Entscheidungsstichwort (Thema)
Regress der Versicherung gegen den Unfallverursacher für erforderliche Leistungen (Berufsunfähigkeitsrente, etc.) an den Geschädigten
Normenkette
StVG § 13 Abs. 1; BGB § 843 Abs. 3; StVG § 13 Abs. 2
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm (Westf.) vom 29. November 1968 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszuges werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Am 23. April 1964 wurde der Vorarbeiter Christian S. als Radfahrer in M. von einem Militärfahrzeug der britischen Streitkräfte angefahren und so schwer verletzt, daß er als dauernd erwerbsunfähig anzusehen ist. Der Unfall ist allein auf das schuldhaft verkehrswidrige Verhalten des britischen Fahrers zurückzuführen.
Die Klägerin zahlt an den Verletzten, der bei ihr versichert ist, seit dem 1. September 1965 eine Berufsunfähigkeitsrente und führt für ihn seit dem 1. Oktober 1965 Beiträge zur Rentnerkrankenversicherung ab.
Außerdem erhält der Verletzte Leistungen von der Bauberufsgenossenschaft in H. Diese wandte Heilbehandlungskosten auf und zahlte Verletztengeld und Unfallrente.
Das Amt für Verteidigungslasten (im folgenden: AVL) in D., bei dem die Klägerin die gemäß § 1542 RVO auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche des Verletzten S. angemeldet hatte, erkannte mit Entschließung vom 11. Mai 1966 die Haftung für Schäden, soweit die Ersatzansprüche auf die Klägerin und die Bauberufsgenossenschaft H. übergegangen sind, dem Grunde nach gemäß Art. VIII des NATO-Truppenstatuts, Art. 41 des dazu getroffenen Zusatzabkommens, Art. 11 des Ausführungsgesetzes dazu in Verbindung mit §§ 7, 12 StVG in vollem Umfang an. Gleichzeitig setzte das AVL die Entschädigung für die Aufwendungen der Klägerin und der Bauberufsgenossenschaft fest, und zwar wurde u.a. für die Klägerin in Gesamtgläubigerschaft mit der Berufsgenossenschaft zur Abgeltung ihrer Leistungen in der Zeit vom 1. September 1965 bis zum 30. Juni 1966 ein Kapitalbetrag von 6.345,03 DM und für die folgende Zeit - befristet bis zum 31. August 1968 - ein Rentenbetrag von monatlich 174,03 DM vorgesehen. Die Höhe der Rente hatte das AVL in der Weise ermittelt, daß es von dem in § 12 StVG (in der bis zum 30. September 1965 geltenden Fassung) bestimmten Höchstbetrag von 50.000 DM die an die Berufsgenossenschaft vorher schon erstatteten Aufwendungen für Heilbehandlungskosten (1.664,89 DM) und an Verletztengeld für die Zeit bis zum 31. August 1965 (7.184,33 DM) sowie die für die Klägerin und die Berufsgenossenschaft als Gesamtgläubiger festgesetzte Kapitalentschädigung (6.345,03 DM) in Abzug brachte und die Rente auf den einer Verzinsung des Restkapitals (34.805,75 DM) mit 6 % entsprechenden Betrag von jährlich 2.088,35 DM = monatlich 174,03 DM festsetzte.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin dagegen, daß das AVL den ihr und der Berufsgenossenschaft für die Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. August 1968 zu gewährenden Schadensersatz auf monatlich 174,03 DM beschränkt hat. Sie hat dazu die Auffassung vertreten: Die Beklagte habe ihr ihre Aufwendungen, die zusammen mit denen der Berufsgenossenschaft hinter dem Verdienstausfall des Verletzten S. zurückblieben, in vollem Umfang zu ersetzen. Zum einen werde der Kapitalhöchstbetrag des § 12 StVG auch bei voller Erstattung ihrer bis zum 31. August 1968 zu erbringenden Leistungen und derjenigen der Berufsgenossenschaft nicht ausgeschöpft, so daß sie auch für die Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. August 1968 Ersatz in Kapitalform verlangen könne. Zum anderen seien auf sie nicht nur Ansprüche des Verletzten aus den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes, sondern auch solche aus den allgemeinen Bestimmungen über unerlaubte Handlungen (§§ 823, 831 BGB) übergegangen.
Mit der Begründung, daß sie eine Leistungsklage nicht erheben könne, weil sich die Höhe ihrer Aufwendungen in Zukunft ändern werde, auch noch nicht feststehe, welcher Betrag von der zuerkannten Rente von monatlich 174,03 DM auf sie entfalle, hat die Klägerin vor dem Landgericht in erster Linie beantragt, festzustellen, daß die Beklagte ihr ihre unfallbedingten Aufwendungen für den Vorarbeiter S. in der Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. August 1968 in vollem Umfang zu erstatten hat, abzüglich derjenigen Zahlungen der Beklagten, die nach einer noch zu erfolgenden Erklärung der Beklagten allein auf sie (die Klägerin) entfallen. Hilfsweise hat sie die Feststellung begehrt, daß die Beklagte über die in der Entschließung vom 11. Mai 1966 angenommene Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz hinaus verpflichtet ist, ihr die unfallbedingten Aufwendungen für den Vorarbeiter Schonhofen nach § 1542 RVO im Rahmen der nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu bemessenden Haftung in der Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. August 1968 zu erstatten.
Das Landgericht hat dem Hauptantrag der Klägerin entsprochen. Gegen das landgerichtliche Urteil haben die Beklagte Berufung und die Klägerin Anschlußberufung eingelegt. Im Lauf des Berufungsverfahrens hat die Beklagte - unter Berücksichtigung der in dem Urteil des jetzt erkennenden Senats vom 29. Januar 1968 - III ZR 119/65 - (= VersR 1968, 664) aufgestellten Grundsätze - die ab 1. Juli 1966 an die Klägerin und die Berufsgenossenschaft zu zahlende monatliche Rente neu auf 205,73 DM berechnet, den Mehrbetrag gegenüber der früher festgesetzten Rente von monatlich 174,03 DM jedoch nicht bezahlt. Nach Mitteilung der Beklagten, daß von der - inzwischen bis zum 31. August 1968 bezahlten - Rente von 174,03 DM ein Betrag von 74,10 DM auf die Klägerin und ein Betrag von 99,93 DM auf die Berufsgenossenschaft entfalle, ist die Klägerin zur Leistungsklage übergegangen und hat um Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.431,43 DM nebst 5 1/2 % Zinsen seit dem 31. Juli 1967 gebeten.
Das Berufungsgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 824,20 DM nebst 5 1/2 % Zinsen von 729,10 DM seit dem 1. Mai 1968, von weiteren 31,70 DM seit dem 1. Juni 1968, von weiteren 31,70 DM seit dem 1. Juli 1968 und von weiteren 31,70 DM seit dem 1. August 1968 zu zahlen.
Mit ihrer zu ihren Gunsten vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt vor dem Berufungsgericht gestellten Antrag weiter, während die Beklagte um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen mit folgenden Erwägungen begründet:
Auf die Klägerin seien Ansprüche des Geschädigten S. aus den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über unerlaubte Handlungen nicht übergegangen. Das bedürfe angesichts der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (zuletzt Urteil vom 29. Januar 1968 - III ZR 119/65 = VersR 1968, 664) keiner näheren Begründung. Stünden mithin der Klägerin nur übergegangene Ansprüche des Geschädigten aus §§ 7, 10 StVG zu, so sei die Beklagte nicht zum vollen Ersatz der Aufwendungen der Klägerin für S. in der hier fraglichen Zeit verpflichtet. Zwar blieben die Leistungen der Klägerin und der Berufsgenossenschaft hinter dem Verdienstausfall des Verletzten zurück und seien deshalb auf die Klägerin Ansprüche des Geschädigten in voller Höhe ihrer Aufwendungen übergegangen. Jedoch könne die Klägerin für den fraglichen Zeitraum Erstattung ihrer Aufwendungen nicht in Form eines Kapitalbetrages, sondern nur in Form einer Rente und damit bis zur Höhe einer 6 %igen Verzinsung des am 1. Juli 1966 verbliebenen Restkapitalhöchstbetrages verlangen.
Es könne offenbleiben, ob entgegen der Bestimmung des § 13 Abs. 1 StVG Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse auch für die Zukunft dann in Kapitalform über die Rentenhöchstbeträge hinaus verlangt werden könne, wenn sich bei bestimmten, für die Zukunft zeitlich beschränkten Ansprüchen im vorhinein übersehen lasse, daß bei vollem Ersatz des zukünftig entstehenden Schadens der Ersatzpflichtige nicht über den Haftungshöchstbetrag von 50.000 DM belastet werde. Hier lasse sich jedenfalls noch nicht übersehen, ob und welche Schäden die Beklagte in Zukunft noch zu ersetzen habe, wie sich gleichfalls noch nicht übersehen lasse, welche Aufwendungen in Zukunft noch auf die Berufsgenossenschaft zukämen.
Da jedoch inzwischen der 31. August 1968 verstrichen sei, handele es sich bei dem von der Klägerin in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Schaden nicht mehr um einen erst in der Zukunft entstehenden, sondern um einen bereits in der Vergangenheit entstandenen Schaden. Wenn auch im Fall gerichtlicher Geltendmachung als Zukunft in aller Regel erst die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz anzusehen sei, so müsse doch im vorliegenden Fall davon abgewichen werden. Bei Stationierungsschäden sei nämlich der Tatsache Rechnung zu tragen, daß dem Rechtsstreit das Verfahren vor dem AVL vorangegangen sei, das mit einer Entschließung über die geltend gemachten Ansprüche ende. Für die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte Ersatz in Kapitalform verlangen könne, müsse deshalb auf den Monat abgestellt werden, in dem die Entschließung ergangen sei. Insoweit komme der Entschließung bindende Wirkung zu. Die Klägerin könne daher Ersatz nur in Rentenform beanspruchen.
Die Klägerin sei der Neuberechnung der Beklagten, nach der für die hier interessierende Zeit (1. Juli 1966 bis 31. August 1968) an die Klägerin und die Berufsgenossenschaft als Gesamtgläubiger monatlich 205,73 DM zu zahlen seien, nicht entgegengetreten. Es sei auch nicht ersichtlich, daß diese Berechnung zuungunsten der Klägerin unrichtig sei. Da die Beklagte bisher nur eine Monatsrente von 174,03 DM bezahlt habe, müsse sie die Differenz von monatlich 31,70 DM, mithin für die gesamte Zeit noch (26 × 31,70 DM =) 824,20 DM nachzahlen.
Die Rentenberechnung in der Entschließung vom 11. Mai 1966 habe den damaligen Erkenntnissen entsprochen. Erstmals in dem - bereits erwähnten - Urteil vom 29. Januar 1968 habe der Bundesgerichtshof herausgestellt, daß die Rente anders zu berechnen sei. Unter diesen Umständen könne es den Beamten der Beklagten nicht zum Verschulden gereichen, daß sie die Rente zu niedrig bemessen hätten. Da den Beamten das Urteil vom 29. Januar 1968 allenfalls im Verlauf des Monats April 1968 bekannt geworden sei, könne Verzug frühestens vom 1. Mai 1968 bezüglich der zu diesem Zeitpunkt schon fälligen Beträge angenommen werden. Der Höhe nach könne die Klägerin 5 1/2 % Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes fordern.
II.
1.
Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, auf die Klägerin seien nur Ansprüche übergegangen, die sich für den Geschädigten aus den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes ergeben und gegen die Beklagte geltend gemacht werden können, entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats. Die Revision macht insoweit auch Bedenken nicht geltend.
2.
Die Revision wendet sich jedoch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß für die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte Ersatz in Kapitalform verlangen könne, auf den Monat abgestellt werden müsse, in dem die Entschließung des AVL ergangen ist. Bei der hier gegebenen Fallgestaltung muß der Revision insoweit jedoch der Erfolg versagt bleiben.
Für die Personenschäden (hier: Aufhebung der Erwerbsfähigkeit) schreibt § 13 StVG zwingend vor, daß der Ersatz "für die Zukunft" durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten ist, sofern nicht die auch hier anzuwendende Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB Platz greift, nach der der Geschädigte bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Abfindung in Kapital verlangen kann. Für die Vergangenheit fehlt es an einer entsprechenden ausdrücklichen Vorschrift. Deshalb nimmt der Bundesgerichtshof in feststehender Rechtsprechung - und insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung des Reichsgerichts in RGZ 156, 392, 393 - an, daß der Verletzte die Wahl habe, ob er für die Vergangenheit Ersatz in Form von Kapital oder von Rente verlangen will (BGH in VersR 1958, 324; 1964, 638/9 und 777/8 u.a.). Mit Rücksicht auf die in § 12 StVG bestimmten Höchstbeträge für Kapital und Renten ist für den Verletzten bei kurzfristigen hohen Schäden die Kapitalzahlung günstiger, während bei einer längeren Laufzeit (mehr als 16 Jahre) die Rentenzahlung günstiger ist (vgl. BGH in VersR 1964, 638/9; Müller, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., Rdn. 9 und 12 zu § 12 StVG und Rdn. 9 zu § 13 StVG). Es bleibt die Frage, welcher Zeitpunkt darüber entscheidet, ob ein Schaden für die Vergangenheit geltend gemacht wird und damit nach der Wahl des Verletzten entweder in Kapital- oder in Rentenform zu ersetzen ist, oder ob er "für die Zukunft" verlangt wird und damit ausschließlich in Rentenform zu ersetzen ist. Falls die Ansprüche im Wege des Prozesses durchgesetzt werden, wird man insoweit für die Regelfälle - insbesondere dann, wenn nur ein Gläubiger und auch nur ein Schädiger vorhanden ist - als maßgebenden Zeitpunkt den Tag der letzten Verhandlung in der Tatsacheninstanz ansehen können (BGH VersR 1964, 638/9 in Übereinstimmung mit RGZ 156, 392).
Wenn demgegenüber das Berufungsgericht meint, bei Stationierungsschäden müsse grundsätzlich auf den Monat abgestellt werden, in dem die Entscheidung des AVL ergangen sei, so vermag der erkennende Senat dem nicht beizupflichten. Die Gründe, die das Berufungsgericht für seine Auffassung angegeben hat, erscheinen dem Senat nicht ausreichend, bei Stationierungsschäden ganz allgemein von der Regel abzuweichen, daß der Verletzte grundsätzlich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung die Wahl hat, ob er Ersatz in Kapital- oder in Rentenform verlangen will. Die Erwägung des Berufungsgerichts, eine andere als die von ihm vertretene Auffassung eröffne einem Geschädigten, dessen angemeldete Ansprüche durch die Entschließung des AVL anerkannt würden, die Möglichkeit, vor den Gerichten zu klagen, obwohl er das von ihm Beanspruchte zuerkannt bekommen habe, ist allein nicht überzeugend. Denn in einem derartigen Fall müßte es als fraglich erscheinen, ob eine Klage - mangels Beschwer des Verletzten - überhaupt zulässig wäre. Auch die weitere Erwägung, gerade in dem Fall, daß mehrere (Sozial-)Versicherungsträger - SVT - hinsichtlich der auf sie übergegangenen Ersatzansprüche Gesamtgläubiger seien, aber, wie hier, nur einer von ihnen die Entschließung des AVL hinnehme, führe allein die Auffassung des Berufungsgerichts zu einer befriedigenden Lösung, läßt es nicht geboten erscheinen, schlechthin als letzten Zeitpunkt für die Möglichkeit des Verletzten, zwischen Ersatz in Kapital- oder in Rentenform zu wählen, den Monat anzunehmen, in dem die Entschließung des AVL ergangen ist. Denn die Schwierigkeiten, die das Berufungsgericht in dem gedachten Fall mit seiner Auffassung vermieden sehen will, werden schon dadurch gegenstandslos, daß - wie nachstehend noch auszuführen ist - der Ersatz für die SVT, soweit sie Gesamtgläubiger sind, nur einheitlich entweder in Kapital- oder in Rentenform festzusetzen ist.
Für den vorliegenden Fall tritt der Senat, wenn auch aus anderen Erwägungen, dem Berufungsgericht im Ergebnis bei: Das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis, an dem auf der einen Seite die Beklagte als Schuldnerin und auf der anderen Seite die Klägerin in Gesamtgläubigerschaft mit der Berufsgenossenschaft beteiligt sind, hat die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz gemäß §§ 7, 10, 12 ff StVG i.V.m. § 1542 RVO zum Gegenstand. Da der von dem Schuldner für die Zukunft zu leistende Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten gemäß § 13 Abs. 1 StVG grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu erbringen ist, hat auch das AVL in seinem Festsetzungsbescheid die Ersatzleistungen für die Zukunft - solange nicht etwa der Verletzte aus wichtigem Grund gemäß § 13 Abs. 2 StVG i.V.m. § 843 Abs. 3 BGB Abfindung in Kapital verlangt hat - in Rentenform festzusetzen. Auch wenn man es für zulässig hält, daß der Verletzte, falls der Festsetzungsbescheid im Klagewege angefochten wird, noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung für die bis dahin verstrichene Zeit Ersatz in Kapitalform verlangen kann, muß doch für diese Umgestaltung des Schuldverhältnisses (durch einseitige Erklärung des Gläubigers) dann, wenn auf der Gläubigerseite mehrere in Gesamtgläubigerschaft stehende Personen beteiligt sind, die entsprechende Erklärung aller Gesamtgläubiger verlangt werden. Die Klägerin verlangt hier nur für sich allein anstelle der ihr im Innenverhältnis zwischen ihr und der Berufsgenossenschaft angeblich zustehenden Rente Ersatz in Kapitalform, während der Berufsgenossenschaft gegenüber weiterhin Rente geschuldet sein soll. Das ist rechtlich nicht zulässig; denn das Schuldverhältnis, kraft dessen jeder Gesamtgläubiger die ganze Leistung fordern, der Schuldner aber die Leistung nur einmal - an einen beliebigen Gesamtgläubiger - zu bewirken verpflichtet ist, kann nicht durch die Erklärung nur eines der mehreren Gesamtgläubiger in der Weise zerrissen werden, daß nunmehr gegenüber dem einen Gesamtgläubiger Kapital und dem (oder den) anderen gegenüber weiterhin Ersatz in Rentenform geschuldet würde.
Bei der vergleichbaren Frage der Ausübung des Wahlrechts bei einer Wahlschuld (gemäß § 263 BGB) ist umstritten, ob die Wahl übereinstimmend von allen Gesamtgläubigem erklärt werden muß (s. Planck, Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Anm. 11 zu § 429; Staudinger, BGB 9. Aufl. Anm. III zu § 429 i.V.m. Anm. I 3 zu § 263; Enneccerus-Lehmann, Lehrbuch, 15. Bearbeitung, § 8 IV 2; RGRK 11. Aufl. Anm. 1 zu § 263 u.a.). Dies zu fordern, ist aber in einem Fall wie dem vorliegenden im Interesse des Schuldners notwendig.
Die Bedeutung der Gesamtgläubigerschaft liegt gerade darin, daß der Schuldner die ganze Leistung an einen Beliebigen der Gesamtgläubiger erbringen kann, ohne damit belastet zu sein, ermitteln zu müssen, welcher Teil der von ihm geschuldeten Leistung auf die einzelnen Gesamtgläubiger entfällt (vgl. BGHZ 28, 68 ff). Er könnte aber mit vermehrten Schwierigkeiten belastet werden, wenn die von ihm in Form einer Rentenzahlung zu erbringende Leistung in eine - den Anteilen der einzelnen Gesamtgläubiger im Innenverhältnis entsprechende - Kapital- und eine Rentenschuld aufgespalten würde. Das würde auch dem Grundsatz widerstreiten, daß der Verletzte nach dem Straßenverkehrsgesetz zwar einen Einzelposten seines Schadens als Kapital, einen anderen als Rente ersetzt verlangen kann, er aber denselben Posten nicht zerreißen darf (Urteil vom 29. Januar 1968 - III ZR 119/65 = VersR 1968, 664, 667).
Die Klägerin kann hier mithin, zumindest nicht allein und ohne daß die mit ihr in Gesamtgläubigerschaft stehende Berufsgenossenschaft eine gleiche Erklärung abgäbe, die Zahlung von Kapital anstelle von Rente für die Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. August 1968 nicht verlangen. Darüber hinaus gibt der hier gegebene Sachverhalt keinen Anlaß, ganz allgemein der Frage weiter nachzugehen, ob und unter welchen Voraussetzungen es geboten ist, dann, wenn mehrere Gläubiger vorhanden sind und die Wahl des einen Gläubigers sich auf die Ansprüche eines anderen Gläubigers nachteilig auswirken kann, für die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht ausgeübt werden darf, einen anderen Zeitpunkt als den der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend sein zu lassen.
3.
Die Revision macht weiter geltend: Die zweimalige Berechnung des verbliebenen jährlichen Rentenhöchstbetrages auf S. 17/18 des Berufungsurteils sei fehlerhaft. Der Verletzte könne bestimmen, daß auch Heilungskosten in Rentenform zu erstatten seien, um hierdurch eine Kürzung des Kapitalhöchstbetrages zu vermeiden. Diese fehlerhafte Berechnung des verbliebenen Höchstbetrages sei hier allerdings nicht von wesentlicher Bedeutung, da bei zutreffender Berechnung sich der verbleibende Höchstbetrag nur auf monatlich 206,82 DM (von 205,73 DM) erhöhen würde.
Hiermit kann die Revision keinen Erfolg haben, weil nicht die Klägerin, sondern allein die Berufsgenossenschaft Ersatz für Heilungskosten geleistet hat, der Klägerin mithin überhaupt nicht die Entscheidung darüber zusteht, in welcher Form Ersatz für diese Aufwendungen geleistet werden soll. Zum anderen hat sich die Klägerin bisher niemals gegen den Ersatz der Heilungskosten in Kapitalform gewandt und wenn überhaupt, so könnte sie jedenfalls nicht mehr in der Revisionsinstanz noch anstelle des Ersatzes in Kapital Ersatz in Rentenform verlangen.
Es könnte jedoch fraglich sein, ob nicht der für die Heilbehandlungskosten aufgewandte - und mit 1.664,89 DM voll erstattete - Betrag nach den Grundsätzen in BGHZ 51, 226 gekürzt werden müßte. Diese Frage kann indes dahinstehen. Denn das Prozeßvorbringen der Klägerin läßt in seiner Gesamtheit eindeutig erkennen, daß ihr allein an einer Entscheidung dahin gelegen ist, anstelle der ihr bisher für die Zeit vom 1. August 1966 bis zum 31. August 1968 zuerkannten Rentenansprüche Ersatz in Form eines Kapitalbetrages zu erhalten, daß sie aber mit dem von ihr verfolgten Klagebegehren nicht eine Aufhebung des Berufungsurteils ausschließlich zu dem Zweck erreichen will, eine Änderung der ihr zugebilligten und insoweit von ihr der Höhe nach niemals beanstandeten Rente dadurch herbeizuführen, daß die für die Berechnung des Restkapitalbetrages voll mit 1.664,89 DM in Abzug gebrachten Heilbehandlungskosten um ein Geringes ermäßigt werden.
4.
Schließlich wendet sich die Revision ohne Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht Verzugszinsen erst ab 1. Mai 1968 zugebilligt hat. Sie vertritt dazu die Auffassung, es könne nicht darauf abgestellt werden, wann das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 1968 den Beamten der Beklagten bekannt geworden sei, sondern darauf, daß deren Berechnung von vornherein unrichtig gewesen sei; das Verschulden liege in der unrichtigen Berechnung.
Wenn die ursprüngliche Rentenberechnung der Beklagten - gemessen an der heutigen Rechtsprechung des erkennenden Senats - auch unrichtig war, so ist doch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht für die Zeit vor dem 1. Mai 1968 insoweit ein Verschulden der zuständigen Beamten der Beklagten verneint hat.
Nach alledem erweist sich die Revision in vollem Umfang als unbegründet.
Unterschriften
Meyer
Kreft
Dr. Arndt
Dr. Beyer
Dr. Krohn
Fundstellen