschaften nicht auf ein persönliches Vertrauensverhältnis der Teilhaber in der Zusammenarbeit an. Hier geht es um die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinsamen Grundbesitzes zum Besten der Teilhaber. Deshalb genügt der Wegfall des allgemeinen Vertrauens zwischen den Teilhabern grundsätzlich nicht, die einem von ihnen übertragene Verwaltung aus wichtigem Grunde zu kündigen (vgl. auch Senatsurt. v. 6. Juli 1981 - II ZR 205/80, WM 1981, 1136 f.). Vielmehr kommt eine solche Kündigung in der Regel erst dann in Betracht, wenn der Teilhaber die Verwaltung nicht ordnungsgemäß ausübt oder anhand konkreter Tatsachen zu befürchten ist, daß er von den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung abweichen werde. Das hat das Berufungsgericht verkannt, wie seine Ausführungen zur Wirksamkeit der Kündigung im Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 1981 deutlich zeigen. Gewiß mag das Schreiben des Klägers zu 2 vom 18. März 1981 das private Verhältnis der Beklagten zu ihm ganz wesentlich belastet haben. Jedoch gibt das Schreiben nichts dafür her, daß die Kläger, von denen der Kläger zu 1 Steuerberater und der Kläger zu 3 Rechtsanwalt ist, den gemeinschaftlichen Grundbesitz zukünftig nicht mehr ordnungsgemäß zum Besten aller Teilhaber verwalten werden. Ebensowenig läßt sich eine solche Befürchtung daraus entnehmen, daß das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 1981 die Überzeugung gewonnen hat, das Vertrauensverhältnis der Parteien sei nunmehr durch die mit der Frage des Einheitswerts der gemeinschaftlichen Grundstücke verknüpfte Forderung des Klägers zu 2 nach Sicherung seines elterlichen Erbteils irreparabel zerstört.
V.
Die Anschlußrevision trägt den vorstehend dargelegten Grundsätzen zur Kündigung aus wichtigem Grunde der einem Teilhaber übertragenen Verwaltung des gemeinschaftlichen Grundbesitzes ebenfalls nicht genügend Rechnung. Auch sie geht von der irrtümlichen Annahme aus, daß der Wegfall des allgemeinen Vertrauens zwischen den Teilhabern eine Kündigung ohne weiteres rechtfertige. Ferner liegt ihren Angriffen gegen die Feststellung der Vorinstanzen, daß die Kündigungen in den Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 1979 und 29. April 1980 die Verwaltungsvereinbarung nicht beendet hätten, eine fehlerhafte Vorstellung über die Rechte und Pflichten der Parteien im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung zugrunde. Zwar steht es den Beklagten frei, eine an der Verwaltungsvereinbarung vom 10. Oktober 1978 ausgerichtete Aufsicht hinsichtlich der Tätigkeit der Kläger auszuüben. Hingegen können sie nicht, wie die Revision meint, durch Weisungen in die den Klägern von allen Teilhabern übertragene Verwaltung eingreifen. Richtig ist, daß die Beklagten einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Abrechnung seitens der Kläger einschließlich ergänzender Auskünfte sowie auf rechtzeitige Auszahlung der auf sie entfallenden Erträge und der darauf vereinbarten Vorauszahlungen haben. Das verschafft ihnen jedoch kein ständiges Einsichtsrecht in die buchmäßigen Unterlagen der Kläger und keinen Anspruch auf fortlaufenden Zutritt oder alleinigen Aufenthalt im Verwaltungsbüro der Kläger für die Gemeinschaft. Weiter trifft es nicht zu, daß die Verwaltungsregelung dazu da sei, ausschließlich den Interessen der Beklagten zu dienen. Vielmehr haben die Kläger die Verwaltung des gemeinschaftlichen Grundbesitzes zum Besten aller Teilhaber durchzuführen. Daß es daran bisher gemangelt haben soll oder ein derartiger Mangel zukünftig zu befürchten sei, haben die Beklagten nicht darzutun vermocht. Letztlich erstreben sie deshalb die Verwaltertätigkeit der Kläger zu beenden, weil sie sich aus Verkennung ihrer eigenen Rechte und Befugnisse schlecht unterrichtet, ungenügend konsultiert und in ihren vermeintlichen Bestimmungsrechten eingeschränkt fühlen. Ihre Behauptung, daß die Abrechnungen der Kläger unverwertbar gewesen sein sollen, haben die Vorinstanzen, denen diese Abrechnungen vorgelegen haben, in rechtlich einwandfreier tatrichterlicher Würdigung als unzutreffend festgestellt. Da es sich bei den Abrechnungen nur um eine Gegenüberstellung der Ein- und Ausgaben sowie ein Ausweisen der sich daraus ergebenden Erträge handelt, ist nicht ersichtlich, wieso den Vorinstanzen - wie die Anschlußrevision meint - für deren Beurteilung die Sachkunde gefehlt haben soll. Schließlich bieten auch alle weiteren Beanstandungen der Beklagten zur Verwaltungstätigkeit der Kläger - auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung - keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Gefahr einer nicht ordnungsgemäßen, den jeweiligen Gegebenenheiten entsprechenden Verwaltung der gemeinschaftlichen Grundstücke.
VI.
Die Revision hat demnach Erfolg, wogegen die Anschlußrevision unbegründet ist.
VII.
Unterschriften
Stimpel
Fleck
Dr. Bauer
Dr. Kellermann
Richter am Bundesgerichtshof Bundschuh kann urlaubshalber nicht unterschreiben, Stimpel
Fundstellen