Leitsatz (amtlich)
Hat der Unternehmer eine Leistung nicht in seinen Pauschalpreis einkalkuliert, weil er irrtümlich der Auffassung ist, sie sei nicht geschuldet, scheitert die Prüfbarkeit seiner nach einer Kündigung erstellten Schlussrechnung nicht daran, dass er keine Nachkalkulation vornimmt.
Normenkette
VOB/B § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 13.11.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten beauftragten die Klägerin mit VOB-Vertrag zu einem Pauschalpreis mit Sanierungsarbeiten an einem Wohnhaus. Die geforderten Leistungen waren in einer "Grobbaubeschreibung" aufgeführt, die später durch eine detaillierte Aufstellung ersetzt werden sollte. Dazu kam es nicht, weil sich die Parteien über deren Inhalt nicht einigen konnten. Die Klägerin begann mit den Arbeiten, führte sie aber nicht zu Ende, weil ihr die Beklagten den Auftrag entzogen und Hausverbot erteilten.
Die Parteien nahmen daraufhin ein gemeinsames Aufmaß. Die Klägerin legte nacheinander drei Schlussrechnungen vor, mit denen sowohl Entgelte für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen auf der Grundlage der Pauschalpreisabrede als auch für nachträglich beauftragte Leistungen verlangt wurden. Das LG hat die Klage wegen fehlender Prüfbarkeit der Rechnungen als derzeit unbegründet abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht auch die im zweiten Rechtszug vorgelegte dritte Schlussrechnung nicht als prüfbar angesehen hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Werklohn nicht für fällig, weil auch die letzte Schlussrechnung der Klägerin nicht prüfbar sei. Diese stelle die zu dem vereinbarten Pauschalpreis zu erbringende Gesamtleistung nicht vollständig dar, so dass das Verhältnis der erbrachten Teilleistung zu dem Wert der Gesamtleistung nicht ermittelt werden könne. Die Klägerin habe im Gesamtleistungskatalog die Sanierung der Kellerwände nicht berücksichtigt, obwohl sie zu dieser entgegen ihrer Ansicht verpflichtet gewesen sei. Durch nachträgliche Einbeziehung der Sanierung des Kellermauerwerks in den Leistungsgegenstand und der darauf entfallenden Vergütung in den Pauschalpreis werde die bisherige Kalkulation sämtlicher anderer Einzelpreise im Verhältnis zum Pauschalpreis falsch. Die Beklagten könnten die richtige Vergütungshöhe auch nicht selbst ermitteln, weil sie nicht wüssten, welchen Preis die Klägerin für die Sanierung des Kellermauerwerks kalkuliert hätte.
Auch ohne Berücksichtigung dieses Abrechnungsmangels sei die Schlussrechnung nicht prüfbar, weil Art und Menge der Leistungen sowie die Preisgestaltung nur für den erbrachten Teil der Arbeiten detailliert dargestellt seien. Die nicht erbrachten Leistungen seien in den Kostenverzeichnissen nicht erfasst, sondern mit Menge und Vergütung null bewertet. Das reiche auch unter Berücksichtigung der gesonderten Aufstellung zu Art, Menge und Einheitspreisen der nicht erbrachten Leistungen nicht aus, weil den Entgelten für die nicht erbrachten Leistungen keine Gewinn- oder Generalunternehmerzuschläge hinzugesetzt seien. Das wirke sich zu Lasten der Beklagten aus, weil damit der gesamte Gewinnanteil auf die erbrachten und zu vergütenden Leistungen entfalle.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Prüfbarkeit der Schlussrechnung scheitert nicht daran, dass die Klägerin den Wert der Kellerabdichtung nicht dargestellt hat (1.). Sie scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin ihre Preise und Zuschläge fehlerhaft berechnet hat (2.)
1. Zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hat der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muss auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (BGH, Urt. v. 4.7.2002 - VII ZR 103/01, BGHReport 2002, 1053 = MDR 2002, 1390 = BauR 2003, 1588 = NZBau 2002, 614 = ZfBR 2002, 787; Urt. v. 25.7.2002 - VII ZR 263/01, BGHReport 2002, 1027 = MDR 2002, 1244 = BauR 2002, 1695 = NZBau 2002, 613 = ZfBR 2002, 789). Die Abrechnung der Klägerin genügt diesen Anforderungen.
a) Im Ansatz richtig geht das Berufungsgericht davon aus, dass die nachträgliche Aufgliederung des Pauschalpreises in Einzelleistungen und Preise i.d.R. die Gesamtleistung erfassen muss (BGH, Urt. v. 4.5.2000 - VII ZR 53/99, MDR 2000, 966 = BauR 2000, 1182 = ZfBR 2000, 472 = NZBau 2000, 375).
b) Etwas anderes gilt, wenn der Unternehmer einräumt, dass er eine bestimmte Leistung nicht einkalkuliert hat, weil er der Auffassung ist, dass sie nicht geschuldet war. Von dem Unternehmer kann nur verlangt werden, dass er auf der Grundlage seiner dem Vertrag zu Grunde liegenden Kalkulation abrechnet. Eine Nachkalkulation für den Fall, dass er eine Leistung irrtümlich nicht einkalkuliert hat, ist nicht Voraussetzung für eine prüfbare Schlussrechnung oder einen substantiierten Vortrag zur Vergütung.
2. Die Prüfbarkeit der Schlussrechnung scheitert auch nicht daran, dass die Rechnungspreise von der Kalkulation abweichen.
a) Die Klägerin hat nach der vorzeitigen Vertragsbeendigung eine Kalkulation vorgelegt, die den Pauschalpreis auf 16 Einzelgewerke und eine "Reserve" von ca. 5 % verteilt. Die Einzelgewerke spiegeln sich überwiegend in den Anlagen der zuletzt vorgelegten Abrechnung wieder, die mit einer Gesamtforderung in Höhe des von der Klägerin zuletzt verlangten Betrages schließt. Dort fehlen allerdings die Gewerke Parkettsanierung und Außenanlagen. Das benachteiligt die Beklagten als Auftraggeber aber nicht, weil die Leistungen in der Kalkulation berücksichtigt sind und der Anteil anderer Gewerke an dem Pauschalpreis damit nicht unzulässig erhöht wird.
b) Richtig ist, dass die Klägerin die Abrechnung nicht nach dieser Kalkulation vornimmt, sondern davon abweichende Preise verlangt und die "Reserve" einseitig bei den erbrachten Leistungen verbraucht. Die Aufteilung dieser "Reserve" und der fehlende Ansatz von Zuschlägen bei den nicht erbrachten Leistungen ist willkürlich und entspricht ebenso wie die Preisabweichungen nicht der vertraglichen Grundlage. Dieser Abrechnungsfehler berührt die Prüfbarkeit der Schlussrechnung jedoch nicht. Die richtige Vergütung lässt sich aus der offen gelegten Kalkulation, unter Umständen durch eine zulässige Schätzung nach § 287 ZPO ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 12.2.2003 - X ZR 62/0, BauR 2003, 880). Unklarheiten gehen insoweit zulasten der Klägerin.
III.
Der Rechtsstreit war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die notwendigen Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und zu etwaigen Gegenrechten der Beklagten treffen kann. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zur sachlichen Richtigkeit ihrer Rechnung erneut vorzutragen und diese ggf. zu korrigieren. Sie erhält auch Gelegenheit zur kalkulatorischen Bewertung der Kellerabdichtung. Insoweit trägt sie die Darlegungs- und Beweislast.
Fundstellen
Haufe-Index 1193378 |
DB 2004, 2810 |
BGHR 2004, 1409 |
BauR 2004, 1441 |
DWW 2004, 230 |
NJW-RR 2004, 1385 |
IBR 2004, 489 |
ZfIR 2005, 160 |
ZfBR 2004, 687 |
BTR 2004, 234 |
BrBp 2004, 434 |
NJW-Spezial 2004, 263 |
NZBau 2004, 549 |
BauRB 2004, 291 |