Leitsatz (amtlich)
Macht der Handelsvertreter im Falle der Verweigerung des Buchauszuges den Anspruch auf Bucheinsicht (§87 c Abs. 4 HGB) geltend und hat er damit Erfolg, so ist für das Verlangen nach Erteilung eines Buchauszuges kein Raum mehr.
Verfahrensgang
KG Berlin (Entscheidung vom 05.10.1957) |
LG Berlin |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 5. Oktober 1957 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war vom Januar 1952 bis 31. Dezember 1953 als Handelsvertreter der Beklagten tätig. Er erhielt bei Beginn seiner Tätigkeit einen bestimmten Kundenstamm zugewiesen, wozu im laufe seiner Tätigkeit weitere von ihm geworbene Kunden kamen. Er hat in dieser Zeit laufend Kopien über die Lieferung an seine Kunden erhalten und außerdem monatlich Provisionsabrechnungen, in denen auch die aus seinem Kundenkreis eingegangenen Direktaufträge im allgemeinen enthalten waren.
In der Revisionsinstanz ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges über die Geschäfte mit sieben bestimmten Kunden anhängig. Er hat hierzu behauptet, die Beklagte habe ihm keine Abrechnung über sämtliche Geschäfte erteilt, für die er Provision zu beanspruchen habe und habe ihm insoweit auch keine Provision bezahlt. Er hat u.a. mit der im Januar 1955 erhobenen Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Buchauszug über die direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, für die ihm Provision gebühre und sie ferner zu verurteilen, ihm Bucheinsicht zu gewähren. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe dem Kläger laufend Abrechnungen erteilt, denen er bis auf unbedeutende Beanstandungen nicht widersprochen habe. Sie hält sich deshalb nicht für verpflichtet, ihm noch nachträglich einen Buchauszug zu geben. Das Landgericht hat den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges und auf Gewährung von Bucheinsicht abgewiesen, das Oberlandesgericht hat nur den Anspruch auf Buchauszug abgewiesen, dagegen die Beklagte zur Gewährung von Bucheinsicht verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszuges über die Geschäfte mit sieben namentlich bezeichneten Kunden. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien monatlich substantiiert abgerechnet, wie es §87 c Abs. 1 HGB vorsehe. Unter diesen Umständen könne der Kläger mit der 1 1/2 Jahre nach Beendigung des Vertreterverhältnisses erhobenen Klage keinen Buchauszug mehr verlangen. §87 c HGB bestimme, daß der Buchauszug bei der Abrechnung zu erteilen sei. Dies könne nur bedeuten, daß der Handelsvertreter, wenn er überhaupt Wert auf die Erteilung eines Buchauszuges lege, ihn zugleich bei der Abrechnung oder mindestens ohne schuldhaftes Zögern alsbald nach der Abrechnung für den jeweils in Betracht kommenden Zeitraum verlangen müsse. Es könne einem Unternehmer nicht zugemutet werden, einem Handelsvertreter, der zunächst ohne jeden Vorbehalt das Verlangen auf Erteilung eines Buchauszuges im Stadium der Abrechnung zurückgestellt habe, einen solchen zu erteilen, wenn es dem Handelsvertreter plötzlich nach längerer Zeit genehm erscheine. Abrechnungen, die ohne Verlangen eines Buchauszuges angenommen würden, schlössen vielmehr endgültig das Recht aus, später einen Buchauszug zu verlangen.
Die Revision greift diese Auffassung mit materiellrechtlichen Rügen an. Die Frage, wann das Verlangen nach Erteilung eines Buchauszuges spätestens gestellt werden muß, kann jedoch auf sich beruhen, da die Revision aus einem anderen Grunde keinen Erfolg haben kann.
Das Berufungsgericht hat dem Kläger in dem Umfange, in dem er den Buchauszug in der Revisionsinstanz noch verlangt, das Recht auf Bucheinsicht zugesprochen. Insoweit ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden. Damit ist der Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges hinfällig geworden.
Bucheinsicht kann der Handelsvertreter nach Maßgabe des §87 c Abs. 4 HGB verlangen, wenn der Buchauszug verweigert wird oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder eines erteilten Buchauszuges bestehen. Der Anspruch auf Bucheinsicht ist gegenüber dem auf Erteilung eines Buchauszuges das weitergehende Recht. Die Bucheinsicht soll der Kontrolle der Abrechnung oder des Buchauszuges dienen. Sie verschafft dem Handelsvertreter gegenüber dem Buchauszug ein Mehr, indem sie ihn in die Lage versetzt, Gewißheit über die provisionspflichtigen Geschäfte zu erlangen, während ihm der Buchauszug eine solche Gewißheit noch nicht gibt. Im Falle der Verweigerung des Buchauszuges ist der Handelsvertreter durch §87 c Abs. 4 HGB zwar nicht gehindert, auf Erteilung des Buchauszuges zu klagen. Geht er aber nach §87 c Abs. 4 HGB vor und hat er mit diesem Vorgehen Erfolg, so ist angesichts des gekennzeichneten Verhältnisses zwischen den beiden Rechtsbehelfen für das Verlangen nach Erteilung eines Buchauszuges kein Raum mehr. Dasselbe muß gelten, wenn der Handelsvertreter, wie im vorliegenden Falle, den Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges und den auf Bucheinsicht nebeneinander geltend macht und er über diesen ein - rechtskräftiges - obsiegendes Urteil erzielt, bevor jenem stattgegeben worden ist. Die Kosten der Bucheinsicht trägt allerdings - vorbehaltlich der Möglichkeit, sie, falls die Bucheinsicht zu einem für ihn positiven Ergebnis führt, unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes vom Unternehmer erstattet zu verlangen (vgl. Baumbach-Duden Anm. 5 B u. E. zu §87 c HGB) - zunächst der Handelsvertreter. Dies rechtfertigt indessen keine andere Beurteilung, da es in der Hand des Handelsvertreters liegt, sich zunächst auf das Verlangen nach Erteilung eines Buchauszuges zu beschränken.
Die Revision erweist sich hiermit als unbegründet und war daher mit Kostenfolge aus §97 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018564 |
DB 1959, 973 (amtl. Leitsatz) |
NJW 1959, 1964 |
NJW 1959, 1964 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1959, 991 |
MDR 1959, 991 (Volltext mit amtl. LS) |