Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 15. März 2001 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten, die sich mit der Sachrüge gegen den Strafausspruch wenden; die Staatsanwaltschaft rügt zudem, daß eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist. Beide Rechtsmittel haben nur zu dem unterbliebenen Maßregelausspruch Erfolg.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer von einer alkoholbedingten erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB ausgegangen ist. Angesichts des festgestellten Leistungsverhaltens bei dem sich über zwei Tage erstreckenden Tatgeschehen durfte sie bei der geringen Aussagekraft der sich über einen langen Zeitraum erstreckenden Berechnung des Blutalkoholwertes aufgrund der Trinkmengenangaben des Angeklagten ohne Rechtsfehler Schuldunfähigkeit ausschließen (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 36). Bei dieser Sachlage kann auch offen bleiben, ob die Strafkammer statt dessen von der am zweiten Tattag um 15.15 Uhr entnommenen Blutprobe auf den Blutalkoholwert des Vorabends hätte zurückrechnen müssen, da auch eine solche Rückrechnung über einen sehr langen Zeitraum zu wenig realistischen Werten führt und zudem eine Berücksichtigung des vom Angeklagten am zweiten Tattag getrunkenen Alkohols erfordert hätte.
2. Die Strafzumessung weist weder zum Vorteil noch zum Nachteil des Angeklagten durchgreifende Rechtsfehler auf. Die Strafkammer hat entgegen der Beanstandung der Staatsanwaltschaft auch zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, daß die eigentliche Bedrohung von ihm ausgegangen war und auch er es war, der den Teleskopschlagstock verwendete (UA S. 21); eines Eingehens auf sämtliche Details der Tatbegehung bedurfte es dabei nicht. Ob es geboten gewesen wäre, als bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt den Umstand zu erörtern, daß der Angeklagte die Forderung auf die Zahlung einer weiteren Geldsumme von 10.000 DM erhoben hatte, kann dahinstehen, da hierauf das Urteil ersichtlich nicht beruht. Es kann nach Sachlage ausgeschlossen werden, daß die Strafkammer bei ausdrücklicher Berücksichtigung dieses Aspekts einen minder schweren Fall verneint oder zu einer höheren Strafe gelangt wäre.
3. Dagegen stellt es einen Rechtsfehler dar, daß das Landgericht die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht erörtert hat. Nach den Feststellungen nimmt der Angeklagte seit 1999 „extensiv” Alkohol zu sich, er trinkt „jeden 2. bis 3. Tag bis er nicht mehr kann” und hatte mitunter einen „Filmriß” (UA S. 3). Deswegen hatte sich auch das Amtsgericht Gemünden am Main am 23. August 1999 veranlaßt gesehen, neben einer Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen, die kurz nach dem hier verfahrensgegenständlichen Vorfall angetreten werden sollte. Auch bei diesem stand der Angeklagte – an beiden Tattagen – unter ganz erheblichem Alkoholeinfluß.
Bei dieser Sachlage drängte sich eine Erörterung der Anordnung der Unterbringung auf. Sie durfte auch nicht allein deshalb unterbleiben, weil bereits das Amtsgericht Gemünden am Main eine entsprechende, zwar teilweise vor der Hauptverhandlung vollstreckte, aber noch nicht erledigte Maßregel angeordnet hatte. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB ist die Anordnung auch dann zwingend, wenn die Maßregel schon in einem früheren Verfahren angeordnet war (BGHR StGB § 64 Ablehnung 6 m.w.Nachw.). Mit Rechtskraft der späteren Anordnung ist die frühere rechtlich erledigt (§ 67 f. StGB). Dafür, daß eine Entziehungskur von vornherein ohne ausreichende Erfolgsaussicht wäre, ist den Feststellungen nichts zu entnehmen.
Dieser Rechtsfehler betrifft nur den Maßregelausspruch und wirkt sich auf die Strafhöhe nicht aus, denn die Strafkammer hat den Umstand, daß der Angeklagte ohnehin untergebracht werden wird, bei der Bemessung der Strafe berücksichtigt.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Winkler, Pfister, Becker, Sost-Scheible
Fundstellen