Leitsatz (amtlich)

Es spricht für erfinderische Tätigkeit, wenn der Fachmann die Funktionen bekannter Bauteile eines Erzeugnisses ändern muss, um eine vereinfachte Konstruktion und damit eine Kostenersparnis zu erzielen, und der Stand der Technik zu einem solchen veränderten Konzept keine Anregung liefert.

 

Normenkette

PatG § 4

 

Verfahrensgang

BPatG (Urteil vom 15.06.2000; Aktenzeichen 4 Ni 39/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des BPatG v. 15.6.2000 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Das deutsche Patent 43 37 743 wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Wand- oder Deckenverkleidung mit Paneelelementen (1) mit jeweils einer Vorder- und einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten (3, 5), von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelements dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, aufweist, wobei die Feder (6) ggü. der Vorderseite (2) nach hinten versetzt angeordnet ist, und mit einer zusätzlichen Nut (9) in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5), die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, und mit Befestigungsklammern (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), deren einer sich in die zusätzliche Nut (9) erstreckt, wobei der Abstand zwischen den beiden Flügeln (12) die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt.

2. Wand- oder Deckenverkleidung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefe der Nut (4) mindestens der Tiefe der Feder (6) entspricht.

3. Wand- oder Deckenverkleidung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass an wenigstens einer der beiden Kanten (3, 5) der zwischen der Nut (4) oder der zusätzlichen Nut (9) und der Rückseite verlaufende Kantenabschnitt (8) dem Nutgrund näher benachbart ist als der zwischen der Nut (4) oder der zusätzlichen Nut (9) und der Vorderseite (2) verlaufende Kantenabschnitt (7).

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 5.11.1993 angemeldeten deutschen Patents 43 37 743 (Streitpatents). Wegen des Wortlauts der drei Patentansprüche, mit denen das Streitpatent erteilt worden ist, wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das BPatG hat unter Klageabweisung im Übrigen das Streitpatent, das die Beklagte nicht in weiter gehendem Umfang verteidigt hat, dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

"Wand- oder Deckenverkleidung mit Paneelelementen (1) mit jeweils einer Vorder- und einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten (3, 5), von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelements aufweist,

wobei die Feder (6) ggü. der Vorderseite (2) nach hinten versetzt angeordnet ist,

und mit einer zusätzlichen Nut (9) in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5),

die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft,

und mit Befestigungsklammern (10)

mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), deren einer sich in die zusätzliche Nut (9) erstreckt,

wobei der Abstand zwischen den beiden Flügeln (12) die Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt."

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin den Antrag weiter, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.

Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie das Streitpatent nur noch mit folgendem Anspruch 1 verteidigt, auf den sich die Ansprüche 2 und 3 rückbeziehen sollen:

"Wand- oder Deckenverkleidung mit Paneelelementen (1) mit jeweils einer Vorder- und einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten (3, 5), von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelements dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, aufweist, wobei die Feder (6) ggü. der Vorderseite (2) nach hinten versetzt angeordnet ist, und mit einer zusätzlichen Nut (9) in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5), die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, und mit Befestigungsklammern (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), deren einer sich in die zusätzliche Nut (9) erstreckt, wobei der Abstand zwischen den beiden Flügeln (12) die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt."

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Dipl.-Holzwirt Prof. Dr. P. G., R., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat nur Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent zulässigerweise nicht mehr verteidigt, was insoweit ohne weitere Sachprüfung zur Nichtigerklärung führt (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1996 - X ZR 49/94, MDR 1997, 159 = GRUR 1996, 857 [858] - Rauchgasklappe). Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung und Beweisaufnahme hat der Senat hingegen nicht die Überzeugung gewonnen, dass der von der Beklagten verteidigte Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig ist (§ 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

I. Das Streitpatent betrifft in der zulässigerweise verteidigten Fassung eine Wand- oder Deckenverkleidung mit Paneelelementen und diese verbindenden Befestigungsklammern.

Die Beschreibung erläutert unter Bezugnahme auf das 1976 erschienene Buch "Reparieren leicht gemacht" (D 1), dass Paneelelemente als Nut- und Feder-Bretter, - Leisten oder - Riemen bekannt seien, bei denen die Breite der Federn größer sein könne als die Tiefe der Nut, so dass zwischen zwei gleichartigen Paneelelementen eine sichtbare Fuge erzielt werde. Der gerichtliche Sachverständige hat dem zutreffend entnommen, dass das Streitpatent unter Paneelen anders als die DIN 68 740 nicht nur oberflächenveredelte, z.B. furnierte Holzwerkstoffe versteht, sondern gleichermaßen Profilbretter aus Vollholz.

Das Streitpatent befasst sich mit dem Problem, wie bei derartigen Paneelelementen in möglichst einfacher und kostengünstiger Weise unterschiedlich breite sichtbare Fugen erzielt werden können.

Im Stand der Technik seien, so heißt es in der Streitpatentschrift weiter, hierzu zum einen je nach gewünschter Fugenbreite unterschiedlich gestaltete Nut- und Federleisten verwendet worden. Zum anderen zeige die D 1 gleichartige Leisten mit beidseitiger Nut mit eingesetzter (Fremd-) Feder (auch Nut-Nut-Verbindungen genannt), bei denen die Breite der sichtbaren Nut durch die Federbreite und durch zusätzlich verwendete Metallklammern vorgegeben werde, die mittels zweier entgegengesetzter Flügel eine gleichmäßig breite Nut zwischen zwei benachbarten Leisten und damit deren parallele Ausrichtung sicherstellten. Diese Paneelart ermögliche zwar die Ausbildung verschieden breiter Fugen unter Verwendung der gleichen Leisten, erfordere dazu jedoch unterschiedlich breite Federn sowie entsprechende Befestigungsklammern, was - ähnlich wie bei unterschiedlich gestalteten Leisten - entsprechenden Platzbedarf für Lagerhaltung und Produktpräsentation bedinge.

Zur Vermeidung dieser Nachteile lehrt das Streitpatent folgende Merkmalskombination:

1. Die Wand- oder Deckenverkleidung besteht aus

a) Paneelelementen mit Vorder- und Rückseite sowie zwei gegenüberliegenden Kanten und

b) Befestigungsklammern.

2. Von den gegenüberliegenden Kanten weist

a) die eine Kante eine Nut und

b) die andere Kante eine Feder sowie eine zusätzliche Nut auf.

3. Die Feder

a) ist ggü. der Vorderseite des Paneelelements nach hinten versetzt angeordnet und

b) zum Zusammenwirken mit der Nut eines gleichartigen Paneelelements dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, ausgebildet.

4. Die zusätzliche Nut verläuft

a) zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements und

b) parallel zur Feder(ebene).

5. Die Befestigungsklammern weisen zwei entgegengesetzte Flügel auf,

a) von denen einer sich in die zusätzliche Nut erstreckt und

b) deren Abstand voneinander die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt.

Wie der Sachverständige anschaulich in der nebenstehend wiedergegebenen Anlage 13 seines Gutachtens (Bilder 16a-16e) dargestellt hat und Merkmal 3b zum Ausdruck bringt, können erfindungsgemäß zwei benachbarte Paneelelemente in unterschiedlichen Abständen voneinander so angeordnet werden, dass die Feder des einen nicht bis (annähernd) zum Grund in die Nut des anderen eingreift, die Feder jedoch gleichwohl in der Nut eingesteckt bleibt. Infolgedessen wird der Abstand zwischen den benachbarten Elementen und damit die Breite der sichtbaren Fuge durch die Befestigungsklammer festgelegt, da der Abstand zwischen den Flügeln dieser Klammer die Breite der Fuge vorgibt. Damit ermöglicht es die erfindungsgemäße Ausbildung, für Wandverkleidungen mit unterschiedlich breiter Fuge gleichartige Paneelelemente zu verwenden und allein die Befestigungsklammern entsprechend der gewünschten Fugenbreite zu variieren.

II. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das BPatG eine Wandverkleidung mit den Merkmalen 1 bis 5 zu Recht für neu erachtet.

1. Die in D 1 gezeigten Wandverkleidungen sind zuvor bereits in den Unterlagen des Gebrauchsmusters 1 954 172 (D 5) beschrieben. Dabei zeigt nur das Ausführungsbeispiel nach Figur 2a und der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2b eine Nut-Feder-Verbindung, bei der die "andere" Kante des Paneelelements eine Feder aufweist. Jedoch fehlt es bereits an einer zusätzlichen Nut in der "anderen" Kante i.S.d. Merkmale 2b und 4. Die übrigen Ausführungsbeispiele haben entweder überhaupt keine Nut-Feder-Verbindung oder eine solche in Form einer Nut-Nut-Verbindung (Figur 6), wobei auch hier wiederum keine zusätzliche Nut vorhanden ist, da die Befestigungsklammer auf beiden Seiten in dieselbe Nut eingreift, die auch zur Herstellung der Nut-Feder-Verbindung dient.

2. Die deutsche Offenlegungsschrift 30 12 041 (D 2) betrifft ein Paneel für eine Innenwandbekleidung mit einer sichtseitigen Randfeder, das an dem einen Längsrand einteilig mit dem Paneel ausgebildet ist und mit einer in dem gegenüberliegenden Längsrand ausgebildeten Nut, wobei die Längsränder in einem stumpfen Winkel ggü. der Sichtfläche nach innen zeigen, wie die nachfolgend abgebildeten Figuren 1 und 2 veranschaulichen. Die Randfeder ist durch eine Hinterschneidung des einen Längsrandes, die Nut durch eine Ausnehmung des anderen Längsrandes gebildet, wobei in die Hinterschneidung und die Nut ein sich zur Längsrichtung und parallel zur Querrichtung der Paneele erstreckender Schlitz eingearbeitet ist, der zur Aufnahme einer Befestigungsklammer mit zwei entgegengesetzten Flügeln dient. Die Feder ist jedoch nicht zum Zusammenwirken mit der Nut eines gleichartigen Paneelelements dergestalt ausgebildet, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt (Merkmal 3b). Eine derartige Ausbildung kommt bei dem vorbekannten Paneelelement nicht in Betracht, da bei einer Vergrößerung der Fugenbreite Nut und Feder nicht mehr ineinander griffen und zudem das durch mit der besonderen Ausgestaltung der Fuge angestrebte "balkenartige Erscheinungsbild" zerstört würde.

3. Von den in dem 1983 erschienenen Werk von Pracht, Möbel und Innenausbau - Handbuch der Holzkonstruktion (D 9), gezeigten Wandbekleidungen weisen nur die nachfolgend gezeigten Beispiele eine Verbindung benachbarter Paneele durch eine in eine Nut in der gegenüberliegenden Kante eingreifende Feder an der anderen Kante und eine Befestigungsklammer auf. Die Klammern haben jedoch keine zwei voneinander beabstandeten, entgegengesetzten Flügel, sondern sind, wie die Erörterung mit dem Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nach dem Verständnis der Fachmanns einflüglig. Zudem ist auch keine zusätzliche Nut i.S.d. Merkmale 2b und 4 erkennbar. Vielmehr sind die im oberen Beispiel gezeigten Zacken an dem von der Nut wegweisenden Teil der Klammer ersichtlich und wie auch der Sachverständige hervorgehoben hat, dazu bestimmt, zur Verbindung zwischen Paneel und Klammer in das Holz eingepresst zu werden. Beim unteren Beispiel fehlt es überhaupt an einem Eingriff der Klammer in die mit der Feder versehene Paneelkante.

4. Die nach der Behauptung der Klägerin vorveröffentlichte "STABA Sonderkrallenliste" (D 10) zeigt tabellarisch verschiedene als Fugenkrallen bezeichnete Befestigungsklammern i.S.d. Streitpatents. Soweit in der ersten Zeile ("INFO") deren Einsatz zur Verbindung von Paneelelementen dargestellt ist, sind nur Nut-Nut-Verbindungen erkennbar.

5. Der übrige Stand der Technik liegt vom Gegenstand des Streitpatents noch weiter ab und bedarf daher keiner Erörterung.

III. Wie das BPatG ist auch der Senat nicht überzeugt, dass der Stand der Technik dem Fachmann den im Berufungsverfahren noch verteidigten Gegenstand des Streitpatents nahe gelegt hat, so dass es zu seiner Bereitstellung keiner erfinderischen Tätigkeit bedurft hätte.

1. Als zuständigen Fachmann hat das BPatG einen an einer Fachschule ausgebildeten Holztechniker angesehen. Der Gebrauchsmustersenat des BPatG hat auf einen Schreinermeister mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung auch auf dem Gebiet des Verlegens von Paneelelementen abgestellt (BPatG, Beschl. v. 13.1.1999 - 5 W (pat) 417/98). Demgegenüber hat der gerichtliche Sachverständige zwar erläutert, dass in größeren Innenausbaubetrieben für Planungs- und Entwicklungsaufgaben zum Anmeldezeitpunkt auch Diplom-Ingenieure (FH) der Holztechnik eingesetzt worden seien. Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat jedoch ergeben, dass es sich bei den in Betracht kommenden Betrieben mehrheitlich um mittlere und kleine Betriebe gehandelt hat, in denen die Fortentwicklung bekannter Techniken vornehmlich nicht an einer Hochschule ausgebildeten Praktikern - einem Meister oder Techniker, ggf. auch einem erfahrenen Gesellen - oblegen hat. Von dem Wissensstand und den Tätigkeiten dieses Personenkreises ist daher für die weitere Beurteilung auszugehen.

2. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu II ergibt, wird bei den im Stand der Technik bekannten Nut-Feder-Verbindungen i.S.d. Streitpatents (d.h. solchen, die nicht Nut-Nut-Verbindungen mit eingesetzter Feder sind) die Breite der sichtbaren Fuge durchweg durch die Tiefe der Nut und die korrespondierende Breite der bis (annähernd) in den Nutgrund eingreifenden Feder bestimmt. Demzufolge hat der Fachmann, wenn er unterschiedlich breite sichtbare Fugen mit solchen Verbindungen realisieren wollte, die Nut-Feder-Verbindung entsprechend angepasst. Weder das Vorbringen der Parteien noch die eingehende Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung hat hervorgebracht, was den Fachmann hätte veranlassen sollen, hiervon abzugehen.

Insbesondere vermittelten hierzu diejenigen bekannten Lösungen keine Anregung, bei denen die Paneelelemente - sei es zusätzlich zu einer Nut-Feder-Verbindung i.S.d. Streitpatents, sei es in Kombination mit einer Nut-Nut-Verbindung - mit einer Befestigungsklammer versehen worden sind. Denn die Befestigungsklammer erscheint immer - wie ihr Name auch sagt - als Befestigungselement, das der Befestigung der Paneelelemente an der Unterkonstruktion dient, und nicht als "Abstandshalter", d.h. als ein Element, das der Fachmann verwendet hätte, um allein damit die Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen festzulegen. Vielmehr entsprach es, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats erläutert hat, der Praxis, bei Nut-Nut-Verbindungen unterschiedlich breiten Sichtfugen auch dann durch entsprechend unterschiedlich breite Einsatzfedern Rechnung zu tragen, wenn theoretisch der Abstand allein durch - in unterschiedlichen Breiten bekannte - Befestigungsklammern hätte bestimmt werden können, obwohl auf der Hand lag, dass dies den notwendigen Umfang und damit auch die Kosten der Lagerhaltung erhöhte. Schon wegen dieser Wahl der Federbreite nach der gewünschten Fugenbreite kann entgegen der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vertretenen Auffassung auch nicht angenommen werden, dass es für den Fachmann nahe gelegen hätte, bei einer solchen Nut-Nut-Verbindung die Fremdfeder durch die Ausbildung einer Feder an einem der beiden Paneelelemente zu ersetzen, da dies bedeutet hätte, anstelle der unterschiedlich breiten Fremdfedern - mit entsprechend größerem Aufwand - unterschiedliche Paneelelemente herstellen und vorhalten zu müssen.

Um zu der erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen, musste der Fachmann daher die Funktion der Nut-Feder-Verbindung einerseits und der Befestigungsklammer andererseits neu konzipieren. Insbesondere die Nut-Feder-Verbindung verliert ihre herkömmliche Bedeutung, da die Feder nicht mehr, wie es bis dahin geschehen ist, in den Nutgrund eingeführt wird (wenn auch im Hinblick auf die zu berücksichtigende Quellung des Holzes nur annähernd). Ohne einen konkreten Anstoß hierzu lässt sich nicht feststellen, dass ein solches verändertes Konzept für den Fachmann nahe gelegen hätte. Vielmehr spricht es für erfinderische Tätigkeit, wenn der Fachmann die Funktionen bekannter Bauteile eines Erzeugnisses ändern muss, um eine vereinfachte Konstruktion und damit eine Kostenersparnis zu erzielen, und der Stand der Technik zu einem solchen veränderten Konzept keine Anregung liefert (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.1990 - X ZR 75/87, zu III 3 der Entscheidungsgründe, bei juris nachgewiesen - Feuerschutzabschluss; Urt. v. 14.3.1978 - X ZR 18/73; Liedl 1978/80, 19, 48 ff.; auszugsweise auch in Mitt. 1978, 136 [137] - Erdölröhre).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Entgegenhaltung D 5 in Figur 4 eine Deckenverkleidung gezeigt ist, deren Elemente nicht durch Federn, sondern nur durch Klammern verbunden sind, die nach der Beschreibung (S. 11 f.) insb. für offene Fugen gedacht sind und als "Abstandskrallen" bezeichnet werden, die bei Entlüftungs- und Akustikdecken verwendet werden sollen. Wie das BPatG und der gerichtliche Sachverständige sieht auch der Senat keinen Anhalt dafür, dass der Fachmann dieser im Übrigen dem Gegenstand des Streitpatents fern stehenden Deckenverkleidung Anregungen für die Ausgestaltung von Paneelelementen mit Nut-Feder-Verbindung entnommen hätte.

Schließlich beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf die Löschung des Gebrauchsmusters 93 16 939 durch den Beschluss des BPatG v. 13.1.1999, dem sie entnehmen möchte, dass das Streitpatent erst recht nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen könne. Aus der Löschung des Gebrauchsmusters lässt sich schon deshalb nichts zu Gunsten der Klägerin herleiten, weil weder der der Eintragung zu Grunde gelegte noch der im Löschungsverfahren verteidigte Schutzanspruch die Merkmale 3b und 5b enthalten hat.

IV. Mit Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung haben auch die Patentansprüche 2 und 3 Bestand, die die Beklagte mit der Maßgabe verteidigt, dass sie sich ihrerseits nicht auf ein Paneelelement nach dem erteilten, sondern auf eine Wand- oder Deckenverkleidung nach dem zuletzt noch verteidigten Patentanspruch 1 rückbeziehen sollen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1288735

BGHR 2005, 525

BPatGE 2005, 303

Mitt. 2005, 119

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge