Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist seit 1987 Miteigentümer eines mit Vorder- und Hinterhaus bebauten Grundstücks in W. Das Hinterhaus grenzt an ein Anwesen an, das die Beklagte 1970 erworben hat (Besitzübergang 1. Juli 1970). Die Betonfläche eines Hofes in diesem Anwesen stößt an das auf der Grenze stehende Mauerwerk des Hinterhauses.
Im Spätsommer des Jahres 1992 zeigten sich im Hinterhaus an verschiedenen Stellen Nässeschäden insbesondere am Fachwerk, die auch zu Hausschwamm geführt haben. Der Kläger, der sich etwaige Ansprüche der Miteigentümer hat abtreten lassen, führt die Schäden auf eine mangelhafte Abdichtung des Hofes auf dem Anwesen der Beklagten und dort vorhandene Gefällemängel zu seinem Hinterhaus zurück und hat unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung Schadenersatz verlangt. Die auf Zahlung von 66.371,79 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg gehabt. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen Zahlungsanspruch weiter; die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht einen Schadenersatzanspruch des Klägers nach § 823 Abs. 1 BGB durch positives Tun der Beklagten. Es stellt fest, daß diese die Hoffläche insbesondere durch Auffüllen nicht verändert habe. Der Hof habe sich vielmehr schon bei ihrem Eigentumserwerb in dem Zustand wie 1992 befunden. Ihr könne damit nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe bei einer Veränderung der Hoffläche ihre Sicherungspflicht gegenüber dem Eigentum des Klägers verletzt. Die gegen diese Feststellung erhobenen Verfahrensrügen der Revision sind unbegründet. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 565 a ZPO).
2. Das Berufungsgericht verneint auch zutreffend einen Schadenersatzanspruch der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines Unterlassens. Der Zustand des Hofes hätte bei einem Augenschein nicht erkennen lassen, daß eine vertikale Isolierung der Hauswand des Klägers gefehlt habe, was nach den Feststellungen des Sachverständigen schadensursächlich gewesen sei. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Hof entlang dem Mauerwerk des Nachbarn aufzugraben, weil sie sich auf eine fachgerechte Aufschüttung habe verlassen dürfen und nach dem Vortrag des Klägers selbst Durchfeuchtungserscheinungen an seinem Haus vor 1992 nicht erkennbar waren. Auch einen außerordentlich geringen Gefällefehler habe die Beklagte nicht entdecken müssen. Eine horizontale Bitumenabdichtung der Hoffläche hätte den Schaden ohnehin nicht verhindern können. Diese Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die Revision vermag nicht darzulegen, warum die Beklagte verpflichtet gewesen sein soll durch Aufgraben der Hoffläche die fehlende vertikale Abdichtung am Haus des Beklagten festzustellen.
Rechtsfehlerfrei verneint hat das Berufungsgericht mithin auch einen Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB, weil es jedenfalls ein Verschulden der Beklagten nicht feststellen konnte.
Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, fehlt es im übrigen schon an einem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten. Da es um das Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn geht, sind die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen in dem dann erfaßten Regelungsbereich maßgebend dafür, ob die von einem auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen (hier: abfließendes Oberflächenwasser) rechtswidrig sind. Diese Bestimmungen entscheiden deshalb auch darüber, ob eine widerrechtliche deliktische Handlung gemäß § 823 BGB vorliegt oder nicht (BGHZ 90, 255, 258).
3. Das Berufungsgericht verneint auch die Anwendung landesrechtlicher Vorschriften über den Ablauf des wild abfließenden Wassers (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 und 2; § 21 Abs. 2 Nr. 1 HessNRG) und demgemäß einen Schadenersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB). Dagegen kämpft die Revision schon deshalb ohne Erfolg, weil es sich dabei um nicht revisibles Recht handelt (§ 549 Abs. 1 ZPO), was sie im Ansatz selbst erkennt. Soweit sie auf die Tatsache vergleichbarer Vorschriften in anderen Bundesländern abhebt, hilft ihr dies nicht weiter. Revisibel wären die entsprechenden Vorschriften des Hessischen Nachbarrechts nur dann, wenn die Übereinstimmung mit Vorschriften in anderen Ländern bewußt und gewollt zum Zwecke der Vereinheitlichung herbeigeführt worden wäre (BGHZ 118, 295, 298 m.w.N.), wofür es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte gibt. Eine nur tatsächliche Übereinstimmung der in mehreren OLG-Bezirken geltenden Gesetze genügt dagegen gerade nicht, um die erforderliche Identität der Rechtsnormen herzustellen, selbst wenn der Landesgesetzgeber aus der Gesetzgebung eines anderen Landes einzelne Rechtssätze oder Rechtsgedanken übernommen hat (BGHZ aaO).
Scheitern muß auch der Versuch der Revision, die nachbarrechtlichen Vorschriften als Konkretisierung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht einer Kontrolle des Revisionsgerichts zu unterwerfen. Sollte die allgemeine Verkehrssicherungspflicht im Verhältnis von Nachbarn untereinander über Normen des Nachbarrechts konkretisiert werden, dann ist auch die Auslegung dieser Normen durch das Berufungsgericht zugrunde zu legen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Revision angezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. November 1982 (VI ZR 204/80, VersR 1983, 242 f). Die damalige Prüfung von § 78 LwGNRW durch den Bundesgerichtshof beruhte darauf, daß dieses Landesgesetz in drei OLG-Bezirken gilt, also revisibles Recht ist (§ 549 Abs. 1 ZPO).
4. Das Berufungsgericht unterstellt allerdings in anderem Zusammenhang eine Eigentumsstörung der Beklagten im Sinne von § 1004 BGB und stellt in diesem Zusammenhang fest, die Ursache der Feuchtigkeitsschäden sei das unter die Hofbetondecke gelangende Niederschlagswasser, das in dem darunterliegenden (angeschütteten) Erdreich nicht habe ablaufen können, weil sich unter der Hofdecke eine weitere Betonschicht befand, die die Decke des dort befindlichen Kellers bildet. Hätte der Kläger dieses in sein Gebäude eindringende Niederschlagswasser abwehren können und wäre er aus besonderen Gründen gehindert gewesen, diese Einwirkung gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB zu unterbinden, dann käme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes – insbesondere auch des Senats – in rechtsanaloger Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein sogen. nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in Betracht, weil der Kläger – seine Behauptung insoweit unterstellt – hierdurch Nachteile erlitten hat, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. BGHZ 90, 255, 262 ff m.w.N.). Einen solchen Anspruch hat das Berufungsgericht nicht geprüft, die Parteien haben ihn auch nicht in Betracht gezogen. Er scheitert im Ergebnis jedoch aus folgenden Gründen: Der Eigentümer eines Grundstücks kann sich grundsätzlich gegen die von einem Nachbargrundstück ausgehende Einwirkungen, die sein Eigentum beeinträchtigen, zur Wehr setzen (§ 1004 BGB). Inhalt und Umfang dieses Anspruchs im einzelnen ergeben sich aber aus der gesetzlichen Regelung des Nachbarrechts, das durch einen Ausgleich der einander widerstreitenden Interessen der Nachbarn gekennzeichnet ist und sich nicht nur als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff BGB), sondern auch in den die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen ändernden und ergänzenden Rechtsvorschriften enthalten ist, die nach Art. 1 Abs. 2, Art. 65, 124 Satz 1 EGBGB dem Landesgesetzgeber vorbehalten sind. Die jeweilige Eigentümerstellung wird durch die Zusammenschau aller sie regelnden gesetzlichen Vorschriften bestimmt, die zugleich ihren Inhalt und ihre Schranken ausmachen. Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann der Eigentümer sich gegen Beeinträchtigungen zur Wehr setzen (BGHZ 114, 183, 186 m.w.N.; vgl. auch BGHZ 90, 255, 258). Für einen Wasserzufluß vom Nachbargrundstück greifen wasserrechtliche Regelungen über den Ablauf wild abfließenden Wassers, die als Teil des Nachbarrechts in Hessen – anders als in manchen anderen Ländern – auch in das Nachbarrechtsgesetz aufgenommen worden sind (vgl. auch BGHZ 114, 183, 186). Das Berufungsgericht hat aber auch für diesen Zusammenhang in einer für den Senat bindenden Weise entschieden, daß die den Ablauf von Niederschlagswasser regelnden Bestimmungen des hessischen Nachbarrechts (§ 26 Abs. 1 Nrn. 1 und 2; § 21 Abs. 2 Nr. 1 HessNRG) aus im einzelnen dargelegten Gründen nicht Platz greifen. Dann aber hätte der Kläger auch keinen Abwehranspruch gehabt und wäre auf eigene Schutzmaßnahmen angewiesen gewesen, weil er sich – wie ausgeführt – nur im Rahmen der nachbarrechtlichen Regelung zur Wehr setzen kann. Der nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlende Primäranspruch schließt auch einen darauf aufbauenden nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch aus.
Ähnliche Überlegungen gelten soweit man § 907 BGB in Betracht zieht. Diese Bestimmung ist hier schon aus folgenden Gründen nicht anwendbar. Es geht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um Schäden des Klägers durch vom Grundstück der Beklagten wild abfließendes Niederschlagswasser. Diese Materie hat entsprechend dem Vorbehalt in Art. 65 EGBGB in den Bestimmungen des sogen. Wassernachbarrechts ihre abschließende Regelung gefunden (vgl. BGHZ 29, 314, 316; BGH, Urt. v. 22. Februar 1971, III ZR 22/67, NJW 1971, 750; v. 22. November 1971, III ZR 211/68, BGH Warn 1971 Nr. 271; v. 21. Februar 1980, III ZR 185/78, NJW 1980, 2580, 2581; Soergel/Hartmann, BGB 12. Aufl. Art. 65 EGBGB Rdn. 5). Begründen – wie für den Senat mit bindender Wirkung feststeht – die entsprechenden Vorschriften des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes kein Verbietungsrecht des Nachbarn, dann ist auch die Anwendung von § 907 BGB insoweit ausgeschlossen (vgl. BGB-RGRK/Augustin 12. Aufl. § 907 Rdn. 10; Erman/Hagen, BGB 9. Aufl. § 907 Rdn. 1; MünchKomm/Secker, BGB 3. Aufl. § 907 Rdn. 4; Soergel/Baur, BGB § 907 Rdn. 6 i.V.m. § 906 Rdn. 71; Staudinger/Roth, BGB 1996, § 907 Rdn. 16). Die wassernachbarrechtlichen Vorschriften bestimmen nämlich insoweit sondergesetzlich und abschließend, was als unzulässige Einwirkung im Sinne von § 907 BGB anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 BGB.
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Tropf, Schneider, Lemke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 12.11.1999 durch Riegel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541301 |
NJW-RR 2000, 537 |