Leitsatz (amtlich)
a) Bei Bemessung der Geldrente, die der Ersatzpflichtige dem Ehemann einer getöteten Ehefrau nach § 844 Abs. 2 BGB für den Verlust der gesetzlich geschuldeten Haushaltführung zu entrichten hat, bestimmt sich nach den Regeln der Vorteilsausgleichung, inwieweit der Wegfall der eigenen Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes aus § 1360 BGB zugunsten des Ersatzpflichtigen zu berücksichtigen ist.
b) Zur Bemessung des Unterhaltsschadens bei Tötung einer Ehefrau.
Normenkette
BGB § 844 Abs. 2, §§ 249, 1360
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 21.11.1969) |
LG Mannheim |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. November 1969 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen dem Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Ehefrau des Klägers verstarb am 18. Juli 1963 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Die Haftung des Beklagten wegen schuldhafter Körperverletzung in Höhe von 2/3 ist nicht mehr streitig. Die Verletzte war als Sprechstundenhilfe halbtags tätig (von 8.30 Uhr bis 13 Uhr) und versorgte im übrigen den kinderlosen Haushalt, wobei der Kläger ihr mit üblichen Handreichungen half. Der Kläger verdiente monatlich 860 DM netto, seine Ehefrau 240 DM netto.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm durch den Unfalltod seiner Ehefrau entstanden ist. Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur darüber, wie die Entschädigung dafür zu bemessen ist, daß die Ehefrau des Klägers nicht mehr den Haushalt führt. Der Kläger behauptet, für Einstellung einer Haushaltbilfe den Betrag von monatlich 410,55 DM aufzuwenden und aufwenden zu müssen. Nach Anpassung seiner Anträge an die vom Landgericht zuerkannte Haftungsquote von 2/3 fordert er für die Zeit von Dezember 1963 bis März 1967 Zahlung eines Betrages von 9.882,83 DM nebst Zinsen und nach Übergang von der Feststellungsklage zur Rentenleistungsklage ab 1. April 1967 Zahlung einer monatlichen Rente von 273,70 DM, längstens bis 1. November 1981 (der Vollendung des 75. Lebensjahres seiner Ehefrau).
Der Beklagte, der um Klageabweisung bittet, bestreitet, daß dem Kläger infolge des Wegfalls der von seiner Ehefrau geleisteten Haushaltführung ein Schaden entstanden sei. Er meint, es seien die ersparten Aufwendungen zu berücksichtigen, die der Kläger seiner Ehefrau für Kleidung, Wohnung usw. hätte gewähren müssen.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den monatlich zu ersetzenden Betrag für die Zeit vom Unfall bis zum 30. Juni 1968 auf 200 DM und ab 1. Juli 1968 bis längstens 31. Oktober 1981 auf 240 DM geschätzt.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I. Der dem Manne bei Tötung der Ehefrau zustehende Schadensersatzanspruch ist seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes nicht mehr Anspruch auf Ersatz wegen entgangener Dienste (§ 845 BGB), sondern Anspruch auf Ersatz wegen Entziehung des Rechtes auf Unterhalt (§ 844 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 StVG; BGHZ 50, 304, 305; 51, 109, 110). Die Ehefrau schuldet dem Manne auf Grund der Ehe nicht mehr Dienste, sondern nach § 1360 BGB einen Beitrag zum Unterhalt der Familie, auch wenn diese nur aus den Ehegatten besteht. Regelmäßig leistet die Ehefrau diesen Beitrag in Gestalt der Führung des Haushalts.
Von dieser Rechtslage gehen auch das Berufungsgericht und die Revision aus. Im Gegensatz zum Berufungsgericht meint die Revision aber, die neue Auffassung vom Anspruch des Mannes auf Führung des Haushalts durch die Frau als eines Unterhalts anspruchs müsse – wie zur Anerkennung entsprechend erweiterter Schadensersatzansprüche im Rahmen der Gefährdungshaftung (BGHZ 51, 109, 110) – auch zu einer anderen Berechnung des Schadens des Witwers im Falle der Tötung der Ehefrau führen. Es sei nicht richtig, den Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Haushaltführung isoliert zu behandeln. Vielmehr müsse nach § 249 BGB im Bereich des Familienunterhalts eine Differenzrechnung aufgemacht werden, bei der auch die Vorteile zu berücksichtigen seien, die sich für den Witwer aus dem Wegfall seiner eigenen Unterhaltsbeitragspflicht gegenüber der Ehefrau ergäben. Die im Rahmen des § 845 BGB allenfalls zutreffende Beschränkung der Vorteilsanrechnung auf den Wegfall von Verpflegung und Unterkunft (BGHZ 4, 123, 130) sei im Bereich des echten Unterhaltsschadens (§ 844 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 StVG) nicht vertretbar. Sie sei allein damit gerechtfertigt worden, daß es sich bei dem nach § 845 BGB zu leistenden Ersatz um einen Schadensersatz besonderer Art handele. Bei Anwendung der bisherigen Rechtsprechung zu § 845 BGB ergäben sich auch ungerechtfertigte Unterschiede in den Fällen des Todes der berufstätigen und der nicht berufstätigen, nur den Haushalt führenden Ehefrau. Die bisherige Verneinung der uneingeschränkten Vorteilsausgleichung führe zu einer Besserstellung des Witwers besonders dann, wenn der Wert der Haushaltsführung an den übermäßig gestiegenen Gehältern von Hauswirtschafterinnen gemessen werde. So gelange die Rechtsprechung – wie auch im vorliegenden Falle – in steigendem Maße zu dem Ergebnis, dem Witwer für seinen Unterhalt erheblich höhere Barmittel zuzubilligen, als zuvor für beide Ehegatten zusammen zur Verfügung standen.
II. Dem Ausgangspunkt der Revision ist zuzustimmen.
Der dem Witwer wegen Entziehung des Rechts auf Unterhalt nach dem Tode der Ehefrau entstehende Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsschadens knüpft zwar an den Anspruch des Mannes aus § 1360 BGB an. Danach sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Die wechselseitigen Ansprüche beider Ehegatten aus § 1360 BGB überschneiden sich, sind aber insoweit nicht als gegeneinander aufgerechnet anzusehen, sondern bestehen in voller Höhe nebeneinander (BVerfGE 21, 329, 341). Der Anspruch aus § 1360 BGB auf Leistung eines Unterhaltsbeitrages hängt auch nicht von der Bedürftigkeit des Ehegatten ab, wird also grundsätzlich nicht dadurch berührt, daß sein eigenes Einkommen zu seinem Unterhalt ausreichen würde (vgl. § 1360 a Abs. 3 BGB; BGH Urt. v. 18.5.1965 – VI ZR 1/64 = LM BGB § 844 Abs. 2 Nr. 27 = VersR 1965, 787). Damit unterscheidet sich dieser Anspruch inhaltlich von dem normalen Unterhaltsanspruch, der nur auf Gewährung des gesamten Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten gerichtet ist (§ 1610 BGB). Durch den Tod des einen Ehegatten verliert der Überlebende nicht nur seinen Anspruch aus § 1360 BGB gegen den anderen, sondern wird zugleich von seiner eigenen entsprechenden Verpflichtung frei. Schadensrechtlich kommt der Anspruch des Mannes auf den Unterhaltsbeitrag der Ehefrau jedoch nur in dem Umfange in Betracht, in dem er für die Person des Mannes bestimmt war. Wie in den Fällen des Unterhaltsschadens der nach §§ 1602 ff BGB Unterhaltsberechtigten kommt es insoweit allein darauf an, den Überlebenden so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der getötete Ehegatte seinen Unterhaltsbeitrag in dem geschuldeten Maße weiter leisten würde. Daraus ergibt sich, wie der Senat für den Fall der Tötung der Ehefrau bereits entschieden hat (BGH VersR 1969, 469; vgl. dazu Weyer, VersR 1969, 967 ff), die Notwendigkeit, nach den Regeln der Vorteilsausgleichung zu prüfen, inwieweit der Wegfall der eigenen Unterhaltsverpflichtung aus § 1360 BGB bei Würdigung aller Umstände zugunsten des Ersatzpflichtigen zu berücksichtigen ist.
Das gilt im Falle der Tötung der Ehefrau auch für den in ihrer Haushaltsführung bestehenden Unterhaltsbeitrag. Die Haushaltsführung ist Unterhaltsleistung und steht den anders gearteten Unterhaltsleistungen rechtlich gleich. Sie obliegt nunmehr auch nicht immer nur der Frau, sondern im Falle ihrer vollen oder teilweisen Erwerbstätigkeit oder bei Überlastung je nach den Umständen ganz oder teilweise dem Manne. Sofern nach den maßgebenden Verhältnissen der Mann gemäß § 1360 BGB gegen die Frau Anspruch auf Führung des Haushalts hat, kommt deren wirtschaftlicher Wert nicht ihm allein, sondern auch der Frau, ggf. den Kindern zugute. Ziel des Schadensersatzanspruchs wegen Entziehung des Rechts auf Unterhalt ist es jedoch auch in Bezug auf die Haushaltsführung nur, dem Geschädigten diejenigen Mittel zu gewähren, die erfahrungsgemäß erforderlich sind, um den Wegfall der geschuldeten (in der Haushaltsführung bestehenden) Unterhaltsleistungen, soweit sie den Mann betreffen, auszugleichen. Das ist eine andere Betrachtungsweise, als sie dem Ersatzanspruch aus § 845 BGB zugrunde liegt. Deshalb ist es nicht mehr gerechtfertigt, die Haushaltsführung durch die Frau im Falle ihrer Tötung zum Gegenstand eines herausgelösten Schadensersatzanspruchs zu machen, wie es hier geschehen ist. Vielmehr muß geprüft werden, welche Ersparnisse durch den Tod der Frau im Rahmen der vom Manne ihr geschuldeten Unterhaltsleistungen eintreten und inwieweit deren Berücksichtigung im Verhältnis des Unterhaltsgeschädigten zum Schädiger der Billigkeit entspricht. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung diese Anrechnung auf den Bereich von Verpflegung und Unterkunft beschränkt worden ist und innerhalb des Rahmens der gesetzlichen Unterhaltspflicht eine Ersparnis bei Kleidung, Körperpflegemitteln, Reisen, Zweitwagen und sonstigem, vom Taschengeld zu bestreitenden täglichen Bedarf der Frau schlechthin unberücksichtigt bleiben mußte (BGHZ 4, 123 ff; BGH Urt. v. 11.7.1961 – VI ZR 15/61 – VersR 1961, 856), kann daran nicht festgehalten werden. Der Grund, der im Rahmen des § 845 BGB zu der genannten Einschränkung geführt hatte, bestand in dem Umstand, daß der Witwer keinen Anspruch auf Unterhaltsschaden habe, sondern auf Ersatz des Wertes der Dienste beschränkt sei; dieser Beschränkung müsse eine Beschränkung der Anrechnung von Vorteilen entsprechen. Dieser Begründung ist durch die Änderung des Wesens des Ersatzanspruchs in einen Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsschadens die Grundlage entzogen.
In dem hier gegebenen Falle der Tötung einer zum Teil erwerbstätigen Ehefrau ist danach auch deren geschuldeter Barbeitrag in die Schadensberechnung einzustellen. Dagegen gehört der wirtschaftliche Wert der Haushaltsführung nicht in der Weise in die Schadensberechnung, daß er zunächst mit dem vollen Wert eingesetzt und dann zur Errechnung des dem einzelnen Unterhaltsberechtigten zukommenden Anteils durch die Anzahl der Familienangehörigen geteilt wird, wie es das Berufungsgericht hier getan hat. Eine solche Berechnungsweise benachteiligt gerade in einem Zwei-Personen-Haushalt den Geschädigten, denn sie führt erfahrungsgemäß nicht dazu, den Unterhaltsgeschädigten so zu stellen, wie er ohne die unerlaubte Handlung gestanden hätte.
III. Obwohl das Berufungsgericht von einer anderen Berechnungsweise ausgegangen ist, ermöglichen seine Feststellungen den Schluß, daß das von ihm gewonnene Ergebnis bei richtiger Berechnung den Beklagten nicht beschwert.
1. Die rechtliche Einordnung als Unterhaltsschaden ändert nichts daran, daß der Wert der Haushaltsführung im Einzelfall ermittelt werden muß. Ausgangspunkt muß sein, den Geschädigten in die Lage zu versetzen, sich in der im Leben üblichen Weise, ohne sich Einschränkungen aufzuerlegen oder die Mildtätigkeit Dritter in Anspruch nehmen zu müssen, wirtschaftlich gleichwertige Dienste zu verschaffen (vgl. BGH Urt. v. 17.1.1967 – VI ZR 89/65 – VersR 1967, 352). Es kommt auf das Maß des von der Ehefrau rechtlich geschuldeten, nicht des von ihr tatsächlich geleisteten Beitrags an. Inwieweit die tatsächlichen Umstände einen Schluß auf den Umfang der rechtlich geschuldeten Haushaltsarbeiten erlauben, ist Frage der tatrichterlichen Beurteilung. Der Witwer ist auch berechtigt, die zum Ersatz der geschuldeten Haushaltstätigkeit erforderlichen Mittel unabhängig davon zu fordern, ob er sich im Zeitpunkt der Entscheidung oder möglicherweise später ohne eine Ersatzkraft behilft (BGHZ 50, 304, 305).
Art und Maß der geschuldeten Haushaltsführung bestimmen sich insbesondere nach dem Lebenszuschnitt der Familie mit dem sich daraus ergebenden Aufgabenbereich der Frau und dem Alter und Gesundheitszustand der Beteiligten. Der Aufgabenbereich der Frau kann gerade in einfachen Verhältnissen verhältnismäßig umfangreich sein. Auf die Höhe des Arbeitseinkommens des Mannes kommt es deshalb für die Bemessung des Unterhaltsschadens insoweit nicht unmittelbar an. Eine pauschalierte Berechnung, wie sie im Falle des § 845 BGB geboten ist (vgl. BGHZ 50, 304), ist auch im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB insoweit statthaft. Die Natur derartiger, in ihrer Höhe nur schwer abgrenzbarer, von zahlreichen Faktoren bestimmter Ansprüche legt eine bis zu einem gewissen Grade objektivierende, nicht in alle Einzelheiten der tatsächlichen Haushatstätigkeit der Ehefrau eindringende Bewertung nahe.
Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen, indem es unberücksichtigt ließ, ob der Kläger der von ihm beschäftigten Ersatzkraft monatlich 410,55 DM bei freier Verpflegung und Unterkunft zahlt.
2. Im Ergebnis hält auch die ziffernmäßige Bewertung der Haushaltstätigkeit der Ehefrau des Klägers einer rechtlichen Nachprüfung im Rahmen des § 287 ZPO stand.
a) Es besteht zunächst kein Grund zu der Annahme, das Berufungsgericht habe bei Zugrundelegung einer Haushaltstätigkeit von 6 Stunden täglich außer acht gelassen, daß es nicht auf die tatsächlich aufgewandte Arbeitszeit, sondern auf das im Rahmen des § 1360 BGB geschuldete Maß dieser Tätigkeit ankommt.
Dagegen hätte das Berufungsgericht zugunsten des Beklagten berücksichtigen müssen, daß die Ehefrau halbtags erwerbstätig war. Ein gewisser Teil der Hausarbeiten, insbesondere solcher, zu deren Wahrnehmung auch ein voll erwerbstätiger Ehemann aus zeitlichen und sonstigen Gründen nicht außerstande ist, hätte vom Kläger übernommen werden müssen. Das gilt namentlich für die Zeit nach seiner Pensionierung (BGH LM Nr. 10 zu § 845 BGB).
b) Dieser Rechtsirrtum zu Lasten des Beklagten wird aber mehr als aufgewogen durch einen Berechnungsfehler zum Nachteil des Klägers. Das Berufungsgericht kürzt die gesamte Arbeitszeit auf die Hälfte (drei Stunden täglich) als den dem Kläger zukommenden Teil. Das widerspricht, wie bereits erwähnt, dem Zweck dieses Schadensersatzanspruchs. Erfahrungsgemäß kann die häusliche Arbeitsleistung, auf die der Mann für seine Person Anspruch hat, nicht in der Hälfte derjenigen Zeit bewirkt werden, die für zwei Personen erforderlich ist (s.oben II a.E.).
c) Wegen dieses Rechtsfehlers kann es der Revision des Beklagten auch nicht zum Erfolg verhelfen, daß das Berufungsgericht bei der geldlichen Bewertung dieser täglichen 3-Stunden-Arbeit das Tarifgehalt für geprüfte Hauswirtschafterinnen einschließlich des Arbeitgeberanteils für die Sozialversicherungsleistungen zugrunde gelegt und die Haushaltsarbeit der Ehefrau in Bezug auf ihre Stundenzahl offenbar der Arbeit einer beruflich tätigen Kraft ohne weiteres gleichgestellt hat.
aa) Die Rechtsprechung hat stets betont, daß die Kosten einer vergleichbaren Ersatzkraft einen Anhaltspunkt für den Wert der Haushaltsführung bieten (BVerfGE 17, 1, 16; BGHZ 50, 304, 306; BVerwGE 13, 343, 355). Mit der Tätigkeit einer geprüften Hauswirtschafterin ist aber die Haushaltstätigkeit der Frau in einem einfachen Zweipersonenhaushalt, wie er hier gegeben war, nicht ohne weiteres vergleichbar.
Im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der Haushaltführung (vgl. Bericht der Bundesregierung über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft BT-Drucks V/909 S. 10 u. 27) bieten die Kosten einer annähernd vergleichbaren Ersatzkraft ohnehin nur einen Anhaltspunkt und dürfen nicht unbesehen eingesetzt werden (BSG Urt. v. 17.3.1970 SGb. 1971, 25). Eine Koppelung der Unterhaltsschadensrenten alleinstehender kinderloser Witwer an die Tarifgehälter geprüfter Hauswirtschafterinnen würde auch nicht der Lebenswirklichkeit entsprechen. Vielmehr wird hier im allgemeinen der Lohn einer Haushaltshilfe zugrunde zulegen sein. Außerdem wird der Tatrichter bei vergleichsweiser Heranziehung der Gehälter bestimmter Berufsgruppen beachten müssen, ob diese eine Sonderentwicklung genommen haben und ob sie ohne weiteres den Kosten entsprechen, die aufgewandt werden müssen, um die häuslichen Dienste in angemessener Weise zu ersetzen, und die deshalb bei der Schadensschätzung in erster Linie heranzuziehen sind.
bb) Bedenken bestehen auch dagegen, aus der Gesamtdauer der Beschäftigung der Ehefrau im Haushalt ohne weiteres auf eine gleiche Arbeitszeit einer beruflich tätigen Ersatzkraft zu schließen. Es muß, jedenfalls bei Haushalten mit geringer Personenzahl, beachtet werden, daß beide Tätigkeiten in bezug auf die Arbeitsintensität erfahrungsgemäß oft nicht gleichgestellt werden können. Vielfach wird hierzu auf Ergebnisse von Befragungen zurückgegriffen, die – wie diejenigen der Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft von 1953 (vgl. Ursula Schroth-Pritzel, Der Arbeitszeitaufwand im städtischen Haushalt, in: Hauswirtschaft und Wissenschaft, Jahrgang 6, 1958, S. 7 bis 22, und Eckelmann, Schadensersatz bei Verletzung oder Tötung einer beruftstätigen Frau oder Ehefrau wegen Beeinträchtigung oder Ausfalls in der Haushaltsführung und Kinderbetreuung und wegen Ausfalls eines Barbeitrags aus ihrem Einkommen zum Familienunterhalt, Eigenverlag, 3. Aufl., Anlage 7) – schon deshalb nicht als repräsentativ gelten können, weil nur eine sehr geringe Zahl von Haushalten ausgewertet worden ist. Der Tatrichter muß im Zweifelsfall prüfen, wie die Fragestellungen lauteten, und besonders kritisch solche Erhebungen auswerten, die nicht von Instituten durchgeführt worden sind, die über besondere Erfahrungen in der Anlage, Durchführung und Auswertung von Befragungen verfügen (vgl. dazu Noelle-Neumann/Schramm, Umfrageforschung in der Rechtspraxis, 1961).
Bedenken gegen die erwähnte Gleichsetzung mit den vielfach zugrunde gelegten sehr hohen Stundenzahlen für die Haushaltstätigkeit ergeben sich auch aus der statistisch festgestellten Tatsache, daß die berufstätige Frau, sofern sie außerdem den Haushalt führt, hierzu infolge strafferer Organisation weniger Zeit benötigt, als es nach den anfechtbaren Ergebnissen bestimmter Befragungen bei der nur den Haushalt führenden Frau der Fall sein soll.
Schließlich darf der Geldwert der Haushaltsführung nicht deshalb etwa noch nach einer Überstundenvergütung über das Tarifgehalt angesetzt werden, weil ein Teil dieser Arbeit auf den im Arbeitsleben freien Samstag und Sonntag fällt und im Falle der nur gedachten Beschäftigung einer Ersatzkraft entsprechende Zuschläge gezahlt werden müßten.
d) Aber auch, wenn hiernach der Wert der Haushaltstatigkeit der Ehefrau des Klägers mit 720 DM monatlich hoch gegriffen sein sollte, wird davon das Ergebnis des Berufungsurteils nicht berührt. In Anbetracht des Umstandes, daß das Berufungsgericht als Unterhaltsschaden insoweit nur die Hälfte gelten läßt (300 bzw. 360 DM), hat es den Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht benachteiligt. Bei den heute gültigen Löhnen wird ein älterer Witwer wie der Kläger einen Betrag in dieser Höhe benötigen, um seinen Haushalt durch eine fremde Kraft aufrechterhalten zu lassen.
IV. Diesem Betrage müssen nach dem unter II Ausgeführten Ersparnisse gegenübergestellt werden, die der Kläger im Unterhaltsbereich infolge des Todes seiner Ehefrau macht. Das Berufungsgericht führt hierzu nur aus, die dem Kläger zustehenden Beträge seien nicht wegen ersparter Verpflegung und Unterkunft für die Ehefrau zu kürzen, denn sie habe auch mit dem Verdienst aus ihrer Berufstätigkeit zum Haushalt beigetragen. Das entspricht dem Vortrag des Klägers, der gegenüber dem Einwand der Ersparnis von Haushaltsleistungen auf diesen weiteren Unterhaltsschaden verwiesen hat.
Die Revision hält die in Betracht kommenden Ersparnisse für höber als den Unterhaltsschaden, der durch den Wegfall des baren Unterhaltsbeitrags der Ehefrau in Höhe von 240 DM monatlich eingetreten sei; in Betracht kämen insbesondere Aufwendungen für Kleidung, Körperpflege, Reisen und kleinere tägliche Bedürfnisse.
Auch insoweit hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision jedoch im Ergebnis stand. Bei dem bescheidenen Einkommen des Klägers lag der Nebenerwerb der Ehefrau noch ihm Rahmen ihrer Beitragspflicht nach § 1360 BGB. Dasselbe hat für die bei Erreichung der Altersgrenze fällige Rente der Ehefrau zu gelten. Hinsichtlich der vom Beklagten behaupteten Ersparnis an Verpflegung ist zu berücksichtigen, daß der Kläger einer täglich drei Stunden für ihn tätigen Ersatzkraft neben den zugebilligten 360 DM monatlich bei den heutigen Verhältnissen auch Verpflegung zu einem erheblichen Teil des Tagesbedarfs zusätzlich zur Verfügung zu stellen hat. Bei dem Alter der Ehefrau und den einfachen Lebensverhältnissen der Ehegatten kann ferner nicht davon ausgegangen werden, daß die Ersparnisse an weiterer Verpflegung und an Unterkunft – in bezug auf letztere ist im übrigen nichts Konkretes vorgetragen worden, was auf eine Ersparnis hinweisen könnte –, sowie hinsichtlich der genannten weiteren Bedürfnisse der Ehefrau insgesamt höher wären, als der von ihr beigesteuerte Barbetrag von 240 DM monatlich. Die von der Revision dagegen aufgestellte Berechnung kommt – von der zu niedrigen Schätzung der Haushaltführung abgesehen – hier nur deshalb zur Verneinung eines Schadens des Klägers, weil sie die bei Bemessung des Unterhaltsschadens zu berücksichtigenden weiterlaufenden Kosten offenbar zu niedrig ansetzt. Im Ergebnis kann deshalb nicht gesagt werden, der Kläger erhalte bei dem vom Berufungsgericht gewonnenen Schätzungsergebnis mehr, als seinem Unterhaltsschaden entspreche.
Unterschriften
Pehle, Dr. Bode, Nüßgens, Dunz, Scheffen
Fundstellen
Haufe-Index 1502228 |
BGHZ |
BGHZ, 389 |
DRiZ 1972, 65 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1971, 999 |