Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalbildende Lebensversicherung. Risikoversicherung. Kapitalteil. Versicherungsbedingung. Ersetzungsbefugnis. Anwendungsbereich. Vertragsergänzung. Privatautonomie. Vertragsfreiheit. Einschränkung. Versicherungsnehmer. Verfassungswidrigkeit. Klausel. Inhaltskontrolle. Transparenzgebot. Intransparenz. Unwirksamkeit. Regelungslücke. Versicherungsunternehmen. Zustimmung. Treuhänder. Beitragsfreistellung. Kündigung. Abzug. Stornoabzug. Rückkaufswert. Versicherungssumme. Verrechnung. Abschlusskosten. Beendigung. Beitragszahlung. Beitragsfreie Versicherungssumme. Mindestbetrag. Prämienkalkulation. Deckungskapital
Leitsatz (redaktionell)
1. § 172 Abs. 2 VVG ist auch auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen im Sinne von § 172 Abs. 1 VVG. Das Gesetz gibt den Lebensversicherungsunternehmen das Recht, bei allen Arten der Lebensversicherung ohne Zustimmung der Versicherungsnehmer unwirksame Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders durch neue Bestimmungen zu ersetzen, wenn zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist. Die damit verbundene Einschränkung der durch das Grundgesetz gewährleisteten Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer ist nicht verfassungswidrig. Sie ist im Interesse der Rechtssicherheit und der nach § 11 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) gebotenen Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer sachlich notwendig.
2.
Die verfassungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, müssen jedoch hinreichend gewahrt werden. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch sichergestellt, dass die neuen Klauseln sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Materiell ist dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen des § 172 Abs. 2 VVG präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung zu tragen.
Die Ergänzung ist im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG zur Fortführung des Vertrages notwendig, wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung in den Versicherungsbedingungen eine Regelungslücke im Vertrag entsteht. Das ist der Fall, wenn die Unwirksamkeit die Leistungspflichten der Parteien betrifft. Da die Unwirksamkeit einer Klausel dazu führt, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war, wirkt die lückenfüllende Vertragsergänzung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück. § 172 Abs. 2 VVG erfasst deshalb auch gekündigte und beitragsfrei gestellte Verträge.
3.
Die von den beklagten Versicherungsunternehmen mit Zustimmung eines Treuhänders vorgenommene Ersetzung der unwirksamen Klauseln durch (ihrer Meinung nach) transparent formulierte inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
- Für die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (Stornoabzug) gibt es eine Regelung im Gesetz. Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung wie hier unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen Abzug.
- Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Klauseln über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts bei Kündigung und über die Verrechnung der Abschlusskosten unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Bei inhaltsgleicher Ersetzung blieben der Verstoß gegen das Transparenzgebot folgenlos und die wegen Intransparenz unwirksamen Klauseln mit den verdeckten Nachteilen bei Kündigung und Beitragsfreistellung für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich.
4.
Da die Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG gescheitert ist, hatte der Senat im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden, ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung führt zu folgendem Ergebnis: Bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.
Normenkette
VVG § 172 Abs. 1-2, § 174 Abs. 4, § 176 Abs. 4; VAG § 11 Abs. 2; BGB § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Aachen v. 10.7.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die vom Bund der Versicherten unterstützte Klägerin verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen, im Wege der Stufenklage Auskunft über den Rückkaufswert einer kapitalbildenden Lebensversicherung ohne Verrechnung mit Abschlusskosten und ohne Stornoabzug sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.
Die Klägerin hat den zum 1.10.1995 mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossenen Vertrag zum 30.9.1998 gekündigt und die Auszahlung des Rückkaufswerts verlangt. Die Beklagte hat die Gesamtleistung einschließlich Gewinnbeteiligung ohne nähere Aufschlüsselung mit 11.330,70 DM angegeben und nach Abzug von 143,05 DM Kapitalertragssteuer an die Klägerin 11.187,65 DM ausgezahlt, nachdem diese die Kündigung mit Schreiben v. 6.8.1998 bestätigt hatte. Im Dezember 2001 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Neuberechnung des Rückkaufswerts ohne Berücksichtigung von Abschlusskosten. Im Mai 2002 hat sie eine darauf gerichtete Klage erhoben, die sie im Berufungsverfahren um den Wegfall des Stornoabzugs erweitert hat.
Dem Vertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zu Grunde, die in § 6 für den Fall der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und der Kündigung Bestimmungen über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts sowie über einen Stornoabzug in beiden Fällen enthielten. Diese Klauseln der Beklagten hat der Senat auf Klage des Bundes der Versicherten durch Urteile v. 9.5.2001 (BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373 = MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Lebensversicherers (BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG für unwirksam erklärt. Die dem Vertrag mit der Klägerin zu Grunde liegende Regelung in § 15 AVB der Beklagten über die Erhebung und Ausgleichung der Abschlusskosten ist im Verbandsklageverfahren durch rechtskräftig gewordenes Urteil des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 28.5.1999 - 2 U 219/98, OLGReport Stuttgart 1999, 317 = VersR 1999, 832) ebenso wie eine gleichartige Klausel eines anderen Versicherers durch Urteil des Senats v. 9.5.2001 (BGH v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt worden. Der Senat hat die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer durch beide Klauseln darin gesehen, dass dem Versicherungsnehmer die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insb. in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten bis zum Höchstzillmersatz (sog. Zillmerung, § 25 Abs. 1 S. 2 RechVersV, § 4 DeckRV) in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.
Die Beklagte hat daraufhin im Wege des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG die für unwirksam erklärten Klauseln durch inhaltsgleiche, ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt und die Versicherungsnehmer davon benachrichtigt. Die § 6 AVB betreffende Änderung hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben v. 4.1.2002 mitgeteilt, die § 15 AVB betreffende, im Treuhänderverfahren vom Juli 2000 vorgenommene Änderung mit der Klageerwiderung. Die Klägerin hat den Änderungen widersprochen. Sie hält die Klauselersetzung für unwirksam. Nach ihrer Ansicht ist § 172 Abs. 2 VVG nur auf Risikoversicherungen gem. § 172 Abs. 1 VVG, nicht aber auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar, jedenfalls nicht auf gekündigte Verträge. Keinesfalls sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel durch eine inhaltsgleiche zu ersetzen.
Die Beklagte hält die Klauselersetzung für wirksam und meint weiter, die Klägerin habe durch die Bestätigung der Kündigung den Auszahlungsbetrag als verbindlich anerkannt und den geltend gemachten Anspruch auf einen höheren Rückkaufswert jedenfalls verwirkt.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die vom AG und LG abgewiesenen Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
A. Das Berufungsgericht hält die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen AVB-Klauseln im Wege des Treuhänderverfahrens für wirksam. § 172 Abs. 2 VVG sei auf die kapitalbildende Lebensversicherung und auch auf bereits durch Kündigung beendete Verträge anwendbar.
B. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwendung des § 172 Abs. 2 VVG und seine daraus abgeleiteten Folgen für den Auskunftsanspruch der Klägerin halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
I. § 172 Abs. 2 VVG ist auf die kapitalbildende Lebensversicherung anwendbar und nicht nur auf die Risikoversicherungen i.S.v. § 172 Abs. 1 VVG.
1. § 172 Abs. 1 VVG betrifft nur Versicherungen, bei denen der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers ungewiss ist. Das sind reine Risikoversicherungen, etwa die Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die Unfallzusatzversicherung, die Dread-Disease-Versicherung (Versicherungsfall ist eine schwere Erkrankung) und die Pflegeversicherung (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 172 Rz. 6, wobei es offenbar versehentlich "gewiss" heißt, richtig in Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 172 Rz. 3 "ungewiss"; BK/Schwintowski, § 172 VVG Rz. 8). Bei der gemischten, kapitalbildenden Lebensversicherung (Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene Lebensversicherung) ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde nach gewiss. Entweder ist die Todesfallleistung zu zahlen oder die Ablaufleistung oder Rente. Zweifel an der Gewissheit bestehen allenfalls dann, wenn die für den Todesfall vereinbarte Leistung höher ist als die für den Erlebensfall (Engeländer, VersR 2000, 274 [278]).
2. Ob § 172 Abs. 2 VVG auch die kapitalbildende Lebensversicherung erfasst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
a) Der Bund der Versicherten und die Klägerin meinen, § 172 Abs. 2 VVG gelte nur für die Risikoversicherungen des Abs. 1 und bei kapitalbildenden Lebensversicherungen jedenfalls nicht für den "Kapitalteil". Diese enge Auslegung wird in der Literatur vertreten von Schünemann (Schünemann, VersR 2005, 323; Schünemann, VersR 2004, 817; Schünemann, VersR 2002, 393; Schünemann, NVersZ 2002, 145; Schünemann, JZ 2002, 460 [462], Entscheidungsanmerkung; Schünemann, JZ 2002, 134; Schünemann, VuR 2002, 100 [103], Entscheidungsanmerkung; Schünemann, VuR 2002, 85), Bäuerle/Schünemann (Bäuerle/Schünemann, Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, Gutachten für den BdV), Römer (Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 172 Rz. 13 ff.) und Buchholz-Schuster (Buchholz-Schuster, NVersZ 2000, 207, unter Bezugnahme auf Römer), in diese Richtung tendierend wohl auch Dörner (Dörner, LM Nr. 47 zu § 8 AGBG, Entscheidungsanmerkung zu BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373 = MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl; Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542).
b) Überwiegend wird in der Literatur die von den Lebensversicherungsunternehmen bevorzugte Ansicht vertreten, § 172 Abs. 2 VVG erfasse alle Lebensversicherungen (BK/Schwintowski, § 172 VVG Rz. 23; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 172 Rz. 17 ff.; Kollhoser, VersR 2003, 807 ff.; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 11 mit umfassender Darstellung der gesamten Problematik zu § 172 VVG Rz. 18-24, 43-49, 117-144; Wandt VersR 2001, 1449; Wandt, VersR 2002, 1362 f., Entscheidungsanmerkung; Wandt, Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gem. § 172 VVG, Gutachten für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - GDV -; Wandt, Änderungsklauseln in Versicherungsverträgen, Rz. 286-288, 293-305; Höra/Müller-Stein in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, § 24 Rz. 205-208; Präve in Prölss, VAG, 12. Aufl., § 11b Rz. 14, 15; Präve, VersR 2001, 839 [841, 846, 848], Anm. zu BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373 = MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl; Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542; Präve, VersR 2000, 1138 f.; Präve, Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, Rz. 475; Armbrüster, EWiR § 3 UWG 2/02, 1109; Lorenz, VersR 2002, 410, auch zum verfassungsrechtlichen Aspekt; Lorenz, VersR 2001, 1146, Anm. zu OLG Stuttgart v. 6.4.2001 - 2 U 175/00, VersR 2001, 1141; Fricke, NVersZ 2000, 310; Baroch Castellvi, NVersZ 2001, 529 [534]; Reiff, ZIP 2001, 1058 [1060 f.], Anm. zu BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542 = ZIP 2001, 1052; Jaeger, VersR 1999, 26 [29 f.]; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49; Rosenow/Schaffelhuber, ZIP 2001, 2211 [2222]; Kirscht, VersR 2003, 1072).
c) In der Rechtsprechung der mit zahlreichen Verfahren befassten Instanzgerichte werden ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die OLG folgen, soweit ersichtlich, im Wesentlichen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht (OLG Stuttgart v. 6.4.2001 - 2 U 175/00, VersR 2001, 1141, m. Anm. Lorenz; OLG München v. 1.7.2003 - 25 U 2283/03, VersR 2003, 1024; OLG Braunschweig v. 8.10.2003 - 3 U 69/03, OLGReport Braunschweig 2004, 31 = VersR 2003, 1520; OLG Celle VersR 2005, 535; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.7.2005 - 8 U 3187/04; anders für bei Wirksamwerden der Änderung gekündigte Verträge OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.5.2005 - I-4 U 146/04, OLGReport Düsseldorf 2005, 433).
3. Für das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis sind folgende Erwägungen maßgebend:
a) Schon der Wortlaut "der Lebensversicherung" spricht dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG alle Lebensversicherungen meint. Wenn das Gesetz von der Lebensversicherung ohne nähere Erläuterung spricht, sind auch sonst alle Lebensversicherungsarten gemeint. Soll eine Regelung nur bestimmte Arten der Lebensversicherung betreffen, wird diese Art der Lebensversicherung ausdrücklich benannt, so z.B. in §§ 165 Abs. 2, 166 Abs. 1 S. 1, 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1, 176 Abs. 1 S. 1 VVG (Kapitalversicherung). In § 172 Abs. 1 VVG werden ebenfalls nur bestimmte Versicherungen bezeichnet, nämlich die mit ungewisser Leistungspflicht des Versicherers. Um zum Ausdruck zu bringen, dass in Abs. 2 nur diese Versicherungen gemeint sind, wäre die gleiche Formulierung zu erwarten wie in § 176 Abs. 2 VVG, nämlich "bei einer Versicherung der in Abs. 1 bezeichneten Art". Demgegenüber lässt sich der Formulierung "der Lebensversicherung" eine solche Beschränkung nicht entnehmen.
b) Der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG spricht ebenfalls dafür, dass § 172 Abs. 2 VVG nicht nur auf die Versicherungen der in Abs. 1 bezeichneten Art anwendbar ist. Beide Bestimmungen geben dem Versicherer das Recht, im Treuhänderverfahren neue Versicherungsbedingungen einzuführen. § 178g Abs. 3 S. 1 VVG enthält das Recht, die Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen bei einer nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zu ändern, hat also die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge im Blick ebenso wie das Recht zur Prämienanpassung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Befugnis in Abs. 3 S. 2, unwirksame Bedingungen im Treuhänderverfahren zu ersetzen, war im RegE noch nicht enthalten (BT-Drucks. 12/6959, 37). Sie ist gemeinsam mit § 172 Abs. 2 VVG erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In § 178g Abs. 3 S. 2 VVG betrifft die Ersetzungsbefugnis eindeutig nur die in S. 1 genannten Versicherungsverhältnisse. Dieser Zusammenhang wird einmal dadurch hergestellt, dass die Regelung als S. 2 in denselben Absatz eingefügt wurde. Zum anderen ergibt sich der enge Zusammenhang ersichtlich auch daraus, dass es in S. 2 nur heißt "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, ...". Bei der Lebensversicherung ist der Gesetzgeber anders vorgegangen. Im RegE hatte § 172 VVG nur einen Absatz (BT-Drucks. 12/6959, 35). Hätte die Ersetzungsbefugnis nur für die Risikoversicherungen gelten sollen, hätte es nahe gelegen, sie wie bei § 178g Abs. 3 VVG durch Anfügen des vergleichbaren Satzes "Ist in den Versicherungsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, ..." zu regeln. Stattdessen ist die Ersetzungsbefugnis aber in einem eigenen Absatz untergebracht und außerdem hinzugefügt worden "der Lebensversicherung". Das spricht gegen die Ansicht von Römer (Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 172 Rz. 14), § 172 Abs. 2 VVG könne nicht aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 gelöst werden. Der Gesetzgeber hat diesen Zusammenhang gelöst, wie der Vergleich mit § 178g Abs. 3 VVG zeigt.
c) Die Entstehungsgeschichte ergibt kein klares Bild. Sie spricht aber nicht gegen, sondern eher für einen weiten Anwendungsbereich von § 172 Abs. 2 VVG. Erwähnt wird dieses Problem in den Gesetzesmaterialien nicht. Wie zuvor unter b) ausgeführt, enthielt der RegE keine Befugnis der Versicherer, unwirksame Bedingungen in der Lebens- oder Krankenversicherung zu ersetzen. In der Lebensversicherung ging es im Entwurf nur um die Anpassung von Prämien und der Überschussbeteiligung bei den Versicherungen, die jetzt in Abs. 1 genannt sind. Nur bei solchen Versicherungen, nicht aber bei der kapitalbildenden Lebensversicherung ("Sparprodukte"), haben der Gesetzgeber und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom September 1993 einen Bedarf für eine Prämienanpassungsregelung gesehen. Der GDV hat aber in der Stellungnahme vom September 1993 ebenso wie bei seinen Änderungsvorschlägen vom März 1994 weiter gehend gefordert, dass die Lebensversicherer auch das Recht erhalten sollen, nachträglich einzelne Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen zu ändern. Dabei ging er ebenso wie der RegE davon aus, dass diese Möglichkeit der Vereinbarung bedarf, also einer vertraglichen Änderungsklausel. Die Vorstellung des GDV ging dahin, dass der Inhalt der Bedingungsänderungsklausel gewissermaßen in das Gesetz aufgenommen wird. Er wollte also eine so geartete, wie es in seiner Stellungnahme vom März 1994 formuliert ist, gesetzliche Bedingungsänderungsmöglichkeit. Diese Vorstellung hat der Gesetzgeber auch umgesetzt, allerdings ohne den Umweg über eine vertragliche Änderungsklausel. (So hat der Senat dies auch in der Entscheidung zur Prämienanpassung in der Krankenversicherung gesehen, BGH, Urt. v. 16.6.2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323 = BGHReport 2004, 1213 m. Anm. Baroch Castellví = MDR 2004, 1183). Nach dem Willen des Gesetzgebers tragen die §§ 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 S. 2 VVG der geltend gemachten Forderung Rechnung nach einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit für Lebensversicherungsverträge und Krankenversicherungsverträge, die i.d.R. für den Versicherer unkündbar sind und bei denen sich unabweisbarer Anpassungsbedarf ergibt, wenn etwa durch Rechtsprechung eine leistungsbeschreibende AVB-Klausel für unwirksam erklärt worden ist, weil insoweit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann (BT-Drucks. 12/7595, 112, BT-Drucks, 12/7595, 103 [105]). Dieses Verständnis wird gestützt durch die Anmerkungen von Renger (Renger, VersR 1994, 753 [755]) zu den Änderungen im Gesetzgebungsverfahren. Danach sei die von der Versicherungswirtschaft erhobene Forderung nach Aufnahme einer generellen gesetzlichen Anpassungsklausel für bestehende Versicherungsverhältnisse bei veränderten Umständen durch §§ 172 Abs. 2 und 178g Abs. 3 S. 2 VVG in eng umschriebener Weise aufgegriffen worden. In der Literatur habe eine gesetzliche Anpassungsregelung jedenfalls für den Fall Zustimmung gefunden, dass durch höchstrichterliche Rechtsprechung Regelungen in AVB für unwirksam erklärt werden.
4. Die Anwendung von § 172 Abs. 2 VVG auf alle Arten der Lebensversicherung ist nicht verfassungswidrig. Die allerdings nicht sehr präzise gefasste Vorschrift ermöglicht eine Auslegung, die die vom Kläger unter Hinweis auf Bäuerle und Schünemann (Bäuerle/Schünemann, Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht; Schünemann, JZ 2002, 134; Schünemann,VersR 2002, 393) erhobenen, im Ansatz teilweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumt.
§ 172 Abs. 2 VVG schränkt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie der Versicherungsnehmer ein, weil sie dem Versicherer ein einseitiges Recht zur Vertragsergänzung einräumt. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, weil von der Unwirksamkeit einer Klausel regelmäßig eine sehr hohe Zahl von Verträgen (laut Bäuerle/Schünemann, Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht, S. 19 hier zwischen 10 und 15 Mio.) betroffen ist. Eine Vertragsergänzung mit Zustimmung aller Versicherungsnehmer ist praktisch nicht durchführbar und würde deshalb die Rechtssicherheit und die nach § 11 Abs. 2 VAG gebotene Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gefährden (Präve in Prölss, VAG, 12. Aufl., § 11 Rz. 9, § 11b Rz. 14, 15; Lorenz, VersR 2002, 410 ff.; Lorenz, VersR 2001, 1147; Wandt, VersR 2001, 1451; Römer, VersR 1994, 125). Ohne die Ersetzungsmöglichkeit des § 172 Abs. 2 VVG blieben alle Verträge lückenhaft, bei denen die Versicherungsnehmer der Ergänzung nicht zugestimmt haben. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn im Individualprozess eines Versicherungsnehmers der BGH die neue Bestimmung billigen würde, weil dies die Zustimmung des Versicherungsnehmers, wenn sie nötig wäre, nicht ersetzen könnte. Beim Vorgehen nach § 172 Abs. 2 VVG werden die Änderungen dagegen durch die Mitteilung nach § 172 Abs. 3 VVG Vertragsinhalt. Sie unterliegen allerdings wie jede andere AGB-Klausel der richterlichen Inhaltskontrolle.
Die Rechtsordnung muss dafür sorgen, dass die verfassungsrechtlich geschützten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (BVerfG, Urt. v. 26.7.2005, VersR 2005, 1109 [1117 f., 1124]; Urt. VersR 2005, 1127 [1130 f.]). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies dadurch gewährleistet, dass die neuen Klauseln nach inzwischen einhelliger, vom Senat geteilter Ansicht sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess nach dem Unterlassungsklagengesetz der uneingeschränkten richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. zur Prämienanpassung im Treuhänderverfahren bei der Krankenversicherung nach § 178g Abs. 2 VVG BVerfG v. 28.12.1999 - 1 BvR 2203/98, VersR 2000, 214; BGH, Urt. v. 16.6.2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323 = BGHReport 2004, 1213 m. Anm. Baroch Castellví = MDR 2004, 1183). Materiell trägt der Senat dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer durch eine die Voraussetzungen und Wirkungen der Vorschrift präzisierende und einschränkende Auslegung Rechnung (dazu nachfolgend unter II. und III.).
Soweit Bäuerle und Schünemann (Bäuerle/Schünemann, Ersetzung unwirksamer Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung aus verfassungs- und zivilrechtlicher Sicht) verfassungsrechtliche Bedenken auf die umstrittene Geschäftsbesorgungstheorie der Versicherung stützen und daraus folgend den "Kapitalteil" der Lebensversicherung vom "Risikoteil" abspalten, ihn wie andere Kapitalanlagen behandeln und den dafür geltenden Vorschriften unterwerfen wollen, ist darauf nicht näher einzugehen. Dieses Verständnis entspricht nicht dem Gesetz. Die Konzeption des Gesetzes ist die eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrages, für den insgesamt das Versicherungsvertragsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Rechnungslegung für Versicherungsunternehmen (§§ 341 ff. HGB) und nicht etwa stattdessen teilweise die Vorschriften des Kapitalanlagerechts gelten. Das gesetzliche Modell der kapitalbildenden Lebensversicherung ist durch die Urteile des BVerfG v. 26.7.2005 bestätigt worden.
II. Voraussetzung für die rechtmäßige Durchführung des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VVG ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist, zur Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung notwendig ist und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und deren Angemessenheit bestätigt hat.
1. a) Die Unwirksamkeit einer Klausel kann nur durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde oder der Kartellbehörde oder eine höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden (so wohl auch Römer, VersR 1994, 125 [127]). Nur solche Entscheidungen schaffen abschließend Rechtsklarheit. Ihnen lassen sich regelmäßig auch die Maßstäbe dafür entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ergänzung in Betracht kommt. Rechtskräftige Urteile der Instanzgerichte gewährleisten dies nicht. Wie insb. die zahlreichen Verfahren zu § 172 Abs. 2 VVG zeigen, können Entscheidungen der Instanzgerichte im Ergebnis und in der Begründung sehr unterschiedlich ausfallen. Das führt zwar dazu, dass bei schwierigen und komplexen Problemen viele relevante Gesichtspunkte aufgezeigt werden und die wissenschaftliche Diskussion angeregt wird. Für den Versicherer, der unterlegen ist, und andere Versicherer, die gleichartige Klauseln verwenden, bleibt die Rechtslage aber zunächst unklar, insb. bei im Ergebnis unterschiedlichen rechtskräftigen Instanzurteilen. So könnte sich ein Treuhänderverfahren als unnötig erweisen, wenn der BGH in einem anderen Verfahren die beanstandete Klausel für wirksam hält (so im Fall der Beklagten das Treuhänderverfahren zur Ersetzung der vom OLG Stuttgart v. 28.5.1999 - 2 U 219/98, OLGReport Stuttgart 1999, 317 = VersR 1999, 832 [835 f.] - für unwirksam erklärten Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in § 17 AVB, die in vergleichbarer Form Gegenstand des Senatsurteils v. 9.5.2001 gegen einen anderen Versicherer waren und vom Senat für wirksam gehalten wurden, BGH v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 [356, 367 ff.] = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542). Andererseits hätten die direkt oder mittelbar von sich widersprechenden Instanzentscheidungen betroffenen Versicherer die Wahl, ob sie die Klausel ersetzen oder nicht. Eine abschließende Klärung der Wirksamkeit kann deshalb nur durch das Revisionsgericht erfolgen. Einem Versicherer ist auch zuzumuten, das ihm ungünstige Urteil eines Instanzgerichts mit Rechtsmitteln anzugreifen, wenn es um die Wirksamkeit einer Klausel in seinen Versicherungsbedingungen geht und er von der Ersetzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.
Die wohl nur von Kollhosser (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 172 Rz. 23) vertretene Ansicht, der Versicherer könne in eigener Verantwortung über die Unwirksamkeit entscheiden, ist abzulehnen (so auch Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rz. 127; BGH v. 17.3.1999 - IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 [157] = MDR 1999, 933 m. Anm. Terbille). Dies würde die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers in nicht hinnehmbarer Weise einschränken. Damit würde dem Versicherer ein Mittel in die Hand gegeben, mit dem er beliebig in die Vertragsparität eingreifen könnte, indem er ihm nicht genehme Klauseln für unwirksam erklärt und den Vertrag mit Hilfe des Treuhänders einseitig zu seinem Vorteil ändert (so Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49 f.).
Die Feststellung der Unwirksamkeit eröffnet nicht nur dem Versicherer das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG, gegen den die Entscheidung ergangen ist, sondern allen Versicherern, die gleichartige, aus denselben Gründen als unwirksam anzusehende Klauseln verwenden (Präve in Prölss, VAG, 12. Aufl., § 11b Rz. 18; Wandt, VersR 2001, 1453; Langheid/Grote, NVersZ 2002, 49 [51]).
b) Die Unwirksamkeit der Bestimmungen über Beitragsfreistellung, Kündigung und Rückkaufswert in § 6 AVB der Beklagten, die durch das Treuhänderverfahren von Ende 2001/Anfang 2002 ersetzt werden sollten, ergibt sich aus dem Senatsurteil v. 9.5.2001 (BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373 = MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl). Dem am 1.7.2000 abgeschlossenen Treuhänderverfahren zur Ersetzung der Klausel über die Abschlusskostenverrechnung in § 15 AVB lag dagegen noch kein Urteil des Senats, sondern nur das rechtskräftige Urteil des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 28.5.1999 - 2 U 219/98, OLGReport Stuttgart 1999, 317 = VersR 1999, 832 [834 f.]) zu Grunde. Allerdings hat der Senat im Verfahren gegen einen anderen Versicherer eine vergleichbare Klausel am 9.5.2001 ebenfalls für intransparent erklärt (BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 [365 ff.] = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542). Ob dadurch, insb. im Hinblick auf die damalige unklare Rechtslage, die zunächst fehlende Voraussetzung der Unwirksamkeit i.S.d. jetzt vom Senat aufgestellten Kriterien nachträglich als gegeben angesehen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Die Klauselersetzung ist jedenfalls aus anderen Gründen insgesamt nicht wirksam (dazu unten B. III.).
2. a) aa) Notwendig ist die Ergänzung zur Fortführung des Vertrages, wenn durch die Unwirksamkeit der Bestimmung eine Regelungslücke im Vertrag entsteht (Lorenz, VersR 2001, 1147). Das wird im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn die Unwirksamkeit - wie erforderlich - durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder einen bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird. Es gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien betroffen sind. In einem solchen Fall ist die Ergänzung unverzichtbar. Ob die Unwirksamkeit auf einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Kunden oder einem Transparenzmangel beruht, ändert nichts am Vorhandensein der dadurch entstandenen Vertragslücke.
Ist die Lücke nach dem ursprünglichen Regelungsplan der Parteien zu schließen, ist der Vertrag zu ergänzen. Nach welchen Maßstäben und mit welchem Inhalt die Ergänzung zu erfolgen hat, sagt § 172 Abs. 2 VVG nicht. Das ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen, den Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel regelnden Vorschriften, nämlich § 306 Abs. 2 BGB, früher § 6 Abs. 2 AGBG (Lorenz, VersR 2001, 1147 f.; Lorenz, VersR 2002, 411 f.). Danach bestimmt sich, wie die Ergänzung vorzunehmen ist, ob durch dispositives Gesetzesrecht im Sinne einer konkreten materiell-rechtlichen Regelung, nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung oder durch ersatzlosen Wegfall der Klausel. Die Streitfrage, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um "gesetzliche Vorschriften" i.S.v. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG handelt (BGH v. 1.2.1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 [75] = MDR 1984, 750) oder um eine - allgemein anerkannte - Methode der Lückenfüllung (so Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 26, 34 ff.), ist im Ergebnis ohne Relevanz (Wandt, VersR 2001, 1450, Fn. 14). Unter dem Begriff der Ergänzung i.S.v. § 172 Abs. 2 VVG sind deshalb alle nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG in Betracht kommenden Möglichkeiten der Lückenfüllung zu verstehen. Ob der ersatzlose Wegfall, gesetzliche Vorschriften oder nur eine neue Klausel eine sachgerechte Ersatzlösung darstellen, gehört daher nicht schon zu den Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderverfahrens. Das ist vielmehr erst zu prüfen, wenn es darum geht, ob die vom Versicherer mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Ergänzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn sich dabei ergibt, dass der Vertrag durch eine gesetzliche Regelung sachgerecht ergänzt werden kann, ist die Ergänzung durch eine neue (davon abweichende) Klausel nicht wirksam. Würde man die nicht immer einfach und klar zu beantwortende Frage, ob dispositives Gesetzesrecht eine sachgerechte Ersatzlösung bietet (dazu Staudinger/Schlosser, AGB-Gesetz, 13. Bearb., 1998, § 6 Rz. 10, 12; Basedow in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 306 Rz. 23, 26; Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 29), schon zu den Voraussetzungen des Treuhänderverfahrens rechnen, hinge dessen Zulässigkeit letztlich von der rechtlichen Wirksamkeit seines Ergebnisses ab. Gleiches gilt für die Frage, ob die Ergänzung deshalb zu unterbleiben hat, weil der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB, § 6 Abs. 3 AGBG insgesamt nichtig ist.
Die Trennung zwischen den Voraussetzungen der Vertragsergänzung im Treuhänderverfahren und der Wirksamkeit der Ergänzung bringt für die Versicherungsnehmer keine Nachteile mit sich. Ist der Versicherer oder der Treuhänder der Ansicht, die unwirksame Klausel sei ersatzlos zu streichen oder durch eine gesetzliche Bestimmung zu ersetzen, kann es auf Grund des Transparenzgebots erforderlich sein, den Versicherungsnehmer darüber zu informieren (Lorenz, VersR 2002, 411; Wandt, VersR 2001, 1452; Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rz. 132). Kennt der Versicherungsnehmer die Unwirksamkeit der Klausel nicht, besteht die Gefahr, dass er die ihm dadurch genommenen Rechte im Vertrauen auf die Wirksamkeit nicht wahrnimmt.
bb) Der Auffassung, schon die Möglichkeit einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung stehe der Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG entgegen, ist nicht zu folgen. Sie negiert den Willen des Gesetzgebers und würde dazu führen, dass die Vorschrift leer läuft (Lorenz, VersR 2002, 410; Wandt, VersR 2001, 1451).
cc) Ist der Vertrag im Zeitpunkt der Änderungsmitteilung nach § 172 Abs. 3 VVG gekündigt oder beitragsfrei gestellt, steht dies der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG nicht entgegen. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel entfaltet Rückwirkung und führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an lückenhaft war. Die Ergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG i.V.m. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG durch dispositives Gesetzesrecht oder eine neue wirksame Klausel wirkt ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rz. 139). Der Vertrag wird deshalb materiell von seinem Beginn bis zur Beendigung durch Zeitablauf oder Kündigung nach diesen Bestimmungen durchgeführt und damit fortgeführt i.S.v. § 172 Abs. 2 VVG. Für die bei Beendigung gegebenen Ansprüche ist deshalb die Ersatzregelung maßgebend. Dies ist auch bei der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung nicht anders, wenn eine anfängliche Regelungslücke dadurch geschlossen wird. § 172 Abs. 3 S. 2 VVG, wonach Änderungen nach Abs. 2 zwei Wochen nach Benachrichtigung des Versicherungsnehmers wirksam werden, steht dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er die mit § 172 Abs. 2 VVG beabsichtigte Schließung von anfänglichen Vertragslücken entgegen § 6 Abs. 2 AGBG nur teilweise für die Zeit nach Zugang der Änderungsmitteilung ermöglichen wollte. Eine solche Beschränkung beträfe nicht nur gekündigte oder beitragsfrei gestellte (letztere werden auch künftig noch fortgeführt), sondern alle Verträge. Die für die Vergangenheit nicht geschlossene Lücke könnte und müsste dann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (Wandt, VersR 2002, 1364).
b) Die unwirksamen Klauseln in den früheren §§ 6, 15 AVB der Beklagten betreffen ihre Leistungspflicht ggü. den Versicherungsnehmern und damit verbunden auch die Rechnungslegung. Es ist notwendig, die entstandene Vertragslücke im Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG zu schließen.
3. Zur Frage, welche Anforderungen an die Unabhängigkeit des Treuhänders zu stellen sind, sind nähere Ausführungen nicht erforderlich, weil die Klägerin insoweit keine konkreten auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben hat. Der Senat weist vorsorglich jedoch auf Folgendes hin:
Der Treuhänder in der Lebens- und Krankenversicherung ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer (Renger, VersR 1994, 1257 ff.; Renger, VersR 1995, 866 [874]; BK/Schwintowski, § 172 Rz. 4; Präve in Prölss, VAG, 12. Aufl., § 11b Rz. 5, 37 ff., m.w.N.; Buchholz, VersR 2005, 866 ff.). Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich. Der Treuhänder ist danach unabhängig, wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen (Buchholz, VersR 2005, 866 [870]).
III. Die von der Beklagten mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
Nach § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG sind vorrangig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Stehen solche nicht zur Verfügung, ist zu fragen, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel eine sachgerechte Lösung darstellt. Scheiden beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob die Ersatzregelung nach den anerkannten Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zulässiger Inhalt einer richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung wäre (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rz. 135).
1. Für die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (Stornoabzug) in § 6 Abs. 1a S. 3 bis 5, Abs. 2b AVB gibt es eine Regelung im Gesetz. Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen Abzug (Wandt, VersR 2001, 1458 f.).
Entgegen der Ansicht von Wandt sind diese gesetzlichen Vorschriften nicht nur generell, sondern auch hier zur Lückenfüllung geeignet. Er leitet die Befugnis zur Ersetzung der Stornoklauseln daraus ab, dass der Senat diese nur deshalb für unwirksam erklärt habe, weil sie, obwohl selbst hinreichend transparent und vom Kläger nicht mit nachvollziehbaren Bedenken angegriffen, vom Versicherungsnehmer allein wegen der Bezugnahme auf die unverständlichen Ausgangswerte bei Rückkauf und Beitragsfreistellung nicht zu verstehen seien (BGH v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373 [380] = MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl). Da die intransparenten Klauseln über Beitragsfreistellung und Kündigung aber, wie Wandt meint, im Treuhänderverfahren wirksam ersetzt worden seien, müsse dies auch für die nur mittelbar intransparenten Stornoklauseln gelten. Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die neuen Bestimmungen über die beitragsfreie Versicherungssumme und den Rückkaufswert unter Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren wiederum unwirksam sind, wie noch auszuführen ist.
Im Übrigen kann den kurzen Ausführungen des Senats zur Stornoklausel im Urteil v. 9.5.2001 nicht entnommen werden, dass sie umfassend auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf §§ 10 Nr. 7, 11 Nr. 5 AGBG, jetzt §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5b BGB geprüft worden ist.
2. a) Für die unwirksamen Bestimmungen in § 6 Abs. 1a S. 2, Abs. 2a AVB über die Umwandlung in eine beitragfreie Versicherung und die Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts sowie die Bestimmung in § 15 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten stehen keine gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung, die die Lücken sachgerecht schließen (Wandt, VersR 2001, 1456 ff.). Der Senat hat in den Urteilen v. 9.5.2001 ausgeführt, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 VVG über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungsleistung und den Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik nur einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss, und die gesetzliche Regelung deshalb der Ergänzung und Ausfüllung bedarf. Ob und wie entstandene Abschlusskosten zu verrechnen sind, ist in den §§ 159 ff. VVG im Gegensatz zum Stornoabzug nicht ausdrücklich geregelt. Dem Schweigen des Gesetzes kann aber nicht entnommen werden, wie die Klägerin meint (Schünemann, VersR 2005, 323 [326]), dass diese Kosten allein der Versicherer zu tragen hat. Da die Prämien in der Lebensversicherung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Vernunft, sondern aufsichtsrechtlich nach § 11 VAG zwingend so kalkuliert werden müssen, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen und insb. eine ausreichende Deckungsrückstellung bilden kann, dürfte auch den vertragsrechtlichen Vorschriften eher die Vorstellung zu Grunde liegen, dass die Abschlusskosten in die Prämienkalkulation einfließen. Es ist auch nicht so, dass Vermittlungsprovisionen stets durch den Versicherer verursacht werden. Das ist z.B. anders, wenn der Versicherungsnehmer sich durch einen Versicherungsmakler beraten lässt, dessen Provision üblicherweise der Versicherer zahlt. Der vollständige Wegfall der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien würde die Versicherungsnehmer davon auch im Ergebnis nicht entlasten. Dies würde die Überschüsse, die (pauschal gesagt) den Versicherungsnehmern zu mindestens 90 % zufließen, vermindern und damit im Wesentlichen die Versicherungsnehmer treffen, die den Vertrag bis zum Ende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten. Begünstigt würden dadurch nur die Versicherungsnehmer, die den Vertrag nach kurzer Laufzeit kündigen oder beitragsfrei stellen. Eine solche Lösung, die sich vorwiegend am Interesse dieser Versicherungsnehmer an der Optimierung der an sie auszukehrenden Leistungen orientiert, widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft (BVerfG VersR 2005, 1127 [1134]) und ist deshalb nicht sachgerecht.
Daraus folgt, dass auch ein ersatzloser Wegfall der Abschlusskostenverrechnungsklausel ungeeignet ist, die Vertragslücke zu schließen.
b) Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Klauseln unterläuft die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Es ist nicht angängig, an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligenden Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen (BGH v. 1.2.1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 [78] = MDR 1984, 750). Das nationale Recht stellt damit in Übereinstimmung mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Sinne eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes sicher, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind (Hubert Schmidt in Bamberger/Roth, BGB, § 306 Rz. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., RiLi Art. 6 Rz. 4; EuGH, Urt. v. 21.11.2002 - Rs. C-473/00, NJW 2003, 275 f.; v. 27.6.2000 - Rs. C-240/98, NJW 2000, 2571 f.).
Dies gilt auch, wenn die Unwirksamkeit auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Darin liegen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i.S.v. § 9 AGBG, jetzt ausdrücklich § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, und ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG (BGH v. 5.11.1998 - III ZR 95/97, BGHZ 140, 25 [31]; v. 24.11.1988 - III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 [49] = MDR 1989, 235; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Stand Januar 2001, A 5 Art. 3 Rz. 54, 58, Art. 4 Rz. 39, Art. 5 Rz. 22, 23, 26, Art. 6 Rz. 3). Das hat der Senat auch in den Urteilen v. 9.5.2001 mit Blick auf die darin festgestellten Verstöße gegen das Transparenzgebot ausgesprochen. Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen Rechte und Pflichten des Vertragspartners - des Versicherungsnehmers - nicht klar und durchschaubar darstellen, insb. die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann, wird er unangemessen benachteiligt. Dass dies gerade dann gilt, wenn durch die Intransparenz ein - wie der Senat ausgeführt hat (BGH v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 [364] = MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542) - wirtschaftlicher Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht verdeckt wird, versteht sich von selbst. Der Versicherungsnehmer wird durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insb. der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben; er wird gehindert, schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen. Diese Folgen des Transparenzmangels lassen sich nicht rückwirkend damit beseitigen, dass die unwirksame intransparente Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel ersetzt wird (so im Ansatz auch Wandt, VersR 2001, 1455). Soweit Letzterer (ebenso Kirscht, VersR 2003, 1075 f.) dennoch die inhaltsgleiche Ersetzung damit rechtfertigt, die Klauseln seien lediglich wegen formeller Intransparenz für unwirksam erklärt worden, inhaltlich aber angemessen, greift das zu kurz. Der Senat hat die in Rede stehende Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten nach dem Verfahren der Zillmerung zwar nicht i.S.v. §§ 9 AGBG, 307 BGB als materiell unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer angesehen, er hat aber betont, sie schaffe bei Kündigung und Beitragsfreistellung einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht. Bei der inhaltsgleichen Ersetzung der Klausel hätte dieser Nachteil Bestand, obwohl der Vertrag durch den Transparenzmangel unter Verdeckung dieses Nachteils zustande gekommen ist. Der Eingriff in die Entschließungs- und Auswahlfreiheit bliebe unbeseitigt und bestünde - bei Einstellung der Prämienzahlung - in seinen Auswirkungen fort. Das führte im Ergebnis dazu, dass die wegen Intransparenz unwirksame Klausel mit den verdeckten Nachteilen für den Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich bliebe. Ein solches Ergebnis liefe §§ 9 AGBG, 307 BGB zuwider und kann deshalb auch nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.
c) Die Verrechnung der Abschlusskosten im Wege der Zillmerung ist hinsichtlich der Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende beitragspflichtig führen, zwar unbedenklich. Da die Klauseln aber nicht teilbar sind, ist die Vertragsergänzung insgesamt unwirksam.
IV. Das Scheitern der Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG bedeutet nicht, dass die Klage abzuweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, erneut ein solches Verfahren durchzuführen. Vielmehr ist im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden, ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind (Wandt, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rz. 141; anders, jedenfalls unklar Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 172 Rz. 36).
1. a) Bei unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss (BGH, Urt. v. 14.4.2005 - VII ZR 56/04, BGHReport 2005, 1100 = MDR 2005, 1103 = NJW-RR 2005, 1040, unter II 3; v. 7.3.1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273 [276 f.] = MDR 1989, 1079, m.w.N.; Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 32; Hubert Schmidt in Bamberger/Roth, BGB, § 306 Rz. 12, 13; Erman/Roloff, BGB,11. Aufl., § 306 Rz. 13). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein (Harry Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 32). Sie scheitert, anders als bei Verträgen zwischen einzelnen Personen (BGH, Urt. v. 22.2.2002 - V ZR 26/01, BGHReport 2002, 532 m. Anm. Schwenker = MDR 2002, 936 = WM 2002, 2337, unter II 3), nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Regelungslücke in Betracht kommen, wie schon die Entscheidung des BGH zur Tagespreisklausel belegt (BGH v. 1.2.1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 [78 ff.] = MDR 1984, 750). Vielmehr ist insb. bei Massenverträgen die Ergänzung auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen (Hubert Schmidt in Bamberger/Roth, BGB, § 306 Rz. 13; Staudinger/Schlosser, AGB-Gesetz, 13. Bearb., 1998, § 6 Rz. 13a).
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt.
c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorzunehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Produktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 5a Rz. 41; OLG München v. 1.7.2003 - 25 U 2283/03, VersR 2003, 1024 [1026]; OLG Celle v. 20.6.2003 - 8 U 170/02, VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148 [150 ff.]). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.
d) Europarechtliche Bedenken gegen die ergänzende Vertragsauslegung bestehen nicht. Wie eine unverbindliche Klausel ersetzt wird, regelt die Richtlinie 93/13/EWG nicht, dies ist dem nationalen Recht überlassen (Hubert Schmidt in Bamberger/Roth, BGB, § 306. Rz. 2; Roloff Erman/Roloff, BGB,11. Aufl., § 306 Rz. 3; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., RiLi Art. 6 Rz. 4, 7; Pfeiffer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Stand Januar 2001, Art. 6 Rz. 8, 13).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.
a) Die Verrechnung entstandener Abschlusskosten mit den Prämien entspricht grundsätzlich den Interessen aller am Vertrag Beteiligten. Der Senat hat dies in den Urteilen v. 9.5.2001 auch nicht in Frage gestellt, sondern nur die nachteiligen Folgen der Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren bei Kündigung oder Beitragsfreistellung als nicht transparent vereinbart beanstandet. Unter B. III. 2. a) ist bereits dargelegt worden, dass die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien objektiv unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten sachgerecht und aufsichtsrechtlich geboten und im Übrigen nach den Vorschriften über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vorgeschrieben ist (vgl. § 43 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RechVersV). Die Verrechnung mit den Prämien entspricht ferner dem bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten. § 15 AVB bestimmte, dass die Abschlusskosten mit den ab Beginn der Versicherung eingehenden Beiträgen verrechnet werden, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind. Lediglich die Art und die Folgen der Verrechnung "nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren" waren für den Versicherungsnehmer nicht durchschaubar.
Gegen die grundsätzliche Verrechnung von in der Vergangenheit entstandenen Abschlusskosten (um die es hier allein geht) mit den Prämien lässt sich, anders als die Klägerin meint, nicht mit Erfolg einwenden, die Vermittlungsprovision hätte nicht oder nicht in vollem Umfang gleich am Anfang oder nicht in dieser Höhe entstehen müssen. Gegen das in der Lebensversicherung abweichend von § 92 Abs. 4 HGB (ratierliche Zahlung der Provision entsprechend der Prämienzahlung) übliche System der Einmalprovision (Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 3. Aufl., Rz. 956 ff., 1099 ff.) werden von Verbraucherseite und in der Literatur (Schünemann, VersR 2005, 323 [326]) zwar Bedenken erhoben, die nicht ganz von der Hand zu weisen sind (Abschlussbericht der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts v. 19.4.2004 Ziff. 1.3.2.1.4.3; Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen R 5/95v. 31.10.1995 VerBAV 1995, 366). Dieses System kann den Vermittler dazu verleiten, zur Erzielung einer möglichst hohen Provision Verträge zu Stande zu bringen, die dem Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten des Kunden nicht entsprechen. Dies mag Anlass sein, über eine Änderung des Provisionssystems nachzudenken, trägt aber zur Lösung des Problems der schon entstandenen Abschlusskosten nichts bei.
b) Der hypothetische Wille und die Interessen der typischerweise an kapitalbildenden Lebensversicherungen beteiligten Verkehrskreise stellen sich bei objektiv-generalisierender Betrachtung wie folgt dar:
aa) Die Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen, haben ein Interesse daran, die Belastung durch die am Anfang entstehenden Abschlusskosten möglichst gering zu halten. Auf eine möglichst hohe Versicherungsleistung schon in den ersten Jahren kommt es ihnen beim Abschluss des Vertrages nicht an. Deshalb ist für sie die Verrechnung nach dem Zillmerungsverfahren am günstigsten, weil dadurch die Abschlusskosten am schnellsten getilgt und bei längerfristiger Tilgung entstehende höhere Finanzierungskosten erspart werden (Engeländer, NVersZ 2002, 436 [438, 444]; Engeländer, VersR 1999, 1325 ff.; Bergmann, VersR 2004, 549 ff.; Heinen, ZVersWiss 2002, 155 ff.; Jaeger, VersR 2002, 133 [140]).
bb) Die Interessen der Versicherungsnehmer, die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, sind im Gegensatz dazu darauf gerichtet, in diesem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung zu erhalten, die möglichst wenig mit Abschlusskosten belastet ist. Nach diesem Zeitpunkt zu verrechnende Abschlusskosten, auch in Gestalt höherer Finanzierungskosten, sind für sie bedeutungslos, weil sie keine Prämien mehr zahlen und, wie ausgeführt, ein Stornoabzug nicht wirksam vereinbart ist. Diesem Anliegen entspräche eine Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit.
cc) Das Interesse der Versicherungsunternehmen geht dahin, die Abschlusskosten so zu verrechnen, dass möglichst wenig Finanzierungsaufwand entsteht und so höhere Überschüsse erzielt werden. Es stimmt insoweit mit dem Interesse der Versicherungsnehmer überein, die den Vertrag bis zum Ende durchführen.
dd) Die Interessen aller Beteiligten sind auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zusammenzuführen. Dabei ist als Besonderheit der Lebensversicherung zu berücksichtigen, dass hier nicht der sonst im Wirtschaftsleben übliche Interessengegensatz der Marktteilnehmer vorliegt. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind (BVerfG VersR 2005, 1109 [1118]). Die erzielten Überschüsse stehen zum größten Teil den Versicherungsnehmern zu, die Überschüsse aus Kapitalerträgen zu mindestens 90 % (§ 1 Abs. 1 und 2 ZRQuotenV). In der Praxis war eine Quote von 97 % des Rohüberschusses üblich (BVerfG VersR 2005, 1109 [1121]). Die Interessen der Versicherungsunternehmen sind mit den Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer daher weitgehend gleichgerichtet.
Bei der Bewertung der typischen Interessenlage der Gesamtheit der Versicherungsnehmer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein ganz erheblicher Teil der Verträge vorzeitig beendet wird, wobei nach dem Eindruck verschiedener Veröffentlichungen eine geschätzte Quote von etwa 50 % realistisch sein könnte (VW 2004, 1884; VW 2005, 419, 988; FAZ 25.11.2004 S. 15). Daraus folgt, dass in etwa jeder zweite Versicherungsnehmer durch die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren einen - je nach Stornozeitpunkt mehr oder weniger großen - wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Selbst wenn am Anfang beabsichtigt sein mag, den Vertrag nicht vorzeitig zu stornieren, wird diese Absicht etwa von jedem zweiten Versicherungsnehmer aus unterschiedlichen, sich erst später ergebenden und i.d.R. nicht vorhergesehenen Gründen nicht verwirklicht. Damit besteht statistisch betrachtet in der Person jedes Versicherungsnehmers bei Abschluss des Vertrages eine ihm unbewusste gespaltene Interessenlage. Bildlich gesprochen kommt es der einen Hälfte des Versicherungsnehmers auf eine möglichst hohe Ablaufleistung an, der anderen auf eine möglichst hohe Leistung bei vorzeitiger Beendigung. Da ihm nicht offen gelegt worden ist, dass die Interessen dieser anderen Hälfte im Vertrag so nicht berücksichtigt werden, ist für den rückwirkend nicht mehr behebbaren Transparenzmangel ein angemessener Ausgleich zu schaffen.
Dieser besteht darin, dass den bei Vertragsabschluss nicht berücksichtigten Interessen vertragsergänzend durch eine Mindestleistung bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung Rechnung getragen wird, die sich vor allem beim Frühstorno auswirkt. Diesen Interessen kommt im Vergleich mit den Interessen derjenigen Versicherungsnehmer, die den Vertrag bis zum Ende durchführen (meist 20 oder 30 Jahre lang bis zum Erreichen des Rentenalters), ein jedenfalls geringeres Gewicht zu. Lebensversicherungen zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung (BVerfG VersR 2005, 1109 [1118]). Eine Begünstigung derjenigen Versicherungsnehmer, die die Beitragszahlung vorzeitig beenden, dadurch, dass ihnen ein Betrag gutgebracht wird, der über den hinausgeht, der bei Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren verbleibt, muss sich notwendig zugleich auf die Höhe des Überschusses auswirken, der den Versicherungsnehmern zugute kommt, die den Vertrag beitragspflichtig bis zum Ende durchführen. Ähnlich wie bei der Überschussbeteiligung ist es daher nicht sachgerecht, die Höhe der beitragsfreien Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes vorrangig oder nur am Interesse der die Beitragszahlung vorzeitig beendenden Versicherungsnehmer an einer Optimierung der an sie zu erbringenden Leistungen auszurichten. Das widerspräche dem für das Versicherungsrecht - und auch für die Lebensversicherung - typischen Gedanken einer Risikogemeinschaft und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer (BVerfG VersR 2005, 1127 [1134]).
ee) Zur Höhe der Mindestleistung bei Einstellung der Beitragszahlung hat der Senat den Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen (Abschlussbericht der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts v. 19.4.2004 Ziff. 1.3.2.1.4 und Begründung zu §§ 158, 161 des Entwurfs). Der Senat hat andere Möglichkeiten für die Festlegung eines Mindestrückkaufswerts erwogen (dazu Claus, VerBAV 1986, 239 [253, 283 ff.]) und auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren Zeitraum wie bei der "Riester-Rente" in seine Überlegungen einbezogen (nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AltZertG früher mindestens zehn Jahre, ab 1.1.2005 mindestens fünf Jahre; so LG Hildesheim, Urt. v. 15.5.2003 - 1 S 3/03, VersR 2003, 1290 f.; Wandt, VersR 2001, 1460). Er hält den Vorschlag der Reformkommission jedoch aus mehreren Gründen für vorzugswürdig. Der Vorschlag stammt von einem sachkundigen Gremium, dem Vertreter der Verbraucher, der Versicherungswirtschaft und der Wissenschaft angehörten, beruht auf aktuellen Erkenntnissen und erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Danach soll der Rückkaufswert abweichend von § 176 Abs. 3 S. 1 VVG nicht mehr der Zeitwert der Versicherung, sondern das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung sein, bei einer Kündigung mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten, für die schon bisher nach § 174 Abs. 2 VVG die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation maßgebend sind. Dies führt auch nach Ansicht des Senats zu einer klaren und möglichst einfachen Berechnung des Rückkaufswertes nach bewährten versicherungsmathematischen Regeln. Der danach berechnete Mindestrückkaufswert führt allerdings dazu, dass für die Verträge, die davon betroffen sein können, eine erhöhte Deckungsrückstellung zu bilden ist (Engeländer, VersR 2005, 1031 [1036]; Schroer, Der Verantwortliche Aktuar in der Lebensversicherung, S. 104). Dieser Eingriff in die Rechnungsgrundlagen erscheint hinnehmbar, weil die Verrechnung der einmaligen Abschlusskosten im Wege der Zillmerung als solche bestehen bleiben kann.
Demgegenüber ist auch zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der Neuregelung noch nicht allgemein anerkannt, wie der Zeitwert nach § 176 Abs. 3 S. 1 VVG zu berechnen ist (Jaeger, VersR 2002, 133 ff. - ungelöstes Rätsel; Engeländer, NVersZ 2002, 436 [442 f.]). Nach Ansicht von Versicherungsmathematikern liegt er unter den vereinbarten und nach den herkömmlichen Verfahren berechneten Rückkaufswerten (Engeländer, NVersZ 2002, 436 [441, 446]; Jaeger, VersR 2002, 133 ff. [144] - ungelöstes Rätsel). Der Zeitwert bietet schon deshalb keine Grundlage für einen Ausgleich der durch den Transparenzmangel verursachten nachteiligen Folgen bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung.
C. Der geltend gemachte Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch Verzicht erloschen oder verwirkt, weil der Klägerin das Recht auf einen höheren Rückkaufswert nicht bekannt war und vor Veröffentlichung der Senatsurteile v. 9.5.2001 auch nicht hätte bekannt sein können und die Beklagte durch die ihr objektiv zuzurechnende Intransparenz der AVB-Klauseln eine unklare Rechtslage geschaffen hatte.
D. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parteien ergänzend vortragen können und die Klägerin ihre Anträge anpassen kann.
Fundstellen